Spannungsfestigkeit von MP,MKP... Kondensatoren

ID: 330177
? Spannungsfestigkeit von MP,MKP... Kondensatoren 
26.Sep.13 12:56
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Tobias Münzing (D)
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Tobias Münzing

Liebe Sammlerkollegen,

seit einigen Tagen beschäftige ich mich mit der Sichtung von MP und MKT Kondensatoren. Ich habe eine größere Kiste mit ausrangierten Teilen aus unserem Institut bekommen. Dort werden sie meist zur Kompensation oder für den Anlauf von Motoren eingesetzt. Nach ca. 20 Jahren werden diese ausgewechselt oft auch früher. Noch vor Ort habe ich die Kapazität gemessen und keiner zeigt große Abweichungen. Auch die Isolation bei 600V- erwies sich als gut.

Zur Kompensation möchte ich diese Kondensatoren nun nicht einsetzen, aber für Netzteile meiner Röhrenverstärker. Die Betriebssicherheit gegenüber Elkos ist unschlagbar, da ein Formieren nach langer Lagerzeit entfällt. Nur die Bauform kann zum Hindernis werden. Abgesehen davon, ein Bauteil betrachtet auf den Lebensweg eines Menschen, mit unendlicher Lebensdauer.

In meinem Lorenz LVA20 versagten vor kurzem die Siebkondensatoren, es waren je 4µF/1375V- enthalten, gestempelt auf 7.37. Ein Kommilitone mit dem ich meine Bachelorarbeit schreibe, der sich mit Motoren und Kondensatoren beschäftigt, sagte mir das ein Kondensator neuer Bauart locker 1500V Gleichspannung aushält, wenn er mit 500V AC deklariert ist.

Ich habe Datenblätter gewälzt, aber das einzige was man findet sind Angaben für Wechselspannung (AC). Im Lorenz LVA20 habe ich dann 2x 30µF/500V~ in Reihe geschaltet mit entsprechenden Ableitwiderständen. Ich denke, damit ist man auf der sicheren Seite.

Jetzt die Frage an die die sich eventuell damit auskennen, wie ist die Wechselspannungsfestigkeit auf diesen Kondensatoren zu sehen? Meine eigenen Versuche zeigen, das doppelte ist kein Problem, aber das 3fach? Ich könnte es natürlich ausprobieren, aber ich halte dies für wenig zweckmäßig.

Ich freue mich sehr auf ihre Antworten.

Herzliche Grüße

Tobias Münzing

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Auweia 
26.Sep.13 18:53
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Georg Richter (D)
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Georg Richter

Hallo Herr Münzing,

ein namhafter Hersteller (VS) schreibt zu seinen MKP-Kompensationskondensatoren:

Kondensator Lebensdauererwartung (Std.)
Parallelkondensatoren mit Überdrucksicherung ca. 75000
Parallelkondensatoren ohne Überdrucksicherung in Kunststoff- bzw. Aluminiumgehäuse ca. 50000

Eine Überschreitung der Kondensatornennspannung ist nur im Rahmen der vorgegebenen Grenzwerte (Vorgabe der Normen) zulässig:

Überspannung / Lebensdauer
1,0 x Un 100 %
1,1 x Un 42 %
1,15 x Un 28 %
1,2 x Un 19 %
1,3 x Un 9 %

Ein anderer Hersteller testet seine MKP-Kompensationskondensatoren mit 2 x Un für zwei (!) Sekunden.

Da der Verwendungszweck von Kompensationskondensatoren der Betrieb an Wechselspannung ist steht in den Datenblättern nichts über den Betrieb an (welliger) Gleichspannung. Warum auch?

Spannungsmässig auf der sicheren Seite wäre man mit Wima  "DC-Link" MKP-Kondensatoren die es in unterschiedlichen Bauformen (z.B. MKP4 mit 2 bis 40µF bis 1.110V DC) gibt.  Eigentlicher Verwendungszweck ist die Glättung von (höherfrequenten) Zwischenkreisspannungen in Frequenzumrichtern und Schaltnetzteilen. Aber auch diese werden bei 1,2 x Un für 2 Sekunden geprüft, und die Isolation bei 100V.

Bei höheren Temparaturen ist die Betriebsspannung zu reduzieren (Derating).

Nun liegt es an hnen ob Sie den Herstellern vertrauen und ggf. den Verwendungszewck abklären, oder Ihrem Komilitonen.

Vielleicht weiss auch jemand im Umfeld des Instituts was der Anlass für das zyklische Auswechseln war?

