Erwärmung Netztrafo

ID: 87837
Erwärmung Netztrafo 
16.Jan.06 14:52
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Sebastian Göbel (D)
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Sebastian Göbel

Hallo,

ich habe bei meinem Grundig 4066 festgestellt, dass sich der Netztrafo nicht unerheblich erwärmt. Der Kern hat Abmessung von ca. 70*80*30mm.

ohne Last:
ca. 30 Grad C, Stromaufname ca. 100mA

mit Last:
ca. 50 Grad C, Stromaufnahme ca. 250mA

Kann jemand anhand von Erfahrungswerten sagen ob diese Werte noch i.O. sind?


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Leistungsberechnung 
16.Jan.06 15:22

Wolfgang Bauer (A)
Beiträge: 2479
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Wolfgang Bauer

Sg. Herr Göbel,
wenn Sie sich den Schaltplan ansehen, finden Sie beim Netzteil die Angabe: ca. 55 Watt.

Nach der Formel
Watt = Spannung x Strom  (230 x 0,250 = 57,5) liegen Sie genau richtig mit Ihrem Gerät.
230 Volt mal 0,250 Ampere = 57,5 Watt

Bei 220 Volt wären das genau 55 Watt, wir haben aber jetzt 230 Volt.

Formeln finden Sie auf dieser von Herrn Grötzer vorbildlich gemachten Seite:

http://www.radiomuseum.org/forum/berechnungen_in_der_radiotechnik.html

MfG. WB

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17.Jan.06 03:21

Sebastian Göbel (D)
Beiträge: 161
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Sebastian Göbel

Hallo Herr Bauer,

danke für den Hinweis. Die Leistungsaufnahme stimmt im Betriebsfalle, aber über 20 Watt im Leerlauf erschienen mir nicht gerade gering. Bei meinen beiden anderen Radios wird der Trafo auch nicht so warm.

Kann man eine allgemeine Aussage treffen, wie warm ein Netztrafo von damals normalerweisse werden darf? Evtl. sind 50-60 Grad ja völlig unbedenklich, aber ich frage lieber nach da ich hier noch eine Wiele wohnen möchte;)

Ich nehme an daß die Erwärmung durch Wirbelströme im Kern verursacht wird, da dieser nach 20 min. schon richtig warm ist. Die Wicklung ist aber, soweit von aussen festellbar, nicht sonderlich erwärmt, und es richt auch nicht im entferntesten nach verschmorter Isolation.
Zwischen den Blechen kann ich nur einen Widerstand von wenigen Ohm messen, könnte mir vorstellen dass hier die Isolation nicht mehr die beste ist.

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Verluste - Wärmekonvektion 
17.Jan.06 07:08

Karl-Heinz Bradtmöller (D)
Beiträge: 506
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Hallo,
Herr Göbel,
war einmal Besitzer einer AEG Bimbinette, hier brach der Empfang nach etwa 30 Minuten Laufzeit ab.
Ursache: Zu klein dimensionierter Netztrafo.

Machen Sie einmal einen Test und überprüfen Sie, ob mit der Erwärmung ein größerer Spannungsfall verbunden ist. Am besten bei der Wicklung, die den höchsten Strom liefert, also
der Heizwicklung. Ebenso, ob die Anodenspannung "mitgezogen" wird.
Sollte sich da ein Zusammenhang ergeben, könnte ich mir vorstellen, daß zunächst einmal ein anderer Aufstellungsort und generell eine bessere Wärmekonvektion eine (kleine) Abhilfe bringen könnte.

