nowak: Nowaphon-Mignon

ID: 24770
Dieser Artikel betrifft das Modell: Nowaphon-Mignon (Nowak, Karl, Ing., oHG; Wien)

nowak: Nowaphon-Mignon 
01.May.04 17:49
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Gerhard Heigl (A)
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Gerhard Heigl

 

Vor der Wiedergeburt des Geradeausempfängers?

Die Rückkopplungs-Superselektion - eine österreichische Erfindung

Erhöhung der Trennschärfe des modernen Empfängers mittels "reziproker",Gegenrückkopplung. "Superselektions-Einkreiser" trennschärfer als normaler Mehrkreiser, Größere Steilheit der Selektionskurvenflanken ermöglicht trennscharfen Empfang mit guter Empfangsbandbreite

Von Ing. Karl NOWAK, Wien 1948

Auf der Wiener Frühjahrsmesse wurde ein Radioempfänger der Marke "Nowaphon" gezeigt, bei dessen Konstruktion ein völlig neuer Weg beschritten wurde. Es handelt sich um einen Dreiröhrenempfänger, also ein in der Röhrenbestückung den "kleinen" Supern analoges Gerät, gegenüber welcher Geräteart aber der geringere Preis ins Auge springt. Der Schaltung nach ist das Gerät ein Geradeausempfänger, bei dem also das im Super für die Mischung verwendete Röhrensystem noch zusätzlich für Verstärkungszwecke zur Verfügung steht. Dieser "Einkreiser" besitzt jedoch eine Selektivität, wie sie von einem Super kaum erreicht wird. Er verdankt diese besondere Selektivität völlig neuen Konstruktionsprinzipien; welche auf eine Reihe von Erfindungen zurückgehen, die von der Erzeugerfirma Ing. Karl Nowak OHG., Spezialfabrik für Hochvakuum- und Elektrotechnik, in deren Laboratorium entwickelt wurden. Die neue Selektionsart wird von der Urheberfirma als ,Superselektion" bezeichnet und hier erstmalig veröffentlicht.

Dem genannten Gerät ist inzwischen als zweite Type der Kleinempfänger "Nowaphon-Mignon" gefolgt, ein Zweiröhrenapparat, dessen Preis nur fast die Hälfte der bisher billigsten Empfänger beträgt, der dazu bei gefälligem Aussehen recht leistungsfähig ist. Ein besonderes Kennzeichen dieses Gerätes ist es, daß mit demselben auch in Wien die Sender Alpenland und Wien II einwandfrei getrennt werden können! Der stärkst wirksame Ortssender kommt auch bei Fernempfang niemals zum "Durchschlagen". Bekanntlich schlagen die Ortssender in Wien oft auch bei sonst recht guten Supern durch und auch Ortsempfänger mußten bisher zumindest Zweikreiser sein. Im nachfolgenden soll nun das Grundprinzip der "Superselektion" beschrieben werden, auf welchem sich die genannten neuen Konstruktionen aufbauen:

Bekannt ist, daß die Trennschärfe eines Schwingungskreises durch positive Rückkopplung erhöht werden kann. Diese Trennschärfe-Erhöhung findet aber gar bald ihre Grenze durch die Bedingung der einzuhaltenden Bandbreite und kann daher über einen bestimmten Punkt hinaus nicht getrieben werden. Die Trennschärfe kann aber auch durch Anwendung einer hochfrequenten Gegenrückkopplung erhöht werden, doch hat sich gezeigt, daß hier die Verhältnisse denjenigen bei positiver Rückkopplung weitgehend entsprechen. Jedoch gelang es überraschenderweise durch gleichzeitige Anwendung einer positiven Rückkopplung und einer derselben "reziproken" negativen Rückkopplung, eine be­sondere Trennschärfe bei guter Bandbreite; d. h. eine Versteilerung der Flanken der Selektionskurve, zu erzielen.

Die prinzipielle Wirkungsweise wird an Hand der Abbildungen näher erläutert.

In der Abbildung 1 ist eine Schaltung dargestellt, bei welcher eine für die Resonanzfrequenzen des Schwingungskreises S (Sperrkreis) schwächer wirkende Gegenrückkopplung ("reziproke Gegenrückkopplung°`) vorgesehen ist. Die Abbildung 2 zeigt Resonanzkurven, und zwar bezeichnet 1 die Kurve des Kreises S ohne jede Rückkopplungswirkung (Anordnung gemäß Abbildung 3), die Kurve 2 zeigt die Wirkung einer reziprok frequenzabhängigen Gegenkopplung gemäß Abbildung 1. Die Einführung einer frequenzabhängigen Gegenkopplung allein bietet aber bisher an sich nichts Ueberraschendes. Die gleiche Kurve (2) könnte ja erzielt werden durch schwächere Erregung des Kreises S (Kurve 3) und gewöhnliche positive Rückkopplung. Nun wird aber gleichzeitig mit der reziproken Gegenrückkopplung auch eine positive Rückkopplung angewendet. Die bekannte Wirkung einer positiven Rückkopplung nach Abbildung 4 an sich zeigt die Kurve 4. Bei gleichweit getriebener positiver oder negativer Rückkopplung sind die Spannungsüberhöhungen und Bandbreiten der Kurven 2 und 4 gleich, d. h. positive und negative Rückkopplung sind bei getrennter Anwendung diesbezüglich an sich gleichwertig, wenn auch in ihrer Wirkungsäußerung entgegengesetzt; denn in einem Falle wird der Scheitel der Resonanzkurve erhöht, im anderen werden die Flankenwerte verringert.

