AL1 (AL1) Darf das Schirmgitter glühen ?

ID: 137489
Dieser Artikel betrifft das Bauteil: Zur Röhre/Halbleiter

AL1 (AL1) Darf das Schirmgitter glühen ? 
31.Mar.07 01:07
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Harald Pohlmann (D)
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Harald Pohlmann

Bei der Reparatur eines Radios fiel mir auf, dass in der AL1 nicht nur die Heizfäden sondern auch einige Gitterwindungen glühen. Die Betriebsspannungen sind normal; Anoden- und Schirmgitterspannung etwa 230 bis 250 Volt. Negative Spannung am Steuergitter ca 12 Volt. Bei wegnehmen der Gleichspannung (Heizspannung bleibt) ist, wenn man schräg von oben über die Heizfadenspanner schaut, deutlich zu sehen, dass die Windungen dunkel werden. Ob es sich dabei um das Schirmgitter handelt, ist eine Vermutung, da sich die Entfernung der Windungen schlecht abschätzen lässt. Von der Seite betrachtet sind die Gitter gut erkennbar, aber das Glühen leider nicht. Die Anode hat Stromfluss, das Radio spielt.

Grüße, Harald Pohlmann

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Glühen einzelner Schirmgitterwindungen 
31.Mar.07 12:22

Gerhard Eisenbarth (D)
Redakteur
Beiträge: 83
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Hallo Herr Pohlmann,

das Schirmgitter darf nicht Glühen. Im Normalbetrieb unter Einhaltung der
Grenzwerte erreichen die Temperaturen des Schirmgitters keine Werte,
die im sichtbaren Lichtbereich liegen.

Mögliche Ursache nach Ihrer Beschreibung:

Das Glühen einzelner Schirmgitterwindungen entsteht durch partiell höheren
Schirmgitterstrom. Dies kommt durch einen mechanischen Defekt im
Bereich des Steuergitters. Bei punktgeschweißten Steuergitterdrähten
können die dünnen Gitterdrähte im Bereich der Schweißstelle des Steuergitters
spröde werden und deshalb brechen. Das kann dazu führen, das einzelne Gitterwindungen
sich lösen. An diesen Stellen erhöht sich der Strom, weil die steuernde Wirkung
des Steuergitters an diesen Stellen zu gering ist.

Die Bilder im Anhang sollen das verdeutlichen. Sie stammen von einer geöffneten
Leistungspentode mit genau dieser Fehlerbeschreibung, wie Sie das beschreiben.

G1 - bei dem Bild kann man die fehlenden Gitterwindungen sehen.
Schweißstelle - in der Sicht auf die Schweißstelle sieht man noch deutlicher die
fehlenden Windungen.
G1+G2 - Hier ist G1 und G2 nebeneinander gestellt. Die Gitterwindungen des G2
im Bereich der Lücken im G1 können durch den höheren Strom zu heiss werden

Wenn wenig Windungen (1..2) im G1 fehlen, macht sich das in der Funktion noch
nicht bemerkbar. Der G2 Strom allerdings steigt an im Verhältnis der fehlenden
Bedeckung durch das G1.
Die herausgebrochenen Gitterdrahtstücke können allerdings in der Röhre zu
Kurzschlüssen führen.

Empfehlung: AL1 erneuern.

Freundliche Grüße von Gerhard Eisenbarth
Anlagen:

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03.Apr.07 16:28

Harald Pohlmann (D)
Beiträge: 107
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Harald Pohlmann

Hallo Herr Eisenbarth,

danke für die interessante Darstellung mit den gebrochenen Gitterstegen. Dass es diesen Fehler gibt, hatte ich bisher noch nicht gekannt. An meiner Röhre war davon jedoch nichts zu erkennen. Auch beim hin- und herbewegen waren keine losen Drähte zu entdecken. Ich hatte dann noch eine zweite Röhre gefunden, die den gleichen Effekt aufwies. Mittlerweile war der Gleichrichter gut 'eingelaufen' so dass die Anodenspannung bei gut 250 Volt lag. Das Schirmgitter glühte nun fast heller als die Heizfäden. Man konnte nun auch deutlich die Steuergitterstege erkennen, die bei entsprechendem Blickwinkel das Glühen verdeckten.

Ich habe noch die entsprechenden Ströme gemessen, die eigentlich nicht stark über dem Soll lagen.

