harman: HK795i Restaurationstips

ID: 345664
Dieser Artikel betrifft das Modell: HK795i (Harman Kardon; New York)

harman: HK795i Restaurationstips 
09.Apr.14 12:09
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Thomas Butterstein (D)
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Beim HK-795 handelt es sich um einen sehr gut klingenden Stereo- Receiver aus der HiFi Schmiede harman/kardon, mit ausreichender Leistungsreserve auch für komplexere Lautsprecherimpedanzen. Die Endstufe ist diskret aus Einzeltransistoren aufgebaut, was sie gut reparierbar macht. Das Angenehme daran ist aber auch, daß hier bewusst Transistoren verwendet wurden, welche bis zu hohen Frequenzen eine gute Verstärkung bieten, was es erlaubt, daß die gesamte Endstufe eine hohe Grenzfrequenz erreicht und dadurch im Audiobereich nur sehr niedrige Intermodulationsverzerrungen verursacht. Die macht diese Endstufe sehr musikalisch und lebendig.  Der Receiver verfügt über 4 abgestimmte UKW Kreise (3x FM- RF, 1x FM- LO) und vier FM- ZF Filter. Für MW sind 2 abgestimmte AM Kreise (1x AM- HF , 1x AM LO) und zwei ZF Filter vorhanden.

Zu bemerken ist, daß der HK-795i auch noch über eine sehr feine Phono- Eingangsstufe verfügt, die ihn auch für die Plattenliebhaber unter uns, die noch einen Plattenspieler mit entsprechenden MM- oder High- Output MC- System ihr Eigen nennen, sehr interessant macht.

Bei diesem Typ ist, wie bei eigentlich allen Geräten, welche man heute nur noch gebraucht erstehen kann, erst mal eine gründliche Überprüfung der Lötstellen angesagt, bevor man es sich zum Gebrauch irgendwo hin stellt. Speziell bei Bauteilen die während des Betriebs warm werden haben sich im Laufe der Jahre doch die vielen Temperaturzyklen an diesen Lötstellen bemerkbar gemacht, so daß hier oft Kontaktprobleme ihre Folgen nach sich ziehen. Dies lässt sich jedoch dadurch, daß das Bodenblech abnehmbar ist, zumindest bei der Endstufe recht leicht bewerkstelligen. Um zum Nachlöten an die Vorstufenplatine zu gelangen muß leider die Frontplatte abgenommen werden und sämtliche Bedien elemente vom Subchassis losgeschraubt werden, damit die Vorstufe nach hinten heraus gezogen werden kann.

Ratsam ist es, dabei auch gleich die ALPS Stufenschalter auszulöten, sie zu öffnen (vorsicht dass dabei keine der kleinen Kontaktfedern verloren geht oder verbogen wird) und die mittlerweile oft schwarz angelaufenen versilberten feststehenden Kontakte und die beweglichen Kontaktfedern mit einer entsprechenden Politur (oder Zahnpasta und (Elektro-) Zahnbürste) zu reinigen. Politurreste danach gründlich entfernen und die Kontakte nach dem Reinigen mit Oszillin oder einem ähnlichen Mittel gegen Neuoxidation schützen. Hier ist weniger mehr. Die Kontakte nicht in Oszillin baden, sondern nur leicht anfeuchten und dabei den Pertinaxträger möglichst nicht mit Oszillin befeuchten. Reste sollten mit einem Wattestäbchen oder ähnlichem aufgenommen werden, bevor der Schalter wieder zusammengesetzt wird. Hat man dies getan, so danken es einem diese Schalter mit vielen weiteren Jahren problemloser Funktion, ohne Aussetzer oder Umschaltkrachen.

Was bei Geräten dieses Alters ebenfalls immer lohnt ist ein Tausch der alten Elkos durch neuere geeignete Typen, welche neben oft neben kleinerer Bauform auch niedrigere ESR Werte haben und, sofern man gleich die hochwertigeren 105°C- Typen verwendet, langlebiger sind und geringere Leckströme aufweisen. Dies macht sich im Klang und in der Lebensdauer positiv bemerkbar.

Was leider auffällt ist, daß bei dem Gerät oft gepolte Elkos als Koppelkondensatoren benutzt werden, ohne daß sie in der Schaltung eine entsprechende Gleichspannung sehen, die sie über die Zeit re- formiert. Daher erhöht sich durch langsamen Abbau der Oxidschicht bei diesen Kondensatoren im Laufe der Jahre der Leckstrom, was dann wiederum zu unschönen Umschaltgeräuschen bei den Quellenumschaltern, sowie zu Krachen beim Betätigen der Potis führen kann, wenn diese nicht sehr gute Kontakte haben. Insofern ist für einen weiterhin lange währenden Hörgenuss wichtig, daß erst mal diese Kontakte gewartet werden und eventuell auch nach einer gewissen Zeit die Elkos, zumindest die im Signalpfad, wieder ersetzt werden, wenn diese Probleme auftreten.

Nachdem diese Bauteile ersetzt wurden empfiehlt es sich auch gleich die Arbeitspunkte der Endstufen zu kontrollieren und gegebenenfalls nachzujustieren.

Ein weiterer Punkt, der bei dem Gerät zu Ärger in Form von komischen Zisch- und Raschelgeräuschen führen kann, ist der verwendete Kleber, mit dem manche Elkos festgeklebt wurden und mit dem teils auf der Platinenunterseite Abstandhalter aus einem komischen geschäumten und inzwischen bröseligen Kunststoffmaterial auf die Boards geklebt wurden. Dieser Kleber ist wohl einer von der Sorte, die mit zunehmender Zeit braun bis schwarz werden und dabei, besonders an Stellen wo sie Wärmeeinwirkungen ausgesetzt sind, auch leicht leitfähig, was dann diese Störgeräusche durch Leckströme verursachen kann. Es empfiehlt sich also daher auch, die Boards, wenn man sie schon mal draußen hat, nach dem Nacharbeiten gründlich mit einer Zahnbürste und Isopropanol von allen Flussmittel- und Kleberresten zu befreien und die alten zerbröselten Abstandhalter durch geeignete neue zu ersetzen.

Nun folgt noch die obligatorische Messung des Leckstroms, wie sie im Service Manual auf der Seite 2 unten beschrieben ist. Diese Messung ist nach jeder Wartung vorgeschrieben um sicher zu gehen daß nicht irgendwelche Isolationen im Bereich der Netzspannung führenden Primärseite ihren Geist aufgegeben haben. Damit ist nach der Wartung auch die elektrische Sicherheit der Gerätes wieder sichergestellt. Immerhin hat es ja nur eine zweiadrige Netzleitung und damit keine Schutzerdung...

Danach bleibt eigentlich nichts weiter hinzuzufügen als viel Spaß mit diesem Gerät zu wünschen.

Thomas Butterstein

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