Herzlichst,
Ihr K.-H. Bradtmöller


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Wechselstromlehre 
17.Jan.06 15:39

Andreas Steinmetz (D)
Redakteur
Beiträge: 730
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Hallo Herr Göbel,

an dieser Stelle können wir Ihnen natürlich nicht die Grundlagen der Wechselstromlehre erklären, aber soviel sei dennoch gesagt:
Die bisherigen überschlägigen Betrachtungen und Berechnungen wurden stillschweigend unter der Voraussetzung gemacht, daß an der Primärseite des Trafos Strom und Spannung in Phase sind, also rein ohmsche Verhältnisse vorliegen. Streng genommen müßte man die Phasenlage bzw. den cos (phi) kennen, um genau nach Wirk-, Schein- und Blindleistung auflösen zu können, und das ganze nicht nur für die Grundwelle, sondern auch noch für die durch Nichtlinearitäten erzeugten Oberwellen. Trotzdem zeigt die Praxis, daß es im Belastungsfall meist genügt, erst mal einen cos (phi) von 1 anzunehmen und damit überschlägig zu rechnen, wie Herr Bauer es vorgemacht hat. Man ist dann immer auf der sicheren Seite, denn tatsächlich liegt der cos (phi) immer unter 1, z.B. bei 0,8. Aber: Im Leerlauf liegt der cos (phi) eher in der Nähe von 0 als von 1! Da herrscht vor allem induktives Verhalten! Wenn Sie lediglich Spannung und Strom multiplizieren, erhalten Sie die Scheinleistung zu 23 VA, die aber über die Erwärmung noch nichts aussagt. Unter der Annahme eines cos (phi) von dann vielleicht 0,3 würde gelten: die Wirkleistung wäre nur 6,9 Watt, und die Blindleistung wäre 21,9 var. Nur die Wirkleistung erzeugt Wärme, und da wäre ebenfalls 6,9 Watt durchaus realistisch. Im Leerlauf werden die meisten Verluste auf das Konto des Kernes gehen. Da Sie ja genau das geschildert hatten, daß eben nicht die Wicklung, sondern der Kern warm wird, können Sie beruhigt sein: höchstwahrscheinlich ist alles in Ordnung!
Sie fragten nach Erfahrungswerten:
1. Unter Praktikern gibt es eine Faustformel, nach der der maximal tolerierbare Leerlaufstrom eines Netztrafos, in Abhängigkeit von seiner Bauleistung bzw. Kerngröße, abschätzbar ist. Leider habe ich die Formel nicht zur Hand, und auch deren Anwendbarkeit auf nach neueren Vorgaben dimensionierten Trafos (s.u.) ist mir unklar.
2. Auch ohne Thermometer reicht i.a. eine Faustregel: Wenn man ein Bauteil gerade noch so mit den Fingern über z.B. eine Minute hinweg anfassen kann, dann sind das etwa 50 bis 60 Grad Celsius. So mancher Netztrafo wird im Normalbetrieb, z.B. nach einer Stunde, tatsächlich so warm, daß man das Blechpaket gerade noch anfassen kann. (Ich denke da gerade an meine alten TFK-Großgeräte: selbst deren Riesen-Netztrafos werden beängstigend warm! Die sind also trotz ihrer Größe keineswegs überdimensioniert!) Also würde ich in Ihrem Fall Entwarnung geben.
Und noch eine Anmerkung: Herr Knoll hatte früher schon mehrmals aus der Praxis berichtet, wie die Entwickler aus Kostengründen immer wieder bekanntes Terrain verlassen mußten, um immer knappere Kompromisse zur Kostenreduzierung zu realisieren, und zwar, ohne daß die Zuverlässigkeit darunter nennenswert leidet. Dieses Vorhgehen ist also nicht nur ein Zeichen unserer aktuellen Zeit, sondern das war früher nicht viel anders. Vielleicht mag Herr Knoll ja mal wieder einen Einblick in seine damalige Tätigkeit geben. Ich würde mich jedenfalls sehr darüber freuen!
Zurück zum Thema: Im Zuge dieser Sparmaßnahmen wurden die Trafos bei teilweise neuentwickelten Materialien für immer höhere magnetische Spitzeninduktionen ausgelegt. Dazu wurden z.T. auch neuere magnetische Werkstoffe verwendet, die bis zu höheren Spitzeninduktion weniger Verluste aufwiesen, darüberhinaus z.T. aber umso mehr! Da wir heute eine höhere Nenn-Netzspannung haben als früher, kann es schon sein, daß heute die Trafos durchschnittlich schon deshalb wärmer werden. Allerdings, und auch das hat Herr Knoll seinerzeit schon dargelegt: So eng sollte man das nicht sehen, denn immerhin waren auch damals noch soviel konstruktive Reserven vorgesehen worden, daß unsere heutigen Netzspannungen kein echtes Problem darstellen sollten.
Zum Schluß noch ein Tip: Fischen Sie sich doch mal mit Hilfe unserer Suchfunktion die alten Threads hier im Forum heraus...


