Der SLOWAKISCHE Rundfunk von 1938 bis 1945
Der SLOWAKISCHE Rundfunk von 1938 bis 1945
Von Prag aus wurde der Tschechoslowakische Rundfunk für den 1918 gegründeten Staat der Tschechen und Slowaken für das das gesamte Staatsgebiet geplant und seit dem 18.Mai 1923 erfolgten regelmäßige Sendungen.
Zuerst aus Kbely ( Radiojournal) , dann ersetzte der Sender Prag Strasnice ab 1925 diesen und weitere Sender kamen dazu:
1924 Brno Komárov
1926 Bratislava
Sender in Bratislava
1927 Kosice
Der Rundfunksender in Kosice
Hier im Bild der erste MW- Sender von Kosice mit 2,6 KW
1929 Ostrava
1931 Liblice ( Praha 1 )
1936 Banska Bystrica
Errichtung der Sendeanlage in Banska Bystrica , der Sender wurde am 24.Mai 1936 auf Welle 765 m in Betrieb genommen.
Hier noch eine Skizze von der Antennenanlage vom Sender Banska Bystrica
Fotos aus Radioamatér Nr. 6 v. 3.Juni 1936, Prag
Ein Eigenprogramm produzierte Banska Bystrica noch nicht, die slowakischen Programmanteile kamen von Bratislava und in Kosice.
Hier mal ein Tagesprogramm von Banska Bystrica vom 3.Juni 1936.
1938 Presov
Das war ein kleiner Sender mit 1,5 KW Leistung ohne Eigenprogramm. ( Bild wird nachgereicht )
1938 Melnik ( für die Sudetendeutschen geschaffen)
Sender in Melnik 1938, und alle anderen vorherigen Fotos aus dem Jahrbuch des CS- Rundfunks
Das ist der Ausgangsbestand an Sendeanlagen auf der Mittelwelle vor dem Anschluß des Sudetenlandes an das Großdeutsche Reich ( Münchner Abkommen 1938) , vollzogen am 1. und 2.Oktober 1938.
Die Sendeanlagen in Bratislava 16 KW, Banska Bystrica 30 KW , Kosice 10 KW , Presov 1,5 KW waren auf Slowakischem Gebiet. Darunter also kein Großsender .
Die weitere politische Entwicklung in der Tschechoslowakei nach der Okkupation des "Sudetenlandes" führte zum Protektorat Böhmen und Mähren am 16. März 1939.
Mittels politischem Druck des Deutschen Reiches erfolgte bereits am 14.03.1939 die Proklamation des Slowakischen Staates .
Für die Kollegen der Redaktion in Bratislava, die damals etwa 30% des Programmes in das zentrale tschechoslowakische Programm einsteuerte, wie auch für die Prager Kollegen kam diese Nachricht völlig überraschend.
Mit der plötzlichen Existenz des Slowakischen Staates bekam das Studio in Bratislava eine Menge Arbeit. Die Nachrichten und die aktuelle Publizistik kam aus Prag , das Material wurde auf die Vinohradska in Prag direkt von der Tschechoslowakischen Presseagentur (CTK) geliefert, ebenso kam die sinfonische Musik vom Funkhaus aus Prag.
Nun bestand die Aufgabe darin, in kürzester Frist ein eigenes funktionierendes Rundfunksystem aufzubauen und sendefähig zu halten.
Der Rundfunk wurde als ein wichtiges politisches Instrument des Staates angesehen.
Während die Kollegen in Bratislava noch pro Tschechoslowakisch agierten wurde in Sendungen aus Wien offen die Hlinka- Garde (nationalsozialistische Bewegung in der Slowakei) hofiert .
Hlinka Garde Emblem
Am 14.März beschloss der Slowakische Landtag die Unabhängigkeit der Slowakei .
Das Oberhaupt des neuen Staates Jozef Tiso trug am 14.März 1939 nach 14,00 Uhr im Slowakischen Rundfunk die Unabhängigkeitserklärung der SLOWAKEI vor.
Die Slowakischen Rundfunkmitarbeiter mussten buchstäblich von einem Tag zum anderen ein komplett eigenständiges slowakisches Programm schaffen.
