UKW Oh, là, là – la Modulation de fréquence

ID: 549453
UKW Oh, là, là – la Modulation de fréquence 
16.Jan.21 18:35
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Übernahme von unserem Gastautor ; Michael  Philipp Strassmann, BR München

1.Die Vorgeschichte(n)

Am Rosenmontag 1949 nimmt der Bayerische Rundfunk den ersten UKW-Sender Europas in Betrieb. Der Sender steht in München-Freimann, in einer Holzbaracke auf dem Gelände der früheren Reichsflugsicherung. Die bescheidene Anlage arbeitet auf der Frequenz 90,1 MHz (3,33 Meter) und hat eine nominale Ausgangsleistung von etwa 250 Watt. Die Sendeantenne ist an einem 110 Meter hohen Stahlgitterturm der ehemaligen Reichsflugsicherung befestigt und strahlt in Richtung Südwest, also in Richtung des Münchner Stadtzentrums. Je nach Empfangslage, Radiogerät und Antenne ist dieser Sender in einem Umkreis von etwa 50 Kilometern zu hören – zwischen Ingolstadt an der Donau im Norden und den Alpen im Süden, zwischen Landshut im Osten und Augsburg im Westen. Mit dieser bescheidenen und provisorischen Anlage in München-Freimann beginnt am 28.Februar 1949 um 16:30 Uhr der Siegeszug von Ultrakurzwelle (UKW) und Frequenzmodulation (FM). 

Nur ein Jahr später, Ende April 1950, lebt schon knapp die Hälfte der bundesdeutschen Radiohörer im Empfangsgebiet zumindest eines UKW-Senders. Ausgerechnet das kriegszerstörte Deutschland baut sich binnen weniger Jahre den technisch modernsten Rundfunkbetrieb  auf                   

Am 20.Dezember 1953 schaltet der Südwestfunk in Wolfsheim, südwestlich von Mainz –  an seinem „Rheinsender“ – den schon 100sten bundesdeutschen UKW-Sender auf (88,5 MHz; 10 kW ERP). Fünf Jahre nach dem bescheidenen Beginn der Hörfunkversorgung auf ultrakurzen Wellen und in FM gibt es in der Bundesrepublik kaum noch Landstriche, in denen ein annehmbarer Radioempfang auf UKW nicht möglich wäre. In den meisten Gegenden ist der Empfang von zwei Radioprogrammen auf UKW üblich. Als am 24.Dezember 1954 der Norddeutsche Rundfunk mit seinem neuen dritten Hörfunkprogramm auf Sendung geht, haben im Norden Deutschlands die Radiohörer auf UKW sogar schon drei unterschiedliche Programme auf UKW zur Auswahl. 

Die Nachbarländer der jungen Bundesrepublik werden Mitte der 1950er Jahre immer nervöser und kommen in Zugzwang. Denn in den Grenzgebieten haben auf der UKW-Skala (fast) ausschließlich deutsche Sender das Sagen…

               

Während der (West-) Deutsche längst ans störungsfreie Radiohören in bester Tonqualität – eben über Ultrakurzwelle und Frequenzmodulation – gewöhnt ist und sich kaum noch was Anderes vorstellen kann, tut sich bei unseren Nachbarn in Frankreich in Sachen „Ondes ultra-courtes“ (OUC) und „Modulation de fréquence“ (MF) nichts. So gut wie gar nichts! Das hat seinen Grund: Anders als der deutsche hat der französische Rundfunk nach dem Krieg seine guten Frequenzen auf Lang- und Mittelwelle behalten. Anders als in Deutschland war man in Frankreich durch keine „Wellen-Demontage“ gezwungen, sich nach einer anderen Art und Weise der Hörfunkversorgung umzuschauen. Außerdem stecken die französische Fernmeldeverwaltung und der Staatsbetrieb „Radiodiffusion de France“ (RdF) bzw. seine Nachfolger „Radiodiffusion Française (RfD) und „Radiodiffusion-Télévision Française“ (RTF) Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre ihre Kräfte und Mittel vorranging in den Auf- und Ausbau des Fernsehens – nach der eigenen französischen Fernsehnorm, hochauflösend, mit 819 Zeilen. RfD wie RTF leiden an böser Unterfinanzierung, in manchen Jahren rücken selbst die Banken keine Kredite mehr raus. Bei uns in der Bundesrepublik sind die Rundfunkanstalten staatsferne Einrichtungen des öffentlichen Rechts, in Frankreich hat die RTF den Status eines „établissement public à caractère industriel et commercial - ÉPIC" („öffentliche Einrichtung mit industriellem und kommerziellem Charakter“) und arbeitet im besten Sinne des Wortes „staatstragend“ und regierungsnah. 

Anders als bei uns in Deutschland werden in Frankreich die meisten UKW-Sender an Standorten längst bestehender Fernsehsender installiert. In der Bundesrepublik ist das genau umgekehrt, wo an den meisten Standorten zuerst UKW-Sender aufgeschaltet werden und sich erst später Fernsehsender dazugesellen. Kurzum: In Frankreich müssen UKW und FM hinten anstehen.

 

Aus den Grafiken geht deutlich hervor: Fast überall in Frankeich hat in den 1950er Jahren der Radiohörer auf Langwelle und Mittelwelle die Auswahl zwischen mehreren populären Programmen – und das in guter Empfangsqualität. Neben mindestens zwei Programmen von RTF sind auf Langwelle Europe No. 1, Radio Luxembourg oder Radio Monte-Carlo präsent. Anders als in Deutschland ist der Druck auf die französischen Radiohörer, sich wegen des besseren Empfangs und wegen einer größeren Programmauswahl ein neues und zudem deutlich teureres Radio mit UKW zuzulegen, nicht gegeben. 

So dauert es bis weit in die 1970er Jahre, bis in ganz Frankreich vom Atlantik bis zum Rhein und von der Kanalküste bis zum Mittelmeer ein annehmbarer Empfang der drei landesweiten heimischen Radioprogramme auf UKW möglich ist. Die „Grande Nation“ ist so sehr ans Radiohören auf Lang- und Mittelwelle gewöhnt, dass sich der vollständige Umstieg auf UKW bis weit in die 1980er Jahre hinzieht. 

Übrigens, à propos: Die Langwellen heißen im Französischen „große Wellen“ – „grandes ondes“, abgekürzt „GO“, oder „ondes longues“, abkürzt „OL“. Dem entsprechend nennt man die Mittelwellen „kleine Wellen“ – „petites ondes“, abgekürzt „PO“, oder „mittlere Wellen“ –„ondes moyennes“, abgekürzt „OM“. Deswegen die Abkürzungen „GO“, „OL“, „PO“ oder „OM“ auf den Skalen älterer Radios „fabriquées en France“.

In der Nacht vom 30.Juni auf den 1.Juli 1952 tritt der „Stockholmer Wellenplan – ST52“ in Kraft. Erstmals wurden in Europa Frequenzen im Bereich von 40 bis 220 MHz international koordiniert und verteilt. Dazu haben sich vom 28.Mai bis 30.Mai 1952 in Schwedens Hauptstadt die Vertreter der Fernmeldeverwaltungen zu einer Europäischen Rundfunkkonferenz getroffen. Dabei wurden jedem Land Frequenzpositionen (Kanäle) für ein landesweites Fernsehprogramm (VHF-I und VHF-III) und drei landesweite Hörfunkprogramme (VHF-II/UKW) zugestanden. 

Der Stockholmer Zuweisungsplan bestätigt den bestehenden Fernsender in Paris auf 42 MHz (Ton in AM) bzw. 46 MHz (Bild positiv polarisiert, 441 Zeilen) und einer Strahlungsleistung von 5 kW ERP (Ton) bzw. 25 kW ERP (Bild). Unter dem Landeskenner „SAR“ für das zu Frankreich gehörende Saarland ist der Fernsehsender „Sarrebrueck“ notiert mit dem Bildträger (FM) auf 52,40 MHz, dem Tonträger (AM) auf 41,25 MHz (Kanal F 2, französische Norm CCIR-„E“ mit 819-Zeilen) und einer Strahlungsleistung von 100 kW ERP (Bild) bzw. 50 kW ERP (Ton). Der Kanal F 2 liegt in etwa im Frequenzspektrum der Kanäle E 1 (Bild: 41,25 MHz – Ton: 46,75 MHz) und E 2 (Bild: 48,25 MHz – Ton: 53,75 MHz) der westeuropäischen Norm CCIR-„B“ mit 625 Zeilen. 

