Rundfunkgebäude in Prag Weinbergstraße - die Geschichte -

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Rundfunkgebäude in Prag Weinbergstraße - die Geschichte - 
13.Nov.16 17:26
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Am 18.5.1923 begann die tschechoslowakische Rundfunkgesellschaft „Radiojournal“ mit ihren regelmäßigen Sendungen aus Kbely bei Prag.

Zuvor hatten schon andere Rundfunk gestartet:

Herr Ernst Erb schreibt in seinem Buch "Radios von gestern " dazu folgendes;

 "Mit Maschinensender (Fessenden 1902) und Lichtbogensender (Poulsen 1903) mit Mikrofon im Antennenkreis ist Sprache und Musik möglich. Ab 1909 sendet Charles Herrold so und ab 1912 bis 1917 ist es ein regelmässiges tägliches Programm für seine Zuhörer in und um San Jose in Kalifornien. Ab 1913 gibt es ebenfalls Rundfunk aus dem Schloss von Laeken, Belgien. Bis zum 19. August 1914 sind es regelmässige und öffentlich angekündigte Rundfunksendungen. Beides stellt man wegen des Ersten Weltkrieges ab. " 

"Am 6.11.1919 nimmt die holländische Rundfunkstation PCGG ihr regelmässiges Programm auf. Im November 1922 zählt man in den USA 564 Rundfunkstationen und in Europa gibt es dann regelmässige Programm-Sendungen aus Holland, Grossbritannien, Frankreich (Eiffelturm), Dänemark und Russland, sowie provisorische Versuchssendungen. So z.B. aus der Schweiz ab 26.2.1923 durch den Flugplatzsender Lausanne."

Nun habe ich die Daten für die Tschechoslowakei gesammelt, denn der Sender Kbely bei Prag ist ebenfalls relativ früh entstanden: 

Am 18.5.1923 begann die tschechoslowakische Rundfunkgesellschaft „Radiojournal“ mit ihren regelmäßigen Sendungen aus Kbely bei Prag. 

Seit diesem Tag ist das Tschechische tagtäglich im Äther zu hören. In den folgenden Jahren eröffnete die Gesellschaft weitere Filialen mit eigenem Studio und Sender in Brno (Brünn), Moravska Ostrava (Mährisch Ostrau), Bratislava (Preßburg) und Kosice (Kaschau). Das Prager „Rundfunkstudio“ war anfangs vorübergehend in einem Zelt untergebracht,

benutzt wurde ein schwacher, für Rundfunkzwecke mehr schlecht als recht umgebauter Telegrafie-Sender.

Sendeanlage in Kbely 1923, unten der Sender  ( aus dem Buch 10 Jahre Tschechoslowakischer Rundfunk )

Gesendet wurde zunächst auf Langwelle 1160 Meter, der am 14.November 1926 in Kraft getretene neue Wellenplan wies dem Prager Sender dann die Mittelwelle 438,9 Meter zu. Im Jahr 1924 sendete „Radiojournal“ täglich schon zwei Stunden Programm von 19:15 bis 21:10 Uhr. 

Übrigens wurde bereits am am 31.1.1924 die erste für Hörer im Ausland gedachte Sendung ausgestrahlt: ein Konzert.

Man hatte noch keinerlei Erfahrungen mit solchen Auslandssendungen und einigte sich dann die Sendung in Englisch und Esperanto anzusagen

So wurde diese erste Sendung vom  Präsident der GmbH „Radiojournal“, Edvard Svoboda, in englisch moderiert, danach sprach Augustin Pitlik, Vorsitzender des Prager Esperanto-Instituts diese Ansage in Esperanto.

Ab 25.Oktober 1925  wurden auch Sendungen in deutscher Sprache ausgestrahlt, immerhin war die Tschechoslowakei auch Heimat von gut drei Millionen Sudeten-Deutschen.  Diese Menschen sprachen zumeist nur deutsch und bezahlten aber  auch die Gebühren für den  Rundfunk. 

Für die ungarische und ukrainische Minderheit in der Tschechoslowakei gab es ebenfalls regelmäßige Sendungen. 

Am 28.1.1925 konnte in Prag-Strasnice der erste richtige Rundfunksender des Landes eingeweiht werden,  zunächst hatte dieser 500 Watt Leistung. 

