Ersatz-Antenne für LMK; Dummy Antenna

18
ID: 237261
Ersatz-Antenne für LMK; Dummy Antenna 
18.Nov.10 12:27
261
18

Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
Beiträge: 2492
Anzahl Danke: 12
Dietmar Rudolph † 6.1.22

Zum Abgleich eines AM-Empfängers wird ein (modulierbarer oder wobbelbarer) HF-Generator an die Antennenbuchse angeschaltet. Der i.a. niedrige Innenwiderstand des Generators bedämpft bei direkter Anschaltung den Eingangskreis des Empfängers unzulässig stark. Die Resonanzkurve des Eingangskreises wird dadurch so breit, daß die tatsächliche Resonanzfrequenz nicht eindeutig gefunden werden kann. Tatsächlich soll ja der Abgleich genau dann richtig sein, wenn die Antenne an den Empfänger angeschlossen ist. Da eine Antenne ihrerseits eine Frequenzabhängigkeit aufweist, wird hierdurch der Eingangskreis ebenfalls beeinflußt bzw. verstimmt.
Als Abhilfe aus diesem Dilemma schaltet man zwischen Generator und Empfängereingang eine Ersatzschaltung, die die Eigenschaften einer „normalen“ Antenne nachbildet (Dummy Antenna).
 
§ 165. Die Ersatzschaltung der Antenne

Die Ersatzschaltung einer "Normalantenne" für mittlere und lange Wellen ist in Abb. 250 dargestellt (ohne die gestrichelten Teile). Bei Mittelwellen und langen Wellen ist eine Antenne im allgemeinen als Kapazität mit einem Verlustwiderstand anzusehen, weil die Antennenlänge meist kleiner als eine Viertelwellenlänge ist. Man vernachlässigt deshalb im allgemeinen die Induktivität. Statt mit 200 pF und 30 Ω rechnet man häufig auch mit 250 pF und 25 Ω (und 25 μH). Vom CCIR wird die Schaltung nach Abb. 250 ohne den Widerstand von 30 Ω, jedoch mit den gestrichelt gezeichneten Teilen empfohlen.
 
 
Bei kurzen Wellen besitzt die Antenne, je nachdem, ob ihre Länge kleiner, gleich oder größer als eine Viertelwellenlänge ist, einen kapazitiven, reellen oder induktiven Widerstand. Als Mittelwert des Wechselstromwiderstandes nimmt man einen reellen Widerstand von etwa 400 Ω an. Diesen kann man ohne Schaltmaßnahmen bei den kurzen Wellen wirksam werden lassen, indem man die gestrichelt gezeichneten Teile der Abb. 250 dauernd anschaltet.
 
Die im nächsten Bild gezeigte Ersatzschaltung wurde 1948 von der IRE standardisiert und gilt für Außenantennen zwischen 150kHz und 30MHz.
 
 
Der Frequenzgang der Impedanz (komplexer Widerstand) dieser Ersatzschaltung ist in den nächsten Bildern gezeigt.
 
 
Bei vielen Superhetrerodyn-Empfängern genügt die Anschaltung des Generators über die Dummy Antenne auch für den Abgleich der Zwischenfrequenz-Filter. Ggf. muß hierfür der Pegel des Generators erhöht werden, damit genügend Signal durchkommt. Die im nächsten Bild gezeigte DC Messung der Regelspannung (AVC) ist empfehlenswert. Der angelegte HF-Pegel darf nicht so groß werden, daß die AVC-Regelung einsetzt. Wird die AVC-Regelung wirksam, ergibt sich eine (scheinbare) Verbreiterung der Durchlaßkurven, was zu einem Fehlabgleich führen kann.
 
 
Einen Spezialfall stellen AM-Empfänger dar, die keinen Antenneneingang haben, sondern eine Ferritantenne oder eine Loop-Antenne besitzen. In solchen Fällen kann mittels einer Spule (Test Loop) eingekoppelt werden. Hierbei empfiehlt es sich, die Test Loop in genügendem Abstand zu positionieren, damit der Eingangskreis dadurch nicht verstimmt wird.
 
