grossgraf: Telegraphen-Apparat (Typendruck)

ID: 146029
Dieser Artikel betrifft das Modell: Telegraphen-Apparat (Typendruck) (Gross & Graf; Berlin)

grossgraf: Telegraphen-Apparat (Typendruck) 
29.Jul.07 17:54
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Georg Richter (D)
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Georg Richter

Dr. Alfred Ritter von Urbanitzky schrieb 1885 in seinem Buch 'Die Elektrizität im Dienste der Menschheit', S.1017 ff.:

Der Hughes=Apparat gehört zu jener Classe von Telegraphenapparaten, welche bleibende Zeichen erzeugen, jedoch nicht in einer eigenen Telegraphenschrift, sondern in der gewöhnlichen Druckschrift. Da von allen derartigen Typendruck-Apparaten der Hughes=Apparat, namentlich in Europa, die weitaus größte Anwendung gefunden hat, soll auch nur dieser hier beschrieben werden.
Weiter:

Der Hughes=Apparat ist zwar, dank seiner überaus sorgfältigen und gründlich durchgebildeten Construction, ein ausgezeichnet und verläßlich arbeitender Apparat geworden, bildet aber nun auch einen sehr complicirten Mechanismus. Es ist daher nicht möglich, hier mehr als eine allgemeine Beschreibung zu geben, um so doch wenigstens eine beiläufige Vorstellung von dem höchst wichtigen Apparate zu erhalten.

Ganz so "beiläufig" ist seine Beschreibung allerdings nicht - siehe Anlage. Anlagen:

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Literaturstellen zu Hughes Typendrucker 
30.Jul.07 16:00

Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Der Hughes'sche Drucktelegraph (oder Typendrucktelegraph, Fernschreiber) wird in der Literatur mehrfach beschrieben.
Frühe Werke, wie z.B. W. Beck: "Die Elektrizität und ihre Technik", Ernst Wiest, Leipzig, 1906, Bd. 1 pp.408 - 412; (identisch in: Bernhard Siemens: "Handbuch der Elektrizität", J.J. Arnd, Leipzig, 1912, Bd. 1 pp 408 - 412) ziegen den Hughes'schen Typendrucker in der gleichen Form wie er in Urbanskys "Die Elektrizität im Dienste der Menschheit" abgebildet ist.
Demgegenüber wird bereits in L. Graetz: "Die Elektrizität und ihre Anwendungen", J. Engelhorn, Stuttgart, 1912, pp 657 - 660 eine Modifikation mit einem Fliehkraftregler für die Drehzahlregelung abgebildet. (Dieses Bild findet sich auch in meinem Vorlesungsumdruck zur "Synchronisation des Empfängers" bei "Digitalen Funksystemen".)
Eine weitere sehr ausführliche Beschreibung des Huges'schen Fernschreibers einschließlich seiner Bestandteile findet sich bei A. Stiller: "Die Schwachstromtechnik", H. Killinger, Nordhausen, o.J. (ca. 1930), pp. 293 - 306

Bei der Post war diese Art von Fernschreiber z.T. bis nach dem WW2 in Betrieb.

MfG DR

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Bilder zu Hughes Typendruck-Telegraph 
04.Aug.07 10:38

Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

"Hughes erlangte die ersten Patente auf seinen Typendrucker 1855 und sein Apparat wurde zuerst zwischen Paris und London 1866 in Gebrauch genommen." [Graetz, Die Elektrizität, 1914]


Die frühe Form dieses Telegraphen findet man als Stich (Kupfer? oder Holz?) in Handbüchern über den damaligen Stand der Elektrotechnik. So z.B. das folgende Bild in [A. Wilke: Die Elektrizität ihre Erzeugung und ihre Anwendung in Industrie und Gewerbe, Spamer, Leipzig, 1899]

Mit Hilfe der Klaviatur werden die Buchstaben und Zahlen angeschlagen. Daraufhin kommt ein Typenrad in Drehung, welches durch ein Gewicht angetrieben wird. Sobald der gewünschte Buchstabe an eine bestimmte Marke kommt, wird die Drehung gestoppt. Auf der Empfangsseite muß das synchron (!) in der gleichen Art ablaufen, wodurch dann der gewählte Buchstabe auf den Papierstreifen gedruckt wird.
Es ist hieraus sofort ersichtlich, daß Synchronismus zwischen Sender und Empfänger herrschen muß. {Das ist heute bei allen digitalen Übertragungsverfahren genauso die unabdingbare Voraussetzung. Hierin besteht ein wesentlicher Unterschied zu analogen Übertragungsverfahren.} Praktisch hat man das Synchronismusproblem damals so gelöst, daß beim Ausdruck immer 2 identische Buchstaben gedruckt wurden, einer oben und der andere unten auf dem Streifen. Da nun der Synchronismus nur näherungsweise realisiert werden konnte, erhielt man einen Ausdruck, bei dem die Zeile sich langsam nach oben oder unten wegbewegte. Dann mußte der Empfangsbeamte die Dreh-Geschwindigkeit nachregulieren.
Der Hughes Telegraph war ein großer Fortschritt gegenüber dem früheren Morsetelegraph, da er einfacher zu bedienen war und eine größere Telegraphiergeschwindigkeit erlaubte.
Eine ähnliche Darstellung des Apparates ist auch bei Beck (1906) bzw. Siemens (1912) zu finden. [Literaturzitat in Post 2]

Man sieht aber aus der etwas anderen Darstellung, daß damals die Bilder jeweils frisch gestochen wurden.
Bei Graetz (1914) ist nun bereits eine Version des Hughes Telegraphen mit Fliehkraftregler dargestellt. (nächstes Bild) Dieser Fliehkraftregler, später auch entsprechend z.B. in Grammophonen eingebaut, gestattet eine bessere Synchronisation zwischen Sender und Empfänger.

Mit dem oberen Drehknopf des Fliehkraftreglers konnte die Geschwindigkeit reguliert werden.
Diese Art des Hughes Telegraphen wurde nun in Details verbessert, wie die beiden nächsten Bilder aus Stiller (ca. 1930) zeigen.

Beim folgenden Bild sieht man das Gewicht zum Antrieb und eine Vorrichtung, wie dieses mit Hilfe eines Fußhebels aufgezogen werden konnte.

Offenbar konnte dieser Apparat nur im Stehen bedient werden.

Der Hughes Fernschreiber ist ein sehr frühes Beispiel für ein digitales Übertragungsverfahren (Startimpuls & Stoppimpuls werden übertragen), das  deutlich macht, daß digitale Übertragungsverfahren nur dann funktioniert, wenn Synchronismus herrscht zwischen Sender und Empfänger.
Die Notwendigkeit eines Synchronismus ist ein ganz wesentlicher Unterschied zu einem analogen Übertragungsverfahren, wie z.B. AM oder FM bei einer Rundfunkübertragung.

MfG DR

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