In Zusammenarbeit mit der Firma Radioslavia wurde dieser Sender in seiner Leistung auf 5 KW ab Dezember 1925 erhöht. Empfangsberichte, sogar aus den USA, trafen nun in Kbely ein.

Das Radiojournal hat regelmäßig fremdsprachige Vorträge über Politik und auch über Land und Leute gebracht.

Machen wir einen Sprung in das Jahr 1931;

Am 18.Mai 1931 wird der neue 120 KW- Sender in Prag- Liblice übergeben Foto wie zuvor der übrigens 1936 bereits durch einen Blow Knox ersetzt wurde

Ein Höhepunkt in den ersten Jahren Rundfunkgeschichte der Tschechoslowakei war die Rede des Präsidenten der Tschechoslowakischen Republik, Prof. Masaryk, an Hörer in den USA am 27. Febuar 1932. Diese Rede konnte damals in den USA tatsächlich auch Dank des 120 KW- Senders empfangen werden. 

Am 18.Mai 1933 und noch bis zum Jahresende gibt es große Feierlichkeiten, es werden im Rundfunk Sendungen diesem Jubiläum gewidmet, auch das Radiojournal lässt die ersten Jahre Rundfunkgeschichte Revue passieren und stellt hier das neue Gebäude vor.

Man hat ausser in Prag Vollprogramme in Brno, Bratislava, Kosice und Moravske Ostrava. Dank der Verkabelung kann landesweit gesendet werden und so kommt es zum regen Programmaustausch.

In Prag gibt es jedoch ein Problem. Es fehlt ein zentrales Rundfunkgebäude wo die Sendungen zentral und modern produziert werden können.

Am 10.Dezember 1933 wird dieses in der Vinohradska 12 ( Weinbergstraße 12 ) im Zentrum von Prag feierlich übergeben.

Eigentümer des Gebäudes ist jedoch  die  Direktion des Post- und Fernmeldewesens.

Ein palastartiges Gebäude, hier der Eingangsbereich Anfang 1934    

(für diese 3 Fotos vielen Dank an das Rundfunkarchiv, Herrn Kobera in Prag)

In diesem Gebäude wurde auch der Tschechoslowakische Auslandsrundfunk vorbereitet und produziert. Dazu schreibt mir ein ehemaliger Mitarbeiter von Radio Prag, Herr Strassmann folgendes;

Die Einführung regelmäßiger Auslandssendungen fällt  in eine Zeit, da im benachbarten Deutschland die Nationalsozialisten längst die Macht an sich gerissen hatten, und die Kriegsgefahr in Europa wuchs. Die Tschechoslowakei war unmittelbar bedroht, lies doch Hitler lautstark verlauten, er wolle die auf tschechoslowakischem Staatsgebiet lebenden „Sudeten“-Deutschen „heim ins Reich“ holen. Im Sommer 1936 war in Podebrady im Elbetal, östlich von Prag, ein 30 kW starker Kurzwellensender („Marconi SWB 9“, 24-34 kW - später soll ein zweiter baugleicher Sender hinzugekommen sein) betriebsbereit. Erste Versuchssendungen mit fremdsprachlichen Ansagen und Musik von Schallplatten liefen in der Nacht vom 24. auf den 25.Juli 1936. Weitere Versuchssendungen, diesmal schon im Funkhaus von „Radiojournal“ produziert, liefen am 31.August 1936: der tschechoslowakische Auslandsdienst „Radio Praha“ war geboren. Am 13.September war „Radiojournal“ über den Kurzwellensender Podebrady in zwei Sendeblöcken zu hören, für Hörer in Europa  wurde täglich gesendet, für Hörer in Amerika immer dienstags und freitags. Die Sendungen waren anfangs in erster Linie für Landsleute im Ausland gedacht, gesendet wurde meist in Tschechisch. Mit Hilfe der Versuchssendungen wollte man erste Erfahrungen gewinnen, man wollte u.a. erkunden, wie Sendungen für Hörer im Ausland am vorteilhaftesten zu gestalten wären und welche Frequenzen sich für das ins Auge gefasste Zielgebiet am besten eignen. Im Februar 1937 wurden die Auslandssendungen in drei Blöcke eingeteilt: für Amerika sendete man nun täglich von 20 bis 20:15 Uhr, zusätzlich dienstags und freitags von 2:00 bis 5:00 Uhr, für den Orient täglich von 13:55 bis 15:45 Uhr und für Europa täglich von 20:30 bis 22:30 Uhr. Für Europa und den Orient wurden Rundstrahlantennen eingesetzt, nach Amerika Richtantennen, die auf New York ausgerichtet waren. Die Struktur der Kurzwellensendungen erweist sich ab Mai 1937 schon als relativ stabil. Manche Sendungen bzw. Programmteile werden live gesendet, andere wiederum wurden vorher auf Stahlband („Blatnerfon“ – das sind schrankgrosse Tonbandmaschinen, nur dass auf den Spulen kein Magnetband aus Kunststoff gewickelt ist, sondern ein ziemlich dickes Stahlband; wenn es reißt, muss geschweißt werden...) aufgezeichnet. Mittlerweile sendete man nicht nur für Landsleute im Ausland, sondern wollte auch Hörer im Ausland über die Tschechoslowakei informieren. Man sendete Tschechisch, Slowakisch und Englisch für Amerika und den Orient, für Europa liefen Sendungen in Tschechisch, Slowakisch, Deutsch, Französisch und Englisch. In den ersten Monaten kamen schon mehrere Tausend Briefe zu den Kurzwellensendungen ins Prager Funkhaus, anfangs kamen die meisten Zuschriften aus angelsächsischen Ländern, aber schon im März 1937 stammten 75% der Briefe von Landsleuten, insbesondere aus Amerika.