Gegründet wurde das Slowakische Pressebüro ( STK ). Diese gab die Informationen weiter an die Redaktion. Die Nachrichten welche STK übernahm stammten hauptsächlich vom Deutschen Nachrichtenbüro ( DNB ).
Die meisten der tschechischen Musiker verließen das Rundfunkorchester, so daß auch hier ein Engpass zu überbrücken war; Musik von Grammophonplatten trat an deren Stelle .
Bereits im Oktober 1938 war durch kriegerische Ereignisse zwischen der Slowakei und Ungarn die südliche Slowakei, auch die Region um Kosice verloren gegangen.
Karte Mixx321 - Eigenes Werk vielen Dank !
Die dortigen Sendeanlagen und Studiotechnik wurde abgebaut und nach Ungarn verbracht.
Mit dem Sieg der faschistischen Truppen über Polen wurden die Propagandasendungen in Slowakischer Sprache aus Wien wieder eingestellt.
Der Slowakische Rundfunk stellte sein Land als friedliches Land dar, man berichtete über die Arbeit auf den Feldern, Inbetriebnahme neuer Fabriken und Eisenbahnlinien, auch über den Wohnungsbau, brachte Reportagen von Feiern, Kundgebungen sowie Übertagungen kirchlicher Ereignisse... fast überall war Krieg und hier wurde die Slowakei die "friedliche Insel in der rundherum aufgewühlten See ".
Deutsche Behörden griffen nicht in die Gestaltung des Slowakischen Rundfunks ein, kooperierten aber sehr stark beim Austausch von Musiksendungen und auch bei Sportübertragungen. Am 12.Dezember 1939 wurde zum Beispiel ein Fußballspiel aus Chemnitz übertragen, es war ein Freundschaftsspiel Deutschland - Slowakei. Auch in Winter 1940 kamen viele Übertragungen aus Garmisch- Partenkirchen . Dort wurde ein Ersatzprogramm zu den ausgefallenen Olympischen Winterspielen mit treuen Verbündeten veranstaltet.
Einer der Höhepunkte war sicher die Sendereihe; "Wir machen uns mit Deutschland bekannt", diese wurde ab 1941 einmal monatlich gesendet, es ging hier um Informationen über Deutschland, die NSDAP- Parteitage, die Politik der Hitlerregierung u.a.
Interessant ist, das sogar ein ehemaliger KZ- Häftling, Andrej Bagar, eingestellt werden durfte.
Zunächst musste er , so war die Bedingung der Anstellung, unter einem Pseudonym arbeiten, ab März 1941 durfte sein richtiger Name wieder genannt werden. Er wurde im Juni 1941 in Bratislava Chefredakteur !
Das gesamte Staatsgebiet der Slowakei konnte 1941 noch nicht mit eigenen Rundfunksendern abgedeckt werden. Der neu erichtete Großsender in Velke Kostolany, noch von Prag aus geplant, nahm seinen Testbetrieb Ende 1941 auf und ging in Dauerbetrieb am 30.08.1942. Er konnte auf 200 KW aufgestockt werden.
Der Slowakische Rundfunk brachte auch Programme für nationale Minderheiten, so für die Ungarn wöchentlich etwa 2 Stunden und für die Deutschen täglich 45 Minuten. Es gab beim Slowakischen Rundfunk dann sogar eine deutsche Abteilung unter Leitung von Rudolf Fochler.
Diese Sendungen gehörten offiziell zum slowakischen Rundfunk, wurden auch von der Slowakei finanziert, über den Programminhalt entschied jedoch die deutsche Abteilung im Rundfunk mit Unterstützung der Deutschen Partei.
Im Dezember 1940 gab es in der Slowakei nur 82200 angemeldete Rundfunkteilnehmer ! ( das sind etwa 8% der ehemaligen Rundfunkteilnehmer der Tschechoslowakei vor dem März 1939 !!!)
Ab 1941 wurden auch ruthenische Sendungen aufgenommen ( westrussische Sprache). Hier blieb die Politik völlig aussen vor !
Sicher war dies eine Maßnahme zur Kriegsvorbereitung gegen die Sowjetunion.