Tschüß

Andreas Steinmetz

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Kappdiagramm 
18.Jan.06 07:14

Karl-Heinz Bradtmöller (D)
Beiträge: 506
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Hallo,
zum Testen eines Transformators wendet man folgende Anordnung an:
Kurzschluß der Sekundärseite und Anlegen einer variablen Spannung an der Primärseite, bei gleichzeitigem Strom-Messen an der Primärwicklung.
Das Kappdiagramm besagt nun, bei welcher Spannung der Nennstrom in der Primärwicklung fließen darf. 
Eng gekoppelte Kerne
haben einen wesentlich niegrigeren Wert als sog. kurzschlußfeste Trafos, bei denen nur ein Teil der Feldlinien durch die Bleche geht.
So kann man leicht überprüfen, ob ein Trafo richtig gewickelt, bzw. sein Kern in Ordnung ist.

Herzlichst,
Ihr K.-H. B.

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18.Jan.06 11:04

Andreas Steinmetz (D)
Redakteur
Beiträge: 730
Anzahl Danke: 5

Hallo Herr Bradtmoeller,

dieser Thread geht inzwischen sicherlich über das hinaus, was wir ursprünglich zum Trafo des Grundig sagen wollten, so daß wir überlegen müssen, ob man diese Trafo-Feinheiten nicht woanders, z.B. unter "Texte" zusammenfassen sollte.
An dieser Stelle muß ich aber doch noch einmal nachhaken:
Ich kann mir momentan noch nicht vorstellen, wie uns bei dem geschilderten Grundig-Trafo das Kapp-Diagramm, auch Kapp´sches Dreieck genannt, weiterhelfen soll. Denn damit bestimmt man ja normalerweise, wie Sie es schon geschildert haben, die Kurzschlußspannung eines Trafos nach Betrag und Phase. In dieser Betriebsart spielen nur noch Streuinduktivitäten und Ohmsche Wicklungswiderstände eine nennenswerte Rolle; Hauptinduktivität und Eisen-Wirk-Verluste bleiben unberücksichtigt, zumal der Trafo dabei nicht in seinem normalen magnetischen Arbeitspunkt betrieben wird. So kann man zwar eine Aussage darüber machen, ob die Wicklungen ausreichend niederohmig und genügend miteinander verkoppelt sind, also die Streuinduktivitäten hinreichend niedrig sind, letztlich also auch darüber, ob der Kern die Feldlinien ausreichend bündelt. Aber über die Höhe der Eisenverluste, die ja beim Grundig-Trafo wohl das Problem sind, sagt der Test gar nichts aus. Selbst Windungsschlüsse fallen nur auf, wenn man einen Vergleichstrafo hat.
Auch im Normalbetrieb kann man ein (im Vergleich zu den sonst auftretenden Größen) recht kleines Kapp´sches Dreieck in den Zeigerdiagrammen konstruieren. Aber auch hier sagt es nur etwas über Streuinduktivitäten und Ohmsche Wicklungsverluste, also die Längszweige des üblichen Trafo-Ersatzschaltbildes, aus. Wir benötigen aber Aussagen über die Querzweige, insbesondere über die Eisenverluste.


Andreas Steinmetz

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