In der Prager Rundfunkzentrale wurden dann hauptsächlich die Nachrichten für die gesamte Tschechoslowakei sowie die aktuelle Publizistik und auch sinfonische Musik produziert.

Es bahnte sich in dramatischer Entwicklung die Zerstörung der Tschechoslowakischen Republik an. Der Rundfunk wurde zum umkämpften Medium. Die Aufgabe des Radiojournales bestand zunächst darin, die tschechoslowakische Staatlichkeit zu fördern. 

Das Radiojournal verbreitete Informationen über die Mobilmachung und trug so zum schnellen Einrücken der Reservisten in ihre Einheiten bei. Auch reagierte man in der Tschechoslowakei auf die Forderungen der Sudetendeutschen nach einem eigenen Programm ( Prag 2 >>> Melnik).

Aber die Gehirnwäsche der Nationalsozialisten hatte bei vielen Sudetendeutschen schon Erfolg, so kam dieser Sender mit seinem deutschen Programm eigentlich viel zu spät. 

Mit der Besetzung des Sudetengebietes fiel der erste Sender in Schönbrunn ( der Sender von Mährisch Ostrau) weg, fortan war er nicht mehr auf dem Staatsgebiet der Tschechoslowakei sondern im Sudetengau und es wurde dann unter Troppau gesendet ( Station Breslau). 

Am 14.März 1939 fielen auch die Sender Bratislava ( Slowakei ) und Kosice weg. Am 16.März 1939 wurde die Rest (- tschechei ) besetzt und das Protektorat Böhmen und Mähren proklamiert.

Nun gab es auch ganz neue Bedingungen. Der deutschsprachige Sender Melnik wurde sogleich in den Reichsrundfunk integriert.

Zunächst gestand man den Tschechen im „Protektorat Böhmen und Mähren“ eine gewisse innere Autonomie zu, die dann Schritt für Schritt eingeengt wurde. Alle tschechischen Rundfunksender wurden 1941 als „Sendergruppe Böhmen-Mähren“ in den „Großdeutschen Rundfunk“ eingegliedert. Für tschechische Sendungen waren nur die Sender Praha I.-Liblice, Brno-Komarov und ein schwacher Ersatzsender in Ostrava vorgesehen. Aus dem Sender Praha II.-Melnik wurde der „Reichssender Böhmen“ mit eigenem Funkhaus in Prag-Karlin.

Während der deutschen Besatzung war sie die Schwerinova - Schweriner Straße  (Familie von Schwerin, dt. Miltärsdynastie)​

...und nicht nur die Umwandlung der Straßen und Gebäudenamen erfolgte, sondern auch das Programm von Radio Prag wurde nach faschistischen Vorgaben gestaltet.

