Audion Projekt mit Ferritantenne: Probleme mit Eingangsstufe

ID: 400398
? Audion Projekt mit Ferritantenne: Probleme mit Eingangsstufe 
18.Jun.16 11:30
23

Urs Vokinger (CH)
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Urs Vokinger

Liebe Radioexperten/innen,

momentan experimentiere ich an einem Audion Projekt. Die Eingangsstufe (Schema ist in der Anlage) bereitet mir einige Probleme: Sie oszilliert sobald der Eingangsschwingkreis auf grösser 0.8MHz eingestellt wird. Dabei habe ich folgendes beobachtet:

Die Eingangsstufe schwingt nicht mehr, wenn die Spule an der Anode durch einen Widerstand ersetzt oder die Spule am Schwingkreis (wird später durch eine Ferritantenne ersetzt) abgeschirmt wird .

Die Eingangsstufe schwingt trotzdem, wenn die Spule an der Anode abgeschirmt wird (d.h. keine Rückkopplung der Anodenspule auf die Schwingkreisspule).

Ein guter Tipp würde mir sehr helfen!

Vielen Dank und mit herzlichen Grüssen

Urs Vokinger

 

Anlagen:

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Eingangsstufe 
18.Jun.16 12:21
23 from 4253

Daniel Consales (D)
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Daniel Consales

Hallo Herr Vokinger,

nach meiner Erfahrung wird so eine abgestimmte Vorstufe sehr schnell zu einem "tunded-grid tuned-anode" - Oszillator.

So wie Sie es beschreiben, schwingt die Stufe ab einer bestimmten, hohen Frequenz. Die Eigenkapazität der Anodendrossel kommt hier also ins Spiel. Um diese zu verringern, müsste die Anodendrossel aperiodisch gewickelt sein. Daher verschwindet das Problem mit einem Widerstand.

Zudem arbeiten Sie mit relativ kleiner Anodenspannung - auch das begünstigt ein Schwingen der Stufe, ähnlich wie ein Audion.

Aber das Hauptproblem wird noch auf Sie zu kommen, wenn dahinter das Audion arbeitet. Die Vorstufe wird dessen Störstrahlung aufnehmen und weiter verstärkern -> alles schwingt und wird unstabil :-)

Ich sage nicht, dass es gar nicht geht - aber es ist nicht einfach. Bei meinen eigenen Projekten bin ich letztlich immer bei einer aperiodischen Eingangsstufe gelandet und das funktioniert ausgezeichnet.

Zur Verbesserung der Selektion kann man dann die Antenne z.B. mit einem externen PI-Filter anpassen, das funktioniert bei mir sehr gut. Unbedingt nötig ist das aber nicht, zumal die MW immer leerer wird ...

.

Viel Erfolg !

Mit freundlichen Grüßen,

Daniel Consales

 

P.S. ich habe übersehen, dass Sie mit Ferritantenne arbeiten wollen - also das wird schwierig!

 

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Angaben zu "aperiodisch" Wickeln/Eingangsstufe 
18.Jun.16 13:18
51 from 4253

Urs Vokinger (CH)
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Urs Vokinger

Guten Tag Herr Consales,

vielen Dank für Ihre Erläuterungen! Es klingt, als ob man bei diesem Projekt viel lernen kann.

Können Sie mir über "aperiodisches wickeln" und "aperiodische Stufe" einen Literaturhinweis oder Internet-Link angeben? Der Ausdruck "aperiodisch" ist mir zwar ein Begriff, aber nicht in diesen Zusammenhängen. Auch kann ich nichts auf Anhieb auf Google finden.

Vielen Dank und mit freundlichen Grüssen

Urs Vokinger

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aperiodisch gewickelt 
18.Jun.16 14:00
65 from 4253

Daniel Consales (D)
Beiträge: 218
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Daniel Consales

Hallo Herr Vokinger,

leider habe ich keine passende Grafik. "Aperiodisch" meint in dem Zusammenhang, dass die Windungen der Spule nicht "an einem Stück" nebeneinander gewickelt werden. Auf der "heissen" Seite (hier Anode) liegen nur wenige Windungen, dann folgt ein Abstand, dann ein Wicklungsteil mit etwas mehr Windungen usw. usw..