Die „Final Acts ST52“ belegen, dass im Oberelsass, in der Nähe von Mulhouse/Mülhausen, bei Guebwiller/Gebweiler, auf dem höchsten Berg der Vogesen, auf dem Grand Ballon/Großen Belchen mit seinen über 1 420 Metern Meereshöhe, der Bau eines leistungsstarken UKW- und Fernsehsenders vorgesehen war. Diese Anlage ist im Frequenzplan „ST52“ notiert unter der Bezeichnung „Guebwiller“. Die für diesen Standort im Frequenzplan eingetragenen UKW-Sender dürfen mit 50 kW ERP Strahlungsleistung arbeiten, der Fernsehsender auf Kanal F 8 (Bild: 186,55 MHz – Ton: 175,40 MHz) mit der beachtlichen Strahlungsleistung von 200 kW ERP für den Bildsender und 50 kW ERP für den Tonsender. Aber diese Anlage wurde nie gebaut! So viel ist sicher: Die Sender auf dem Großen Belchen hätten ein riesiges Versorgungsgebiet gehabt. Nur die Nachbargipfel der Vogesen im Norden, der Schwarzwald im Osten und der Schweizer Jura im Süden wären den Signalen vom Großen Belchen im Wege gestanden. 

In der Nacht vom 30.Juni auf den 1.Juli 1952 tritt der „Stockholmer Wellenplan – ST52“ in Kraft. Erstmals wurden in Europa Frequenzen im Bereich von 40 bis 220 MHz international koordiniert und verteilt. Dazu haben sich vom 28.Mai bis 30.Mai 1952 in Schwedens Hauptstadt die Vertreter der Fernmeldeverwaltungen zu einer Europäischen Rundfunkkonferenz getroffen. Dabei wurden jedem Land Frequenzpositionen (Kanäle) für ein landesweites Fernsehprogramm (VHF-I und VHF-III) und drei landesweite Hörfunkprogramme (VHF-II/UKW) zugestanden. 

Der Stockholmer Zuweisungsplan bestätigt den bestehenden Fernsender in Paris auf 42 MHz (Ton in AM) bzw. 46 MHz (Bild positiv polarisiert, 441 Zeilen) und einer Strahlungsleistung von 5 kW ERP (Ton) bzw. 25 kW ERP (Bild). Unter dem Landeskenner „SAR“ für das zu Frankreich gehörende Saarland ist der Fernsehsender „Sarrebrueck“ notiert mit dem Bildträger (FM) auf 52,40 MHz, dem Tonträger (AM) auf 41,25 MHz (Kanal F 2, französische Norm CCIR-„E“ mit 819-Zeilen) und einer Strahlungsleistung von 100 kW ERP (Bild) bzw. 50 kW ERP (Ton). Der Kanal F 2 liegt in etwa im Frequenzspektrum der Kanäle E 1 (Bild: 41,25 MHz – Ton: 46,75 MHz) und E 2 (Bild: 48,25 MHz – Ton: 53,75 MHz) der westeuropäischen Norm CCIR-„B“ mit 625 Zeilen. 

Die „Final Acts ST52“ belegen, dass im Oberelsass, in der Nähe von Mulhouse/Mülhausen, bei Guebwiller/Gebweiler, auf dem höchsten Berg der Vogesen, auf dem Grand Ballon/Großen Belchen mit seinen über 

1 420 Metern Meereshöhe, der Bau eines leistungsstarken UKW- und Fernsehsenders vorgesehen war. Diese Anlage ist im Frequenzplan „ST52“ notiert unter der Bezeichnung „Guebwiller“. Die für diesen Standort im Frequenzplan eingetragenen UKW-Sender dürfen mit 50 kW ERP Strahlungsleistung arbeiten, der Fernsehsender auf Kanal F 8 (Bild: 186,55 MHz – Ton: 175,40 MHz) mit der beachtlichen Strahlungsleistung von 200 kW ERP für den Bildsender und 50 kW ERP für den Tonsender. Aber diese Anlage wurde nie gebaut! So viel ist sicher: Die Sender auf dem Großen Belchen hätten ein riesiges Versorgungsgebiet gehabt. Nur die Nachbargipfel der Vogesen im Norden, der Schwarzwald im Osten und der Schweizer Jura im Süden wären den Signalen vom Großen Belchen im Wege gestanden. 

Für den UKW-Hörfunk verzeichnen die „Final Acts ST52“ folgende Positionen in Frankreich.

        MHz                kW (ERP)

Marseille        87,6    91,3    95,4        10

Verdun           87,6    91,2    95,4          1

Troyes           87,7    91,3    95,5        10

Briançon       87,8    91,3    95,4          1

Caen            87,8    91,5    95,6        50

Poitiers         87,9    91,5    95,7         1

Calais           87,9    91,0    97,0         1

Toulouse (Muret)    87,9    91,5    95,7        50

Dijon           88,0    91,6    95,8        50

Antibes       88,2    96,3    99,6        50

Bayonne     88,2    91,8    96,0        10

Nîmes         88,2    91,8    96,0          1

Vannes       88,2    91,8    96,0        10

Dieppe       88,3    91,0    97,0           1

Paris         88,3    92,0    96,1          50        

Grenoble  88,5    92,1    99,5          10

Guebwiller¹           88,5    92,1    96,3        50

Limoges (Nieul)    88,5    92,1    96,3        50

Perpignan            88,5    92,1    96,3        10

Bar-le-Duc  88,7    92,3    96,5         1

Lille            88,7    92,2    96,5        50

Ajaccio       88,8    92,4    96,5         5

Alençon      88,8    92,4    96,6       10

Gap             88,8    92,4    96,5        1

Rodez        88,8    92,4    96,6       50

Toulon        88,8    92,7    97,1        1

Auxerre      88,9    92,5    96,7        1

Vendée      89,0    92,7    96,9      10

Lyon (Mont Pilat)    89,1    92,7    97,1        50

Nancy        89,1    92,7    96,9        1

Besançon  89,2    92,8    97,0        1

Allouis        89,4    93,0    97,8       50

Montpellier               89,4    93,0    97,8        10

Brest (Quimerc’h)    89,4    93,0    97,8        50

Boulogne      89,5    94,0    97,7        1

Cherbourg    89,5    94,1    97,3        1

Annecy         89,7    93,3    98,1      10

Bordeaux     89,7    93,3    98,1       50

Digne           89,7    93,1    98,1         1

Le Havre      89,7    93,3    98,1       10

Metz            89,7    93,3    98,1        50

Rennes (Thorie)    89,9    93,5    98,3        50

Auvergne    90,0    93,6    98,4        50

Carcassonne         90,1    93,7    98,5        10

Mézières               90,1    93,7    98,4        10

Rouen        90,2    93,8    98,6        10

Cognac       90,3    93,9    98,7       10

Jura            90,3    93,9    98,7          1

Chaumont   90,4    94,0    98,8       10

St. Brieuc    90,4    93,9    98,7       10

Avignon       90,6    94,2    99,0       50

Nantes        90,6    94,2    98,9         1

Reims        90,8    94,4    99,2        10

Oloron        90,9    94,4    99,3        50

Tours          90,9    94,4    99,3        10

Amiens        92,6    95,0    96,9        50

Maubeuge    93,3    97,4    99,9         5

Saverne²      95,0    97,3    99,7        50

Tulle             95,1    97,5    99,9        10

Hinzu kommt ein vierter Sender in Paris auf 99,0 MHz mit 20 kW (ERP).

        ¹ Mit „Guebwiller“ ist der Standort Großer Belchen (Grand Ballon) bei Mulhouse im Elsass gemeint. Die Sender werden später aber am Standort Rebberg („Belvédère“) errichtet

       ² Mit „Saverne“ ist der Standort „Zabern“ im Elsass, östlich von Strasbourg, gemeint. Die Sender wurden später nicht weit davon entfernt am Standort Stephansberg errichtet, bei Nordheim, in der Nähe von Wasselonne/ Wasselnheim zwischen Strasbourg und Saverne.

Der „Stockholmer Wellenplan 1952 – ST52“ wird knapp zehn Jahre später abgelöst vom „Stockholmer Wellenplan 1961 – ST61“. Ausgehandelt wurde der neue Plan vom 26.Mai bis 22.Juli 1961 von 38 Fernmeldedelegationen aus 40 Ländern. Die „Final Acts ST61“ enthalten erstmals Frequenzzuweisungen im neu erschlossenen UHF-Band von 400 bis 900 MHz. Nun hat jedes Land Sendefrequenzen (Kanäle) für drei landesweite Fernsehprogramme. Im Plan „ST61“ sind 230 Fernsehsender im Frequenzbereich VHF-I (Kanäle 1 bis 4, 40 bis 68 MHz) festgeschrieben, 2 545 Hörfunksender im Frequenzbereich VHF-II/UKW (87,5 bis 100 MHz), 798 Fernsehsender im Frequenzbereich VHF-III (Kanäle 5 bis 12, 174 bis 230 MHz) und 4 505 Fernsehsender in den gerade neu erschlossenen Frequenzbereichen UHF-IV (Kanäle 21 bis 34, 470 bis 582 MHz) und UHF-V (Kanäle 35 bis 69, 582 bis 862 MHz). 

