Empfang mit Frequenz Diversity

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Empfang mit Frequenz Diversity 
01.Feb.08 17:06
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

In den Mittelwellen- und Kurzwellenbereichen (522 kHz - 30 MHz) entstehen durch Mehrwegeausbreitung und Reflexionen an der Ionosphäre die sowohl typischen als auch lästigen selektiven Fadings.
Besonders störend wirken diese sich aus, wenn der Träger davon erfaßt wird und es dadurch zur Übermodulation mit entsprechenden Verzerrungen kommt, wenn Hüllkurven-Demodulation zur Anwendung kommt, wie das bei "normalen" AM-Radios der Fall ist.

In der kommerziellen Technik wurde das Problem (zu Zeiten, als Weitverbindungen nur auf Kurzwelle möglich waren) dadurch gelöst, daß
  • Einseitenband-Modulation (SSB) angewendet wurde und daß
  • Diversity-Techniken zur Anwendung kamen.
Bei SSB führt selektives Fading "nur" zu Klangverfärbungen und ist daher für Sprachübertragungen unkritisch.
Diversity-Technik kann angewendet werden als:
  • Raum-Diversity, bei der mehrere Empfänger, räumlich um mindestens eine Wellenlänge der Empfangsfrequenz entfernt, die gleiche Frequenz empfangen. Die demodulierten Signale werden zusammengeführt, wobei jeweils dasjenige durchgeschaltet wird, das mit der größten Feldstärke empfangen wird.
  • Frequenz-Diversity, bei der mehrerer Empfänger am gleichen Ort unterschiedliche Frequenzen mit der gleichen Modulation empfangen. Die Durchschaltung erfolgt wieder nach dem Prinzip wie zuvor.

Welche Verbeserung durch Diversity-Empfang entsteht, läßt sich mit einem einfachen Beispiel ausprobieren und nachempfinden.

Man benötigt hierfür mehrere Mittelwellen-Empfänger, was bei Radiosammlern meist der Fall ist. Dann ist ein Rundfunk-Programm erforderlich, das auf verschiedenen Frequenzen simultan abgestrahlt wird. Hierfür bietet sich das Programm des Deutschlandfunks (DLF) an. Es wird auf der Mittelwelle auf folgenden Frequenzen in AM übertragen:
  • 549 KHz (Nordkirchen & Thurnau)
  • 756 KHz (Braunschweig & Ravensburg)
  • 1269 KHz (Neumünster)
  • 1422kHz (Heusweiler)
Die beiden tieferen Frequenzen eignen sich gut für eine weiträumige Tagesversorgung (dabei noch ohne Fadings), während die beiden höheren Frequenzen erst mit Anbruch der Dunkelheit eine größere Entfernung überbrücken.

Das Experiment mit dem Diversity-Empfang kann nun wie folgt ausgeführt werden:
  • Zwei Empfänger auf 549 kHz bzw. 756 kHz (möglichst noch bei Tag) einstellen. Mit Einsetzen der Dämmerung gibt es hier beachtliche Fadings, insbesondere im Abstand von ca. 200 km von den Sendern. Zusätzlich treten Störungen durch Gleich- und Nachbarkanalsender auf.
  • Zwei weitere Empfänger auf 1269 kHz bzw. 1422 kHz einstellen. Dies wird möglicherweise erst in der Dämmerung möglich, weil zuvor noch keine Raumwelle ankommt und die Bodenwelle zu stark gedämpft ist.
Wenn alle Empfänger auf eine mittlere Lautstärke eingestellt werden, bemerkt man, daß jetzt bei Sprachübertragung keine Information verloren geht, im Unterschied zum Empfang mit nur einem Empfänger. (Bei Musikübertragung ist dies trotzdem kein rechter Genuß.)

An dem Problem der selektiven Fadings krankte der AM-Rundfunk praktisch seit seiner "Geburt", genauer, seit die Sendeleistungen so weit erhöht wurden, daß die Raumwellenausbreitung eine Rolle spielte. Eine brauchbare Lösung des Problems war früher die kommerzielle Diversity-Technik.
Mit der Digitalen Übertragung (DRM) spielen (die nach wie vor vorhandenen) selektiven Fadings keine Rolle mehr, da ihre Wirkung mit Hilfe der Modulation und der Fehlerschutzcodierung kompensiert werden kann.

MfG DR

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