Meßschallplatten

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Meßschallplatten 
05.May.19 17:56
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Georg Richter (D)
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Georg Richter

Anhang der Bedienungsanleitung des EMT 930 ST:

Vor gar nicht so langer Zeit begnügte man sich noch, den Frequenzgang einer Platten-Abspielmaschine zu messen. Zu diesem Zweck gab es Frequenz-Meßplatten, mit denen auch die Empfindlichkeit des Tonabnehmers festgestellt und die Wiedergabe-Apparatur eingepegelt werden konnte. Für die heutigen Ansprüche der Schallplatten-Technik reicht diese Meß-Schallplatte allein nicht mehr aus. Es gibt daher schon für eine ganze Reihe anderer Kriterien Meßschallplatten.

Um mit den Meß-Schallplatten objektive Ergebnisse zu erhalten, sollte der Tonarm auf das optimale Auflagegewicht eingestellt sein. Ein zu großer Auflagedruck zerstört die wertvollen Platten oder kann auch — z.B. im Falle der Verzerrungs-Meßplatte, die im TRACING-SIMULATOR-Verfahren geschnitten ist — verfälschte Resultate liefern. Eine zu geringe Auflagekraft hat eine schlechte Führung der Nadelspitze in der Plattenrille zur Folge und führt möglicherweise bei der Rumpelspannungsmessung zu fehlerhaften Ergebnissen. Die optimale Auflagekraft für EMT-Tondosen der "T"-Reihe liegt zwischen 2 und 3g.

 

Frequenz-Meßschallplatte nach DIN 45 541:

Die 30-cm-Platte ist mit 33 U/min. geschnitten. Auf ihrer A-Seite trägt sie Stereo-Frequenzaufzeichnungen in Flankenschrift. Nach einem 15 Sekunden andauernden Pegelton (Bezugswert: v̂ = 8 cm/s) bei 1 kHz folgen 16 Frequenzen von 30Hz bis 16kHz abwechselnd in beiden Kanälen. Die Frequenzsignale sind mit den Zeitkonstanten 3180/318/75 μs (DIN 45547) entsprechend der Schneidkennlinie aufgezeichnet. Die B-Seite enthält die gleichen Aufzeichnungen wie die A-Seite, jedoch in monauraler Seitenschrift. Bezugspegel ist v̂ = 10 cm/s bei 1 kHz.
Frequenz-Meßplatten für 78 U/min. mit Normalrille liefert die CARL LINDSTRÖM GESELLSCHAFT unter der Nr. LAB. 008/009.

 

Verzerrungs-Meßschallplatte nach DIN 45 542:

Diese Meßschallplatte kann nur zum Messen von Stereo-Tonabnehmern verwendet werden. Die A-Seite trägt zwei Aufzeichnungen zur Kontrolle und Justage des vertikalen Spurwinkels. Im ersten Teil ist das Frequenzpaar 1850Hz + 3150Hz, im zweiten Teil das Frequenzpaar 370Hz + 630Hz jeweils mit verschiedenen Spurwinkeln von 6° bis 30° in Tiefenschrift aufgezeichnet. In beiden Fällen bildet sich durch Intermodulation ein Summenton von 5kHz bzw. 1kHz. Wenn der vertikale Spurwinkel der Aufzeichnung dem der Tondose am nächsten kommt, ist der Pegel des Summentones ein Minimum.

Auf der B-Seite der Meßplatte sind zwei Frequenzen — eine tiefe und eine hohe — im PegelverhältnDie sogenannten- geometrischen Abtastverzerrungen gehören der zweiten Gruppe an, da sie überwiegend durch Phasenmodulation erzeugt werden. Die Ursachen lassen sich geometrisch deuten und liegen in dem mangelhaften Zusammenwirken zwischen Abtastspitze und Schallplattenrille. Da sie etwa proportional mit der Frequenz zunehmen, wirken sie auf das Ohr besonders unangenehm und können daher für den Verzerrungsgrad von Schallplatten-Abspielgeräten als maßgebend angesehen werden. das Frequenzpaar 400Hz + 4000Hz, bei 33 U/min. ergeben sich 300Hz + 3000Hz. Verzerrungen, die beim Abtasten von Schallplatten entstehen. lassen sich nach ihrer Entstehungsursache in zwei Gruppen aufteilen:

Zu der einen Gruppe zählen Verzerrungen, die infolge der Nichtlinearität des Wandlers (Bewegung — Spannung) entstehen. Durch Amplituden-Modulation bilden sich um die hohen Frequenzen als Träger Seitenbandfrequenzen (Kombinationstöne) im Abstand der tiefen Frequenzen. Diese Art Verzerrungen sind aber bei modernen Pick-ups gegenüber den Abtastverzerrungen zu vernachlässigen und außerdem weit weniger störend.