Für den UKW-Hörfunk verzeichnen die „Final Acts ST61“  Positionen in Frankreich und Algerien ist damals in 17 Départements aufgeteilt und – noch – integraler Bestandteil Frankreichs!

Der Plan „ST61“ hält über zwanzig Jahre lang. Zwischendurch treffen sich vom 14.September bis 25.September 1971 Fernmeldeverwaltungen von 16 europäischen Ländern in Darmstadt, um über die Nutzung des bisher freien UKW-Bereiches von 100 bis 104 MHz zu beraten. Die bundesdeutsche Delegation will in Darmstadt vor allem Frequenzen für ein bundesweites UKW-Sendernetz durchsetzen, das die angedachte bundesweite Autofahrerwelle „A1“ verbreiten soll. Aufgrund von erheblichen Einsprüchen, allem voran von Frankreich, wird es dazu nicht kommen. Offenbar befürchtet Frankreich, bei der Nutzung des UKW-Frequenzbereichs oberhalb von 100 MHz einmal mehr gegenüber Deutschland ins Hintertreffen zu geraten. Immerhin besteht nach der Konferenz in Darmstadt die Möglichkeit, nach entsprechenden Verhandlungen einzelne Frequenzen oberhalb von 100 MHz zu nutzen. 

So sendet der Sender Langenberg IV. des WDR auf 100,4 MHz, der Sender Augsburg von AFN ebenso auf 100,4 MHz, der Sender Ulm von AFN auf 100,7 MHz, der Sender Stuttgart von AFN auf 102,4 MHz, der Sender Untersberg II. des BR auf 103,0 MHz…

Die derzeit gültigen Frequenzzuweisungen auf UKW gehen zurück auf den „Genfer Wellenplan 1984 – GE84“. An den entsprechenden Verhandlungen in Genf haben vom 29.Oktober bis 7.Dezember 1984 Vertreter aus 78 Ländern teilgenommen. In Kraft getreten sind die „Final Acts GE84“ am 1.Juli 1987. Sie schreiben unter anderem den grenznahen deutschen UKW-Sendern auf dem Blauen im Süd-Schwarzwald und auf der Hornisgrinde im Nord-Schwarzwald vor, ihre Ausstrahlung in Richtung Frankreich deutlich einzuschränken.

Zurück zu den Anfängen! An Frankreichs Ostgrenze schaltet der Südwestfunk mit Beginn der 1950er Jahre einen UKW-Sender nach dem anderen auf: Nach dem Sender in Baden-Baden auf dem Merkur am 8.April 1950 (87,7 MHz; 0,25 kW ERP) folgen die Sender Hornisgrinde im Nordschwarzwald (92,5; 10), Blauen im Süd-Schwarzwald (89,7; 3), Weinbiet in der Haardt am Ostrand des Pfälzerwaldes (94,0; 6), Potzberg in der Westpfalz (90,1; 3) und später dann Feldberg im Hochschwarzwald. In Frankreich dagegen ist zu dieser Zeit „la gamme OUC“ („das UKW-Band“) schlicht und ergreifend „vide“ - „leer“! Dementsprechend gut und ungestört lassen sich im Osten Frankreichs bis zum Hauptkamm der Vogesen die deutschen Sender empfangen.

Auch in den französischen Grenzgebieten zur Schweiz tut sich was. Der erste reguläre UKW-Sender der Schweiz geht am 1.Oktober 1952 in Betrieb. Er steht im Kanton Appenzell in über 1 100 Metern Meereshöhe auf dem St. Anton (94,8 MHz, 3 kW ERP) und verbreitet das deutschsprachige Programm von „Radio Beromünster“. In der Schweiz wird der der erste UKW-Sender also nicht in einer der großen Städte wie Zürich, Genf, Basel, Lausanne oder Bern aufgeschaltet, sondern in der Nähe der deutschen bzw. österreichische Grenze, wo deutsche Sender die UKW-Skala beherrschen. Über drei Jahre lang ist der Sender auf dem St. Anton der einzige UKW-Sender der Schweiz. Erst im Jahr 1955 beginnt der Senderbetreiber, die Schweizer PTT, mit dem Bau von zwei flächendeckenden UKW-Sendernetzen. In jeder der drei Sprachregionen (deutsch/rätoromanisch, französisch und italienisch) sollen zwei Radioprogramme auf UKW verfügbar sein. Am 16.Dezember 1956 nimmt die PTT für die neuen zweiten Hörfunkprogramme des deutschsprachigen „Landessenders Beromünster“ und des französischsprachigen „Émetteur national Sottens“ mehrere UKW-Sender in Betrieb. Eine Reihe von ihnen steht dicht an der französischen Grenze. So geht im Dreiländereck Schweiz-Frankreich-Deutschland, nordöstlich von Basel, der UKW-Sender St. Chrischona in Betrieb. Er versorgt mühelos das französische Oberelsass mit dem Sundgau. Im Westen des Schweizer Jura, im La Dôle-Massiv, geht auf La Barilette, eine weitere Anlage in Betrieb, die bis weit nach Frankreich strahlt. Im Osten des Schweizer Jura, bei Délémont/Delsberg, nahe der französischen Grenze, schaltet die PTT den UKW-Sender Les Ordons auf. Er kann in Frankreich im Oberelsass und in der Gegend von Belfort/Beffert empfangen werden. Später kommen weitere grenznahe Schweizer Sender hinzu, wie im Berner Jura auf dem Chasseral/Gestler oder im Neuenburger Jura in der Uhrenstadt La Chaux-de-Fonds.

In Italien beginnt die Ära von UKW und FM verhältnismäßig früh. Am 1.Oktober 1948 nimmt ein erster UKW-Versuchssender in Milano/Mailand an der Torre del Parco seinen Betrieb auf. Kurz später folgt ein zweiter Sender in Torino/Turin. Im Jahr 1951 – also noch vor der internationalen Verteilung der Frequenzen in Stockholm – sind in Italien schon 30 UKW-Sender in Betrieb. Am 10.März 1956 einigen sich die Fernmeldeverwaltung und die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt „Radio Audizioni Italiane – RAI“ auf einen beschleunigten Ausbau der Versorgung des gesamten Landes mit der „televisione“ („Fernsehen“) und der „radiodiffusione a modulazione di frequenza sulle onde ultracorte“ („Hörfunk in Frequenzmodulation auf ultrakurzen Wellen“). Wenn in Folge in Italien eine neue Sendestation gebaut wird, dann enthält sie neben einem Sender für das Fernsehen auch gleich UKW-Sender für alle drei Radioprogramme der RAI. Mache stehen auf hohen Gipfeln der piemontesischen und ligurischen Alpen nahe der französischen Staatsgrenze, auf markanten Höhenzügen des Apennins oder auf günstig gelegenen Bergengipfeln Sardiniens (Monte Limbara). Im Südosten von Frankreich oder auf der zu Frankreich gehörenden Insel Korsika ist damit in vielen Landstrichen der Empfang italienischer UKW-Sender kein Problem. Zu Störungen oder Überlagerungen durch heimische Sender kommt es nicht, denn französische UKW-Sender gibt es ja keine…

Am 1.Oktober 1950 legt in Italien der „Terzo Programma“ los – über UKW-Sender in Bologna, Florenz, Genua, Mailand, Neapel, Rom, Turin und Venedig. Zugeschaltet ist ein Kurzwellensender bei Rom.

Das Dritte Programm sendet von 21 Uhr bis 23:15 Uhr. 

Nur aus Belgien und aus Spanien erwachsen Frankreich keinerlei Konkurrenz und Bedrohung. Denn in Belgien ist Mitte der 1955 Jahre nur ein einziger schwacher UKW-Sender in Brüssel in Betrieb (95,1 MHz; 1 kW), der zum einen Teil das französischsprachige und zum anderen Teil das flämischsprachige Programm der „Institut National de Radiodiffusion – Nationaal Instituut voor de Radio-Omroep“ überträgt. Und ein UKW-Sender auf spanischem Gebiet kommt mit seinem Signal kaum über die Berge der Pyrenäen. Außerdem nimmt Radio Nacional de España den ersten UKW-Sender Spaniens erst im März 1957 in Madrid in Betrieb – weit, weit weg von Frankreichs Grenzen. Der zweite UKW-Sender Spaniens folgt im Jahr 1959 in Barcelona. 

