Integrierte Schaltungen - Siemens TAA111

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Integrierte Schaltungen - Siemens TAA111 
06.Feb.07 12:29
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Franz Harder (D)
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Im Beitrag zum Elektronischen Notizbuch Grundig EN3 wird eine Gerätevariante mit einer integrierten Schaltung erwähnt.
http://www.radiomuseum.org/forum/grundig_en3_en_3_elektronisches_notizbuch.html

Es handelt sich dabei um den Schaltkreis mit der Bezeichnung TAA111, hergestellt von der Firma Siemens.


In den Siemens Datenbüchern taucht diese Integrierte Schaltung, wohl als erste für den allgemeinen Gebrauch verfügbar, im Halbleiter-Lieferprogramm 1967/68 auf.

Zusammen mit den Typen TAA121 und TAA131/141 bildeten diese Schaltkreise eine Familie, die für den Einsatz in Hörgeräten, Mikrophon-Vorverstärkern und Diktiergeräten (z.B. EN3) konzipiert waren.

Während der Typ TAA111 noch im TO-5 Metall-Gehäuse gebaut wurde, war der TAA131 für die damalige Zeit geradezu sensationell bereits in einem flachen Kunststoffgehäuse untergebracht. Aufgrund dieser im Vergleich zum TAA111 weiter fortgeschrittenen Miniaturisierung war der TAA131 für die Verwendung in Hörgeräten geradezu prädestiniert.


Die Technologie dieser Schaltkreise und die Realisierung sind als Erweiterung der bekannten Transistortechnik zu sehen. Wenn statt eines Transistors nun 3 Exemplare in das Grundmaterial eindiffundiert wurden (Planartechnik) und die vorhandenen Transistorgehäuse statt 3 bis zu 8 Anschlüsse bekamen, so war das eine konsequente Fortführung der damaligen  Halbleitertechnik.

Neuland wurde jedoch betreten mit der Integration weiterer Bauelemente. Der Begriff „Integrierte Schaltung“ beinhaltet nicht eine bloße Anreihung von Transistoren, sondern eben die Zusammenschaltung mit weiteren Bauelementen. So waren z.B. Widerstände relativ einfach zu verwirklichen durch Diffusion von eigenleitendem Halbleitermaterial – der Wert des Widerstands war durch die Dotierung und die geometrischen Abmessungen bestimmt.

Nicht möglich war zur damaligen Zeit die Integration von Kondensatoren. Wenn auch die Einbringung isolierender Schichten theoretisch bekannt war, so konnte sie dennoch erst einige Jahre später mit dem Siegeszug der MOS Technologie verwirklicht werden.

Generell zeigen die frühen integrierten Schaltungen aller Halbleiterhersteller einen vergleichbaren Aufbau. Es waren immer zuerst die Transistor-Arrays, später auch mit zusätzlichen Dioden und einigen Widerständen erweitert. .Aufgrund gemeinsamer Diffusion hatten die Halbleiter auf dem Substrat nahezu identische Eigenschaften und konnten so für Differenzverstärker, Ringmodulatoren, etc. eingesetzt werden. Als Beispiel seien die ersten Typen der CA30xx Reihe der Fa. RCA genannt.

So ist es auch nicht verwunderlich, daß parallel zur Entwicklung der analogen Schaltkreise die digitalen Schaltungen ein fast identisches Innenleben hatten. Die RTL und DTL Logiken beinhalteten ja, wie der Name zeigt, lediglich Transistoren, Dioden, Widerstände.

Zurück zum TAA111: eine ausführliche Vorstellung dieses Schaltkreises findet sich in den Halbleiter Schaltbeispielen, Ausgabe April 1966 (siehe Anhang).

Interessant ist hierbei die Benennung dieses Schaltkreises, denn er hatte noch die vorläufige Bezeichnung SV 03 . In einer Produktvorstellung der Funkschau in Heft 12/1966 (S.382ff.), also bereits im Juni 1966, wurde das Bauteil mit seiner endgültigen Bezeichnung TAA111 präsentiert.

Abschließend sei erwähnt, daß als Nachfolger der TAA111...141 der Typ TAA151 auf den Markt kam.Dieser Schaltkreis fand eine weitere Verbreitung als seine Vorgänger, denn aufgrund der herausgeführten Basis- und Emitter-Anschlüsse bei 2 der 3 Transistoren war eine flexible externe Beschaltung möglich und damit eine vielseitige Verwendung des Bausteins zu realisieren.

Nachtrag: Am Beispiel der Funkschau zeigt sich, daß etwa ab 1964 das Thema der Integrierten Schaltungen in den Fachzeitschriften ernsthaft diskutiert wird. Die Zahl der Veröffentlichungen nimmt in den folgenden Jahren sprunghaft zu. Neben den Kurzberichten über neue Schaltkreise (meist aus den U.S.A.) finden sich immer mehr Artikel zu Anwendungen in der Radio- und Fernsehtechnik.

Als eines dieser sehr interessanten Beispiele ist im Anhang ein Funkschau-Bericht aus Heft 19/1967 zu finden, der übrigens auch den Schaltkreis TAA151 vorstellt.

F.H.

Anlagen:

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.