Anode: 38 mA, Schirmgitter: 8mA, Gittervorspannung: -15V. Das macht eine Schirmgitter-Verlustleistung von über 2 Watt. Gegenüber den 4 Watt Heizleistung und der größeren Oberfläche der Kathode ist die Erwärmung schon nachvollziehbar.

Um die Röhre zu schonen, habe ich einen Vorwiderstand in die Schirmgitterversorgung gelegt. Bei 10k bleiben die Drähte dunkel und es ergeben sich 200V und 6mA. Als Anodenstrom sind es noch 32mA. Die Verstärkung wird etwas geringer, was man aber durch Pufferung mit einem Kondensator (Schirmgitter gegen Masse) wieder ausgleichen kann. Die nun geringere Aussteuerbarkeit nehme ich dabei in Kauf.

In diesem Zusammenhang ist mir noch etwas aufgefallen, das ich schon gelegentlich bei Gleichrichterröhren gesehen habe: Normalerweise glüht der Heizfaden im Bogen, wo er von der Feder gespannt wird, weniger hell, da die Wärme dort stärker abgeleitet wird. Bei meiner zweitenm AL1 war einer der drei Bögen (rechts außen) sehr hell, die Fäden im System glühen aber gleichmäßitg. Ahnliches gibt es bei der AZ1 dort kann es sein dass ein Bogen nahezu dunkel ist und der andere heller glüht als der Faden im Innern. Mir scheint der Draht dünner geworden zu sein und somit einen höheren Widerstand zu habe, der für die hohe Leistung verantwortlich ist. Der Glaskolben hat über dem hellen Bogen jedenfalls einen stärkeren Dampfniderschlag. Inwieweit sich die Federspannung und damit der Wärmewiderstand unterscheiden, kann ich nicht beurteilen.

Grüße, Harald Pohlmann  

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Was ist der wirkliche Grund für das "Gitterglühen"? 
04.Apr.07 09:54

Gerhard Eisenbarth (D)
Redakteur
Beiträge: 83
Anzahl Danke: 6

Hallo Herr Pohlmann,

herzlichen Dank für Ihre Antwort. In Ihrem Fall scheint es sich nicht um den von mir geschilderten „Gitterdefekt“ zu handeln.

Die elektrische Überlastung könnte aus den Werten der Schaltung hervorgerufen werden. Die von Ihnen gemessenen Werte deuten auf eine Verschiebung des Arbeitspunktes hin.

                          Gemessene Werte                     Werte nach Herstellerangaben

Ua                               250V                                                  250V

Ia                                38mA                                                 36mA

Ug2                             250V                                                  250V

Ig2                              8mA                                                   6,8mA

 

Ihre Messwerte liegen leicht über den Herstellerangaben.

In diesem Fall würde ich den Koppelkondensator zum Gitter1 auf  Feinschluss prüfen, im Zweifelsfall versuchsweise gegen einen intakten Kondensator auswechseln. Auch die RC-Kombination im Kathodenkreis würde ich überprüfen. Ein Feinschluss im Kathoden-Elko kann den Arbeitspunkt ungünstig verschieben, natürlich kann dies auch der Wert des Kathodenwiderstands.

Dabei gehe ich davon aus, dass der Gerätehersteller die Schaltung um die AL1 richtig dimensioniert hat und bei intakten Bauteilen sich auch die korrekte Funktion einstellt.

 

Freundliche Sammlergrüße von Gerhard Eisenbarth

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04.Apr.07 21:47

Jacob Roschy (D)
Moderator
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Jacob Roschy

Bei der AL1 und den im System baugleichen Typen RES964 = E443H = L496D ist es nicht so selten, dass einzelne Schirmgitterwindungen unter normalen Betriebsbedingungen glühen.
Ich besitze mehrere Exemplare, die diesen Effekt zeigen.
Als Ursache schließe ich abgebrochene Steuergitterwindungen aus, diese müssten dann ja lose im Glaskolben zu finden sein. Viel eher gehe ich davon aus, dass diese Schirmgitterwindungen gegenüber ihrer Soll-Form verbogen sind und sich zu nahe an der Katode befinden.
Die außergewöhnliche Größe und die rechteckige Form machen dieses Gebilde relativ unstabil, so dass nicht besonders große Erschütterungen zu Deformierungen führen können.

M.f.G. J.R.

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