Kurzum: Blicken RTF und die französische Fernmeldeverwaltung („Postes, télégraphes et téléphones – PTT“) über die Grenze, sehen sie ganz deutlich, wie sehr die Zeit drängt. Deswegen gehen in Frankreich – wenn auch mit jahrelanger Verspätung – UKW-Sender vorrangig in solchen Gebieten in Betrieb, in denen UKW-Sender aus dem Ausland, aus Deutschland, aus der Schweiz und aus Italien längst schon präsent sind. 

Ähnlich wie in Frankreich verläuft die Entwicklung des Hörfunks auf UKW in den Niederlanden. Der nationale Senderbetreiber „Nederlandse Omroep Zender Maatschappij – NOZEMA“ („Niederländische Rundfunksender-Gesellschaft“) nimmt seinen ersten UKW-Sender, anders als man vielleicht erwarten würde, nicht in Amsterdam, nicht in Den Haag, nicht in Rotterdam oder in sonst einem dichtbevölkerten Gebiet in Betrieb, sondern ausgerechnet in Zuid-Limburg (Süd-Limburg), also im äußersten Südosten des Landes, gleich hinter Aachen. Der erste niederländische UKW-Sender wird aufgeschaltet am 15.Juni 1954 in der Nähe von Maastricht, auf dem Emmaberg bei Hulsberg (97,5 MHz; 1 kW ERP). Der zweite folgt in Hengelo bei Enschede, der dritte in Hoogezand bei Groningen. Alle drei also ganz in der Nähe der deutschen Grenze! Im Westen der Niederlande sind die UKW-Sender des Nordwestdeutschen Rundfunks und von Radio Bremen schon jahrelang präsent: Langenberg und Köln (März 1950), Osterloog (September 1951), Bremen (November 1951), Münster (März 1952)!

Auslöser für den vollständigen Umstieg der französischen Radiohörer von AM (LW, MW) zu FM (UKW) waren letztlich erst die vielen Privatradios, die Anfang der 1980er Jahre zu senden begonnen haben – und das eben auf UKW und in FM. 

Viel früher als die deutschen Radiohörer waren die Franzosen jedoch an Inhalt und Stil von gewinn- und quotenorientierten Kommerzradios gewöhnt. Nur: Diese Stationen haben aus dem Ausland nach Frankreich gesendet. In Frankreich spricht man von „radios périfériques“, wenn man „Radio Luxembourg“ (am 11.Oktober 1966 umbenannt in „RTL“), „Europe No. 1“ aus Deutschland (am 30.März 1983 umbenannt in „Europe 1“), „Radio Monte-Carlo“ aus Monaco (im Jahr 1981 umbenannt in „RMC“) oder „Radio Andorre“ sowie „Andorradio“ aus Andorra meint. „Andorradio” hat seinen Sendebetrieb am 18.September 1958 begonnen und dann gleich mehrmals seinen Namen geändert: „Radiodiffusion des Vallées d’Andorre”, „Radio des Vallées“ und seit 1966 meldet sich die Kommerzstation als „Sud Radio“. Nachdem es auch in Spanien private Radioveranstalter gab und gibt, war natürlich das Interesse groß, auch von Spanien aus nach Frankreich zu senden. Das Problem: Die Pyrenäen! Die bis über 3 400 Meter hohen Berge stehen einer großflächigen Ausstrahlung von Spanien nach Frankreich im Wege! Dennoch gibt es bei spanischen Radiostationen zeitweise französischsprachige Sendungen für Hörer an Frankreichs Atlantikküste. Zu diesen „radios mini-périfériques“ bzw. „demi-périfériques“ zählen „Radio Atlantic“ (1958-1960), „Radio Océan et Atlantic 2000“ (1968-1975) oder „Radio Adour Navarre”.

Von Anfang an hat der französische Staat – die République Française – seine Hände bei den „radios périfériques“ im Spiel – über seine im November 1942 gegründete „Société financière de radiodiffusion – SOFIRAD“ („Finanzgesellschaft für Hörfunk“). Die SOFIRAD ist seit 1944 beteiligt an „Radio Monte-Carlo“, seit 1954 an „Europe No. 1“, seit 1961 an „Radio des Vallées“… 

Anfang der 1950er Jahre stehen in französischen Haushalten vor allem im Osten von Lothringen (Lorraine) und im Elsass (Alsace) Radios mit UKW-Empfang. Geräte, die man sich in Deutschland besorgt hat. Denn die französische Elektronikindustrie stellt Radios mit UKW damals ganz einfach nicht her. Bis Mitte der 1960er Jahre muss man lange suchen, um in französischen Geschäften ein UKW-taugliches Radio zu finden. Und wenn man fündig wird, sind diese Geräte vom Design her eher klobig und vom Preis her horrend teuer. Als einziger französischer Hersteller war „Pathé Marconi“ in der Lage, rechtzeitig zum Beginn des UKW-Hörfunks in Frankreich im Jahr 1954 ein Radio mit UKW zu liefern. Die großen Gewinner dieser Verspätung sind vor allem deutsche Firmen wie „Blaupunkt“, „Telefunken“ oder „Siemens“. In Frankreich verhält es sich bei UKW wie mit dem Huhn und dem Ei. Weil Radiodiffusion-Télévision Française nicht auf UKW sendet, baut die heimische Industrie keine Radios mit UKW und weil die heimische Industrie keine Radios mit UKW baut, sendet Radiodiffusion-Télévision Française nicht auf UKW…

Wenn auch im Osten von Frankreich die heimischen Radioprogramme von RTF auf UKW nicht verfügbar sind, so kann man links vom Rhein, im Grenzgebiet zu Deutschland, im Elsass und in Lothringen, immerhin die Sender des SWF ganz ordentlich hören. Das Frequenzband von 87,5 bis 100 MHz ist in fast ganz Frankreich ganz einfach „leer“, weil RTF auf UKW ja nicht präsent ist. So strahlen die deutschen UKW-Sender ungestört bis weit ins französische Binnenland. Viele Radiohörer im Osten Frankreichs kaufen sich in Deutschland ein Radio mit UKW-Empfang und freuen sich über die beiden Programme des SWF in bester Tonqualität. Noch Anfang der 1980er Jahre gehört „SWF3 – Radiodienst aus Baden-Baden“ zu den beliebtesten Radioprogrammen im Osten Frankreichs! Die meisten Lothringer und Elsässer verstehen die deutschen Sendungen ohne Probleme, denn viele Familien sprechen daheim fränkische (Lothringen) oder alemannische (Elsass) Mundarten. Die große Verbreitung von UKW-Radios gerade im Osten Frankreichs gibt den Ausschlag dafür, dass der zweite französische UKW-Sender nach Paris (Rue Grenelle, 1954) ausgerechnet in Strasbourg/Straßburg (Rue Lauth, 1955) aufgeschaltet wird.

                              

Immer die Nachbarn jenseits der Grenzen im Blick! Eine ähnliche Entwicklung wie später der Hörfunk auf UKW hatte vorher schon das Fernsehen genommen. Dabei hat alles so erfolgversprechend und früh angefangen. Schon bald nach der „Libération“, also nach Befreiung von der deutschen Besatzung, beginnt am 1.Oktober 1945 in Paris der Fernsehsender auf dem Eiffelturm wieder zu senden und nimmt sein regelmäßiges Versuchsprogramm auf. Der Fernsehsender am Eiffelturm sendet das Bild auf 46 Mc/s (Mc/s = MHz) und den Ton auf 42 Mc/s. und das gemäß der Vorkriegsnorm mit 441 Zeilen. Ende 1945 stehen in den französischen Haushalten an die 1 000 Fernsehgeräte.

Nach vier Jahren, am 9.November 1949, ist der Versuchsbetrieb zu Ende und „Télé Paris“ geht auf einen regulären Programmdienst über. Ein Jahr zuvor, im Herbst 1948, wurde allerdings eine neue Fernsehnorm (CCIR-Norm „E“) festgelegt – ein französischer Alleingang mit 819 Zeilen, positiver Polarität des Bildes und Ton in Amplitudenmodulation (AM). Hinweis: Die Abkürzung „CCIR“ steht für „Comité Consultatif International des Radiocommunications“ („Internationaler Beratender Ausschuss für den Funkdienst“) – eine Abteilung der Internationalen Fernmeldeunion (ITU).    

