loewe-opta: 841W; Hellas: Reparaturbericht,Fortsetzung folgt

ID: 26200
Dieser Artikel betrifft das Modell: Hellas Plastik 841W (Loewe-(Opta); Deutschland)

loewe-opta: 841W; Hellas: Reparaturbericht,Fortsetzung folgt 
09.Jun.04 09:55
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H. P. (D)
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Hallo zusammen,

vor einigen Wochen hatte ich zwei gleiche Geräte dieses Typs in ebay gesehen. Beide standen hier in der Nähe meines Wohnortes. Ich neige eigentlich dazu, meine ebay-Käufe selbst abzuholen, da ich der Versendung nicht recht traue. Bedauerliche Berichte hier im Forum taten ihr übriges. 

Bei dem ersten Gerät habe ich schlicht den Termin verpaßt, um mitbieten zu können. Bei dem zweiten Gerät war der Startpreis 20 Euro, die ich dann leichtsinnigerweise mal geboten habe. Erstaunlicherweise fanden sich keine Mitbieter, ob die die richtige Nase hatten ? Jedenfalls wurde ich ein paar Tage später Besitzer des Gerätes. Bei der Abholung in einem kleinen Dorf unweit von Aachen präsentierte mir der noch jugendliche Verkäufer, der sich auch gleich als ebay-Verkaufsagent vorstellte, mit stolzgeschwellter Brust das doch "schön erhaltene" Radio. Naja....auf dem Foto hatte das wirklich nicht so schlimm ausgesehen, wie auch immer der das gemacht hatte. Das Gerät jedenfalls stand immerhin komplett da, aber mit dermaßen nachgedunkeltem Holz, so etwas habe ich noch nie gesehen. Und überall eingestaubt, weit schlimmer als der Durchschnitt der sogenannten Dachbodenfunde.

Kaum hatte ich das Ding im Kofferraum, habe ich natürlich mal versucht, die Skalenzüge durchzudrehen, erfolglos, beide waren richtig fest. Zuhause dann mal kurz angestöpselt: immerhin, die Röhrenheizungen und Skalenbeleuchtungen gingen (alle 3!). Nicht funktionsfähig hingegen war der eigentliche Gimmick des Geräts: die Schallwandbeleuchtung. Deswegen hatte ich es ja eigentlich erst gekauft.

Am nächsten Morgen habe ich mir dann hier im rm.org den Schaltplan gezogen und gestaunt: Gegentaktendstufe mit 2*EL84 und eine PCL81 (!) für die Seitenlautsprecher. Ein Gerät mit dermaßen aufwendiger Endstufe hatte ich noch nicht ! Weiß jemand, wieso gerade PCL, hatten die damals nichts anderes ?

Dann habe ich das Gerät auseinandergebaut und erstmal den Grund für die festgegangenen Skalenzüge herausgefunden: beide Skalenzeiger laufen an übereinander gebauten Führungsstangen. Die waren beide völlig rostig. Beim vorsichtigen Bewegen des AM-Zeigers ist mir dann der Skalenzug gerissen, na klasse ! Da habe ich dann die Gestänge ausgebaut, entrostet und neu in Öl gelegt, außerdem bei den Führungsschlitten den feinen Nadelfilz erneuert. Den Grund für diese aufwendige Konstruktion kenne ich: beim Vorgängermodell 552 W/P kratzen die Skalenzeiger dauernd hinter dem Skalenglas entlang, für ein Topgerät der damaligen Zeit ist das sicher nicht standesgemäß.

Auch war der blecherne Skalenhintergrund rostpickelig, so daß ich den ausbauen wollte, um ihn neu zu lackieren. Leider war es nicht mit dem Lösen zweier Schrauben getan, nein, das Blech war auch noch mit zwei umgequetschten Führungsnasen im Chassis verankert. Man vergebe mir, aber die habe ich abgeknipst, weil ich sonst den großen Ausgangsübertrager und ein Bandfilter hätte demontieren müssen. So hatte ich den Skalenhintergrund runter und flugs neu lackiert.

