Integrierte Schaltkreise in Dünnschicht-Hybrid-Technik

ID: 112169
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Integrierte Schaltkreise in Dünnschicht-Hybrid-Technik 
13.May.06 22:36
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Wolfgang Eckardt (D)
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Wolfgang Eckardt

In den 1960er Jahre kam es im VEB Keramische Werke Hermsdorf (KWH; HESCHO) zur Entwicklung und Produktion Integrierter Schaltkreise in Dünnschicht-Hybrid-Technik.
KME (Komplexmikroelektronik) wurde dieses Programm genannt und es beinhaltete ein Vielzahl analoger und digitaler Bausteine, mit denen alle elektronischen Grundfunktionen als Module aufgebaut werden konnten.

Es gab verschiedene Entwicklungsstufen von KME1 bis KME5.
Am bekanntesten waren die KME3-Bausteine, zu denen ich etwas sagen möchte.

Diese Bausteine sind zwar für Radios und ein Radiomuseum nicht relevant, doch ich möchte wenigstens einige grundlegende Gedanken dieser Etappe der Technikgeschichte kurz vorstellen.

Grundsätzlich wurden diese Bausteine in einem Metallgehäuse aus Aluminium verkapselt, das mit Silikongummi vergossen wurde. Die Leiterzüge,  Widerstände und auch Kondensatoren waren auf einem Dünnglasträger aufgedampft (auch gedruckte Mäanderlinien aus Kohlenstoff waren in der Entwicklungslinie), diskrete Bauelemente, wie Si-Miniplast-Transistoren und Dioden, wurden eingelötet.

Es gab auch eine Entwicklungsstufe, wo die Gehäuse aus Thermoplast bestanden und der Innenraum einschließlich der Bauteile war mit Gießharz gefüllt.

Die Anschlüsse befanden sich einseitig in einer Reihe mit Rastermaß 2,5mm und bestanden aus Bronze mit Zinnauflage. Je nach Bauform waren 6, 8, 10 oder 12 Anschlüsse vorhanden.

Die Kennzeichnung erfolgte mittels einer 7-stelligen Codezahl, aus der die wichtigsten Kenngrößen abgeleitet werden konnten. (Kommt uns bekannt vor von den Röhren.)

1. Ziffer: Baureihentyp: 2-analog aktiv; 5-digital langsam; 6-digital mittelschnell; 7-digital schnell

2. Ziffer: gibt die Variante an.

3. Ziffer: gibt den Schaltkreis- bzw. den allgemeinen Schaltungstyp an.

Bei analogen Bausteinen (1. Ziffer eine 2): 1= einstufiger-, 2= zweistufiger-, 3= dreistufiger Verstärker; 8= Differenzverstärker; 9= Sonderfälle.

Bei digitalen Bausteinen lässt sich erkennen, ob es ein Negator, NOR, Flip-Flop etc. ist.

Aus den weiteren Ziffern sind Varianten, spezielle Typisierungen u.a. erkennbar. Dafür gibt es umfangreiche Typenlisten (wie "Röhrentabellen").

Auf Grund der stürmischen Entwicklung der Halbleitertechnik war dieser Bauform nur eine kurze Nutzungszeit beschieden. Aber es war eine Etappe in der Forschungs- und Entwicklungsarbeit hin zu den hochintegrierten Schaltkreisen, wie sie heute verwendet werden.

Hier noch ein Beispiel eines 3-stufigen Analog-Verstärkers, den ich zur Anschauung geöffnet habe.



Die Rückseite des Glasträgers:



Das Schaltbild dazu:



Ziel war mit KME5, auch die aktiven Bauteile als ganze Festkörperschaltkreise in die "Dünnfilmschaltung" einzubeziehen. Doch der Weltmarkt entwickelte sich schneller und anders.

Hier noch ein Bild einer Leiterplatte eines alten Experimentier-Rechners aus der Laborfertigung mit KME-Bausteinen:




Persönlich kann ich mich noch daran erinnern, dass ich von in Hermsdorf tätigen Mitarbeitern gelegentlich einige dieser Bausteine erhielt - sie waren durch die strengen Qualitätsprüfungen gefallen. Natürlich interessierten mich die analogen Schaltkreise mehr und ich weiß noch von dem Bau eines hochempfidlichen Miniaturverstärkers für ein Mikrofon zum Aufnehmen von Vogelstimmen. Leider wurden diese "Experimente" dann "entsorgt", weil es immer bessere Bauelemente gab, mit denen dann gebaut wurde.
In den 1970er Jahren wurden diese nicht mehr benötigten Bausteine über den Elektronik-Handel an Bastler abgegeben. So kam mancher "Heimelektroniker" auch preiswert zu hochwertigen Si-Transistoren, denn die so genannten Bastel-Exemplare aus dem "verwertbaren Ausschuss" entsprachen nicht immer den Wünschen der Bastler.


Wolfgang Eckardt

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Literaturhinweis 
17.May.06 17:12

Wolfgang Eckardt (D)
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Wolfgang Eckardt

Von Herrn Höll erhielt ich per Mail einen Hinweis auf Literatur zu diesen Bausteinen.
Vielen Dank.
Auch den anderen Zusendern von Mails ein Dankeschön für die Resonanz und die Hinweise auf eigene Erlebnisse mit KME.

Elekronisches Jahrbuch für den Funkamateur vom Deutschen Militärverlag der DDR:
1967 S. 27 - 37
1971 S. 83 ff  (praktische Beispiele zur Anwendung)

W.E.

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