La France gegen den Rest der Welt! Die meisten Länder Westeuropas entscheiden sich bei ihrem Fernsehen für die „Gerber-Norm“ (CCIR-Norm „B“) mit 625 Zeilen, negativer Polarität des Bildes und Ton in Frequenzmodulation (FM). Diese Norm geht zurück auf den Schweizer Elektrotechniker und Fernsehpionier Walter Gerber.

625 Zeilen – Wer bietet mehr? Die „Grande Nation“ soll am „écran“, am Bildschirm, „l’image la meilleur du monde“, „das beste Fernsehbild der Welt“, erleben. Das Dekret, das in Frankreich die eigene Fernsehnorm mit 819 Zeilen (CCIR-Norm „E“) festlegt, unterschreibt am 20.November 1948 der „Secrétaire d’État d’Information“ („Staatssekretär für Information“). Sein Name: François Mitterrand. Ironie der Geschichte: Jener François Mitterrand verfügt, mittlerweile zum Monsieur le Président de la République Française avanciert, im Jahr 1981 das Ende des französischen Fernsehens mit 819 Zeilen. Am 19.Juli 1983 wird am Eiffelturm in Paris der letzte französische Fernsehsender der Norm CCIR-„E“ abgeschaltet. 

Zurück zu den Fernsehanfängen in Frankreich. Am 15.November 1949 beginnen in Paris die ersten öffentlichen Versuchssendungen in der neuen Norm „E“ mit 819 Zeilen. Die Sendeanlange steht wie zu erwarten am Eiffelturm und arbeitet im Kanal F 8A mit dem Bild auf 185,25 MHz und dem Ton auf 174,10 MHz. Die Sendungen von „Télé Paris“ mit 819 Zeilen werden am 25.April 1950 für „regulär“ erklärt. Ab 15.November 1949 sind in Paris also zwei Fernsehsender mit unterschiedlichem Programm in Betrieb.

    

Im Frühjahr 1950 beginnen erste Fernsehversuche außerhalb von Paris, in der vielgeschmähten „province“, in der Provinz. Am 10.April 1950 legt in Nordfrankreich das Regionalstudio „RTF Lille“ mit seinem bescheidenen Fernsehprogramm los. „Télé Lille“ sendet von Anfang an in der neu festgelegten Norm „E“ mit 819 Zeilen. Die örtlichen Zeitungen jubeln, dass – abgesehen von den USA – in Lille die vierte Fernsehstation der Welt zu senden beginnt.

       

Ihre meisten Zuschauer hat „Télé Lille“ allerdings jenseits der Grenze, in Belgien. Die Sendeanlage steht im Glockenturm des Rathauses von Lille.

    

Erst im Februar 1952 geht die Richtfunkstrecke zwischen Paris und Lille in Betrieb, so können beide Fernsehstationen endlich Sendungen austauschen und voneinander übernehmen. „Télé Lille“ kann bis weit nach Belgien empfangen werden, zum Beispiel in Brüssel. Ein paar Jahre später, Ende der 1950er Jahre, baut Radiodiffusion-Télévision Française für Lille und Umgebung Hochleistungssender für Fernsehen und UKW-Hörfunk. Sie werden westlich der Stadt Lens installiert, am Standort Bouvigny-Boyeffles. Der erste Fernsehsender dort wird im November 1959 aufgeschaltet. Zwei UKW-Sender folgen im Jahr 1960 („France II – Régional“ und „France III – National“).

Hinweis am Rande: Mit der Erschließung des UHF-Frequenzbandes für ein zweites und drittes Fernsehprogramm Anfang der 1960er Jahre beginnt auch in Frankreich das Fernsehen mit 625 Zeilen (Norm CCIR-„L“). Über vier Jahre lang war das zweite französische Fernsehprogramm (1.Januar 1964 „RTF Télévision 2, am 25.Juli 1964 umbenannt in „ORTF Télévision 2“, am 6.Januar 1975 umbenannt in „Antenne 2“, am 7.September 1992 umbenannt in „France 2“) nur in Schwarzweiß zu sehen. Dann, am 1.Oktober 1967 um 14:15 Uhr legt „ORTF Télévision 2“ in Farbe los – nach dem französischen Farbfernsehsystem „SECAM III B“, für das man sich im Juni 1967 entschieden hat. Zur Geschichte des zweiten Fernsehprogramms: Nach diversen Versuchssendungen ab dem 23.Dezember 1963 beginnt „La Deuxième Chaîne de la RTF“ („Das Zweite Programm der RTF“) am 1.Januar 1964 mit ihrem regulären Programm. Ihr erster Sender steht am Eiffelturm in Paris und arbeitet im Kanal 22 (Bild auf 479,25 MHz – Ton auf 484,75 MHz, 625 Zeilen, CCIR-Norm „L“). 

Hinweis: Im Französischen versteht man unter einer „chaîne“ zunächst mal eine ‚Kette‘ und im übertragenen Sinne ein Fernseh- oder Hörfunk-P r o g r a m m. Ein Netz wiederum ist ein „réseau“ und ein Sendernetz dementsprechend ein „réseau des émetteurs“. 

                           

Beim Farbfernsehen erlebt die Welt den nächsten französischen Alleingang. Statt des technisch in vielerlei Hinsicht überlegenen PAL-Systems („Phase Alterning Line“), das der deutsche Professor Walter Bruch bei „Telefunken“ entwickelt hat, setzt man in Frankreich auf das eigene SECAM-System („Séquentiel Couleur à Mémoire“) des französischen Fernsehpioniers Henri George de France. Auf Henri de France geht schon das hochauflösende französische Schwarzweißfernsehen mit 819 Zeilen zurück. Die Entscheidung zwischen Pal und SECAM wird Mitte der 1960er Jahre in ganz Europa zum großen Politikum. Frankreich stellt großzügige Unterstützung in Aussicht, deswegen übernehmen die Ostblockländer das SECAM-System. Da die Hilfe dann doch nicht so groß ausfällt, werden die Fernsehstudios in Osteuropa vielfach mit bundesdeutscher Technik („Blaupunkt“ bzw. „Bosch“ etc.) auf Farbe umgerüstet. In den Studios der „Československá televize – ČST“ in Prag wird das Programm zunächst in PAL produziert, danach wird das Signal in SECAM umgewandelt und ausgestrahlt! 

Das französische Fernsehen mit 819 Zeilen hat immer nur in Schwarzweiß gesendet. Aber die Fernsehzuschauer verlangen auch das meistgesehene Programm „Télévision Française 1 – TF 1“ in Farbe. So wird am 25.Dezember 1975 für „TF 1“ in Paris der erste farbtüchtige Sender aufgeschaltet. Er sendet „TF 1“ auf UHF mit 625 Zeilen (Norm CCIR-„L“) und in Farbe nach dem SECAM-Verfahren. 

Gleich nach der Hauptstadt Paris und Lille in Nordfrankreich wird der Osten des Landes, das Grenzgebiet zu Deutschland und der Schweiz, fernsehtechnisch erschlossen. Damit will Radiodiffusion-Télévision Française (RTF) verhindern, dass sich noch mehr Grenzbewohner ein Fernsehgerät der deutschen (und schweizerischen) Norm mit 625 Zeilen kaufen und dann für das heimische französische Fernsehen mit seinen 819 Zeilen verloren sind. Deswegen war diese Eile geboten! Man musste zusehen, dass in diesen heiklen Gebieten möglichst schnell das französische Fernsehen empfangbar wird. Der Wettlauf beginnt, als der SWF Ende Mai 1953 auf dem Weinbiet in der Südpfalz seinen ersten Fernsehsender in Betrieb nimmt, kurze später gefolgt vom Sender auf dem Merkur bei Baden-Baden, vom Sender Hornisgrinde im Nordschwarzwald Anfang 1954 und vom Sender auf dem Feldberg im Hochschwarzwald im November 1955. Besonders die Hochleistungssender auf der Hornisgrinde und auf dem Feldberg strahlen ihr Signal bis weit nach Frankreich hinein. Die Fernsehhändler im Elsass reiben sich die Hände, denn der Verkauf von Fernsehgeräten (der deutschen Norm mit 625 Zeilen!) läuft gut. Die neuen deutschen Fernsehsender können fast im gesamte Elsass störungsfrei empfangen werden. Also im flachen Rheingraben. In tief eingeschnittenen Tälern der Vogesen ist der Empfang natürlich schwieriger bis ganz unmöglich.

Zuerst Deutschland, dann Belgien, die Schweiz, Monaco, Luxemburg, Großbritannien… Die nächsten medialen „Bedrohungen“ an Frankreichs Grenzen folgen Schlag auf Schlag. 