Beste Grüsse

GR

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Kondensatoren 
26.Sep.13 18:07
81 from 10594

Ralf Keil (D)
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Hallo Herr Münzing,

Wenn Sie mit einem Spannungsteiler den Leckstrom zu gleichen Teilen auf beide C´s aufgeteilt haben sollte das problemlos und lange halten. Bei 2x500V~ ergibt sich rechnerisch (2x500V)x 1,414= 1414V= als Spitzenwert der Spannung. Da der Verstärker ja auch Strom zieht liegt die tatsächliche Spannung auch noch darunter.

 

Beste Grüsse

R.Keil

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Auweia II 
27.Sep.13 00:34
172 from 10594

Tobias Münzing (D)
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Tobias Münzing

Guten Morgen Herr Richter,

danke für die ausführliche Erklärung. Nun vielleicht noch eine Sache zur Lebensdauer. Nach diesen angenommenen 50.000 oder 75.000 Stunden beträgt die Kapazität dann 0µF oder löst die Überdrucksicherung aus? Das das Ausheilen einen Kapazitätsverlust nach sich zieht ist mir durchaus bekannt.

Soweit ich unseren Fachvorsitzenden verstanden hab, hängt das Turnusmäßige auswechseln mit sich verändernden VDE Normen zusammen. Die mir vorliegenden sind noch mit Kontaktschuhen ausgestattet. Die nun eingesetzten sind wenn ich es auswendig richtig weiß mit IP54 spritzwassergeschützt, mit einer Kunststoffkappe versehen.

Unser Prof. sagt immer: Früher genügte es das man ein Schild aufstellte: "Vorsicht Hochspannung" und Heute muss alles "leck und berührgeschützt sein, das kein Depp auf den Gedanken kommt den Ladezustand eines Kondensators mit der Zunge zu testen"

Diese etwas überspitzte Formulierung ist bei manchem Kommilitonen blanke Untertreibung. Es werden Messreihen gemacht, wie lange MP, MKV, MKP und MKT Kondensatoren die Nennspannung halten. Hierbei werden sie meist mit 500V Gleichspannung aufgeladen und man beobachtet (Tau) in welcher Zeit sich die Kondensatoren wie stark entladen. Mittlerweile müssen die aufgeladenen Kondensatoren unter eine Kunststoffhaube gestellt werden die mit einem Vorhängeschloss am Tisch fixiert wird. Denn die gespeicherte Energie in 50µF mit 500V ist enorm. Wenn man hier mit einem Schraubendreher einen Kurzschluss verursacht bleibt dieser förmlich an den Anschlüssen des Kondensators kleben. Wer dies verursacht, muss 5€ in die "Clubkasse" zahlen. In der Vergangenheit kam es vor das manch einer dachte, nach 14 Tagen sind die sowieso leer und die Anschlüsse berührte.

Je nach Versuchsreihe liegt die Entladung bei 5-7% je Woche. Am langsamsten entladen sich MKV. Vor einigen Monaten hatten wir ein Exemplar das unter 1% hatte.

Ebenso werden Versuchsreihen gemacht, die einen Schweranlauf oder Steinmetzschaltung simulieren. Diese Kondensatoren werden ca. 1 Jahr so betrieben und würden dann nach genauer elektrischer Untersuchung in den Müll wandern, diese Rette ich dann auch meistens.

Der Betrieb von Kondensatoren an Wechselstrom ist kein problem wie Sie sehen, nur die Zweckentfremdung als Glättungskondensator stellt eine Hürde dar.

Für unsere Frequenzumrichter werden im Gleichstromzwischenkreis fast immer Elektrolytkondensatoren in Reihenschaltung verwendet. Metallpapierkondensatoren oder Ähnliche habe ich bisher noch nicht gesehen. Hätten Sie vielleicht einen konkreten Produktvorschlag?

Ich hoffe ich konnte einen detaillierten Einblick geben, mit was ich mich genau beschäftige.

herzliche Grüße

Tobias Münzing

 

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Bei Gleichspannung geht noch was 
29.Sep.13 20:35
359 from 10594

Steffen Thies (A)
Redakteur
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Hallo Herr Münzing,

bei der Suche nach axialen Hochvoltkondensatoren bin ich vor Jahren schon bei Entstörkondensatoren gelandet. Da bestand dann das gleiche Problem, bei manchen waren jedoch beide Spezifikationen angegeben. Es war ausnahmslos so, daß Typen für 250 Vac immerhin 630 Vdc aushielten, während bei 450 Vdc 200 Vac genannt wurden. Es ist anzunehmen, daß auch ihre Kondensatoren ähnlich hochgeschätzt werden können. Damit käme man bei 500 Vac auf 1260 Vdc, was gar nicht weit von der Ansicht ihres Kommilitonen entfernt ist.