Wenn also die Spule 75 Windungen haben soll (Bsp.), dann könnte man 5/10/20/40 - Windungen nehmen.

Ich hoffe, das man das so versteht :-)

Einfache Festinduktivitäten haben leider oft eine hohe Eigenkapazität und damit eine tiefe Eigenresonanz.

Mit freundlichen Grüßen,

Daniel Consales

 

P.S.: bei Google einfach "Anodendrossel" eingeben und auf Bilder gehen, da sieht man viele Varianten.

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andere Möglichkeiten 
18.Jun.16 15:16
96 from 4253

Daniel Consales (D)
Beiträge: 218
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Daniel Consales

Hallo Herr Vokinger,

vielleicht funktioniert auch Folgendes:

die Anodendrossel deutlich größer machen (ab 1mH) oder mit einer Kombination aus R und L arbeiten. Also Anodenspannung über eine Widerstand, dann mit einem Kondensator nach Masse abblocken und dann erst auf die Spule gehen.

Edit: die Frage nach der "aperiodischen Eingangsstufe" hatte ich noch nicht beantwortet. Das ist einfach eine nicht abgestimmte Vorstufe. Man findet so etwas z.B. beim Grundig Liliput und vielen anderen Geräten aus dieser Zeit.

Problem ist bei Ihnen allerdings, dass dadurch die Ferritantenne deutlich weniger Signal bringt, ich fürchte das reicht nicht. Haben Sie es schon ganz ohne Vorstufe probiert? Je nach Empfangslage kann das durchaus reichen.

Mit freundlichen Grüßen,

Daniel Cinsales

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Fehlgeschlagene Versuche mit Audion 
18.Jun.16 17:37
142 from 4253

Urs Vokinger (CH)
Beiträge: 5
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Urs Vokinger

Guten Abend Herr Consales!

Vielen Dank für Ihre weiteren Ausführungen!

Mit einem Audion, bestehend aus der Ferritantenne und einer regelbaren Rückkopplung über das Schirmgitter einer Pentode, habe ich einiges versucht. Einer meiner Beobachtungen ist, dass die noch  schwach empfangbaren MW-Sender für dieses Audion eher ungeeignet sind. Das Pfeifen setzt bei einem Sender gut ein, aber der Sender wird nicht hörbar. Das Problem liegt wahrscheinlich daran, dass die Rückkopplung so stark zurückgedreht werden muss und damit auch die Verstärkung des Audions, dass für eine Demodulation die Signalstärke nicht mehr ausreicht. Dies konnte ich auch mit einem Messsender auf dem Oszilloskop beobachten: bei kleiner Signalstärke am Eingang des Audions blieb das Signal in der Audionstufe symmetrisch (niederfrequentere Mittelwert ist also Null). Ich bin dann auf der Suche nach einem anderen Audion hierhin gestossen. Die Schaltung mit einer ECF80 Röhre ist im unteren Drittel. Leider sind hier die Windugszahlen nicht angegeben. Nach einem Schnellschuss, der daneben ging, habe ich mich entschlossen die beiden Stufen des Audions einzeln zu bauen und zu prüfen. Schon bei der ersten Stufe bin ich an die oben erwähnten Probleme gestossen.

Die Rückkopplung über das Schirmgitter ist für mich sehr sympathisch, da am Potentiometer nur eine Gleichspannung anliegt und somit seine Drähte ohne Aufwand zur Frontplatte geführt werden können.

Mit Ihren Anregungen habe ich einiges zum Versuchen bekommen. Es wird für mich sehr interessant werden und ich werde Ihnen sicher über die Fortschritte berichten.