Als am 22.Juni 1941 die Deutschen die Sowjetunion überfielen, war es aus mit dem Sonderstatus der Slowakei. Die Deutschen verlangten eine Beteiligung der Slowaken an dem Krieg gegen die Sowjetunion. Die Slowakischen Soldaten sahen in den ersten Monaten des Krieges große Armut , man vermittelte der Öffentlichkeit den Krieg nicht gegen die Menschen zu führen, sondern gegen den Bolschewismus !
Im Dezember 1941 erklärte die Slowakei als enger Verbündeter des Deutsches Reiches sogar den Vereinigten Staaten den Krieg.
Interessant ist, das trotz strengster Verbote gerade nach dieser Kriegserklärung bei vielen Slovaken die BBC gehört wurde. Die BBC meldete sich erstmals am 8.September 1939 mit einer 15 minütigen Sendung in Slowakischer Sprache.
Die Sowjetunion betrieb auch sogenannte Geheimsender, die vorgaben aus dem Hinterland des Feindes zu senden. Zum Beispiel der Sender "Für die slowakische Freiheit", der ab 24.11.1941 täglich eine Stunde in Slowakisch sendete.
Auch die Deutschen rüsteten auf, der Rundfunk als Propagandainstrument ! Goebbels ließ insgesamt 56 Sendestationen für den DES ( Deutsche Europa- Sender) errichten.
Für die Slowakei war der Sender Donau aus Dobrochov ( Mittelpunkt Mährens ) das Propagandainstrument.
Hier ein Foto aus dem Jahre 1942 ( die Erbauer des Senders Donau, Techniker aus Prag )
Ein Problem waren auch die Rundfunkbeiträge in der Slowakei. Nun hatte man den Großsender in Velke Kostolany, der leistungsbdingt hohe Betriebskosten im Gesamtsystem machte und die Zahl der Slowakischen Rundfunkteilnehmer war sogar weiter zurückgegangen. In einer Statistik finde ich Ende Januar 1941 noch knapp 82000.
Um das zu verbessern kommt es unter anderem zu einer Gemeinschaftsaktion zwischen Tungsram und Telefunken. Extra für den Slowakischen Markt wird der 1941/42 der ...der Slowakische Volksempfänger mit Mittel- und Langwelle entwickelt.
Davon sollen wohl etwa 17000 Stück zwischen 1941 und 1943 gebaut und unter dem Markenzeichen Telefunken ausgeliefert worden sein.
Interessant ist, das es trotz vielfältiger Bemühungen der Deutschen nicht gelang, einen Einfluß auf die Propagandasendungen zu nehmen, intern arbeitete man auf Deutscher Seite auf eine Angliederung des Slowakischen an den Deutschen Rundfunkkomplex hin.
Eine Sendung des Slowakischen Rundfunks, die sich großer Beliebtheit erfreute, war
"Die Heimat für die Front". Diese richtete sich an die Slowakischen Soldaten an der Ostfront ( diejenigen die noch nicht zur Roten Armee übergelaufen waren ), die an der Seite der Deutschen dort kämpften. Die Wahrscheinlichkeit, das die Gegrüßten die Sendung in mehr als 1000 Km Entfernung hören konnten, war sicher gering, aber die Slowaken in der Heimat verfolgten diese Gruß- und Wunschsendung sehr gern.
Die geplante Errichtung von 2 Kurzwellensendern in Velke Kostolany ( möglicherweise auch für diesen Zweck) wurde nach Kenntnisnahme von den Nazis unterbunden und die bereits gefertigen Baugruppen beschlagnahmt.
Aus meinen Recherchen ergibt sich, das seitens Slowakischen Rundfunks keine judenfeindlichen Sendungen ausgestrahlt wurden. Beim Rundfunk gab es in dieser Zeit sogar jüdische Mitarbeiter wie z.B. Ján Kalina, Emil Rusko und auch Peter Karvás die unter Pseudonym arbeiteten.
1943 /44 organisierte man unter Nutzung eines Übertragungswagens, der noch im Sommer 1939 angeschafft worden war, Reportagen, nahm Folkloremusik vor Ort auf und ließ volkstümliche Geschichten vortragen. Im ersten Halbjahr 1944 reduzierte man diese Aktivitäten jedoch. Der Kriegsverlauf diktierte diese Einsparungen.
Der Krieg dauerte nun schon einige Jahre, was entsprechende Auswirkungen auf die Versorgungslage hatte und es rumorte im breiten Volk.
