Austria - Radioröhren

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Austria - Radioröhren 
07.Apr.11 21:44
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Thomas Lebeth (A)
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Thomas Lebeth

Austria - Radioröhren

Der kurze Auftritt eines Wiener Gewerbebetriebes

AUSTRIA U408

 

Anfang bis Mitte der dreißiger Jahre besteht in Österreich bereits ein nahezu abgeschlossener Röhrenmarkt, der hauptsächlich zwischen Philips, Telefunken und Tungsram aufgeteilt ist. Für die Erstbestückung von Rundfunkgeräten sind gemäß dem Geräte­bauvertrag mit dem Verband der Funktechnischen Industrie (VÖF) nur mehr Röhren dieser Hersteller zulässig. Alle anderen Röhren­hersteller müssen sich mit dem Nachbestückungsgeschäft und den Bedarfen der Radioamateure und –bastler zufrieden geben. Die Vormachtstellung der drei großen Hersteller ist gegründet auf deren Patentrechte über Erfin­dun­gen am Röhrensektor. Diese Schutzrechte werden zumeist nicht an kleine Hersteller weitergegeben, da dies als Konkurrenten aus dem Markt gedrängt werden sollen. Zu den bedeutendsten Grundlagen­patenten zählt das Schirm­gitter­patent von Walter Schottky (Siemens) und das Pentodenpatent von Bernardus D. H. Tellegen (Philips).

 

AUSTRIA W408

 

Trotz dieser scheinbaren Übermacht werden in Öster­reich immer noch Radio­röhren von kleineren Fir­men hergestellt und auf den Markt gebracht. Zu die­sen Unternehmen zählt auch die „Radioröhren-Er­zeugung A. Pasut“. Ab 1934 werden „Austria“-Röh­ren in Österreich auf den Markt ge­bracht, die von dem klei­nen Gewer­be­betrieb der Firmen­inhaberin Adele Pasut in der Stift­gasse 6, Wien VII, hergestellt werden. Archiv­recherchen erga­ben, dass das Unternehmen beim Handelsgericht Wien nicht eingetragen wurde, und somit lediglich als Gewerbebetrieb bestand. Der Umsatz dürfte dement­sprechend niedrig gewesen sein. In einem Röhrenprospekt von September 1934 werden unterschiedliche Empfänger­röhren bewor­ben [1]. Bemerkenswert dabei ist, dass sich aus­schließlich Dioden, Gleichrichter und Trioden unter den angebotenen Typen befinden. Dabei werden 4 V-Batterieröhren, Wechsel­stromröhren für 4 V Heizspannung, Indirekt beheizte Serienröhren für 180 mA Heizstrom und direkt geheizte Gleich­stromröhren angeboten. Ein Hinweis im Röhrenprospekt stellt auch klar, warum keine Mehrgitterröhren angeboten werden. Hier ist zu lesen: „Schirmgitterröhren und Penthoden erzeugen wir wegen der derzeitigen Patentlage nicht“.

 

Typenübersicht aus dem Austria-Empfängerröhrenprospekt von 1934

 

Austria-Röhren verfügen über charakteristische Merkmale des Innenaufbaues – dadurch ist auch eine einfache Identifizierung möglich, falls die Stempel der Röhren abgewischt sind. Zu den Charakteristiken zählen, dass der Quetschfuß der Röhren immer eine Ziffer in Reliefform aufweist. Diese Ziffern stammen offenbar von den Quetschfußzangen. Weiters ist die Anstengelung des Pump­stutzens an das Tellerrohr des Quetschfußes bei Austria Röhren durch die relativ grobe Glasarbeit leicht wiedererkennbar. Die Austria Röhren U408 und W408 sind in den Abbildungen zu sehen. Die Abbildung der W408 zeigt auch den charakteristischen Austria-Schriftzug am Röhrenkolben.

 

Austria-Röhren werden auch im Österreichischen Radio-Amateur beworben. Im Juni 1936 werden die Röhren U210, L210 und E215 vorgestellt. Alle drei Typen sind direkt beheizte 2 V-Batterieröhren die mit einem fünfpoligen Außenkontaktsockel hergestellt werden und in den Gesamtabmessungen ähnlich einer AB2 oder VY2 sind [2].

Abbildung aus ÖRA, Juni 1936

 
Noch bis zum April 1938 erscheinen immer wieder Inserate im Öster­reichi­schen Radio-Amateur. Danach dürfte diese kleine Marke im Zuge der „Gleichschaltung“ der öster­reichi­schen Funkindustrie mit der Wirt­schaftstelle der deutschen Rund­funk-Industrie (WDRI) vom Markt ver­schwunden sein. Schon der Mar­ken­name „Austria“ war wohl den neuen Herren nicht gelegen.

 

In „Lehmann’s“ Wiener Adress- und Firmenverzeichnis läßt sich die Fir­meninhaberin Adele Pasut von 1929 bis 1942 unter der Privatadresse Wien V, Margaretenstraße 113 mit der Berufsbezeichnung „Betriebs­lei­te­rin“ auffinden. Das Unternehmen „Austria-Radioröhren-Erzeugung“ findet sich im Branchenverzeichnis von 1934 bis 1938.
In meiner Sammlung befindet sich auch eine Röhre, die eine Bestempelung von Radio-Fleschner in Wien VI trägt. Als Type ist die Bezeichnung „515 Serie“ angegeben. 1933 findet sich in der Septemberausgabe des Öster­reichischen Radio-Amateur eine Anzeige von Radio-Fleschner, die eine solche Röhre als Vergleichstype einer Philips B543 ausweist [3]. Es handelt sich also um eine Enpentode für Gleichstromheizung. Eine genaue Untersuchung dieser Röhre zeigt alle charakteristischen Merkmale der späteren Austria-Röhren. Es ist davon aus­zugehen dass das Unternehmen von Adele Pasut bereits ab Ende der zwanziger Jahre mar­ken­lose Röhren, darunter offenbar auch Pentoden erzeugte, die dann über Nach­bestempelung von Radiohändlern als Eigenmarke ihren Weg zum Bastler und Amateur fanden.
Literaturnachweis:
[1]     ‚Austria‘-Empfängerröhren, Preisliste 1934-35, Druckmarke IX.34.90 - L.&G. 49448
[2]     Österreichischer Radioamateur, Folge 6, 1936, Seite 365
[3]     Österreichischer Radioamateur, Folge 9, 1933, Seite 559
 
Dieser Artikel erschien ursprünglich im März 2010 in der österreichischen Sammlerzeitschrift. Information über die Zeitschrift 'RADIOBOTE' sowie die Bezugsquelle finden sich unter folgendem Link: Radiobote

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