Die Shortpath Röhren
Die Shortpath Röhren
Vor 100 Jahren - Die Shortpath Röhren
Der britische Lampen- und Röhrenhersteller Metropolitan-Vickers Electrical Company Co., Markenbezeichnung „Cosmos“, hat 1925 bis ca. 1930 eine Röhrenserie auf den Markt gebracht, die er als „Shortpath“ bezeichnete und die u.a. mit der Buchstabenfolge SP in der Typenbezeichnung gekennzeichnet war. In einigen Veröffentlichungen wird „Shortpath“ als Kurzfadenröhre gedeutet, was aber nicht korrekt ist.
Als „Shortpath“ – kurzer Weg – war eine Bezeichnung gefunden, die einen sehr geringen Abstand zwischen Heizer und Gitter als Konstruktionsziel hat, um auf diese Weise eine starke Steuerwirkung des Gitters auf den Anodenstrom zur erreichen. Damit verbunden ist eine Vergrößerung der Steilheit, eine höhere Verstärkung und eine Verringerung des Innenwiderstands der Röhre. Dies wird konstruktiv dadurch erreicht, das die Kathoden- und Gitterstrukturen deutlich stabiler ausgeführt werden müssen, um so die Abstände zwischen Katode (Heizer) und Gitter reduzieren zu können und diese Reduzierung auch über die Lebensdauer der Röhre garantieren zu können. Auf diese Weise wird auch eine Reduzierung der Mikrofonie einer Röhre erreicht. Der Einstieg in die Shortpath-Konstruktion erfolgte bei direkt geheizten Typen. Noch bessere Stabilität und Ergebnisse in den Röhrendaten wurden bei der indirekt geheizten Röhrenkonstruktion erreicht, weil sich hier durch stabilere Katoden-Konstruktionen und verbesserte stabilere Anordnungen des Gesamtsystems Röhre weitere Verbesserungen erzielen ließen. Die folgende Skizze zeigt übersichtlich, welche Einwirkungsmöglichkeiten die Röhren-Konstrukteure mit welchen Anpassungen an die inneren Abmessungen einer Röhre haben. Bei der Shortpath-Konstruktion wurden vor allem der Abstand Gitter-Kathode und Anode-Gitter verringert.
Bild 1: Wirkung der inneren Abstände auf die Röhrendaten [4,S. 10]
Die Shortpath-Konstruktion bei direkt geheizten Röhren ist im Folgenden näher beschrieben.
Erfinder der Shortpath-Konstruktion ist Ernest Yeoman Robinson, Röhren-Entwickler bei Metropolitan Vickers. Er ist Inhaber einiger Patente dieses Unternehmens. Es gibt einige Patente von Robinson mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit von Röhren durch Reduzierung von Abmessungen zwischen den Elektroden zu verbessern.
Vorzugsweise wurden Aufbauten beschrieben, wie sie bei Leistungsröhren notwendig sind. Im Patent GB231225, vom Dez. 1923 ist erstmals auch ein Aufbau beschrieben, der für Röhren mit geringer Leistung geeignet ist, dessen technische Daten deutlich zu verbessern. Hier ein Textauszug aus diesem Patent (sinngemäß übersetzt):
„In den Abbildungen 28, 29 und 30 ist eine Konstruktion dargestellt, die für Röhren mit geringer Leistung geeignet ist, wie sie bei der Verstärkung oder Erkennung von Radio- oder Audiofrequenzsignalen verwendet werden. Die Elektroden können bei Bedarf so angeordnet werden, dass die Ionisierung auf ein Minimum reduziert wird.
Die Anode 64 liegt in Form einer abgeflachten Röhre mit offenem Ende aus beispielsweise Nickel vor, deren aktiver Teil eine ihrer gekrümmten Seiten ist, nämlich die Seite 65. Das Gitter ist von der in Abb. 1 dargestellten Art, mit der Ausnahme, dass der Halter, der aus Nickel bestehen kann, von der in Abb. 4 dargestellten Art ist, wobei das Material der Gitterspirale vorzugsweise aus Wolfram oder dergleichen besteht. Der Heizfaden verläuft axial durch die Gitterwendel 1 und ist an einem Ende mit dem Heizerhalter 67 und am anderen Ende mit einer Feder 68 verbunden. Die Anode 64 ist mit einem Halter 70 verschweißt.
