Antennenmeßplatz Brück
Antennenmeßplatz Brück

Hallo, liebe Leser. Ein toller Artikel ist im Magazin für Kommunikationsgeschichte "Das Archiv" Region "Ost" im Heft 4/2016 , Autor : Karl Heinz Schmidt, über diesen Antennenmeßplatz, erschienen. Ich hatte Gelegenheit mit dem Autor zu sprechen und erhielt die Zustimmung zur Veröffentlichung hier im Radiomuseum.
Der Antennenmeßplatz Brück
Drei Türme und ein Hubschrauberlandeplatz
Brück ist eine Kleinstadt im Zentrum des Landkreises Potsdam. Die Gegend ist landwirtschaftlich geprägt, absolutes Flachland, keine Industieansiedlung und teilweise von einem Urstromtal durchzogen. Genau diese Eigenschaften haben Mitte der 1930er Jahre die Firma Telefunken veranlasst, hier einen Antennenmeßplatz anzusiedeln.
Bis heute stehen auf dem Antennenmeßplatz Reste von Gebäuden aus der Zeit von vor 1945 unter anderem ein Bunker und Baracken in welchen nach 1945 Umsiedler untergebracht waren.
Die Peilanlage "Wullenwever" vom Nachrichtenmittelversuchskommando der Deutschen Marine und Telefunken entwickelt, getestet in Brück.
In Brück wurden bis zum Ende des 2. Welkrieges verschiedene Antennen für die unterschiedlichsten Anwendungen entwickelt und erprobt.
Nach der Deutschen Kapitulation hat die Sowjetarmee Brauchbares demontiert und in die Sowjetunion verbracht. Kleinere massive Gebäude wurden abgerissen oder gesprengt. Ein größeres blieb erhalten. Es umfasst zwei fensterlose Räume mit Stahltür und schießschartenähnliche Öffnungen in Augenhöhe.
Die genaue Verwendung des Gebäudes kann heute nicht mehr nachvollzogen werden. Erhalten geblieben ist zudem ein hölzernes Gebäudeensemble. Hier lebten bis 1957 Kriegsflüchtlinge
Bis 1947 nutzte das "Oberspreewerk" aus Berlin Oberschöneweide den Platz. 1956 wurden noch vorhandene Anlagen von der Deutschen Post übernommen.
Die Baracken selbst ( Foto oben) ruhten auf Betonstreifenfundamenten und hatten somit keinen Bodenkontakt. Diese technische Lösung war wohl überlegt denn häufig stand das Wasser 10 bis 15 cm über dem Boden. Der Zugang zu dem Gebäude erfolgte über Holzstege.
Start des Bauvorhabens "Antennenmeßplatz"
Mitte der 50iger Jahre war es für die DDR aus nachvollziehbaren Gründen wichtig, den staatlichen DDR- Rundfunk aufzubauen sowie Forschungs- und Entwicklungskapazitäten zu schaffen. So entwarfen die Planer des Bauministeriums der DDR und Fachleute aus dem Funkwesen für Brück ein Modell wie der künftige Antennenmeßplatz aussehen könnte, unter Berücksichtigung der Aufgaben, die dort erfüllt werden sollen.
Wie immer bei solchen Vorhaben mussten mehrere Versuche durchgeführt werden, bis ein Konzept vorlag, welches von einem sachkundigen Gremium auch abgenommen werden konnte. Beabsichtigt war der Bau von drei etwa 50 m hohen Meßürmen in Holzbauweise. Die Vorplanungen liefen ab 1956. Zunächst der Erwerb des Grundstückes, dann Baugrunduntersuchungen, Beantragung von Baugenehmigungen. Der erste Holz- Messturm wurde 1959 errichtet. In dieser Zeit war in einer ehemaligen "Telefunkenbaracke" ein Laborbetrieb ansässig
In den Jahren 1962/63 wurden die Türme II und III (Doppelturm) aufgebaut. Genutzt wurden diese vom RFZ ( Rundfunk und Fernsehtechnisches Zentralamt) der Deutschen Post. Auch ein Neubau Gebäudekomplex wurde errichtet, welcher im Herbst 1963 eingeweiht wurde.
Das gesamte Messgelände hatte eine Fläche von etwa 30 Hektar, verteilt auf mehrere Einzelgrundstücke. Da man Probleme mit dem hohen Grundwasserpegel erwartete, erfolgte eine Aufschüttung auf dem gesamten Gelände von etwa 1 m. Die rechte Gebäudezeile, die nach Norden weist, umfasste das Laborgebäude für das wissenschaftlich- technische Personal.
