Ein wirklicher(?) Zwergempfänger

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Ein wirklicher(?) Zwergempfänger 
18.Sep.18 23:01
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Georg Richter (D)
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Georg Richter

Vorwort:

Der Autor dieses in der Funk-Technik Nr.10/1948 erschienen Berichts, Dr. rer. nat. Hansgeorg Laporte, war Mitglied der DGMA (Deutsche Gesellschaft für Messtechnik und Automatiserung) und (Mit-)Autor folgender, überwiegend im VEB Fachbuchverlag Leipzig erschienenen, Bücher:

Messung, Erzeugung u. Konstanthaltung hoher bis tiefer Temperaturen (1961 / 297 S.); Einheiten u. Größenarten der Naturwissenschaften (zus. mit Padelt; 1967 / 382 S.); Beobachtung u. Registrierung veränderlicher Vorgänge durch Meßapparaturen. (1952 / 117 S.); Hochvakuum, seine Erzeugung, Messung u. Anwendung im Laboratorium. (1957/ 175 S.); Hochfrequenztechnische Feldstärkemessung u. Feldstärkeregistrierung. (1950 / 72 S.); Die Messung u. Berechnung von Widerständen, Induktivitäten und Kapazitäten aller Art. (1956 / 162 S.); Die Messung von elektrischen Spannungen und Strömen aller Art. (1957 / 195 S.); Die Messung von elektrischen Schwingungen aller Art nach Frequenzen und Amplituden. (1956 / 159 S.); Frequenzmesser für den Funkamateur. (W. Körner Verl. Stuttgart, 1947 / 91 S.)
[ohne Gewähr für Vollständigkeit]

Dieser lt. Text schon "vor mehr als zwei Jahren" entwickelte Empfänger wird mit einem Widerstandsnetzkabel (in USA oft üblich und als curtain burner / Vorhanganzünder bezeichnet) betrieben und verbrät damit wohl den grössten Teil der Leistungsaufnahme von 44W.

Der redaktionelle Text:

Bei der gerade in Deutschland besonders hochgezüchteten Wiedergabegüte von Rundfunkgeräten ist es verständlich, daß die Entwicklung von Kleinstempfängern nicht so stark betrieben worden (ist) wie besonders in den USA. Daß wir trotzdem auch auf diesem Gebiet den ausländischen Entwicklungen Ebenbürtiges entgegenstellen können, zeigen folgende Ausführungen.

Der im Bild gezeigte Zwergempfänger besitzt 3 Röhren, Philips E1C (4671), die in Serienschaltung über ein mit einer Widerstandskordel versehenes Netzkabel vom 220-V-Netz mit Gleich- oder Wechselstrom geheizt werden. Die Anodenspannung wird gleichfalls dem Netz entnommen und bei Wechselstrom über eine Gleichrichtersäule für 5-mA-Be-lastung, die infolge der Schaltung des Gerätes genügt, gleichgerichtet. Die gesamten Siebkondensatoren bestehen aus 2 Wickeln von 2, 2 Wickeln von 0,5 und 1 Wickel von 1 µF von Bosch-Metallpapierkondensatoren. Wickelkondensatoren, Gleichrichter, Kopplungsblocks und Widerstände der Schaltung sind mit den 2 ersten Röhren zu einer Einheit fest zusammengesetzt und vergossen. Hierauf ist oben der Eingangsschwingungskreis mit Hilfsantennen- und Lichtantennenkondensatoren befestigt und das Ganze von oben in einen Leichtmetallzylinder, der seitlich den Rückkopplungskondensator und den Anschlußstecker für die Netzleitung trägt, eingesetzt. Im unteren Teile ist das Lautsprechersystem, in das die Endröhre eingebaut ist, eingeschraubt.

Die Schaltung und Wirkungsweise des Gerätes ist kurz folgende: Rückkopplungsaudion mit zweistufigem Widerstandsverstärker in Allstromschaltung. Im Anodenkreis der letzten Röhre liegt als Lautsprecher ein Seignettesalzwürfel der Größe 20x20x10 mm, der aus 1 mm starken verklebten Schichten mit dazwischenliegenden Kondensatorfolien besteht.

Solche Seignettesalzwürfel wurden in Unterwasserschallempfängern verwandt. Der Würfel wurde auf einen Leichtmetallsteg des unteren Gehäuseeinsatzes unter Zwischenlage eines 0,2 mm starken Glasplättchens zur Spannungsisolation der Schalleitung mit der einen Schallfläche aufgekittet, während die andere Schallfläche auf einer Preßholzscheibe aufliegt, die mit Schrauben unter Zwischenschaltung von Filzscheiben und Filzröhrchen an dem Leichtmetallsteg befestigt ist. Die Preßholzscheibe kann so als Kolben aus dem unteren Ende des Leichtmetallzylinders schwingen. Sie ragt 1 mm aus dem Gehäuse. Beim Gebrauch wird der Empfänger mit der Preßholzscheibe auf einen Holztisch oder Schrank gesetzt. Das nach beiden Seiten schwingende Seignettesalzkristall hebt hierbei den Empfänger beziehungsweise deformiert die Tischplatte, die als schallabstrahlende Fläche dient. Das Gewicht des Empfängers von etwa 300 Gramm ist so angepaßt, daß ein Maximum der Schallübertragung erzielt wird.

Durch die Frequenzcharakteristik des Seignettesalzwürfels, verbunden mit dem Preßholzkolben und den gewählten Kopplungsgliedern des Verstärkers, wird erreicht, daß Frequenzen unter 150 Hz nicht wiedergegeben werden und die Frequenzkurve des Gerätes ab 300 Hz langsam in den horizontalen Teil übergeht. Hierdurch ist ein Netzbrummen unhörbar, trotzdem ist die frequenzmäßige Wiedergabe gut und in vielen Fällen besser als bei manchen heute auf dem Markt befindlichen Empfängern mit unbrauchbaren Lautsprechern.

Der Zwergempfänger bringt die gleichen Stationen wie ein üblicher Volksempfänger. Seine Trennschärfe ist aber gegenüber diesem durch Verwendung von Trolitulspulen mit Hochfrequenzeisenkern besser. Im Hochfrequenzteil ist noch so viel Platz, um eine weitere Spule mit Umschalter für einen zweiten Wellenbereich einbauen zu können. Der Stromverbrauch des Gerätes beträgt bei 220 V 44 Watt.


Das Schaltbild ist wohl etwas vereinfacht (die Summe der Glättungskapazität stimmt, aber Widerstandskordel fehlt), und ist identisch mit grauem Hintergrund bei der Röhre als Beispielschaltung hochgeladen.

Da kein Hersteller angegeben und noch von möglicher Erweiterung um einen weiteren Wellenbereich die Rede ist, gehe ich vorerst von einem Einzelstück des Autors aus.

GR

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