Der Gitterhalter 10 und der Anodenhalter 70 bilden die Seitenelemente eines rechteckigen Rahmens, dessen Endelemente jeweils aus einem Glaskörper 71 und dem Quetschfuß 72 des Glaskolben 73 der Röhre bestehen, wobei die genannten Halter in die genannten Glaselemente eingeschmolzen sind. Es versteht sich, dass die Halter 10 und 70 mit dem Gitter bzw. der Anode integral sein können, so dass der Teil des Rahmens, der sich in der Nähe der Elektroden befindet, tatsächlich aus der Anode und dem Gitter besteht. Die beiden Heizfadenleitungen 74 und 69 verlaufen durch den Quetschfuß 72 und die Leitung 74 ist durch die Drahtbrücke 75 mit der Heizfadenhalterung 67 verbunden. Um eine Bewegung der Elektroden aufgrund mechanischer Stöße zu verhindern oder einzuschränken, kann der Drahtring 76 so angepasst werden, dass er genau in den Glaskolben 73 passt und von einem radialen Drahtringträger 77 getragen wird, der von dem Glaskörper 71 gehalten wird.“
Die Beschreibung des Aufbaus bezieht sich auch auf die Skizzen, die im Folgenden als Auszug aus den vielen Skizzen des Patents für diesen speziellen Aufbau vorgesehen sind.
Der beschriebene Aufbau passt zu der Anfang 1925 als erste „Shortpath-Type“, die von Cosmos auf den Markt gebracht wurde, der SP18.
Skizzen aus Patent GB231225 zur Röhrenkonstruktion mit direktem Heizer
Bild 2: Shortpath-Prinzip mit direkt geheizter Kathode für Röhren kleiner Leistung
Die ersten Typen der SP18 Baureihe wurden in dieser Aufbautechnik realisiert.
Eine Weiterentwicklung erfolgte in Richtung Leistungsvergrößerung und vor allem auch eine Realisierung der indirekt geheizten Kathode und mit der Lösung der damit verbundenen neuen Herausforderungen. Aus seinem folgenden Patent GB281400 von 1926 sind die folgenden Skizzen und Beschreibungen aufgeführt. Die in Bild 3 und 4 dargestellte Konstruktion entspricht dem Aufbau mit direkt geheizten Heizfäden. In Bild 5, 6, 7 und 8 ist die Konstruktion mit indirekt geheizten Heizfaden (Äquipotentialkathode) für Wechselstromheizung dargestellt.
Skizzen aus Patent GB281400 zur Röhrenkonstruktion mit direkt geheizter Katode
Bild 3: Shortpath-Konstruktionsprinzip mit direkt geheizter Kathode
Bild 4: Shortpath-Konstruktionsprinzip mit direkt geheizter Kathode, Querschnitt
Die wesentlichen Teile sind 8, ein stabiler Gitterhalter, der das Gitter trägt und stabil hält und für die Wärmeableitung sorgt, die vom Heizer auf das nahe Gitter gestrahlt wird. Dadurch wird eine mögliche Gitteremission reduziert bzw. vollständig verhindert. Die Anode 1 umschließt das Gitter 7 und den Kathodenraum, ist aber zur Position 6 offen und mit zwei Blechen 5 versehen, die der Wärmeabstrahlung der Anode dienen. Die beiden Streben 6 dienen zur Stabilisierung der nach außen gefalteten Anodenbleche. 9 und 2 sind stabile Träger für das Gitter und die Anode, die im Quetschfuß 3 verankert sind.