Vielen Dank und mit freundlichen  Grüssen

Urs Vokinger

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Etwas Theorie zur Problematik 
18.Jun.16 17:47
151 from 4253

Jochen Bauer (D)
Redakteur
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Jochen Bauer

Hallo Herr Vokinger

 

Die von ihnen aufgebaute Schaltung ist, was das Rückkopplungsverhalten angeht, in der Tat etwas "heikel". Die Rückkopplung vom Anodenkreis auf den Eingangskreis findet einmal durch die induktive Kopplung der Spulen statt, sofern diese nicht ausreichend magnetisch abgeschirmt sind. Zum anderen haben sie aber auch eine kapazitive Rückkopplung über die Anoden-Gitter Kapazität Cag, die bei dem Triodenteil der ECF80 (und diesen verwenden sie ja laut ihrem Schaltplan) Cag=1.5pF beträgt. Das klingt zunächst nach nicht viel, aber bei einer Frequenz von 1MHz entspricht dies bereits einem Blindwiderstand von 106kΩ, und dieser liegt dann schon problemlos in der Größenordnung des Parallelresonanzwiderstandes des Eingangskreises. Im Prinzip ist ihre Eingangsstufe damit eigentlich schon ein Rückkopplungsaudion. (Ich nehme mal an mit Eingangsstufe meinen sie eine HF Vorstufe vor dem eigentlichen Audion).

Eine theoretische Betrachtung dieser Problematik finden sie unter "Regenerative Receivers Using Capacitive Feedback".

Was sie in Post #6 beobachten:    

[...]bei kleiner Signalstärke am Eingang des Audions blieb das Signal in der Audionstufe symmetrisch
(niederfrequentere Mittelwert ist also Null).[...]

ist die immer auftretende Detektionsschwelle beim Gitteraudion. Eine genauere Analyse finden sie z.B. in Post #3 (Overcoming The Grid Leak Detection Threshold) im Thread "Regenerative Circuits With Real-Time Feedback Limiting"

 

Gruß Jochen Bauer

 

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Interessante Theorie! 
18.Jun.16 18:54
185 from 4253

Urs Vokinger (CH)
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Urs Vokinger

Guten Abend Herr Bauer,

 

sehr interessant! Ihre „Papers“ (Publikationen) werde ich durchlesen.

Herzlichen Dank!

 

Mit freundlichen Grüssen

Urs Vokinger

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Magnetische Entkopplung 
20.Jun.16 11:05
381 from 4253

Jochen Bauer (D)
Redakteur
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Jochen Bauer

Hallo Herr Vokinger

In ihren Notizen im ersten Post schreiben sie, dass sie die Spulen in einem 90° Winkel angeordnet haben. Eine optimale magnetische Entkopplung erreichen sie aber mit einem "magic angle" von ca. 55°.

Dies war bereits in dem Thread "reed-eise: Hazeltine-Winkel; magic angle" ein Thema. In Post #6 finden sie die physikalischen Hintergründe hergeleitet.

Gruß Jochen Bauer

 

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Magic Angle und Simulation 
20.Jun.16 21:33
457 from 4253

Urs Vokinger (CH)
Beiträge: 5
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Urs Vokinger

Guten Abend Herr Bauer und Herr Consales,

vielen Dank für Ihre Bemerkung.

Ich war zuerst über diesen "Magic Angle" sehr überrascht. Nachdem ich die Herleitung gelesen habe, wurde mir klar, dass wir ja im Nahfeld sind. Im Fernfeld sollte der 90Grad Winkel wieder eine Option werden, denn die 1/r^5 Anteile des Feldes klingen schnell mit der Entfernung ab.

Inzwischen habe ich mit LTspice eine kleine Simulation der besprochenen Schaltung (unten) durch geführt.

Über R2 gibt die Simulation folgendes Signal aus:

Im Versuchsaufbau habe ich gemessen:

Die Ähnlichkeit ist erstaunlich.

Ich werde nun die Ratschläge zur Dämpfung der Schwingung versuchen und dann wieder berichten.

Mit freundlichen Grüssen

Urs Vokinger

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