Nun werden aber positive und reziprok frequenzabhängige negative Rückkopplung gleichzeitig angewendet (Abbildung 5). Gemäß Abbildung 1 ist im Resonanzfalle die negative Rückkopplung klein, hier infolge der Gegenwirkung Null, der Scheitel der resultierenden Kurve also etwa mit dem der Kurve 4 (positive Rückkopplung allein) identisch. Im Gebiet der unteren Flanken der Resonanzkurve des Kreises S ist dagegen die positive Rückkopplung klein bzw. hier Null, die resultierende Kurve besitzt also etwa die Flanken der Kurve 2. Im Mittelgebiet wirken positive und negative Rückkopplung je nach dem Frequenzgebiet verschieden stark, so daß infolge der Gegenwirkung die eine oder die andere resultiert, d. h. es ergibt sich eine resultierende Kurve 5, wie sie mit normaler Rückkopplung allein nicht erzielt werden kann. Die weiter getriebene positive Rückkopplung allein eines schwächer erregten Kreises S (Kurve 3) ergibt eine Kurve 6, welche zwar die gleiche Spannungsüberhöhung, aber eine geringere Bandbreite besitzt.

Es kann also, wie ersichtlich, mit der neuen Anordnung gegenüber normaler Rückkopplung allein bei gleicher Spannungsüberhöhung eine größere Bandbreite bzw. bei gleicher Bandbreite eine größere Spannungsüberhöhung erzielt werden. Die Erklärung hiefür liegt darin, daß es sich im vorliegenden Falle eigentlich gar nicht mehr um einen Einzelkreis handelt, denn die Gegenrückkopplung ist ja infolge der Serienschaltung ebenfalls frequenzabhängig und wirkt analog einem gleichen Schwingungskreis. Es wird daher ähnlich der Hintereinanderschaltung zweier gleicher Schwingungskreise eine Kurvenverbesserung erzielt, jedoch hat man es nun konstruktiv in der Hand, der Kurve eine gewünschte Form zu geben, wie sie gegebenenfalls auch mit einer Kaskade von vielen Kreisen nicht erzielbar sein kann, da sich die "zwei Kreise" von Rück- und Gegenrückkopplung in ihrer Wirkung potenzieren. Der technische Vorteil liegt außerdem in der Verwendung nur eines Abstimmkondensators (der Gitterkreis kann, wie dargestellt, durch eine einfache Spule gebildet werden), im einfachen Aufbau und Entfall vieler abzugleichender Kreise und Abstimmungen. Je stärker die reziproke Gegenrückkopplung gewählt wird, um so größer wird die Flankensteilheit. Man kann die Wirkung auch so ausdrücken: Infolge des Zusammenwirkens der zwei entgegengesetzten Rückkopplungen ist die Dämpfung des maßgebenden Schwingungskreises S nicht mehr konstant, sondern mit der Frequenz veränderlich, so daß die Form der Selektionskurve gegenüber derjenigen des Einzelkreises wesentlich veränderlich ist. Also ein grundsätzlich neuer Effekt.

 

Das neue Prinzip wird eine Wiedereinführung der Geradeausempfängerbauart bewirken. Denn der Ueberlagerungsempfänger hat bekanntlich gegenüber dem Geradeausempfänger bedeutende Nachteile, z. B. geringere Rauschfreiheit, Spiegelfrequenzen, unnötigen Aufwand für den Oszillator. Der Entfall des Mehrfachdrehkondensators, der vielen Zwischenkreise (Bandfilter) und deren Abgleichung, wird eine wesentliche Verbilligung der Geräte zur Folge haben. Es besteht durch diese österreichische Erfindung eine große Chance für die österreichische Industrie, sich ihre verlorenen Exportmärkte wieder zu erobern, wenn die maßgebenden Exportförderungsstellen in geeigneter Form derselben ihre Unterstützung leihen.

Zum Schlusse möge nicht verhehlt werden, daß es zur Erreichung der angestrebten Verhältnisse noch wesentlicher konstruktiver Arbeit bedurfte, bis das gesteckte Ziel erreicht war. Diese Arbeit wurde jedoch geleistet und die Entwicklung kann auf Grund einer Reihe von Zusatzerfindungen als weitgehend abgeschlossen gelten.

Ueber alle Einzelheiten der neuen Empfänger kann aus Patentgründen derzeit noch nicht berichtet werden. Den Amateuren wird jedoch in geeigneter Form die Reproduktion des neuen Selektionsprinzips durch die Urheberfirma ermöglicht werden.

Quelle: "das elektron" 1948 Heft 6

 

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