Skizzen aus Patent GB281400 zur Röhrenkonstruktion mit indirektem Heizer
Bild 5: Shortpath-Konstruktionsprinzip mit indirekt geheizter Kathode
Bild 6: Shortpath-Konstruktionsprinzip mit indirekt geheizter Kathode, Querschnitt
Die Shortpath-Konstruktion für die indirekt geheizte Röhren (Äquipotential-Kathode), unterscheidet sich nicht im grundsätzlichen Aufbau. Die größte Unterscheidung ist der Aufbau der Äquipotential-Kathode. Die Besonderheit der Konstruktion besteht im inneren Aufbau der Kathode, die nur einen geringen Außendurchmesser des Kathodenrohrs aufweist und eine besonders glatte Oberfläche hat, die über die gesamte Kathodenfläche eine gleichmäßige Emission erzeugt. Weitere Details zur Katode sind im Patent GB278787 beschrieben.
Skizzen aus Patent GB278787
Bild 7 : Röhrenaufbau, indirekt geheizte Version
Bild 8: Heizfaden und Kathodenaufbau-Prinzip
Die folgenden Fotos von einer Shortpath Röhre mit indirekt geheizter Katode zeigen die in der Praxis umgesetzten Details dieser Konstruktion.
Fotos zur Röhrenkonstruktion mit indirektem Heizer
Bild 9: aufgefaltete Anode mit Gitterhalter
Bild10: Anodenhalter, Gitterhalter, Kathode
Bild 11: Anodenhalter Gitterhalter, Katode, Gitterwindungen
Bild 12: Anodenhalter, Gitterhalter, Katode
Bild 13: Anodenbleche, Gitterhalter, Kathode, Gitterwindungen
Cosmos lieferte auch Shortpath-Typen an die Firma Benjamin und Amplion (Alfred Graham Co.) [5, S. 5]. Auch die Firma Mazda lieferte einige indirekt geheizte Röhrentypen in Shortpath-Bauweise. Ob diese Typen Mazda hergestellt hat oder von Metro-Vick für Mazda hergestellt wurden, ist wahrscheinlich aber vom Autor nicht durch Fakten nachweisbar.
Tabelle 1: Shortpath-Röhrentypen, zusammengestellt aus der Zeitschriftenwerbung 1925-1930
Die Aufstellung in der Tabelle ist aus der Zeitschriftenwerbung zusammengestellt. Es ist möglich, dass noch weitere Typen in Shortpath-Bauweise auf den Markt kamen.
Die folgenden Werbeseiten aus britischen Fachzeitschriften zeigen einige Typen aus der Baureihe der Shortpath-Röhren.
Eine erste Werbung in der März-Ausgabe 1925 der Zeitschrift „The Wireless Constructor“ gibt einen Hinweis darauf, wann die erste Shortpath-Type S.P.18 in den Verkauf ging.
Bild 14: Cosmos Werbung für Röhren D.E.11, A.45, S.P.18, Wireless Constructor, März 1925
Bild 15: Cosmos Werbung für SP18-Typen, Wireless Constructor, July 1926
Bild 16: Cosmos Werbung für Shortpath SP16-Typen, Wireless Constructor, Sept. 1928
Bild 17: Cosmos Werbung für Shortpath AC-Typen, Wireless Constructor, May 1928
Bild 18: Cosmos Werbung für die gesamte Typenreihe, Wireless World, Okt. 1927
Bild 19: Met-Vick-Werbung für Type AC/S , Modern Wireless, Juni 1929
Bild 20: Benjamin Werbung für Shorthpath Röhren, Modern Wireless, Okt. 1926
Literaturhinweise
[1] Patent GB231225, Improvements in Vacuum Electric Tube Devices,
18. Dez. 1923, E. Y. Robinson
[2] Patent GB281400, Improvements in or relating to Vacuum Electric Tube Devices,
3. Sept. 1923, E. Y. Robinson
[3] Patent GB278787, Improvements in or relating to Thermionic Cathodes,
7. Juli 1926, E. Y. Robinson
[4] Radioröhren, H. G. Mende, Radio Praktiker Bücherei, Heft 18/19, 1950
[5] History of the British Radio Valve to 1940, K. R. Thrower, MMA 1992
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.