Keramische Kondensatoren

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Keramische Kondensatoren 
05.Mar.10 12:12
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Keramik-Kondensatoren
 
Keramische Kleinkondensatoren werden aus synthetisch in großer Reinheit erzeugten Rohstoffen mit niedrigen dielektrischen Verlusten und genau definierten Temperaturkoeffizienten der Kapazität gefertigt.
 
Die für Keramikkondensatoren verwendeten Werkstoffe werden nach ihren dielektrischen Eigenschaften und nach den verwendeten Ausgangsmaterialien in die zwei Gruppen
  • NDK-Werkstoffe vom Typ 1 mit niedriger Dielektrizitätskonstante,
  • HDK-Werkstoffe vom Typ 2 mit hoher Dielektrizitätskonstante
eingeteilt.
 
NDK-Werkstoffe (Typ 1).
Für kleinere Kapazitätswerte und für Kondensatoren in frequenzbestimmenden Schwingkreisen werden vorzugsweise Sondersteatite oder rutilhaltige Massen (TiO2) verwendet. Die Dielektrika des Typs dienen zur Herstellung von TK-gerichteten Kondensatoren. Dem negativen Temperaturkoeffizienten des TiO2 von etwa - 800 * 10-6/K kann man durch Zuschlagstoffe nach Null und sogar in den positiven Bereich verschieben. Durch andere Beimengungen erzielt man eine weitere Verschiebung in den negativen Bereich. Man gewinnt auf diese Art Werkstoffe mit Temperaturkoeffizienten von + 100, ± 0, - 33, - 75, - 150, - 470 und - 1500 * 10-6 /K. Sie werden mit P100, NP0, N033, N075, N150, N470 und N 1500 bezeichnet.
 
NDK-Kondensatoren, Typ 1, werden eingesetzt, wenn kleine Verluste, enge Toleranzen, hohe Stabilität der Kapazität und bestimmte Werte der TK, maßgeblich sind. Sie dienen zur Kopplung und Entkopplung und werden in HF-Kreisen und -Filtern verwendet.
 
HDK-Werkstoffe (Typ 2).
Sieb- und Erdungskondensatoren mit hohen Dielektrizitätskonstanten (ε = 1000 ... 8000) haben dementsprechend sehr kleine Abmessungen. Die Dielektrika des Typs 2 bestehen überwiegend aus Werkstoffen mit Bariumtitanat BaTiO3 als Grundstoff. Bariumtitanat hat eine Dielektrizitätskonstante (DK) von mehreren Tausend bei einer Temperatur von etwa 120 0C. Oberhalb und unterhalb dieses Temperaturpunktes, dem sog. Curiepunkt, fällt die DK ab, wobei sich bei einer Temperatur von 20 0C noch ein Wert von 1500 ergibt. Da die maximale DK außerhalb des üblichen Betriebstemperaturbereichs auftritt, wird durch Zuschlagstoffe der Curiepunkt des BaTiO3 in den Bereich der Betriebstemperatur verschoben. Die auf diese Weise gewonnenen Werkstoffe werden mit E 2000 (Stoffgruppe V), E 5000 (Stoffgruppe Y) und E 10000 (Stoffgruppe Z) bezeichnet.
Bei ihnen ist jedoch zu beachten, daß die Kapazität stark temperaturabhängig ist und daß dieser Temperaturgang meist nicht linear verläuft. Diese Kondensatoren dürfen daher keinesfalls in frequenzbestimmenden Kreisen verwendet werden.
Die Vorteile kleinster Abmessungen von Kondensatoren aus Bariumtitanatmassen müssen außerdem mit einem höheren Verlustwinkel gegenüber den rutilhaltigen Massen erkauft werden, jedoch ist dies bei Verwendung als Sieb- und Durchführungskondensator von geringerer Bedeutung.
 
HDK-Kondensatoren, Typ 2, werden dann eingesetzt, wenn große C-Werte bei minimalem Bauvolumen notwendig sind, wobei die Verluste, die Kapazitätsstabilität und das Temperaturverhalten erst in zweiter Linie von Bedeutung sind.
 
Temperaturverhalten
 
 
NDK-Werkstoffe (Typ 1).
 
 
Temperaturabhängigkeit der Kapazität bei keramischen Massen der Typ 1 (nach Unterlagen der Rosenthal-Isolatoren GmbH, zur besseren Übersicht wurde jeweils die vorn stehende Null in der Typenbezeichnung weggelassen, also z. B. N 033 =N33)
 
 
Temperalurabhängigkeit des Verlustwinkels für die Kondensatorwerkstoffe P 33 bis N 220 sowie N 1500 (links: nach Unterlagen der Rosenthal GmbH; rechts: Hescho)
 
 
HDK-Werkstoffe (Typ 2).
 