In Belgien beginnt das Fernsehen offiziell am 31.Oktober 1953 mit dem Sendebeginn von „Télé Bruxelles“. Anfangs übernimmt man noch über weite Strecken das französische Fernsehprogramm aus Paris. Im Jahr 1954 folgt der zweite belgische Fernsehsender in der Nähe von Liège (Lüttich), bei Ougrée, auf dem Bol d’Air. In Belgien herrschen seltsame Zustände. Das belgische Fernsehen sendet sein Programm für die flämische Bevölkerung in niederländischer Sprache in der Norm CCIR-„B“ mit 625 Zeilen und sein Programm für die wallonische Bevölkerung in französischer Sprache in der Norm CCIR-„F“ mit 819 Zeilen. 

In der französisch sprechenden West-Schweiz, der Welsch-Schweiz, der „Romandie“, wird am 1.November 1954 der erste Fernsehsender eingeschaltet – auf der knapp 1 700 Meter La Dôle (Col de la Barrillette), einen Katzensprung nur von der Grenze nach Frankreich entfernt. Die „TSR – Télévision Suisse Romande“ kann in Frankreich nicht nur im Grenzgebiet zur Schweiz ganz ordentlich empfangen werden. 

In Monaco legt am 19.November 1954 „Télé Monte-Carlo“ los. Eröffnet wird das monegassische Fernsehen von Fürst Rainier III. persönlich. Nach „Tele Saar“ ist „Télé Monte-Carlo“ die zweite private Fernsehstation Europas. Nachdem „TMC“ in der französischen Norm (Norm CCIR-„E“) sendet, kann es in französischen Haushalten an der Côte d’Azur ohne weiteres empfangen werden. Bis in höher gelegene Stadtviertel von Marseille oder in den Norden von Korsika kommt das Signal von „TMC“! Die Sendanlage steht hoch über Monaco in etwa 

1 150 Metern Meereshöhe, schon auf französischem Staatsgebiet, auf dem Mont Angel. Der Sender arbeitet im Kanal F 10 (VHF-III) mit einer Strahlungsleistung von 50 kW ERP. Da man im Kanal F 2 (VHF-I) eine deutlich höhere Reichweite hätte, laufen entsprechende Versuche. Nachdem aber im Jahr 1960 Radiodiffusion-Télévision Française auf Korsika, in Bastia, im Kanal F 2 einen Fernsehsender in Betrieb nimmt, endet „Télé Monte-Carlo“ mit der Doppelausstrahlung und bleibt im Kanal F 10.

Dem nicht genug: Am 23.Januar 1955 nimmt Radio Télévision Luxembourg (RTL) ganz im Süden von Luxemburg, einen Steinwurf nur von der französischen Staatsgrenze entfernt, auf dem Ginsterberg bei Diddeleng (Düdelingen, Dudelange), seinen ersten Fernsehsender in Betrieb. „Den neie lëtzebuerger Fernsehsender“ – Keine Geringere als Großherzogin Charlotte und ihr Gemahl Prinz Félix eröffnen das Luxemburger Fernsehen, zum 59ten Geburtstag „vun der lëtzebuerger Groussherzogin“ am 23.Januar 1955. „Télé Luxembourg“ sendet im Kanal E 7 (Bild auf 189,25 MHz und Ton auf 194,75 MHz) nach der Norm CCIR-„F“, das heißt im westeuropäischen Frequenz- und Kanalraster, aber nach der französischen Fernsehnorm mit 819 Zeilen. Somit können die Fernsehzuschauer sowohl in Frankreich als auch in Wallonien, dem französischsprachigen Belgien, mit ihren Geräten das Luxemburger Fernsehen empfangen. Gemäß der CCIR-Norm „F“ sind die Fernsehkanäle mit 7 MHz Bandbreite wesentlich „schmaler“ als die Kanäle der Norm „E“ mit ihren 14 MHz Bandbreite. Allerdings ist trotz der 819 Zeilen in der Norm „F“ das gelieferte Fernsehbild nicht hochauflösend und vergleichbar mit einem Fernsehbild mit 625 Zeilen. „Télé Luxembourg“ hat eine enorme Reichweite. Man kann es empfangen in den belgischen Ardennen, in der Champagne bis Reims, im Elsass bis Strasbourg und sogar bis in die Gegend von Épinal! 

Im Süden von England nimmt die BBC in den 1950er Jahren immer mehr Fernsehsender in Betrieb, die zum Teil in Nordfrankreich ganz ordentlich empfangen werden können. Trotz der eigenen britischen Fernsehnorm (CCIR-„A“) mit 405 Zeilen. Auf der Kanalküste Jersey zum Beispiel wird im Oktober 1955 der Sender „Les Platons“ aufgeschaltet. Am 16.Oktober 1961 kommen drei UKW-Sender dazu. Wem der Name des Standortes „Les Platons“ eher Französisch als Englisch vorkommt: Die Kanalinseln gehören zwar zur englischen Krone, aber dort wurde und wird „Jèrriais“ gesprochen, ein nordfranzösischer (normannischer) Dialekt.

Deutschland, Belgien, die Schweiz, Monaco, Luxemburg, Großbritannien… An Frankreichs Grenzen wird ein Fernsehsender nach dem anderen aufgeschaltet. Deswegen ist die unter Finanznot leidende RTF in Paris gehörig unter Druck. Man tut, was man kann und beeilt sich. Deswegen geht nach Paris und Lille ausgerechnet im fernen Elsass der dritte französische Fernsehsender in Betrieb: „Télé Strasbourg“ wird am 30.September 1953 aufgeschaltet. Die Sendeanlage steht im Stadtzentrum von Strasbourg an der Rue Lauth, nahe der Maison de la Radio (Funkhaus) an der Place de Bordeaux. Am 25.Dezember 1953 ist die Richtfunkstrecke zwischen Paris und Strasbourg betriebsbereit. Nun kann Strasbourg Fernsehbilder nach Paris schicken und umgekehrt. 

Erst nach Strasbourg kommt das Fernsehen in andere, weitaus größere Städte. Nach und nach werden die Fernsehsender Lyon („Tour métallique de Fouvière“ – ein nach Plänen von Gustave Eiffel errichteter Aussichtsturm, 15.Oktober 1954, „Télé Lyon“), Marseille (Grande Étoile-Les Barres, 1.Dezember 1954, „Télé Marseille“), Nancy (Vandœvre), Grenoble (Chamrousse) und Lyon-Mont Pilat (Crêt de l’Oeillon) aufgeschaltet. Wie zuvor im Unterelsass, in Strasbourg, so geht auch im Oberelsass, in Mulhouse, der Fernsehsender vorzeitig in Betrieb. Schon Anfang 1956, am 22.Januar 1956. Und das nicht wie ursprünglich geplant, international abgesprochen und in der Fachpresse angekündigt auf dem Ballon de Guebwiller (Großer Belchen) in den Vogesen in über 1 420 Metern Meereshöhe, sondern an der südlichen Stadtgrenze von Mulhouse, auf dem gerade Mal knapp 330 Meter hohen Rebberg („Belvédère“). Der Bau eines Senders auf dem Belchen hätte viel zu lange gedauert… Auf dem Blechen steht später immerhin ein „réémetteur de faible puissance“, also ein „Fernsehumsetzer geringer Leistung“.

Mit der „rentrée“, also mit dem Ende der Sommerferien, im September 1954 senden die Fernsehstudios in Lille, Lyon, Marseille und Strasbourg an bestimmten Wochentagen vor dem Beginn des landesweiten Programms eigene Regionalsendungen.

Am Heiligen Abend 1955 bekommt in Lyon der Fernsehsender im Stadtgebiet, an der über 85 Meter hohen „Tour métallique de Fouvière“, Unterstützung. Denn südlich von Lyon geht ein neuer Fernsehsender hoher Leistung in Betrieb, auf dem gut 1 430 Meter hohen Mont Pilat. Dort wird auch bald der erste UKW-Sender aufgeschaltet. Der Stadtsender an der „Tour de Fouvière“ ist bis heute für Fernsehen und UKW-Hörfunk in Betrieb. 

Nach Lyon (15.Oktober 1954) und Marseille (1.Dezember 1954) kommt am 14.Mai 1955 das Fernsehen in die lothringische Stadt Nancy. Die provisorische Sendeanlage steht im Vorort Vandœuvre-lès-Nancy. Erst zehn Jahre später, im Jahr 1965, gehen in Nancy die Hochleistungssender für Fernsehen und UKW-Hörfunk mit dem 220 Meter hohen Antennenmasten am neuen Standort Malzéville in Betrieb. 