Auch an der Fassade des Gebäudes lesen wir einen Spruch; 

Text des Banners; Deutschland siegt an allen Fronten - für Europa 

Der Kurzwellensender in Podebrady musste seine fremdsprachigen Sendungen einstellen und sendete nur noch  – natürlich streng zensierte  – Sendungen für Auslandstschechen, vorwiegend in Richtung Nordamerika.

In der Programmzeitschrift Tyden Rozhlasu vom 5.Mai 1945 wurde nochmal des Leben  und Wirken des Führers gewürdigt, aber die Ereignisse überschlugen sich, am 5.Mai früh kommt aus dem Funkhaus die Ansage  vom Nachrichtensprecher Zdeněk Mančal  "Je sechs hodin " ( es ist 6 Uhr ) ...das vereinbarte Signal zum Aufstand in der Stadt.  

Diese Tage habe ich bereits ausführlich beschrieben. Am 9.Mai 1945 ist Prag und der größte Teil des tschechischen Territoriums befreit.

Teile des Gebäudes sind zerstört, aber der Rundfunkbetrieb kann aufrechterhalten werden. Die Bürger Prags haben ihren Rundfunk gerettet . Faschistisch orientierte Chefs und Mitarbeiter werden sofort aus dem Rundfunkdienst entfernt und  einigen wird auch der Prozeß gemacht.

Foto; Tyden Rozhlasu v. 19.Mai 1945 , Aufnahme vermutlich vom 9.Mai 1945

Herr Strassmann schreibt hier folgendes über die Nachkriegszeit:

Auch Auslandssendungen aus Prag waren kurz nach Kriegsende wieder zu hören. Eingesetzt wurden dafür neben den unzerstört gebliebenen beiden Kurzwellensendern in Podebrady (49,92 und 31,41 Meter) auch der tschechoslowakische Langwellensender Praha I.-Liblice (10 kW; anfangs 191, dann 155, später 272 kHz). Die Tschechoslowakei „besetzte“ einfach eine Langwellenfrequenz (die 191 kHz war z.B. die 1945 freilich freie einstige Frequenz des im Krieg zerstörten „Deutschlandsenders“), um so bei der anstehenden Neuverteilung der Lang- und Mittelwellenfrequenzen in Kopenhagen bessere Karten zu haben. Die Taktik hatte übrigens Erfolg. Zunächst sendete die wiedergegründete Anstalt „Ceskoslovensky rozhlas“ in Russisch, Polnisch, Rumänisch, Ungarisch, Serbokroatisch, Slowenisch, Englisch, Französisch sowie auch Tschechisch und Slowakisch. Von allen Staaten des späteren „Ostblocks“ war die Tschechoslowakei unter den ersten, die bald auch in deutscher Sprache zu hören waren. Nach den Greultaten des vom Dritten Reiches angezettelten Kriegs in Europa und angesichts der Verabscheuung alles Deutschen in fast ganz Europa war dies keineswegs selbstverständlich! Wohl deshalb waren die deutschsprachigen Sendungen aus Prag anfangs offiziell für Hörer in der Schweiz bestimmt. Später wurde eine Sendung für Österreich eingeführt und 1947 sendete man wieder auch explizit für Deutschland. Paradox: während in den ersten Nachkriegsjahren Millionen von sog. „Sudeten“-Deutschen aus ihrer Heimat in Richtung Deutschland und Österreich abgeschoben wurden, sendete „Radio Prag“ täglich in deutscher Sprache eine Viertelstunde Personen-Suchmeldungen des Roten Kreuzes, die so manchem vertriebenen Sudetendeutschen beim Suchen von Familienangehörigen eine echte Hilfe waren. Aus Prag kam übrigens nach dem Krieg zeitweilig auch eine Sendung in Sorbisch, gab es doch nach Kriegsende ernste Überlegungen, die Lausitz mit ihrer sorbischen Bevölkerung der Tschechoslowakei anzugliedern. Die beiden sorbischen Sprachen, das Ober- und Niedersorbische, gehört wie die Sprache der Tschechen, Slowaken und Polen zu den westslawischen Sprachen und sind eng miteinander verwandt. Im Jahre 1948 kam zu den Sendesprachen noch Italienisch (zunächst für die Schweiz), Spanisch, Baskisch, drei skandinavische Sprachen, Griechisch sowie Esperanto hinzu. „Radio Praha“ sendete hauptsächlich in vier Zielgebiete: Europa, Nahost/Nordafrika, Nord- und Süd-Amerika, sowie Südost-Asien mit Australien. In den Sendungen nach Kriegsende beschäftigte man sich hauptsächlich mit der sich zuspitzenden innenpolitischen Entwicklung in der Tschechoslowakei, mit den Auswirkungen einst auch von der Prager Regierung angenommenen Marshall-Planes zum Wiederaufbau des kriegszerstörten Europa, mit der Entnazifizierung Deutschlands, mit der Tätigkeit der UNO etc.