 
Typischer Verlauf der Abhängigkeit der Kapazität bzw. der Dielektrizitätskonslanten von der Temperatur (links) für die Sonderkeramik B 2000 und R 4000 der Rosenthal-Isolatoren GmbH ; rechts: Hescho
 
 
Temperaturverhalten des Verlustwinkels (links: Rosenthal; rechts: Hescho)
 
 
Frequenzverhalten
 
NDK-Werkstoffe (Typ 1).
 
 
Frequenz-Abhängigkeit des Verlustfaktors (links: Rosenthal; rechts: Hescho)
 
HDK-Werkstoffe (Typ 2).
 
 
Frequenz-Abhängigkeit des Verlustfaktors (Hescho)
 
Kondensator-Eigenschaften
 
 
Farbkennzeichnung
 
 
 
 
Neue und alte Farbkennzeichnung
 

 
Beim Ersatz alter Keramik-Kondensatoren (Vorkriegs-Radios) an frequenzbestimmenden Stellen durch neue Keramik-Kondensatoren sind die unterschiedlichen Farbcodierungen bezüglich des TK-Wertes zu beachten.
 
 
Ältere Bezeichnungen für Kondensator-Werkstoffe
Siehe hierzu auch „Calit, Condensa,Tempa- was ist das“.
 
Sonderformen
 
Neben den bekannten Bauformen gibt es noch einige Sonderformen:
 
Folienkondensatoren sind kreisförmige Scheibenkondensatoren, bei denen der Keramikträger für die Beläge aus einer dünn auskalandrierten Keramikfolie besteht. Als Werkstoff wird E 10000 (Stoffgruppe Z)'verwendet. Dadurch sind bei einem Scheibendurchmesser von 5 ... 16 mm Nennkapazitäten von 4,7 ... 100 nF möglich. Auf Grund der dünnen Keramikfolie steht nur eine Ausführung mit einer Nennspannung von 63 V zur Verfügung. Bauformkennzeichnung: SDVU.
 
Miniatur-Keramikkondensatoren in der Bauform EDVU sind rechteckige Miniatur-Scheibenkondensatoren mit einem C-Wertebereich von 1 ... 560 pF in den Stoffgruppen P 100, NPO, N 150, N470, N750, N 1500 und E 2000. Die Nennspannung beträgt 63 V. Damit steht ein spezielles Bauelement für die Transistor- und Hybridtechnik zur Verfügung.
 
Vielschichtkondensatoren. Dünn ausgewalzte Keramikfolien werden vor dem Sintern mit Edelmetallpasten beschichtet, deren Schmelzpunkt über der Sintertemperatur liegt. Die metallisierten Folien werden geschichtet, wobei die Elektrodenränder zur späteren Kontaktierung abwechselnd an den gegenüberliegenden Seiten des Stapels frei bleiben. Dieser wird durch Pressen verdichtet und zu einem Vielschichtblock gesintert. Der kontaktierte Vielschichtblock eignet sich z. B. zum Direkteinbau in Dickschichtschaltungen. Typische Kennwerte für Vielschichtkondensatoren sind:
 
Werkstoff                 Typ 1                                             Typ 2
 
UN                            50 V                                               200 V
C-Bereich               560 ... 18 000 pF                         1 ... 1000 nF
 
Abmessungen 5 mm * 5 mm * 2mm bis 15 mm * 15 mm * 7 mm
 
 
 
Literatur:
Hassel, W.; Limann, O.: Hilfsbuch für Hochfrequenztechniker, 2.A., Franzis, 1959
Rumpf, K.-H.; Bauelemente der Elektronik, 9.A., VEB Technik, 1978
Menke, H.H.; Gundlach, F.W.: Taschenbuch der Hochfrequenztechnik, 3.A., Springer, 1968

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Vergleich mit moderner Technologie 
19.Mar.10 07:31
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Georg Beckmann (D)
Redakteur
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Georg Beckmann

Moderne MLCC

Multi Layer Chip Capacitor.

Zum Bericht von Prof. Rudolph möchte ich moderne Entwicklungen dazu ergänzen.
Obwohl ich täglich mit solchen Bauteilen zu tun habe, finde ich die Entwicklung erstaunlich.

Murata:

Diese Kondensatoren sind ideal für Abblockzwecke in hochfrequenten Schaltreglern, da sie einen sehr kleine ESR ( Verlustwiderstand ) haben.

Ein Nachteil soll auch nicht verschwiegen sein: Die verwendeten Dielektrika sind spannungsabhängig, dh. bei größerer Spannung nimmt die Kapazität ab.

Georg Beckmann

 

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