Tja und dann kam das Skalenseil. Ich hatte noch nie eines neu aufgezogen, hatte bisher immer Glück gehabt. Das hat zwei Stunden gedauert und einige üble Flüche provoziert, aber am Schluß hat es dennoch geklappt. Allein: Der Skalenzeiger wollte immer noch nicht, nichts bewegte sich. Aber vorher waren doch alle Riemenscheiben und Umlenkrollen gängig gewesen ? Alle bis auf eine, die wichtigste. Die Riemenscheibe am Drehko bewegte sich nicht. Also habe ich die Madenschrauben gelöst und es klappte. Nur der Drehko ging natürlich nicht mit. Der war auch fest ! Ein paar Tropfen MoS-Spray brachten hier Heilung. Damit war der Seilzug wieder OK. 

Unnötig zu sagen daß dann immer gleich beide Skalenzügen mitgingen, oder ? Also auch der Duplexautomat war hungrig nach dem gängig machenden Spray. Überall bei diesen Details ist doch erkennbar, wie ungemein hochwertig dieses Radio konstruiert und verarbeitet wurde.

Aber der dickste Brocken sollte erst noch kommen: die Schallwandbeleuchtung. Zwischen Schallwand und dem davorgestellten Gitter ist ja ein nach unten hin schmaler werdender Zwischenraum, der oben ausreicht, um die zwei Glühbirnen aufzunehmen. In diesem Zwischenraum lag ungefähr ein Pfund Staub und anderer Unrat, also mußte das alles raus. So habe ich das Gerät erstmal komplett um seine Lautsprecher erleichtern wollen, mußte aber mit einiger Ernüchterung feststellen, daß die Schallwand erst bei demontierten Seitenlautprechern herausgeht und die Seiten-LS umgekehrt nur bei demontierter Schallwand...bitte ? Nein, man muß tatsächlich erst die Frontlautsprecher einzeln abbauen, dann die Seiten-LS und erst dann die Schallwand. Schließlich kann man die Distanzkeile und den Schalter der Schallwandbeleuchtung abbauen und gelangt dann erst an das Frontgitter. Uff !

Als das getan war, fiel mir auf, daß die Glübirnen ja in Reihe geschaltet waren, und tatsächlich: die hatten 110V/15 Watt und dazu noch eine Bajonettfassung mit beiden Kontakten unten. Echt ungewöhnlich und bei einem normalen, gut sortierten Elektrohändler auch nicht mehr zu haben. Der hat mir dann zwei Glühbirnen (oder besser: -kolben) 220V/25W mit immerhin identischer Form samt passenden Fassungen E14 verkauft, die ich dann gegen die Originale getauscht habe, natürlich parallel geschaltet.  

Dann habe ich mal begonnen, das Chassis zu vermessen und habe sogleich festgestellt, daß alle Spannungen zu niedrig waren, etwa um 30 bis 40 Prozent. Nach Tausch der Koppelkondensatoren aller drei Endröhren wurde das etwas besser, war aber immer noch unbefriedigend. Dann wurden noch alle kritischen C´s getauscht, da sind Kondensatoren drin, die im Prinzip wie die bekannten WIMA-Tropydur aussehen, aber außen blau sind und keine Markenbezeichung tragen. Der 5000 pF-Entstör-C dieser Bauart direkt vor dem Netzteil hatte sich übrigens gleich beim ersten Probelauf mit PENG verabschiedet.

Da die Spannungen noch immer nicht so waren, wie ich mir das dachte, habe ich den Gleichrichter, den ich schon anfangs in Verdacht hatte, weil er richtig heiß wurde, abgeklemmt und durch einen KBU8K (Danke an Herrn Dehne) Brückengleichrichter ersetzt. Es zeigte sich, daß auch der dicke 600Ohm/3Watt-Wiederstand zwischen den Elkos den Wert verändert hatte, der lag bei 760 Ohm. Also raus mit dem und einen neuen 560 Ohm rein. In die Plusleitung des KBU8K habe ich dann noch einen 150Ohm/5 Watt gelegt. So konnte ich die Spannungen im Plan (270 bzw. 238 Volt) an den beiden Elkos bis auf eine Abweichung von 1 Volt erreichen.

Dann habe ich noch den Stromfluß nach dem Gleichrichter gemessen: ca. 110mA. Das war also auch OK und so habe ich die Autosicherung 1A, die in dem ausgeleierten Sicherungshalter steckte (echt !) gegen eine korrekte Feinsicherung 630mA ersetzen können.

