philips: A5X93A/01; AM-FM Tuner: Stereo-Decoder

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philips: A5X93A/01; AM-FM Tuner: Stereo-Decoder 
03.Dec.10 15:31
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Der A5X93A ist einer der ersten Stereo-fähigenTuner. Demzufolge ist sein Stereo-Decoder auch eine frühe Version dieser Gattung. Eine Beschreibung dazu findet man in: "Schanz, G.W.: Stereo-Taschenbuch; Stereo-Technik für den Praktiker, Philips Taschenbücher, 1966".

 
5.1 Schalterdekoder

In Abschnitt 3.2 wurde bereits dargelegt, wie prinzipiell ein auf der Empfängerseite befindlicher Schalter mit einem entsprechenden Schalter auf der Senderseite bei gleichzeitiger Umschaltung zwischen linkem und rechtem Kanal die Übertragung von Stereo-Signalen über einen einzigen Sender zum Empfänger ermöglichen kann. Natürlich würde niemand auf die Idee kommen, einen derartigen Schalter mechanisch auszuführen. Die Umschaltfrequenz beträgt immerhin 38 kHz! Es liegt darum nahe, daß die Lösung elektronischen Charakter trägt.



Betrachtet man das in Abb. 5.1 gezeigte Blockschema, so erkennt man als erstes Glied, das dem Ratiodetektor folgt, einen Tiefpaß mit der Grenzfrequenz fg = 55 kHz. Der Tiefpaß läßt folglich das gesamte Stereo-Signal passieren. Bekanntlich wird zur synchronen Umschaltung zwischen beiden Kanälen eine 38-kHz-Spannung benötigt. Dazu wird der 19-kHz-Pilotton aus dem Stereo-Signal ausgesiebt und anschließend verdoppelt. Mit der so gewonnenen 38-kHz-Spannung werden zwei gegenphasig wirkende Schalter gesteuert, an denen das vollständige Stereo-Signal liegt. Bei phasenrichtigem Betrieb wird also im 38-kHz-Rhythmus stets im richtigen Moment umgeschaltet und mithin eine gute Trennung beider Kanäle bewirkt.

Da jedoch selbst bei völlig exakter Umschaltung keine absolute Trennung beider Kanäle erreicht werden kann, wird von einer sog. Übersprechkompensation Gebrauch gemacht. Die Gründe hierfür sollen kurz erläutert werden. Zunächst zeigt Abb. 5.2 ein Stereo-Signal ohne Pilotton beim Vorhandensein nur eines Kanals (R = 0).



Es wird folglich auf der Senderseite zwischen dem Kanal L und Null hin- und hergeschaltet. Das Ergebnis besteht in sehr steilen Spannungsflanken, zu deren Übertragung jedoch die Bandbreite 53 kHz wesentlich überschreiten müßte. Da nun aber bereits vor der Modulation des Senders sämtliche Frequenzen oberhalb 53 kHz abgeschnitten werden, entstehen schräge, zur Sinusform hin verzerrte Flanken. Schaltet der Dekoder gemäß Abb. 5.2 vom linken Kanal auf den rechten (R = 0), so sind dort noch Spannungsreste vom linken Kanal vorhanden (schraffiert dargestellt).



In Abb. 5.3a ist nochmals das Stereo-Signal mit seinen schrägen Flanken wiedergegeben. Die im linken Kanal des Dekoders infolge phasenrichtiger Umschaltung im 38-kHz-Rhytmus entstehenden Impulsspannungen sind in Abb. 5.3b dargestellt. Hinter dem Deemphasis-Siebglied folgt die Spannung dem darin gestrichelt angedeuteten Mittelwert; es ergibt sich das NF-Nutzsignal. In deutlicher Weise zeigt Abb. 5.3c die im angenommenen Fall bei phasenrichtiger Umschaltung im rechten Kanal (R = 0) entstehenden Spannungsreste. Man erkennt, daß trotz der senderseitig im rechten Kanal völlig fehlenden Modulation im Dekoder eine Spannung entsteht, die von jener im linken Kanal abhängig ist.Sie wird nämlich durch die schrägen Flanken im linken Kanal gebildet! Folglich kann hier von einem Übersprechen die Rede sein.

Würde keinerlei Übersprechkompensation vorhanden sein, würde sich am Deemphasis-Siebglied ebenfalls ein NF-Nutzsignal einstellen, und zwar gemäß dem gestrichelten Kurvenverlauf in Abb. 5.3c. Somit entstünde im unmodulierten rechten Kanal ein Signal mit derselben Frequenz wie im modulierten linken Kanal (siehe Abb. 5.3d). Es liegt daher nahe, innerhalb des Dekoders Signalanteile des modulierten Kanals nach entsprechender Phasenumkehr in entgegengesetzter Polung dem unmodulierten Kanal hinzuzufügen. Dieses ist in Abb. 5.3e angedeutet. Wird dabei der Flächeninhalt der Kurven mit Hilfe geeigneter Einstellungen der Kompensationsspannungen im positiven wie im negativen Bereich praktisch gleichgemacht, so ergibt sich minimales Übersprechen. Infolge Siebung der 38-kHz-Spannung muß dann im günstigsten Fall der sich ergebende Mittelwert mit der Nullinie zusammenfallen. Allerdings leuchtet ein, daß durch zwangsläufig vorhandene Unsymmetrien der von den Kurven eingeschlossenen Flächen stets ein kleiner Rest des Übersprechens zurückbleibt, wovon die Darstellung in Abb. 5.3f einen Eindruck vermittelt. Es darf dabei nicht übersehen werden, daß diese Art der Kompensation ja nicht auf der gegenseitigen Auslöschung zweier exakt gleichzeitig vorhandener gegenphasiger Spannungen beruht. In einem solchen Fall wäre der Mittelwert natürlich gleich Null, was einer vollkommenen Kompensation entspräche. Vielmehr wird das Übersprechen erst nach der Mittelwertbildung zeitlich verschobener gegenphasiger Spannungen kompensiert.