Text aus:
„Pitsch, H.: Lehrbuch der Funkempfangstechnik 1, 4.A. VAG, 1963“
Grafiken aus:
„Ghirardi, A.: Receiver Trouble Shooting and Repair, Rinehart, 1955“
„Terman, F.E.; Petitt, J.M.: Electronic Measurements, McGraw-Hill, 1952“
„Strutt, M.J.O.: Verstärker und Empfänger, 2.A., Springer, 1951“
„Henney, K.: Radio Engineering Handbook, McGraw-Hill, 1959“
 
MfG DR

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 2
Weiteres zur Dummy Antenne 
21.Nov.10 21:11
261 from 11958
7

Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
Beiträge: 2492
Anzahl Danke: 15
Dietmar Rudolph † 6.1.22

Nicht in allen Büchern über Abgleich von Rundfunkempfängern ist die Ersatzantenne tatsächlich erwähnt. Dies ist doch etwas verwunderlich, weil ohne eine solche Dummy Antenne kein (vernünftiger) Abgleich des Eingangs-Kreises (bzw. der Eingangskreise) eines AM-Empfängers möglich ist. So wird z.B. in "Papst, B.: Anleitung zur Fehlersuche für Rundfunkempfänger, 7.A., 1966, VT-Verlag Berlin" der Meßsender direkt auf den Empfängereingang geschaltet. Da dieses Buch ansonsten sehr brauchbare Informationen bereithält, kann man daraus schließen, daß der Anpassung des Meßsenders an den Empfänger wenig Beachtung geschenkt wird.

Aber auch in anderen einschlägigen Bücheren findet sich oftmals im Stichwortverzeichnis (falls überhaupt vorhanden) nichts zu diesem Thema, wenngleich ein genaues Durchblättern meist doch ein Blockschaltbild und eine kurze Beschreibung zu Tage fördert.

In "Grund, E.: Radios der 50er Jahre, Eigenverlag, 2004" findet man die nach IRE genormte Schaltung und zusätzlich eine vereinfachte Variante davon. Ebenfalls ist die Situation bei UKW dargestellt (Bild 2), wo der Eingang stets angepaßt ist (60Ω koaxial bzw. 240Ω symmetrisch).

In "Tucek/Irmer, Überlagerungsempfänger, Verlag Technik, 1961" wird in der Ersatzschaltung berücksichtigt, daß der Generator einen Innenwiderstand hat, der zu berücksichtigen ist, da er die Impedanz der Antennennachbildung beeinflußt (Bild 142). Gegenüber der am häufigsten zitierten Schaltung ist hier der Wert der Antennenkapazität mit 125pF (genüber 200pF) angegeben. Das bedeutet, daß eine kürzere Antenne unterstellt wird, als das bis 1948 noch üblich war.

Wer seine Geräte an einer kürzeren Antenne betreiben möchte, sollte also eher diesen Wert wählen.

Zusätzlich ist eine Antennennachbildung für eine Messung mit 2 Generatoren angegeben (Bild 143). Diese wird verwendet, wenn z.B. Interferenzmessungen oder Störungen aus Nachbarkanälen von Interesse sind.

Ebenfalls bei Tucek/Irmer findet man die Antennennachbildung für einen Autoempfänger, die etwa die gleichen Eigenschaften wie eine Stabantenne und ein abgeschirmtes Antennenkabel hat (Bild 144).

Bild 144. Antennennachbildung für Autoempfänger

In "Langford Smith, F.: Radiotron, Designer's Handbook, 3rd ed., The Wireless Press, 1941"  werden zunächst die bis 1938 üblichen "Dummy Antennas" vorgestellt, bei denen zwischen LW/MW einerseits und KW (>2,5MHz) andererseits unterschieden wurde.

Hier wird angegeben, daß die "new Dummy Antenna" 1938 vom I.R.E. (USA) standardisiert wurde.  (Aufgrund des Erscheinungsdatums des Buches ist diese Angabe wahrscheinlicher als die Jahreszahl 1948, die von Ghirardi aus dem Jahre 1955 stammt.)

Der Vorteil dieser "neuen" Antennen-Nachbildung besteht u.a. darin, daß sie auch den Frequenzbereich zwischen 2MHz und 3MHz umfaßt, der mit den einfachen Nachbildungen nicht erfaßt werden konnte.

In "Scroggie, M.G.: Foundations of Wireless, ILIFFE, 1958" wird wieder die einfache Nachbildung vorgestellt (Fig 17.11), die auch im Buch von Grund zu finden ist.

In "Camm, F.J.C.: Practical Wireless Service Manual, 3rd ed., G. Newnes, 1941" findet sich noch eine "dummy aerial" (Fig. 66), die der "broadcast version" von Langford Smith entspricht.

Ein falsches Schaltbild für eine Ersatzantenne findet man in dem (sonst nicht uninteressanten) Buch "Diefenbach, W.W.: Radio Service, 5.A., Frankh, 1958" . Hier gibt es zwar auch 200pF und 400Ω - aber diese sind parallel geschaltet, was nun überhaupt nicht stimmen kann (Abb 59).

In dieser Abb. 59 hat offensichtlich der "Zeichenfehler-Teufel" seine Hand im Spiel gehabt.

MfG DR

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.