Marconi schreibt im Berliner Tageblatt 22.5.1925

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Marconi schreibt im Berliner Tageblatt 22.5.1925 
14.Jun.20 19:59
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Harald Giese (D)
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Harald Giese

Vor ca. 60 Jahren durfte ich bei einer befreundeten Familie in deren Sammlung von Kosmos - Heften stöbern, eine Lektüre, die mich als damals siebzehnjährigen äußerst faszinierte. In einem Heft fand ich zusammengefaltet die Ausgabe des Berliner Tageblatts vom 22. Mai 1925 mit einem Leitartikel von Senator Marconi und dem Titel " Eine Umwälzung im Radio - Weltverkehr".

Da ich gerade begann mich für Radios zu interessieren, fragte ich die Besitzer, ob ich die Zeitung behalten durfte - was mir genehmigt wurde. 

Seit ich am 5. November 1964 meine Amateurfunkprüfung ablegte, zierte diese Zeitung zusammen mit meinen QSL - Karten mein bescheidenes Radio - Shack im Elternhaus ... und vergilbte zusehends. Als das Erinnerungsstück eines Tages drohte, entlang der ehemaligen Faltkanten in seine Einzelteile zu zerfallen, verstärkte ich es mit TESA-Film - eine schlechte Idee, wie sich im nachherein herausstellte. Über die Jahre verfärbten sich die Klebstreifen und der darunter liegende Text wurde zusehends unleserlicher. Vor etwa 20 Jahren, als sich die Lesbarkeit besorgniserregend verschlechterte, habe ich von den ersten beiden Seiten der Zeitung, über die sich Marconis Artikel erstreckte, glücklicherweise DIN A3 Kopien gezogen.

So sieht die Zeitung heute aus:

Beim letztjährigen Urlaub in Porthleven / Cornwall haben meine Frau und ich natürlich auch das "Marconi Station World Heritage Site"  in Poldhu nahe Mullion auf der Lizard Peninsula / Cornwall besucht, von wo aus Marconi am 12. Dezember 1901 seine erste erfolgreiche Transatlantik - Signalübertragung nach St. John's / Newfoundland durchführte. Die übertragenen Signale waren übrigens der Morsecode SOS ... --- ...

Wie Marconi im Verlauf zahlloser erfolgloser Vorversuche festgestellt hatte, war diese sehr markante Zeichenfolge für die Übertragung besonders geeignet, weil sie am besten aus dem massiven atmosphärischen Störnebel der Funkverbindung herauszuhören war.

NB: Wie vielleicht weniger bekannt ist, betrieb Marconi auf der Lizard Peninsula in der Nähe von Lizard Point noch eine weitere Sendestation - nur etwa 10 km Luftlinie von Poldhu entfernt. Diese wurde bei einigen Versuchssendungen zeitgleich mit der in Poldhu betrieben, um Interferenzstudien durchzuführen.

Erst kürzlich habe ich mich wieder an die alten Kopien des Artikels aus dem Berliner Tageblatt von 1925 erinnert und sie eingescannt.

Leider ist die Qualität trotz Bildbearbeitung nicht berauschend, aber das Meiste ist noch entzifferbar.

Viel Spass bei der Lektüre!


Eine Kopie dieser Ausgabe des Berliner Tageblatts findet man übrigens auch in der "Staatsbibliothek zu Berlin / Preußischer Kulturbesitz"

Harald Giese. 

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Marconis KW Experimente 
16.Jun.20 09:54
152 from 2691

Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Marconis Kurzwellen-Experimente werden beschrieben in "Blake, G.G.: History of Radio Telegraphy and Telephony, Chapman & Hall, 1928.

Zu den KW Ausbreitungs-Experimenten von Marconi findet sich folgender Text auf den Seiten 314 - 316. Die Nummern in Klammern beziehen sich auf das Literatur-Verzeichnis. Interessant im Zusammenhang mit dem Zeitungs-Artikel aus dem Berliner Tageblatt sind die Quellen 819 & 820.

  • (819) G. Marconi. "The Short-wave System" Lecture at the Royal Society of Arts on July 2nd, 1924. for Report see The Daily Telegraph, July 3rd and July 4th, 1924.
  • (820) G. Marconi.  "Beam Wireless" Lecture at the Royal Society of Arts  on July 2nd, 1924. See Wireless Weekly for Report of Lecture. Volume iv. Pages 297 to 298, Luly 9th, 1924.

In (1092) findet sich eine Quelle bezüglich des Empfängers (Fig. 185 B, s. unten).

  • (1092) Stanley G. Rattee. "Ultra Short-wave Reception, using Four-pin Valves." Wireless Weekly. June 24th, 1925 Volume vi. No. 12. Pages 355 - 359.

 

Die Ausbreitungs-Experimente Marconis wurden auf Wellenlängen zwischen 20m (KW) und 1m (UKW) durchgeführt.

  • KW-Sender konnten damals mit Röhren realisiert werden, die dann auch noch Anoden-moduliert werden konnten, so daß Sprachübertragung möglich war (short wave radio telephony).
  • UKW-Sender waren zu damaliger Zeit noch "echte" Funken-Sender (spark transmitter), mit denen nur Morse-Zeichen übertragen werden konnten.

Es folgen die Bilder 185, 185A & 185B:

Wie Fig. 185A zeigt, besteht die Kurzwellen-Empfangsantenne "nur" aus einem vertikalen Dipol.

Zum Empfänger macht Blake keine näheren Angaben, außer daß er (mindestens) eine Röhre enthält. Da es zu damaligen Zeiten üblich war, die Glühfäden der Röhren optisch zu kontrollieren, hatten die Empfänger i.a. pro Röhre ein Sichtfenster. Wird Fig. 185B entsprechend interpretiert, würde daraus folgen, daß der Empfänger insgesamt 4 Röhren enthalten hat. (vermutlich KW-Audion und 3 NF Stufen, s. auch Literaturstelle 1092.)

MfG DR

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