Nicht jeder kennt die Graetz-Stromsparschaltung und den damit verbundenen Werdegang sowie den Sinn dieser technischen Schaltungsmaßnahme.
Immerhin wurden bis zur Saison 1954 / 1955 bei Graetz mit der Stromsparschaltung bzw. Sparschaltung bei Wechselstrom-Radiogeräten geworben.
Bereits 20 Jahre zuvor wurde auf der „Berliner Funkausstellung“ im Jahre 1935 ein Gerät vorgestellt, welches eine „Sparschaltung“ hatte.
Wahlweiser Betrieb mit Voll-Leistung bei 55W, mit normaler Leistung für Empfang von Orts- und Nahsendern bei 30W.
Das war etwas neues, die „GRAETZOR Stromsparschaltung und Röhrenschonung, DRP angemeldet“!
Hier Werbung aus einem Graetz-Prospekt von 1939:
Und hier die Werbeschrift zum Gerät „Graetzor 43W“:
Nur was wurde da geschaltet?

Die Sekundärwicklung des Netztransformators bekam bei der Anodenspannung eine Anzapfung und einen Umschalter. Noch vor dem Gleichrichter für die Anodenspannung konnte man so auf volle Anodenspannung (Wechselspannung vom Trafo) oder auf einen kleineren Wert der Anodenspannung (Wechselspannung / Anzapfung vom Trafo) umschalten. Bei Schaltung auf Sparbetrieb wurde so zum Betrieb des Radiogerätes (nur) auf eine reduzierte Anodenspannung umgeschaltet. Alles andere wurde am Radiogerät nicht verändert.
Das erste Radiogerät mit Stromsparschaltung von
Graetz war der
38W / Topas der Marke „Graetzor“ aus der Saison 1935 / 1936.
Graetz beansprucht die „Erfindung“ der Stromsparschaltung nach dieser Schaltung für sich.
In Altena produzierte man bei Graetz noch bis zur Saison 1954 / 1955 Rundfunkgeräte mit dieser „patentierten“ Stromsparschaltung, hier ein Schaltungsausschnitt vom „
Sinfonia 4R 3354“.
Nichts neues, das alte Prinzip. Die Wechselspannung wird auf der Sekundärseite vor der Gleichrichtung der Anodenspannung im „Sparbetrieb“ auf einen geringeren Spannungswert (Anzapfung der Wicklung auf dem Trafo) umgeschaltet.
Geringere Anodenspannung ergibt einen geringeren Strom und damit eine geringere Leistung bzw. Leistungsaufnahme aus dem Versorgungsnetz (Steckdose).
Sicher ändern sich mit geringerer Anodenspannung auch die Arbeitspunkte der Röhrenschaltungen, deshalb vielleicht auch der Hinweis „für Empfang von Orts- und Nahsendern bei 30W = Sparschaltung“ (1936).
Mein (subjektives) Empfinden beim Testen verschiedenster (Graetz-) Empfänger mit Sparschaltung zeigte, dass ohne Sparschaltung, also in Normalschaltung das Gerät empfangsstärker und lauter war. Natürlich ist das „Magische Auge“ bei normaler Anodenspannung auch heller als bei „gedrosselter“ Anodenspannung (Sparschaltung). Wenn der (Lieblings-) Sender einmal eingestellt ist, brauch man das „Magische Auge“ ja auch nicht mehr. Deshalb gab es dann später (überwiegend bei Graetz-Geräten mit Schallkompressor) auch die Möglichkeit, das „Magische Auge“ abzuschalten – zu sparen. Man schaltete lediglich die Anodenspannung für das „Magische Auge“ ab.
Zu späteren Zeiten des „Wirtschaftsaufschwunges“ war es wohl nicht mehr so relevant, etwas Leistungsaufnahme des Radiogerätes einzusparen. Erst bei
Graetz-Kofferradios mit Batteriebetrieb kam ein „Sparmodus“ wieder zur (Werbe-) Sprache.
© Jens Dehne
Die Graetz-Stromsparschaltung als PDF (330kB) zum herunterladen.
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