Am 18.November 1955 wird in den Westalpen der Fernsehsender Grenoble auf der Chamrousse in über 2 230 Metern Meereshöhe aufgeschaltet. Es folgen Bourges (Neuvy, 19.Mai 1956), Caen (Mont Pinçon, 14.Juli 1956), Metz (Luttange, 31.Juli 1956) und Cannes (Pic de l’Ours, 1.August 1956). Die Reihenfolge der Inbetriebnahme ist ganz offensichtlich eine Reaktion auf Fernsehsender, die aus den Nachbarländern nach Frankreich einstrahlen.

Am 24.Dezember 1956 geht in Algerien am Standort Cap Matifou ein weiterer Fernsehsender der RTF in Betrieb. Da es keine Richtfunkstrecke übers Mittelmeer zwischen der Südküste des französischen Mutterlandes und den Departements an der nordafrikanischen Küste gibt, muss „Télé-Alger“ sein Programm in französischer und arabischer Sprache vor Ort und ganz auf sich allein gestellt produzieren.

Im Jahr 1957 bekommt RTF von den Banken keine Kredite mehr und muss sich mit dem Bau von leistungsschwachen, provisorischen Fernsehsendern in Rennes, Nantes, Limoges, Amiens, Carcassonne und Ajaccio zufriedengeben. Die Anlagen bei Clermont-Ferrand (Puy-de-Dôme) und bei Toulouse (Pic du Midi) erlauben trotz ihrer anfangs geringen Leistung eine großflächige Versorgung der Auvergne und des Morvan bzw. von Aquitanien zwischen den Pyrenäen und Bordeaux.

Während ab Mitte der 1950er Jahre in immer mehr französischen Städten und Landstrichen das Fernsehen empfangen werden kann, weil der Bau von Fernsehsendern verhältnismäßig zügig voranschreitet, sind im Jahr 1961 in ganz Frankreich lediglich 16 UKW-Hörfunksender in Betrieb. Obwohl ursprünglich davon die Rede war, dass bis 1955 insgesamt 26 UKW-Sender aufgeschaltet werden. Die weitere Entwicklung: Im Jahr 1965 sind in ganz Frankreich 109 UKW-Sender in Betrieb und im Jahr 1971 sind es 196. Autofahrer, die Mitte der 1980er Jahre auf der französischen Ostautobahn A4 – der „Autoroute de l’Est“ zwischen Paris und Strasbourg – unterwegs waren, erinnern sich bestimmt, dass in der Champagne zwischen Metz und Reims auf UKW abschnittsweise neben Rauschen gar nichts oder kaum was zu hören war… La télé avait la priorité - Das Fernsehen hatte Vorrang. 

Die ersten – mehr oder weniger öffentlichen – Hörfunksendungen auf UKW laufen in Frankreich ab dem 20.Mai 1946. Dazu steht eine in den USA gekaufte Sendeanlage im 14ten Arrondissement (Stadtbezirk) von Paris, im Quartier Montparnasse, an der Rue Raymond Losserand Nummer 214. Dieser UKW-Versuchssender hat eine Leistung von 500 Watt und sendet täglich von 12 bis 14 Uhr. Das Publikum kann diese UKW-Sendungen erleben im „Palais Berlitz“ im 2ten Arrondissement, am Boulevard des Italiens. Denn dort hat „Radiodiffusion Française – RDF“ ein Schaufenster und da steht für das staunende Publikum ein Radio mit UKW-Empfang drin. Allzu lange währen diese UKW-Versuche allerdings nicht…

Enfin OUC - endlich UKW

                    

Zurück nach Paris. Retournons à Paris. Zu UKW und FM. Aux OUC et à la MF. Am Sonntag, den 28.März 1954, wird in der Hauptstadt an der Seine der erste reguläre französische UKW-Sender offiziell in Betrieb genommen. Die Anlage wurde seiner Zeit in den USA gekauft und steht seit 1948 im Gebäude des Fernmeldeministeriums („Ministère des Postes, Télégraphes et Téléphones – PTT“) an der Rue Grenelle Nummer 103 im 7ten Arrondissement. Gleich ein paar Häuser weiter, an der Rue Grenelle Nummer 107, hat die Radio-Télévision Française ihren Hauptsitz. Wahrscheinlich handelt es sich um jenen UKW-Sender, der im Jahr 1946 für erste UKW-Versuche im Einsatz und damals im Quartier Montparnasse an der Rue Raymond Losserand untergebracht war. Der Sender arbeitet an seinem neuen Zuhause an der Rue Grenelle schon seit 1952 im Versuchsbetrieb auf 99,0 MHz mit einer Strahlungsleistung von etwa 5 kW ERP, später wird er verstärkt auf etwa 15 bis 20 kW ERP. Während seines Testlaufs verbreitet der UKW-Versuchssender an der Rue Grenelle von 14 bis 18 Uhr „Paris – Inter“. 

Dann beschließen der Generaldirektor von RTF Wladimir Porché, der technische Chef Claude Mercier und der Programmverantwortliche Paul Gilson, das französische „Bébé OUC“ („UKW-Baby“) den Radio- und Kultur-Enthusiasten vom „Club d’Essai“ anzuvertrauen. Sollen doch diese jungen Leute frischen Wind ins Radio bringen! Und wenn das Vorhaben schiefgeht, ist das kein Beinbruch, bekommt ja eh‘ kaum wer mit, denn wer hat schon ein Radio mit UKW-Empfang… Die Kollegen der „großen“ alteingesessenen Radioprogramme haben über diese „amateurs“ und über diese „intellegentsia parisienne“, die da auf UKW loslegt, nur müde gelächelt. Die paar Hanseln bilden sich also ein, ein vollständiges Radioprogramm machen zu können, was zudem keiner hören kann… Einer der nachweislich ersten Hörer des „Programme spécial en modulation de fréquence“ war ein Schwede, der in Paris bei der UNESCO gearbeitet hat. Er hatte ein Radio mit UKW im Gepäck und war den ganzen ersten Sendetag mit dabei. Er hat also die Eröffnungsansprache von RTF-Generaldirektor Wladimir Porché mitbekommen und die folgende Konzertübertragung.

Die Zeitschrift „Radio-Cinéma-Télévision“ berichtet  am 15.Februar 1953 über die UKW-Pläne der Radio-Télévision Française – RTF und der Postes, télégraphes et télélphones – PTT. 

In Übereinstimmung mit dem „Stockholmer Wellenplan 1952“ sollen in Paris ein Zentrum mit drei UKW-Sendern mit einer Leistung von 50 kW und ein zusätzlicher UKW-Sender mit einer Leistung von 20 kW installiert werden. 

Dazu sind 19 weitere Standorte mit jeweils drei UKW-Sendern mit 50 kW, 21 Standorte mit je drei UKW-Sendern mit 10 kW und zwei Standorte mit je drei UKW-Sendern mit 5 kW geplant. 

Hinzu kommen an der Kanalküste (La Manche) und an den Staatsgrenzen an die 15 Standorte mit UKW-Sendern mit 1 kW. 

Insgesamt sind 140 UKW-Sender vorgesehen. 

Erwähnt wird der Versuchssender an der Rue Grenelle, der täglich von 14 bis 18 Uhr auf UKW 99,0 MHz mit einer Leistung von einigen 100 Watt das Programm „Paris-Inter“ überträgt, im Oktober 1953 auf 15 kW verstärkt werden und dessen Betrieb dann als „öffentlich“ bezeichnet werden soll. 

Dank eines Kredits von 100 Millionen Francs soll der UKW-Hörfunk zuerst im Osten des Landes eingeführt werden, wo längst deutsche UKW-Sender präsent sind. Danach sollen UKW-Sender in den großen städtischen Ballungszenten aufgeschaltet werden und in den Gebieten, die eine Verbesserung des Radioempfangs dringend wünschen. Bis 1955 sollen 26 UKW-Sender aufgeschaltet werden.

Im Frühjahr 1954 haben im Großraum Paris die wenigen glücklichen Besitzer eines Radios mit UKW-Empfang die Auswahl zwischen mehreren heimischen Radioprogrammen: 

„Paris – Inter“ (Langwelle 164 kHz unterstützt von Mittelwellensendern geringer Leistung), 

„Programme Parisien“ (landesweites Mittelwellensendernetz „Réseau Ferrié“), 

„Programme National“ (landesweites Mittelwellensendernetz „Réseau Branly“),     und 

„Programme spécial en Modulation de fréquence“ („Sonderprogramm in Frequenzmodulation“). 

Hinzukommen die experimentellen Sondersendungen von „Culture Française“ und „Club d’Essai“ sowie die Bildungssendungen von „Radio Sorbonne“, das seit dem 2.Dezember 1947 „on air“ ist (Mittelwelle 962 kHz).