Im ehemaligen Sudetengau und in Böhmen und Mähren sind bereits in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges mehr oder weniger illegale Sender ( häufig umgenutzte Wehrmachtssender ) zur Information der Bevölkerung eingesetzt worden. Ich habe dazu ausführlich beschrieben die Sender in Usti n.L. (ab 8.Mai 1945) , Liberec, Teplice und demnächst Hradec Kralove . Das ist der Situation geschuldet, aber sobald es die Regierung in Prag erfährt, dann gibt es auch Ordnungsrufe !

Zunächst gilt es, die teilweise zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen und die gesprengten Sendeanlagen schnellstens instand zu setzen. Nicht zerstört  wurden die Sendeanlagen in  Podebrady, Liblice, Pilsen ( ab 5.Mai 1945 in der Hand der Tschechen) , Zlín und Strasnice ( sowie verschiedene Kleinsender die für Informationen der Luftabwehr installiert worden waren ) . 

Die Sender werden jedenfalls schnell repariert bzw erneuert. Weiterhin werden dezentrale Studios in den Kreisen geschaffen und wenn vorhanden legalisiert. Die Hauptprogrammanteil kommt zentral aus der Vinohradska in Prag. 

Inzwischen gibt es in der Tschechoslowakei neue Machtverhältnisse. Der neue Staatspräsident ist der Stalinist Klement Gottwald.

Herr Strassmann schreibt über diese Zeit:

Im Februar 1948 wurde allen Hoffnungen, der Tschechoslowakei würde es nach Kriegsende gelingen, eine Mittlerrolle zwischen West und Ost einzunehmen, ein jähes Ende bereitet. Die Kommunistische Partei (KPTsch) putschte sich an die Macht, der Eiserne Vorhang fiel. Die neue Regierung wies den Marshall-Plan zurück, den man ja ursprünglich angenommen hatte. Ceskoslovensky rozhlas wurde mit dem Gesetz Nr. 137 vom 28.April 1948 verstaatlicht und unter Kontrolle der KPTsch gestellt. Der Auslandsdienst „Radio Praha“ bekam ein neues Stationszeichen: die Anfangstakte des zeitgenössisches kommunistischen Kampfmarsches „Kupredu leva, kupredu leva, zpatky ni krok“ (‚Vorwärts links, vorwärts links, keinen Schritt zurück!‘) 

Im Mai 1948 kommt es noch zu einem großen Ereignis, auf der internationalen Funkausstellung in Prag, gleichzeitig das 25. Jubiläum des Rundfunks in der Tschechoslowakei ( MEVRO) wird zum ersten Mal das 625 Zeilen Fernsehgerät vorgestellt. Einen nicht unwesentlichen Anteil an seinem Entstehen hat sicher die 1940 von Berlin nach Tanvald verlegte Fernseh GmbH, deren Entwicklungsergebnisse in die Technik einfliesen.

Insgesamt werden 23 Empfänger eingesetzt und Programme live übertragen sowohl von der Bühne als auch vom Studio sowie Filmmitschnitte. 

Hier das erste Testbild:

und noch ein Foto aus der Zeitschrift "Radioamatér" Juli 1948

Leider wurde dieser großartige Beginn des Fernsehens staatlich nicht gefördert. Erst 1953 beginnt man in Prag mit dem Sendebetrieb. Der erste Fernseher von Tesla entwickelt ist übrigens ein 2 Kanal Geradeausempfänger, nicht gerade Weltniveau.

Die Regionalstudios beginnen zu arbeiten wie z.B: Pardubice startet an 17.August 1945 offiziell. Im Jahre 1946 erfolgt zunehmend eine zentrale Erweiterung der Programme, die Regionalen Sender werden auf kleinere Sendezeiten eingeschränkt...z.B. die Nachrichten kommen direkt aus Prag....