Die sogenannten- geometrischen Abtastverzerrungen gehören der zweiten Gruppe an, da sie überwiegend durch Phasenmodulation erzeugt werden. Die Ursachen lassen sich geometrisch deuten und liegen in dem mangelhaften Zusammenwirken zwischen Abtastspitze und Schallplattenrille. Da sie etwa proportional mit der Frequenz zunehmen, wirken sie auf das Ohr besonders unangenehm und können daher für den Verzerrungsgrad von Schallplatten-Abspielgeräten als maßgebend angesehen werden.

Um die Abtastverzerrungen zu messen, darf keinesfalls die übliche Intermodulations-Meßmethode nach dem Demodulationsprinzip DIN 45 403, 3. 2. (DIN 45 539, 1. 8. wird geändert!) angewendet werden, die nur durch AM entstandene Verzerrungsprodukte bewertet. Die Messung des Intermodulationsgrades läßt sich z. B. mit einem Suchton-Analysator (etwas umständlich) oder sehr einfach mit einem Diskriminator-Gerät durchführen. Es werden sogenannte Frequenz-Intermodulationsverzerrungen (FIM) erfaßt.

Das 3-kHz-Signal der Meßplatte ist als Träger aufzufassen, der beim Abtastvorgang mit 300Hz phasen- bzw. frequenzmoduliert wird. Zum Messen des dabei entstehenden FIM eignet sich der Tonhöhenschwankungsmesser EMT 420 A besonders gut, weil man die Mittenfrequenz des Dis-kriminators von dem für Tonhöhenschwankungsmesser genormten Wert 3150 Hz speziell auf die 3-kHz-Trägerfrequenz der Verzerrungs-Meßplatte mit einfachem Tastendruck umschalten kann.

Tieffrequente Störmodulationen, von Gleichlauffehlern herrührend, lassen sich mit einem einfachen RC-Hochpass unterdrücken.
 

Übersprech-Meßschallplatte nach DIN 45 543:

Auf diese Meßplatte sind Frequenzen von 60Hz bis 16kHz in nur einem Kanal (A-Seite linker Kanal, B-Seite rechter Kanal) aufgezeichnet. Der Abstand des Signalanteiles, der in den unbesprochenen Kanal gelangt, zum Signalpegel gibt in „dB" gemessen die Obersprechdämpfung an. Sind hohe Werte der Obersprechdämpfung zu erwarten, mißt man zweckmäßig selektiv.
 

Rumpel-Meßschallplatte nach DIN 45 544:

Mit Hilfe dieser Platte kann die Rumpelgeräusch- und die Rumpelfremdspannung von Schallplatten-Laufwerken ermittelt werden. Man benötigt dazu ein Bewertungsfilter, dessen Frequenzverlauf in DIN 45 539 angegeben ist. Bei der Rumpelfremdspannung werden alle Frequenzen unterhalb 315 Hz mit dem gleichen Faktor bewertet. Oberhalb 315Hz senkt das Bewertungsfilter die Meßempfindlichkeit mit 12 dB/Oktave ab, um nur die Störungen des Laufwerkes zu erfassen.

Zur hör-physiologischen Bewertung werden bei Messungen der Rumpelgeräuschspannung auch die Frequenzen unterhalb 315 Hz mit 12 dB/Oktave abgesenkt. Der einfachen Meßmethode halber liegt der Bezugspegel der Meßplatte bei 315 Hz, wobei die Spitzenschnelle mit v̂ = 5,42 cm/s der Bezugsschnelle 10 cm/s bei 1 kHz umgerechnet über die Schneidkurve entspricht. Zur Rumpelspannungs-Messung selbst stehen Leerrillen in ausreichend langer Laufzeit zur Verfügung. Die B-Seite der Platte dient zu analytischen Rumpelspannungs-Messung in Abhängigkeit vom Plattendurchmesser. Sie läßt sich nämlich sehr günstig in Verbindung mit einem Pegelschreiber verwenden, da ihre Rillensteigung genau mit dem üblichen Papiervorschub von 0,3- mm/s übereinstimmt. Man braucht den Papierstreifen dann nur noch radial auf die Platte zu legen und kann sofort spezifische Rumpelspannungen einem bestimmten Durchmesser zuschreiben.
 