Im Ostteil befand sich das Werkstattgebäude mit einem Antennenlager. Südlich gelegen die Heizungsanlage und die Garagen für LKW und PKW .
Richtung Westen lag rechts das Verwaltungsgebäude, im mittleren Teil waren der Konferenzraum, Speisesaal, Küche, Wasseraufbereitung, Batterieraum, Übernachtungsräume für Mitarbeiter und Gäste sowie eine Hausmeisterwohnung untergebracht.
Zwei kleinere Gebäude links dienten der Energieeinspeisung mit Netzersatzanlage, als Hundezwinger und für "Arbeitshilfe" für die Mitarbeiter der Betriebwache.
Alle Gebäude waren in Flachbauweise errichtet, um mögliche Störungen bei Antennenmessungen minimal zu halten.
So zweckmäßig und komfortabel das alles aussah, der Gebäudekomplex hatte denoch grobe Baufehler. Die tragenden Wände stehen auf ordentlichen Fundamenten, die Zwischenwände sind jedoch genauso wie die Fußböden auf die Aufschüttungen gebaut. Die Folge waren Risse in den Zwischenwänden und Setzungserscheinungen bei den "hohlen" Fußböden. Das war unschön, aber für die Mitarbeiter ungefährlich.
Im Jahre 1965 wurde eine Kurzwellenversuchsantenne im Maßstab 1:50 mit einer Abspann und Tragekonstruktion aus GFK aufgebaut sowie zwei 50 m hohe Stahlgittermasten errichtet. Hier wurden keine Funkmessungen ausgeführt sondern es ging um das Testen der Langzeithaltbarkeit des Materiales.
Die Heizanlage war eine Ölheizung. da die Sowjetunion jedoch ab den 80iger Jahren die "Liefermengen einfrierte " und letztendlich der Ölimport aus der Sowjetunion 10% teurer war, wie auf dem Weltmarkt, beschloss "Partei und Regierung der DDR" die Substitution des Öls durch Braunkohle. Auch die Anlage in Brück war davon betroffen, hier ersetzten nun Rohkohlekessel die Ölheizung. in den 80iger Jahren.
Um die Betrachtung der baulichen Anlagen noch abzuschließen, dazu gehört der Hubschrauberlandeplatz von etwa 50 x 50m . Mit der Technik, die im Hubschrauber installiert war, wurden Horizontal und Verikaldiagramme gemessen an den Antennen, welche getestet wurden.
Der Landeplatz bestand aus Eisenbahnschwellen, da eine direkte Landung des eingesetzten Hubschraubers MI 4 auf dem morastigen Untergrund unmöglich war.
Leider ist das Bild nicht größer vorhanden. Wir sehen vorn nach links und rechts Stangen angebaut. An diesen waren Seile befestigt, das dritte Seil befand sich am Schwanz des Hubschaubers.
Unten hing ein Feldstärke Messgerät FSM 2 mit Rahmenantenne.
Über ein Kabel, was an einem Halteseil befestigt war, erfolgte sowohl die Stromzuführung zum FSM 2, als auch die Messwerte-Übertragung in den Hubschrauber.
In späteren Jahren erfolgte eine Modernisierung der Messtechnik mit transistorisiertem Empfänger STV 301, und die Messwert-Protokollierung mittels Schreiber. Als Antenne fungierte eine rotierende Ferritantenne, die erst nach dem Start ausgefahren wurde.
Ein Blick auf den Ort Brück und den Antennenmeßplatz Anfang der 60iger Jahre
Diese Hubschrauber waren zuverlässig, aber damals machte man sich Gedanken wie der Benzinverbrauch minimiert werden könnte. Die Lösung wäre der Einsatz von Drohnen gewesen, aber über das Gelände ging ein "Luftkorridor" der Alliierten nach Westberlin. Es gab auch die Idee, einen Fesselballon zu nutzen. Diese Idee wurde allerdings auch wieder verworfen.
Montage einer logarithmisch- periodischen Antenne für den Funkkontrolldienst Mitte der 60iger Jahre
Breitbandreusenantenne für die NVA entwickelt. Getestet zwischen den Türmen 2 +3
Erlebnisbericht von E. Jauch
Wir schreiben den 20.April 1979. Der damalige Leiter der Einrichtung ist gerade dabei, die kleine Postprüfung vorzubereiten ("kleine Postprüfung besteht aus: 1 Stunde aus dem Fenster gucken und an nichts denken“), als ihn ein bisher unbekannter Sirenenton erschreckt, und seine aufgeregte Sekretärin mit dem Ruf es brennt, … es brennt, in sein Zimmer stürzt!