Es wird in Slowakisch aus Bratislava und tschechisch aus Prag gesendet. 

Im Jahre 1952 begann auch der Aufbau der Störsenderkette, ( es sollen am Ende über 1700 gewesen sein !) die massiv störten  gegen ausländische Sender, die für Hörer in der Tschechoslowakei sendeten wie Radio "Svobodna Evropa" ( Radio Freies Europa). Die Störungen wurden erst 1988 im Zuge der "Perestrojka" wieder eingestellt.

Über die Ereignisse im Zusammenhang mit dem 21. August 1968 berichtete ich bereits ausführlich. Hier noch ein Foto aus diesen Tagen ;

DANKE AN DAS RUNDFUNKARCHIV IN PRAG FÜR DAS FOTO 

Im eigenen Lande kommt es zu Erweiterungen der Programme, das Hauptprogramm läuft nun 24 Stunden pro Tag, 

Im Jahre 1970 entstand der landesweite Kanal "Hvezda" (Stern), der täglich 24 Stunden lang Nachrichten sendete.

 Im Jahr 1972 begann der Sender "Vltava" (Moldau) mit seiner Arbeit, der sich vorwiegend auf klassische Musik und Literatur ausrichtete. 

Außerdem ging das "Interprogramm" von Radio Prag mit einem fünfstündigen Musikprogramm auf Sendung, das in fünfzehnminütigen Abständen von Nachrichten in den Sendesprachen Tschechisch, Slowakisch, Deutsch, Französisch und Englisch unterbrochen wurde. Das "Interprogramm" war für in der Tschechoslowakei lebende Ausländer bestimmt sowie für die Bewohner der Nachbarländer.

1989 im November kommt es zur "Samtenen Revolution", die Kommunistische Führung wird abgelöst . Mit dem Ende dieser Politik wird auch beim Rundfunk tüchtig "gekehrt"

Den Tschechoslowakischen Rundfunk verließen nach den politischen Veränderungen die kompromittiertesten Angestellten sowie die ehemaligen Agenten der Staatssicherheit. Radio Prag kehrte langsam zu seiner ursprünglichen Bestimmung zurück: unvoreingenommen und objektiv über das Geschehen in der Tschechoslowakei zu informieren. Erneut wurde das Stationszeichen der Vorkriegszeit eingeführt - Dvoráks Symphonie "Aus der neuen Welt". Zwischen dem Beginn der 50er Jahre und 1989 diente als Erkennungszeichen das kommunistische Lied "Kupredu levá" (Vorwärts links).

Herr Strassmann  (hier ein Foto wo er als Nachrichtensprecher des Deutschen Programmes von Radio Prag im Jahre 1993 zu sehen ist, noch im alten Studio) schreibt weiter zur Entwicklung des Rundfunks und Auslandsrundfunks

Politische Querelen und Streitereien, hochgeschaukelte Nationalitätenkonflikte und kleinkarierte Diskussionen brachten kurze Zeit nach der Revolution von 1989 das Ende des in CSFR umbenannten gemeinsamen Staates von Tschechen und Slowaken. Am 1.1.1993, Punkt Mitternacht, wurde die Föderation aufgelöst - „Radio Praha“ wurde zum Auslandsdienst der neuen Tschechischen Republik. Es kamen Internet, World Radio Network, Satellit und vor kurzem ein nagelneues Studiogebäude gleich hinter dem altehrwürdigen Funkhaus – geblieben ist das Bemühen der Mitarbeiter, die Hörer mit attraktiven Sendungen möglichst umfassend und engagiert über das Leben in Tschechien zu informieren. Zumindest kann ich das für die deutsche Redaktion unter der Leitung von Jitka Mladkova behaupten, denn im Frühjahr 1994 war das auch meine Chefin...

Ich mache jetzt einen großen Sprung in das Jahr 2016

Die alte Gebäudehülle auf der Vinohradska ist traditionell geblieben:

 

Hier eine Ansicht von der Balbinova Straße...

...und der Eingang von der Rimska Straße ( Neubau von 1993.). Hier befindet sich auch der Archivteil sowie Studios.

Es wurde auch viel konstruktiv gegen Schwingungen getan, denn wir befinden uns ja im Zentrum der Stadt, wo nicht nur Züge, die U-Bahn Straßenbahn usw fährt sondern auch eine Menge Verkehr ist. Diese Schwingungen sollen durch diese Anlagen weitgehend kompensiert werden.