In Banska Bystrica formierte sich ein militärisches Zentrum des Aufstandes gegen die Hlinka-Garde, Tiso und seine Helfershelfer. Es gab Offiziere, die diesen Widerstand organisierten zusammen mit der illegalen Kommunistischen Partei, auch bürgerlichen Vertretern wie Bálinth und Horvat.
In Bratislava hatte man der Leitung des Slowakischen Rundfunks bereits eine Anweisung gegeben, einen Ort zu suchen, wo das Rundfunkzentrum hinziehen kann, wenn es in der Hauptstadt gefährdet ist. Es musste Leitungsverbindungen haben, über die sicher weiterhin Programme übertragen werden konnten.
Geplant wurde diese Zweigstelle in Presov, dann aber wurde diese, durch den Kriegsverlauf bedingt, gleich nach Banska Bystrica verlegt und sendete dort ab 17.August 1944.
In der oberen Straße in Banska Bystrica wurde dieses Studiogebäude angemietet. Am 30.August 1944 11,00 Uhr verabschiedete sich jedoch das Studio aus dem Zentralen Programm von Bratislava und sendete fortan ein eigenes !
2 Fotos: Auszug aus 50 Jahre CS rozhlas , Prag 1973
Der Slowakische Freie Sender übernahm Teile der Nachrichten aus Moskau und London. Der Präsident Tiso drohte noch am selben Tage mit militärischen Mitteln und mit Hilfe der Deutschen diesen Treiben ein Ende zu machen.
Bereits am 29. August 1944 marschierten Deutsche Truppen in der Slowakei ein. Noch am 30.August abends verließen die Mitarbeiter das Studiogebäude, übrigens ohne etwas unbrauchbar zu machen ! Zerstörungen richteten die "Befreier" an:
Am 30.August begann der Aufstand der Slowaken gegen die Regierung und am 30.August 1944 ca 11,00 Uhr ging der Sender Banska Bystrica auf dem Berg Laskomer auf Sendung. Über diesen informierte Oberstleutnant Mirko Vesel und Ing. Jozef Styk über den Beginn des Aufstandes.
Die Deutsche Luftwaffe flog mehrere Angriffe und der Sender wurde teilweise zerstört. Am 2.September bekam das Gebäude einen Treffer ( siehe Foto oben), der Sendebetrieb war unterbrochen.
Bereits am 3.September wurde ein Sender von der slowakischen Armee zur Verfügung gestellt, der bis dahin von der Luftwaffe genutzt worden war. Dieser nur 1,5 KW starke Sender wurde mobil auf einen Lastwagen aufgebaut und und von den Aufständischen an verschiedenen Standorten eingesetzt. Der Sender war etwa 60 Km weit zu hören. Er arbeitete bis zum 27.Oktober 1944 und gehört damit zu den Widerstandssendern im 2.Weltkrieg , die am längsten gearbeitet haben.
Regierungstreu sendete weiterhin Velke Kostolany, aber die Aufständischen hatten sämtliche Feindsender noch zur Hilfe und damit erreichte man einen großen Hörerkreis.
Der Rundfunk in Bratislava arbeitete noch bis Ende März 1945, dann gab es am 1.4.1945 den Befehl von Deutscher Seite den Sendebetrieb insgesamt einzustellen.Am 2.April wurden erste Anlagen aus Zeitgründen nicht mehr ausgebaut sondern unbrauchbar gemacht.
Hier der Sendemast vom Großsender Velke Kostolany ( siehe meinen gesonderten Beitrag)
Es waren tatsächlich alle Slowakischen Sender zerstört, das war die Ausgangslage am 9.Mai 1945.
Ende April 1945 nahm aber bereits in Kosice wieder ein Sender mit zunächst kleiner Leistung seine Arbeit auf
. ..eine genauer Termin war leider nicht zu erfahren.. Jedenfalls kommt die Ansprache von Präsident Benes, der seit 4.April 1945 mit 16 tschechischen und 9 slowakischen Ministern Quartier in Kosice genommen hat, am 13. April über das Auslandsprogramm der BBC in tschechischer und slowakischer Sprache.
Gesichert ist der Termin der Wiederaufnahme der Sendungen durch Bratislava ab 16.Juni 1945
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