Grund dafür ist, daß ein C bei Wechselspannungsbelastung durch die Erwärmung gefährdet ist, die bei Gleichspannung nicht auftritt. Insofern kann es nicht schaden, wenn Sie einmal den Ripplestrom in ihrer Anwendung bestimmen, er sollte nicht größer als der bei 50 Hz und max. Wechselspannung sein.

Da sich bei Wechselspannungsbelastung beginnender Verschleiß durch zunehmenden Leckstrom verrät, hätte ich bei Ihren Recycling-Kondensatoren keine Bedenken, wenn die Isolation noch in Ordnung ist. Abgesehen davon ist meines Wissens für die Lebensdauerspezifikation die maximale Kapazitätsabnahme maßgeblich.

Bislang hatte ich jedenfalls keinen Ärger mit dem Gleichspannungsbetrieb. Skeptisch wäre ich nur bei echten MP = Metallpapierkondensatoren, da die wie die Sorgenkinder aus unseren Radios zur Feuchtigkeitsaufnahme neigen. Ich erinnere mich da an den  schweineteuren Original-Entstörkondensator für meine Bohrmaschine, der nach dem Einbau keine 30 Minuten durchhielt.

Herzliche Grüße,

Steffen Thies

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MP Kondensator in Röhrenverstärker für Beschallungsanlagen 
29.Sep.13 22:37
394 from 10594

Sven Stalbovs (D)
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Hallo Herr Münzing,

ein Beispiel für die Verwendung von Bosch MP Kondensatoren (Metallbecher) als Siebkondensator in Leistungs-Röhrenverstärkern kann ich aus meiner Lehrzeit ab 1966 bei der Fa. Strässer Elektroakustik in Stuttgart nennen. Fotos gibt es eventuell im www

Hauptanwendung dieser Verstärker war die Beschallung von Kirchen und großen Hallen. Wichtig war natürlich auch die Zuverlässigkeit. Soweit mir noch bekannt gab es mit den MP Kondensatoren keine Probleme. Leider kann ich mich nicht mehr an die Spannungsangabe auf den Kondensatoren erinnern.

Ausgestattet waren die Verstärker mit 2x EL34 in Gegentakt, Gleichrichter GZ34.

Mit besten Grüßen, Sven

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MPs für Gleichspannung 
30.Sep.13 09:15
439 from 10594

Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Habe in meinen "Keller-Beständen" folgende MP Kondensatoren gefunden:

  1. 20µF - 1/1,5KV Bosch
  2. 6µF - 1,6/2,4KV Bosch (2 Stück)
  3. 4µF - 1/1,5KV Bosch
  4. 0,5µF - 2,5/3,75KV Bosch
  5. 4µF - 1,25/2KV Hydra
  6. 16+16µF - 350/525V Bosch
  7. 16µF - 630V Bosch (15 Stück)
  8. 8µF - 750V Hydra (7 Stück)
  9. 32µF -400V Hydra
  10. 8µF - 1000V Hydra

Die MP Kondensatoren stammen alle aus Netzteilen von kommerziellen Geräten. Die Angaben von Volt bzw. KVolt beziehen sich auf Gleichspannung.

Die Kondensatoren der Nummern 1. bis 5. haben die Anschlüsse auf Keramikstützen. Sie sind zudem hermetisch dicht.

Die restlichen MPs sind ca. 15,5cm lang und ca. 4 - 4,5cm dick, also "übliche" Bauform mit Schraubgewinde unten.

Wer Bedarf an solchen MP Kondensatoren hat, möge sich bitte per Mail melden.

MfG DR

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Ob ... 
06.Oct.13 15:54
674 from 10594

Georg Richter (D)
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Georg Richter

... bei Kompensationskondensatoren "noch etws geht" oder ob "AC x 3" für die Gleichspannungsbetrieb postuliert wird mag jeder für sich selbst entscheiden - aber  warum fragt man nicht die entprechenden Hersteller?

Zur Frage in Post 4: In Post 3 sind als Beispiel die "DC-Link" Kondensatoren genannt.

In Frequenzumrichtern und Servoverstärkern herrscht seit vielen Jahren die Miniaturisierung vor, da ist der Elko klar im Vorteil.

In älteren (Röhren-)Geräten war mehr Raum um die grösseren MP-Kondensatoren einzusetzen (Strässer, aber auch z.B. Siemens Ela-Verstärker).

Bosch MP

 

Die Spannungangabe auf diesem alten Bosch MP-Kondensator (Ø 45, L 140 mm) mag vielleicht einen Anhaltspunkt geben.

Auch hier möge jeder selbst entscheiden ob das auch für Kompensationskondensatoren angenommen werden kann.

 

Beste Grüsse,

GR

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