Wir sehen jetzt in das Innere des Gebäudes, wo es Aufenthaltsräume gibt und im Atrium werden auch Meetings durch den Direktor abgehalten.

Im Gebäude befindet sich noch ein funktionstüchtiger Paternoster aus den 30iger Jahren.

Der Tschechische Rundfunk hat gegenwärtig etwa 1400 Mitarbeiter, 800 arbeiten bei den Regionalsprogrammen und etwa 600 in dem Prager Gebäudekomplex ( Stand Oktober 2016) 

In solchen Büros verfolgen die Journalisten das Weltgeschehen, können sofort analysieren, kommentieren und die Nachrichten weitergeben.

Hier blicken wir  in ein Studio >>> Dvojka, Český rozhlas    (Zweites )

Intessant finde ich den historischen Baustil auch im Innern, da ist das nüchtern sachliche typisch tschechische Flair der 20iger Jahre bis heute erhalten geblieben

Auch historische Technik ist hier und da zu sehen;

Einen ganz wichtigen Raum wollen wir nicht vergessen, es ist der große Konzertsaal

Der Jugendsender RadioWave des Tschechischen Rundfunks wird nur über DAB+ und Internet verbreitet. Wer ihn Live hören will, der kann auch zum Rundfunkgebäude auf die Vinohradska kommen und ihn hören oder bei entsprechenden Lichtverhältnissen auch mal einen Blick durch die Scheiben in das Studio werfen.

Was für mich auch sehr interessant war, es gibt die Wochenzeitschrift Tydeník ROZHLAS (danke an die Direktorin Frau Konopáskova für die Genehmigung der Fotos von der Zeitschrift)

Diese Zeitschrift veröffentlicht alle Inlands- Rundfunk und Fernsehprogramme, welche über den staatlichen Sektor verbreitet werden 

Zu einzelnen Sendungen gibt es in dieser Zeitschrift auch teilweise sogar umfangreiche redaktionelle Beiträge.

und natürlich sind die aktuellen Frequenzen abgedruckt

Ich habe jetzt mal für die Freunde das Radiomuseums die AM- Frequenzen kopiert.

Hier nochmal eine Übersicht mit allen ( auch den privaten ) AM- Sendern:

639kHz

- Liblice (Český Brod) 750kW ČRo Dvojka

- Svinov (Ostrava) 30kW ČRo Dvojka

 

792kHz

- Stěžery (Hradec Králové) 1kW Rádio Dechovka ( dürfte jetzt schon, Mitte Nov 2016, auf 5 kW sein )

 

954kHz

- Dobrochov (Prostějov) 200kW ČRo Dvojka

- České Budějovice 30kW ČRo Dvojka

- Karlovy Vary 20kW ČRo Dvojka

 

981kHz

- Bořanovice (Líbeznice u Prahy) 10kW Rádio Český Impuls AM

- Domamil (Moravské Budějovice) 5kW Rádio Český Impuls AM

 

1062kHz

- Zbraslav (Praha) 20kW den/1kW noc Country Rádio

 

1071kHz

- Svinov (Ostrava) 5kW ČRo Plus

- České Budějovice 5kW ČRo Plus

1233kHz

- Bořanovice (Líbeznice u Prahy) 10kW Rádio Dechovka

- Brno 0.5kW Rádio Dechovka

- České Budějovice 1kW Rádio Dechovka

- Dobrochov (Prostějov) 5kW Rádio Dechovka

- Svinov (Ostrava) 1kW Rádio Dechovka

 

1332kHz

- Domamil (Moravské Budějovice) 50kW ČRo Dvojka

 

Dále nelze opomenout stále ještě fungující dlouhou vlnu, byť bohužel s omezeným výkonem a dosahem:

 

270kHz

-Topolná (Uherské Hradiště) 50kW ČRo Radiožurnál

Der Tschechische Rundfunk sendet folgende Programme; ( Stand 11/2016) 

Die Sendungen von Radio Prag - Auslandsrundfunk - können über das Internet empfangen werden

Auf 639 KHz sendet man von Liblice bei Prag noch mit 750 KW

Achtung, ich mache wie immer erst mal Pause, der Beitrag wird fortgesetzt !

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.