ELL80 durch QQE03/12 ersetzen

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Dieser Artikel betrifft das Bauteil: Zur Röhre/Halbleiter

ELL80 durch QQE03/12 ersetzen 
31.Jan.15 13:11
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Erwin Scholle (D)
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Erwin Scholle

QQE03/12 (6360 , RS1029,  CV2798) als Ersatz für ELL80

In einem früheren Beitrag habe ich eine MOSFet-Ersatzschaltung für die NF-Doppel-Leistungspentode ELL80 vorgestellt. Wenn man es zwar auch nicht hört, dass MOSFets anstatt einer Röhre in der NF-Endstufe arbeiten, so ist der Anblick einer solchen Ersatzschaltung, gesteckt im Röhrensockel, etwas verwunderlich und wenig authentisch ist die Sache auch.

Bei einigen Sammlerfreunden rief diese Version, Halbleiter anstelle einer Röhre einzusetzen, leicht säuerliche Minen hervor und ich wurde ermuntert, auch über einen kostengünstigen Ersatz der ELL80 durch eine Röhre nachzudenken.

Die oftmals als Nachfolger genannte ECLL800 ist schon lange kein kostengünstiger Ersatz mehr, auch kann sie nicht in Ultralinearendstufen eingesetzt werden. Der Ersatz durch zwei EL95 ist lange bekannt und vielfach ausgeführt.

Bei meiner Suche nach einem kostengünstigen Ersatz bin ich auf die Doppeltetrode QQE03/12 gestoßen.

Ein Vergleich der Daten lässt diese Röhre als verwendbar erscheinen.

Die derzeitig gute Verfügbarkeit mit erstaunlich moderaten Preisen (Stückpreis NOS ca. 4€) gaben schließlich den Ausschlag, eine Verwendung der Röhre zu planen.

 

Für die Überlegungen zur Ersatzschaltung sollten folgende Vorgaben beachtet werden:

  • Steckbarer Ersatz ohne Veränderungen am Gerät
  • Funktion wie Originalersatz
  • Wenige, leicht beschaffbare und ausschließlich passive Bauelemente
  • Kein höherer Energieverbrauch
  • Einsetzbar in NF-Endstufen unterschiedlicher Geräte und Betriebsarten
  • Geringe Kosten
  • Wenig Arbeitsaufwand

 

Es ist von vornherein klar, dass sich die Vorgaben nicht 100%-ig erfüllen lassen und dass man nur eine Annäherung anstreben kann. Alleine die Unterschiede im System, der Steilheit und weiterer Daten der Röhren lassen es schon nicht zu.

 

Folgende Änderungen bzw. Kompromisse sind erforderlich:

·        Der Trafo muss einen etwas höheren Heizstrom für die QQE liefern. Die unterschiedliche Stiftbelegung ist anzupassen und macht einen Adapter erforderlich.

·        Die QQE hat für beide Systeme nur einen gemeinsamen Schirmgitteranschluss wodurch z. B. der Einsatz in einer Ultralinearendstufe zwar noch möglich ist, aber die besondere Schaltungseigenschaft verloren geht.

·        Die Schirmgitterspannung der QQE ist deutlich geringer als die der ELL und muss herabgesetzt werden. Die Schirmgitterspannung sollte möglichst so klein (150 V) gewählt werden, dass auch bei großen Aussteuerungen die für Tetroden typische „Delle“ in der IA/UA-Kennlinie gemieden wird. Die Herabsetzung der Schirmgitterspannung kann durch im Adapter einzubauende Vorwiderstände oder Spannungsteiler erfolgen, wobei eine möglichst aussteuerungsunabhängige Schirmgitterspannung gewünscht ist. Die Schirmgitterstromstärke sollte auch passen, da sie in manchen Geräten für die Brummkompensation bedeutsam ist.

·        Die Gittervorspannung der QQE ist gemäß Betriebsdaten erheblich negativer als die der ELL. Ein zusätzlicher Widerstand oder eine Z-Diode in der Kathodenleitung sind im Adapter erforderlich.

·        Die Belegung der Stifte 4 und 8 kann unverändert bleiben, alle anderen Stifte müssen im Adapter neu zugeordnet werden.