Gleichlauf-Meßschallplatte nach DIN 45 545:

Meß-Schallplatten zum Ermitteln der Tonhöhenschwankungen (Gleichlauf) gibt es für 45 U/min. mit 17 cm Durchmesser und für 33 U/min. mit 30 cm Durchmesser. Beide Plattentypen haben ganz außen eine konzentrische Justierrille, mit deren Hilfe die Schallplatte vor der Messung genau zentriert werden muß. Das in Seitenschrift mit 3150 Hz aufgezeichnete Signal der Platte hat einen außerordentlichen kleinen Eigen-Gleichlauffehler von nur ±0,06%. Gleichlauffehler von Tonträger-Laufwerken ermittelt man mit Meßgeräten für Frequenzschwankungen nach DIN 45 507, wie z. B. dem Gerät EMT 420 A. Ober die Geräte EMT 420 A und EMT 421 A sowie die Messverfahren damit stehen Sonderdrucke zur Verfügung. Der kleinste Meßbereich des EMT 420 A ist ±0,03% (!) Vollausschlag, so daß auch geringste Gleichlauffehler auf einfache Weise gemessen und mit dem zugehörigen Filter EMT 421 A analysiert werden können.

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Alle unter einer DIN-Nummer angeführten Meßplatten können mit dem zugehörigen DIN-Blatt vom BEUTH-VERTRIEB, 1 Berlin 30, Burggrafen-Straße 7 bezogen werden.

Reparaturhinweis zu Tonhöhenschwankungen:

Der maximale Eigenfehler der DIN-Meßschallplatte DIN 45 545 beträgt ±0,06%, bewertet, und kann dazu beitragen, daß der Garantiewert des zu messenden Prüflings ±0,075% (bewertet) nicht erreicht wird bzw. das Meßergebnis verfälscht.
In solchen Fällen wir empfohlen, eine präzise geschnittene Einzelfolie zu verwenden, (z.B. vom Tonstudio MAX LUSSI, Basel, Δf ≤ ±0,03%, bewertet).

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Aktuell:

Die Firma Max Lussi wurde wegen Tod des Inhabers am 20.11.2000 liquidiert.

Beim Beuth-Verlag kann in der Suchmaske "Meßplatten" eingegeben werden, dort sind die zurückgezogenen DIN-Normen (und Platten) durch IEC-Normen ersetzt, zu finden nach Klick auf "Verbindung zu anderen Normen". Dem Preis von EUR 89,00 zufolge sollte man eine Meßplatte erwarten - jedoch irritiert die Option "PDF-Download" zum gleichen Preis.

Wird also noch ermittelt ...

Bis dahin beste Grüse,

GR

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Meßschallplatten 
07.May.19 22:42
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Georg Richter (D)
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Georg Richter

Vom Beuth Verlag bekam ich zwei Angebote über DIN-Schriften zu Meßschallplatten, einmal als Versand mit 7% MwSt., zum anderen als Download mit 19% MwSt. Wegen "Download" ist anzunehmen daß dort keine Meßschallplatten erhältlich sind.

Die von EMT an anderer Stelle genannten DIN-Platten von der Deutschen Grammophongesellschaft sind dort online nicht mehr zufinden. Ob diverse Angebote gebrauchter Testplatten den Zweck erfüllen werde ich nicht prüfen.

Es gibt zwar einige "audiophile" Testschallplatten mit ausgesuchten Musikbeispielen, schlussendlich beleibt nur noch die Testplatte von Ortofon:

Auf der Ortofon Website kann für EUR 45,00 zuzüglich Porto bestellt werden, alternativ  kann man bei "Find Your Dealer" die Postleitzahl eingeben, dann werden Händler in der Nähe gelistet.

Damit ist das Thema von meiner Seite abgschlossen.

Beste Grüsse,

GR

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