Also ran ans Fenster und tatsächlich, Messturm I steht in Flammen. Die eigene, aus Mitarbeitern des Messplatzes bestehende Feuerwehr rückt aus, kann aber nichts mehr unternehmen. Da der Eckstiel des Holzturmes bis zur halben Höhe schon in Flammen steht.
Was uns bis zu diesem Ereignis nicht bekannt war, die im vorher gehenden Jahr erfolgte Imprägnierung erfolgte mit einem brennbaren Material.
Und das am 20. April, am „90 Geburtstag vom Führer“!
Die Staatssicherheit war aktiviert und untersuchte den Vorfall.
.Es war jedoch kein politischer Fall, sondern der Brand entstand durch das fahrlässige Verbrennen von Gartenabfällen auf einer befestigen, betonierten Fläche neben dem Mast . Durch das Drehen des Windes erreichten die Flammen den Eckstiel und er fing Feuer. Keiner war Schuld, die Staatliche Versicherung regulierte den Schaden... soweit der Erlebnisbericht...
Nach 45 Minuten war das 54 m hohe Bauwerk in sich zusammengefallen.
Nun waren es nur noch zwei Messtürme.
Aufgaben und Personal
in den Jahren bis 1990 wurden viele Antennen für die unterschiedlichsten Anwendungen und den Eigenbedarf bei der Deutschen Post der DDR im Kurz- und Mittelwellenbreich entwickelt und an verschiedenen Standorten in der DDR aufgebaut. Die Theorie der Antennentechnik kann hier nicht im Einzelnen erläutert werden, aber grundsätzlich liegt der Antenne eine elektromagnetische Wirkungsweise zugrunde. Antennen sind nicht selten recht filigrane mechanische Gebilde.
Bei der Entwicklung und dem Entwurf sind Grundlagen der Materialeigenschaften, der Statik, des Korrosionsschutzes und Ähnliches mehr zu beachten.
Fast immer ist eine Betriebsantenne ein Unikat, zumindestens in den unteren Betriebsbereichen. Innerhalb des UKW-Bereiches ab 87,5 MHz konnte man eine gewisse Typisierung erreichen. Aus dem einzelnen Antennentyp wurde dann im Folgenden eine Antennenanlage projektiert.
Unter heutigen Bedingungen ist das alles kein Problem mehr. Bis Mitte der 80iger Jahre war der Computer jedoch noch kein Arbeitsmittel und auch von Digitalisierung war noch keine Rede.
Alle Berechnungen, Tabellen, Zeichnungen usw. erfolgten manuell. Einzigstes Hilfsmittel war der Rechenschieber.
Der Antennenmeßplatz Brück war damals für 60 Mitarbeiter konzipiert worden.: Entwickler, Mechaniker und Servicepersonal, In der Realität sah das jedoch anders aus . zwischen 1963 und 1990 waren immer durchschnittlich 18 Fachkräfte für die Lösung der Antennenprobleme vorhanden . Deshalb begann man ab 1965 damit, weitere Aufgabenfelder vor Ort anzusiedeln. Es entstand eine größere Abteilung für die mechanische Vorfertigung, eine Außenstelle des Labors für Wellenausbreitung sowie eine Projektgruppe für Fernsehstationen. damit waren etwa 60 Kollegen dort tätig.
Nach der Wende 1990
Mit der politischen Wende war ein Neuanfang auf dem Antennenmeßplatz unumgänglich. Die Infrastrutur wurde in großen Teilen abgewickelt. Die meisten Beschäftigten wurden entlassen, nur die Mitarbeiter im Antennenbereich blieben.
In enger Zusammenarbeit mit dem Fernmeldetechnischen Zentralamt Darmstadt ( FTZ) wurden deren zukünftige Aufgaben neu definiert und die bei der TELEKOM zu lösenden Antennenprobleme wurden in Brück konzentriert.
Am 31.Dezember 2009 wurde der Antennenmeßplatz aufgegeben und das Gelände an einen Pferdehof verkauft.(Wooden Tower Ranch, Am Meßplatz 1 14822 Brück ) .
Der Doppelturm steht bereits seit 2001 unter Denkmalschutz, der noch weitere vorhandene seit 2011. Der Verein "Brücker Türme e.V. " ist seit 2009 Eigentürmer der zwei Türme.
So bleiben diese interessanten Technischen Holzkonstruktionen hoffentlich noch lange der "Nachwelt" erhalten.
vielen Dank für die Unterstützung an Frau Baumann vom Verlag "Das Archiv",
an Herrn K-H- Schmidt , dem ich von hier aus gute Besserung wünsche !
und an Herrn E. Jauch
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.