Abb. 5.4 zeigt die praktische Ausführung eines Schalterdekoders [43: N.N.: AM/FM-Wechselstromsuper Capella Reverbo B7X43A; Deutsche Philips GmbH, Service-Abteilung, Hamburg, 1963].



Der Eingang des Dekoders ist mit dem Ratiodetektor verbunden. Der aus der Spule S101 und dem Kondensator C201 gebildete Resonanzkreis ist auf die Frequenz des Pilottons (19 kHz) abgestimmt. Die solchermaßen ausgefilterte Pilotfrequenz wird der Basis des Transistors TS201 zugeführt. Der im Kollektorkreis dieses Transistors befindliche Übertrager ist gleichfalls auf 19 kHz abgestimmt. Der verstärkte Pilotton erscheint an der aus den Spulen S105 und S106 gebildeten Sekundärwicklung, deren Mittelanzapfung mit Masse verbunden ist. Mittels der aus den beiden Dioden Gr201 und Gr202 bestehenden Zweiweg-Gleichrichterschaltung wird die Pilotfrequenz auf 38 kHz verdoppelt. Diese Frequenz steht am Arbeitswiderstand R205 und wird durch den Transistor TS202 verstärkt. Sie wird im Kollektorkreis des Transistors TS202 durch das aus der Spule S107 und dem Kondensator C209 gebildete Filter ausgesiebt und aus der Sekundärwicklung S108/S109 dem Ringdemodulatormit den Dioden Gr203, Gr204, Gr205 und Gr206 zugeführt. Das Stereo-Signal liegt über einen aus der Spule S103 und dem Kondensator C205 gebildeten Sperrkreis für das SCA-Signal (vgl.Abschnitt3.2. 1) an der Mittelanzapfung der aus den Spulen S108und S109 bestehenden Sekundärwicklung. Im Ringdemodulator wird das regenerierte Hilfsträgersignal demoduliert. Es bildet zusammen mit dem Summensignal im Punkt Y (Verbindungspunkt R210/Gr203/R215) dielinke und im Punkt Z (Verbindungspunkt R211/Gr205/R214) die rechte Stereo-Information. Diese Informationen werden über die Deemphasisglieder R223/C213 bzw. R222/C214 den beiden NF-Verstärkerkanälen zugeleitet.

Die letzte Stufe mit dem Transistor TS203 dient der Übersprechkompensation. Wird in einem angenommenen Zeitpunkt beispielsweise gerade auf den rechten Kanal geschaltet, so gelangt über den aus den Widerständen R213 und R214 gebildeten Spannungsteiler ein Bruchteil des rechten Signals an die Basis der Transistors TS203. Verstärkt erscheint dieser Signalbruchteil gegenphasig am Kollektor und wird über den Widerstand R221 dem linken Kanal zugesetzt. Diese Maßnahme entspricht der im Zusammenhang mit Abb. 5.3e gegebenen Erklärung. Mit Hilfe des Einstellwiderstands R213 kann die Übersprechkompensation so dosiert werden, daß sich ein Minimum an Übersprechen ergibt. Wird im folgenden Zeitpunkt auf den linken Kanal geschaltet, gelangt über den aus den Widerständen R213 und R215 gebildeten Spannungsteiler ein Bruchteil des linken Signals an die Basis des Transistors TS203. Dieser wird wiederum nach entsprechender Verstärkung gegenphasig über den Widerstand R220dem rechten Kanal zugesetzt. Der in beiden Fällen zwangsläufig auch dem eigenen Kanal zugesetzte Anteil wirkt sich nur unbedeutend auf die Ausgangsamplitude aus. Da die Stromversorgung des Dekoders aus der Betriebsspannung röhrenbestückter Empfänger erfolgen soll, liegt der Minuspol der Schaltung an Masse.

Eine etwas anders gezeichnete Schaltung des Stereo-Decoders findet sich in. "Diefenbach, W.W.: Praxis der Rundfunk-Stereophonie, Radio-Foto-Kinotechnik, 1965". Hier ist auch noch die Anschlußmöglichkeit für einen Stereo-Indikator gezeigt, in diesem Fall eine EM87.

Betrachtet man nun den Fall, daß kein Stereo-Signal anliegt, stellt man fest, daß das NF-Signal auf seinem Weg durch den Decoder über die Diodenmatrix D1, D2, D3, D4 läuft. Anfang und Ende dieses Weges liegen gleichspannungsmäßig auf Nullpotential. Somit sind die Dioden nicht vorgespannt und stellen einen spannungsabhängigen Widerstand im NF-Zweig dar, der zusätzlich den NF Pegel stark dämpft.

Bei frühen Lösungen (anderer Firmen) war es üblich, z.B. mit Hilfe eines Relais den Signalweg zwischen Mono und Stereo so umzuschalten, daß für Mono der Decoder umgangen wurde und somit die geschilderten Nachteile nicht auftreten können. Aus dem Schaltbild des A5X93A ist jedoch zu erkennen, daß hier eine solche Umschaltung nicht vorgesehen ist. (Der Stereo-Decoder ist hier nur als "Box" dargestellt.) Was mögen sich die Entwickler dabei nur gedacht haben?

Fazit: Ein hochwertiger Tuner aber leider mit einem primitiven Stereo-Decoder.

MfG DR

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