Dann war es Zeit für einen Probelauf: die Skalenbeleuchtung geht an, die Schallwandbeleuchtung geht an (aaahhh!) und das Gerät legt los. Auf UKW alles ganz normal, ein kleiner Ruck am Skalenzeiger stellt die Genauigkeit der Skala wieder her. Und jetzt kommts: das Gerät hat eine 3D-Taste, die erst die PCL81 samt der Seitenlautsprecher aktiviert.

Der Klang ist damit fantastisch, besser als bei allen Röhrenradios die ich selber habe oder je irgendwo gehört habe. Unfaßbar. Das Gerät muß den Zeitgenossen von 1955 vorgekommen sein, wie vom anderen Stern. Da braucht es keine elektrostatischen Hochtöner, Schallkompressoren oder dergleichen, nein das geht so, mit einer Zweikanalendstufe.

Mag ja sein, daß eine Philips Capella 663 noch besser klingt, leider habe ich die nicht.

Ein Wermutstropen mischt sich noch darein: auf MW und LW sagt das Radio fast gar nichts, auf KW wird etwa die halbe zu erwartende Lautstärke erreicht. Woran das liegt, weiß ich noch nicht, jedenfalls nicht an sparsam auf die Tastenkontakte aufgetragenem Tunerspray.

Vielleicht gibt mir ja hier jemand von denen, die bis hier hin durchgehalten haben, den entscheidenden Tip. Dann kann ich das Radio endgültig zusammenbauen und ein Photo hier einstellen.

Vielen Dank für die Geduld beim Lesen.

Holger Pflug

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09.Jun.04 10:13

Alard Roose (NL)
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Alard Roose

Hallo,

Erfahrungen mit ebay,

Ich habe einen mappe gemacht ebay bei favorieten (weiss nicht was das in deutsch ist) in die mappe setze ich diese sachen die meinen interesse hat oder wo ich auch geboten hat. Wenn es ist abgelaufen (bieten meine ich) kannst du danach immer das artikel sehen wass deine interesse hatte. Am ende wenn du zu spat ist und keine geboten hat kannst du immer im kontakt kommen mit dem verkaufer. Er wird oft wieder angeboten.

Viel gluck mit restaurieren deinen radio.

Alard.

 

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Restaurierungsbericht: die versprochene Fortsetzung 
12.Jul.04 08:59

H. P. (D)
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Nun ist er fast fertig, der dicke Loewe ! Die schlechte Leistung auf den AM-Bändern war auf zwei Ursachen zurückzuführen. Zum einen waren die Tastenkontakte derart verunreinigt, daß auch das beste Tunerspray nichts half. Die Kontaktplättchen waren einfach nur schwarz. Unser Sammlerkollege Hilmer Grunert hat mich darauf aufmerksam gemacht und auch schon mit der Reinigung begonnen. Um das Verfahren zu beschleunigen habe ich ein Stück sehr dünnen Federstahls genommen und dies von beiden Seiten mit 800er (glaube ich) Schleifpapier beklebt. Dieses Instrument konnte ich dann zwischen Tastenkontakte und Kontaktplättchen einschieben, ohen die Tastenkontakte zu weit auseinander biegen zu müssen. Nachdem ich diese dann alle durchgezogen hatte, kam noch einmal das Tunerspray zum Einsatz.

So gereinigt hoffte ich nun auf eine akzeptable Leistung beim AM-Empfang. Kurzwelle tat mir auch den Gefallen, und meine allabendlich gehörte Prüfstation "Voice of Russia" kam in voller Lautstärke. Mittelwelle und Langwelle brachten jetzt auch schon einige Stationen, aber bei weitem nicht so viele wie erwartet. Damit kommt jetzt die zweite Ursache ins Spiel: nach langem Suchen entdeckte ich eine durchgerissene Leitung, die von der Ferritantenne direkt zum AM-Drehko führt. Die sah eigentlich aus, wie absichtlich durchtrennt. Flugs habe ich eine neue angelötet und siehe da: es klappt. LW geht jetzt richtig gut, MW befriedigend.

