AB1927 - Berechnung der Röhrenkennlinien

ID: 150847
Dieser Artikel betrifft das Bauteil: Zur Röhre/Halbleiter

AB1927 - Berechnung der Röhrenkennlinien 
12.Oct.07 17:36
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Gerhard Eisenbarth (D)
Redakteur
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AB1927 – Berechnung der Röhrenkennlinien aus den  Systemabmessungen der  Röhre

Zur Philips-Röhre AB1927 konnte ich bis heute keine technischen Daten beschaffen. Lediglich die Information, dass es sich um eine Amateur-Senderöhre handelt mit einer Leistung von 5W (Anodenverlustleistung?) liegt vor. Eine ähnliche Senderöhre mit 10W Anodenverlustleistung ist die Type Z1 von Philips. Da ich in meinem Projekt „Handbuch für Röhrensammler“ Tipps für ältere Röhren hinsichtlich Typen- und Datenbestimmung erarbeite, habe ich mir u.a. auch meine AB1927 hervorgeholt, um ihr die (in ihr vorhandenen) Daten zu entreißen. Über meine Vorgehensweise und die erarbeiteten Ergebnisse zur AB1927 möchte an dieser Stelle kurz berichten.

Zunächst geht es darum den Heizer so zu betreiben, dass

a) die notwendige Heizleistung erbracht wird und

b) der Heizer nicht überheizt wird (Gefahr des Fadenbruchs).

Ausgangspunkt ist eine ausreichend genaue Messung des Kaltwiderstands des Heizers. Mit einem digitalen Messgerät konnte der Kaltwiderstand mit 0,422 Ohm ermittelt werden. Wichtig bei der Messung ist ein geringer Meßstrom durch den Heizer (ca. 2mA), damit sich der Heizer nicht erwärmt und die Raumtemperatur als Bezugsgröße verwendet werden kann. Mit Messbrücken (z.B. passive Wheatstonesche Messbrücke) älterer Bauart ist dies nach meiner Kenntnis nicht zu erreichen. Auf eine Berücksichtigung der Widerstände der Heizerzuleitungen innerhalb der Röhre habe ich verzichtet.

Da die AB1927 einen Getterspiegel hat und der Heizer nicht sichtbar beschichtet ist, vermute ich einen Thorium-Heizer. Die Betriebstemperatur eines Thorium-Heizers soll ca. 1500°C betragen. Damit kann der Warmwiderstand des Heizers über die Berechnung der Widerstandszunahme bei Erwärmung ungefähr berechnet werden, siehe Bild 1. Die zugehörigen Betriebsdaten des Heizers sind dann durch Berechnung und Messung ermittelbar. Die Ergebnisse der Berechnung der Heizertemperatur ist in Bild 2 dargestellt. Zur Erreichung der 1500°C ist noch etwas Luft, die von Spannungstoleranzen bei der Stromversorgung genutzt werden kann. Bei meinen Untersuchungen habe ich eine regelbare Gleichstromquelle verwendet.

Die Berechnung des Emissionssättigungsstroms  ergab den Wert von ca. 27 mA bei 1500°C Heizertemperatur.

Zur Berechnung der Röhrenkonstanten und des Kennlinienfelds sind die Abmessungen des Systems erforderlich. Mit Hilfe meines Stereo-Mess-Mikroskops konnte ich die wichtigsten Abmessungen des Systems in der Röhre optisch vermessen, siehe Bild 3.

Mit Hilfe dieser Abmessungen kann

c) der Durchgriff und

d) die Röhrenkonstante ermittelt werden

und anschließend kann dann mit Hilfe der bekannten Formeln (Richardson, Langmuir) das Kennlinienfeld berechnet werden, siehe Bild 4a und Bild 4b. Diese Daten nenne ich in Anlehnung an den damaligen Sprachgebrauch „Propagandadaten“ zur AB1927.

Solange kein offizielles Datenblatt auftaucht, kann mit Hilfe dieses Datenmaterials eine AB1927 betrieben werden. Eine Messung des Kennlinienfeldes bei meinem Exemplar (Ua - 200V, 400V) ergab, dass mein Exemplar bereits an Emission verloren hat aber noch brauchbar ist, speziell im Kleinsignalbetrieb bei negativen Gitterspannungen, siehe Bild 5. Beim Betrieb als Senderöhre mit positiven Gitterspannungswerten müsste ich schon Leistungseinbußen bei meinem Exemplar hinnehmen. Auf einen Regenerationsversuch möchte ich es aber nicht ankommen lassen, da ich nur dieses eine Exemplar besitze, obwohl ich bei meinem Exemplar ein positives Regenerationsergebnis erwarten würde. Aber bei Röhren dieses Alters weis man nie, wie der Heizer einen Regenerationsstreß übersteht. Hinsichtlich des Grenzwerts für die max. Anodenspannung ist aus meiner Sicht der Röhrensockel und die einendige Herausführung der Anode auf den Europasockel der Engpass. Nach meiner Einschätzung sollte die Röhre nicht mit einer Anodenspannung höher als 400V dauerhaft betrieben werden. Vielleicht bin ich bei diesem Rat etwas zu vorsichtig aber mit hohen Spannungen sollte man sich auf eine sichere Seite bewegen.

Die wichtigsten Betriebsdaten und das Sockelschaltbild sind in Bild 6 als Ergebnis meiner Recherchen und Messungen sowie Berechnungen aufgeführt. Betriebswerte für die Gitterspannung können aus der Kennlinie abgeleitet werden.

Gerhard Eisenbarth

Anlagen:

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12.Oct.07 18:40

Hermann Scharfetter (A)
Redakteur
Beiträge: 51
Anzahl Danke: 3
Hermann Scharfetter

Hallo Herr Eisenbarth,

Herzlichen Dank für diesen so sorgfältig ausgearbeiteten Beitrag und die zeitauwändigen Experimente. Da ich (und soviel ich weiss auch etliche andere Röhrenfreunde) ebenfalls vergeblich nach den Daten der AB1927 gesucht haben, ist dies eine echte Bereicherung. Ich hatte vor längerer Zeit einmal eigene Messdaten im RM gepostet und wir hatten damals auch einen interessanten e-mail Austausch. Ich hänge meine Ia/Ug-Kennlinien von damals hier aus gegebenem Anlass nochmals an. Ich hatte allerdings bei Ua = 320V und (wesentlich unvorsichtiger als Sie) bei Ua = 560 V und nur bis Ug = 0V gemessen. Daher sind die Bilder nicht direkt vergleichbar, aber wenn man interpoliert, passen unsere Ergebnisse doch ganz gut zusammen. Auch der bei Ihnen in Bild 5 bei Ua=400 V sichtbare 'Sättigungsknick' ab ca Ug = 3 V war bei bei mir mit Ua = 560 V gut beobachtbar, allerdings bereits bei negativen Gitterspannungen. Damit kann ich Ihre Ergebnisse unterstützen und freue mich sehr über Ihr ausführliches Datenmaterial.

Mit freundlichen Sammlergrüssen

Hermann Scharfetter


Bild auf 560 Pixel Breite verkleinert.
Wolfgang Bauer

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