 

Zwei Schaltungsvarianten zur Adaptierung kamen in die engere Wahl:

 

Version I:

Die Herabsetzung der Schirmgitterspannung erfolgt durch Vorwiderstände und die Erzeugung der Gittervorspannung durch eine zusätzliche Z-Diode in der Kathodenleitung.

Damit durch Schirmgitterstromänderungen nicht zu große Schirmgitterspannungs-schwankungen entstehen, werden Varistoren als Vorwiderstände verwendet, die einen vergleichsweise geringen differentiellen Widerstand aufweisen. Durch zwei Vorwiderstandspfade ist eine gegenseitige Entkopplung der Schirmgitteranschlüsse an den Ausgangsübertragern gewährleistet. Mit Hilfe einer Z-Diode wird die Kathodenspannung auf einen für den Arbeitspunkt (IA/UG) erforderlichen Wert „aufgestockt“.

Der niederohmige differentielle Widerstand einer Z-Diode macht einen parallelen Kondensator überflüssig.

Nachteilig bei dieser Schaltung ist es, dass die Schirmgitterspannung nur um einen festen Betrag herabgesetzt wird und dadurch von der Höhe der Spannung im Gerät abhängt.

Der Schirmgitterstrom muss so akzeptiert werden wie er sich ergibt. Ein geringerer Schirmgitterstrom kann die Brummkompensation aus der Balance bringen.

 

Version II:

Soll der Adapter nicht für alle möglichen Geräte genutzt werden, so kann die Schirmgitterspannung auch mit einem Spannungsteiler gebildet werden. Da für den Spannungsteiler ein Masseanschluß erforderlich ist und mal Stift 4 und mal Stift 5 in Frage kommen, muß man den Adapter entsprechend der Geräteschaltung verdrahten.

Steckt man den Adapter in ein anderes Gerät, so kann dann die Heizspannung am Spannungsteilerfußpunkt liegen.

Mit einem Spannungsteiler kann die Schirmgitterspannung auf einen so niedrigen Wert gelegt werden, dass zur Einstellung des Arbeitspunktes keine weitere Änderung der Gittervorspannung erforderlich wird. Es können natürlich auch höhere Schirmgitterspannungen realisiert werden, die dann aber auch eine Veränderung der Gittervorspannung entsprechend der Version I erfordern.

Damit auch hier eine Entkopplung der Schirmgitteranschlüsse des Ausgangsübertragers gewährleistet wird, erfolgt die Spannungszufuhr ebenfalls über zwei Pfade. Als unterer Spannungsteilerwiderstand dient eine Reihenschaltung aus einem Varistor und einem Poti.

Die zulässige Verlustleistung von Varistoren und Poti muss genügend groß sein, dass auch die gesamte Stromübernahme während der Aufheizphase der Röhren verkraftet wird.

Die Summe aus Schirmgitterströmen und Querstrom im Spannungsteiler sollte so groß sein wie die Schirmgitterströme der ELL.

Ein Schirmgitterkondensator kann für eine Abblockung verwendet werden.

Nachteilig ist der Querstrom im Spannungsteiler womit eine zusätzliche Wärmeentwicklung einhergeht.

Diese Version habe ich bisher nicht realisiert, da mich die Eigenschaften der Version I völlig überzeugt haben.

 

Im Ergebnis ist festzustellen, dass die als robust und langlebig geltende QQE03/12 ein gut geeigneter Ersatz für die ELL80 sein kann.

In einer bestehenden Geräteschaltung ausgelegt für eine ELL80, ist die mit der QQE erzielbare Ausgangsleistung ausgezeichnet.

Soll die Röhre ausschließlich in einer bestimmten Schaltung als Ersatz dienen, so kann man die Anpassung gewiss noch optimieren.

 

Auch ist es überlegenswert, ob nicht doch eine dauerhafte Schaltungsänderung im Gerät, die den Adaptersockel entbehrlich macht, am sinnvollsten ist.

In meinen Geräten Loewe Luna 42070W, Nordmende Tannhäuser E330 werde ich die notwendigen Umrüstungen im Gerät vornehmen. Beim Philips Saturn 641 möchte ich die Funktion der Ultralinearendstufen erhalten und werde deshalb dort die verbliebenen guten ELL80 einsetzen.

Meine MOSFet-Schaltungen werden außer Dienst gestellt und kommen als Reserve bis auf weiteres ins Magazin.

 

Viele Grüße

Erwin Scholle

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