Außerdem habe ich auch noch was für die Optik des Gehäuses getan. An dem Gerät sind ungewöhnlich viele Messingzierelemente verbaut. Die Schriftzüge und die Klangreglerblenden habe ich abgezogen und in ein Silberreinigungsbad der Fa. Delu gegeben. Nach drei Tagen Einwirkzeit waren die schwarzen Beläge soweit angelöst, daß man sie mit einer feinen Bürste komplett abnehmen konnte. (Ich weiß nicht, ob das wirklich allen Metallen bekommt, habs einfach riskiert.) Bei den eigentlichen Zierleisten habe ich begonnen, diese mit dem amerikanischen Produkt "Never-Dull" zu behandlen. Es handelt sich dabei um eine in einer Reinigungslösung getränkte, feste Watte. Die gibt es am ehesten im Autozubehörhandel, da sie üblicherweise zur Politur von Chromstoßstangen usw. verwendet wird. Harley-Fahrer kennen sie bestimmt auch.... An einigen hartnäckigen Stellen habe ich noch den Polieraufsatz eines Dremel-Multi zur Hilfe genommen. Ich bin aber noch weit davon entfernt, alle Leisten poliert zu haben.

Das Holz ist wie gesagt stark nachgedunkelt. Da ich in Holzarbeiten wirklich nicht gut bin, habe ich mich darauf beschränkt, die abgeblätterten Stellen nachzubeizen und mit Klarlack zu versiegeln. Außerdem habe ich schon mehrmals "Pronto" zum Einsatz gebracht. Durch diese Maßnahmen ist der Gehäuse zwar noch keine Schönheit, aber doch ganz ansehnlich geworden.

Dann folgte der Zusammenbau. Dieses Gerät verfügt über zwei halbrund in Form gebogene Hartkartoneinsätze, die die Seitenlautsprecher wohl davor bewahren sollen, beim Zurückschwingen der Frontlautsprecher von diesen Überdruck abzubekommen. Eigentlich kann man das Chassis nur einbauen, wenn diese Einsätze draußen sind. Dann bekommt man diese Dinger aber nicht mehr rein......nach einigem Gemurkse paßte das aber doch. Man braucht aber einen Helfer dazu, der die Einsätze nach außen drückt, während man selber versucht, das Chassis an der breitesten Stelle daran vorbei zu bringen (Skalenglas). Uff !

Tja, und jetzt steht es da und spielt ganz vorzüglich. Leider bin ich dennoch noch nicht ganz zufrieden. Bei kräftigen Bässen rappeln nämlich die Glühbirnen der Schallwandbeleuchtung mit. Ich vermute mal, daß meine nicht originalgetreue Reparatur daran schuld ist.

Hat jemand so ein Gerät im Originalzustand, der mir schreiben könnte, ob das da auch so war ?

Gruß an alle

Holger Pflug

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passende Glühlampen 
12.Jul.04 20:34

Lars Brötje (D)
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Lars Brötje

Hallo Herr Pflug,

a) ich konnte bei einem Baumarkt (Hornbach, vor ca. 2 Jahren) Glühbirnen mit 240V/15 Watt bekommen, deren Glaskolben zwar etwas kürzer als das Original ist, die dafür aber den passenden Bajonettverschluß (Typ BA15d) besitzen. Hersteller ist die Firma Paulmann, sie werden für Nähmaschinen (mal in einem Fachgeschäft fragen?) benutzt. Die Beleuchtung mit diesen Lampen ist überzeugend.

b) Es könnte nicht schaden, beim Einsatz von 25W Birnen anstatt 15W zu prüfen, ob die umgebenden Teile nicht zu heiß werden...

c) der Klang ist in der Tat hervoragend, nur die "eisenlosen" Capellas klingen noch einen Tick besser...

d) ich habe zur Politur der unzähligen Messingleisten (auch des Lautsprechergitters !!) Sidol Metall-Politur benutzt, ist zwar immer noch viel Arbeit, aber es lohnt sich. Allerdings trocken die Reste hell aus und können in Ritzen so unangenehm auffallen, da muß man beim Polieren etwas aufpassen.

Viel Spaß mit der Hellas

Lars Brötje

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15.Jul.04 12:07

H. P. (D)
Beiträge: 358
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Hallo Herr Brötje,

ja Sie haben recht, mehrere Stunden würde ich die Lampen auch nicht brennen lassen. Es ist zwar an der Geäuseinnenwand eine wärmedämmende Alufolie eingezogen, aber ob die so viel bringt ? Ich kann mich erinnern, mal eine "Venus" gesehen zu haben, bei denen die Holzpartien direkt über den Glühbirnen richtig schwarz waren, das ist alles irgendwie unterdimensioniert. Die Sidol-Politur muß ich besorgen, vielleicht geht das noch besser als mein Hausmittel.

Na, jedenfalls "brüllt" der griechische Loewe wieder.

Holger Pflug

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