(Hinweis: Gustave-Auguste Ferrié war ein General der französischen Armee, Elektrotechniker und Funkpionier; Édouard Branly war ein französischer Physiker und Funkpionier.)

Auf UKW ist im Großraum Paris also ab dem 28.März 1954 auf 99,0 MHz der „Programme spécial MF“ („Sonderprogramm FM“) zu hören. Offiziell nennt er sich „Programme musical à modulation de fréquence“ („Musikprogramm in Frequenzmodulation“). Wochentags läuft er von 17:30 Uhr bis 22 Uhr und am Sonntag von 16:45 Uhr bis 22:05 Uhr. 

Der „Programme spécial MF“ wird in seiner Geschichte mehrfach umbenannt. In den Jahren 1958 und 1959 ist er gar nicht zu hören. Vom 27.März 1960 bis zum 20.Oktober 1963 taucht er wieder auf als „France IV – Haute Fidélité“ (‚Frankreich IV – Hohe Klangtreue/HiFi‘), vom 20.Oktober 1963 bis 8.Dezember 1963 meldet er sich als „RTF Haute Fidélité“ und ab 8.Dezember 1963 – uns schon ganz vertraut – als „France Musique(s)“.

Paris-Inter

Der erwähnte „Club d‘Essai“ („Versuchsklub“) geht zurück auf den „Studio d’Essai“ („Versuchsstudio“), den der Komponist und Schriftsteller Pierre Schaeffer ins Leben gerufen hat. Im Jahr 1942, also noch während des Krieges, versammelt Pierre Schaeffer eine Gruppe von engagierten Radioleuten, um mit dem Medium Hörfunk zu experimentieren, um sich kreativ auszutoben und um neue Wege zu gehen mit Wort, Musik, Literatur und Kultur im Radio. Wie der Name schon verrät: Der „Club d’Essai“ versteht sich als Radio-Versuchs-Atelier. (Ein „essai“ ist im Französischen ein Versuch, eine Probe, ein Test.) Geleitet wird der Klub vom Dramaturgen und Lyriker Jean Tardieu. Der „Club d’Essai“ existiert vom 31.März 1946 und löst sich im Jahr 1963 allmählich auf. Als das amerikanische Militärradio „American Forces Network“ am 31.Dezember 1946 seinen Ableger in Paris schließt, überlässt AFN seinen Mittelwellensender (610 kHz; 10 kW) im Vorort Rueil-Malmaison der „Radiodiffusion Française – RDF“. Die RDF wiederum stellt diesen Sender dem „Club d’Essai“ zur Verfügung. Die seit dem 31.März 1946 eingesetzte, schwache Sendeanlage (1403 kHz; 1 kW) an der Rue Grenelle in der Pariser Innenstadt kann damit aufgegeben werden. 

Anfangs sendet der „Club d’Essai“ nur am Donnerstag, Samstag und Sonntag zu den hörerintensivsten Zeiten. Eine Programmvorschau wird nicht veröffentlicht. Denn der „Club d‘Essai“ will seine Hörer überraschen. Ob und wie die Sendungen beim Publikum ankommen, wird mittels Umfragen ständig überprüft. Besonders erfolgreiche Sendungen wandern dann in die großen landesweiten Programme. Der „Club d’Essai“ entwickelt sich in den kommenden Jahren zum dritten Hörfunkprogramm von RDF, neben dem „Programme Parisien“ („Pariser Programm“) und dem „Programme National“ („Nationalprogramm“). Wird im „Club d’Essai“ Musik gespielt, dann vor allem Jazz. Am 1.Januar 1947 um 7:30 Uhr legt der „Club d‘Essai“ also über seinen neuen, stärkeren Sender, den früheren AFN-Sender, los. Zwei Wochen später, am 15.Januar 1947, meldet sich der „Club d‘Essai“ mit einem neuen Stationsnamen. Er lautet: „Paris – Inter“. Das neue Programm ist von 6:30 Uhr bis Mitternacht zu hören. Bei einer Umfrage im September 1947 kommt raus, dass sechs Prozent aller französischen Radiohörer am liebsten das noch junge „Paris – Inter“ einschalten, obwohl man das Programm ja nur im Großraum Paris gut empfangen kann. Vorerst. Am 1.Januar 1949 bekommt „Paris – Inter“ seinen zweiten Sender in Limoges (592 kHz). Gefolgt von sechs weiteren Sendern im selben Jahr. Zu einem wirklich landesweiten Radioprogramm wird „Paris – Inter“ am 19.Oktober 1952, als der nach Kriegszerstörung wiederaufgebaute Langwellensender in Allouis (164 kHz) nahe der der geografischen Mitte von Frankreich aufgeschaltet wird. Die Frequenz 164 kHz war allerdings schon vorher im Einsatz – am Standort Brumath im Elsass. Denn im Juli 1948 wurde in Brumath südwestlich von Strasbourg ein Langwellensender (20 kW) in Betrieb genommen. Er hat zuerst auf 182 kHz das Programm „Strasbourg II“ verbreitet. Mit diesem Sender im äußersten Osten Frankreichs konnte RDF alle in Deutschland stationierten französischen Besatzungssoldaten mühelos erreichen. Mit Inkrafttreten des „Kopenhagener Wellenplanes“ am 15.März 1950 verbreitet der Langwellensender Strasbourg-Brumath „Paris – Inter“ auf der neuen französischen Langwellenfrequenz 164 kHz. Am 19.Oktober 1952 löst die neue Hochleistungsanlage in Allouis den Sender in Brumath ab. Und Ende 1963 wird „Paris – Inter“ schließlich in „France Inter“ umbenannt. 

STUDIO D´ESSAY

Die Leute vom „Studio d’Essai“ bzw. vom „Club d’Essai“ träumen seit den frühen 1940er Jahren von einem Radioprogramm, das den Hörer ausschließlich ernste Musik und Jazz in bester Tonqualität bietet. Mit dem Start von UKW und des „Programme spécial MF“ werden diese Träume am 28.März 1954 Wirklichkeit. Damals eine kleine „révolution de palais“ – eine Palastrevolution: ein Radioprogramm ganz und gar ohne Nachrichten! Denn der „Programme spécial MF“ besteht fast nur aus Sendungen, die sich mit ernster Musik beschäftigen. Diese wird vor allem von Tonbändern gesendet, denn die damaligen Schallplatten liefern eine eher dürftige Tonqualität. Da in und um Paris nur wenige Radiohörer UKW empfangen können, ist auf dem „Programme spécial MF“ die Bindung zwischen Radio-Hörern und Radio-Machern außergewöhnlich eng. Die Hörer mit einem UKW-Radio sehen sich als Mitglieder eines privilegierten Klubs. Nicht selten taucht der eine oder andere ganz nonchalant im Studiogebäude an der Rue de l’Université Nummer 37 im 7ten Arrondissement auf, um die Programmacher persönlich kennenzulernen, um Kritik loszuwerden, Lob zu äußern oder Vorschläge zu machen. 

Nach Paris kommt UKW-mäßig gleich der äußerste Osten Frankreichs dran. Denn der zweite französische UKW-Sender folgt am 27.März 1955 in Strasbourg/Straßburg (95,0 MHz; 2 kW ERP). Er steht an einem Stahlgitterturm an der Rue Lauth, nahe der Maison de la Radio (Funkhaus) an der Place de Bordeaux, also am Sitz des Regionalstudios „RTF Alsace“, und kann in einem Umkreis von etwa 40 Kilometer rund um Strasbourg gehört werden. Der bekannte Hochleistungssender Strasbourg-Nordheim auf dem Stephansberg, etwa 20 Kilometer nordwestlich des Stadtzentrums, geht mit seinen drei UKW-Sendern erst zehn Jahre später – also im Jahr 1965 – in Betrieb. Er steht ein Stück nordöstlich von Wasselonne/Wasselnheim im Kanton Saverne/Zabern. Der zweite UKW-Frankreichs also im – von Paris aus gesehen – weit abgelegenen Elsass! Damit will RTF die Radiohörer, die längst Radios mit UKW-Empfang daheim stehen haben, vom SWF zurückholen. Im Jahr drauf – also 1956 – bekommt auch schon das Oberelsass einen UKW-Sender: Er wird aufgeschaltet auf dem Rebberg bei Mulhouse/Mühlhausen, am Standort des Fernsehsenders Mulhouse-Belvédère. Ein weiterer UKW-Sender in Ostfrankreich entsteht später im Norden der Vogesen auf dem Donon, auf der Hohen Donne. Er wird unter der Bezeichnung „Saarebourg“ (Saarburg) notiert, obwohl der Standort von der Stadt Saarebourg verhältnismäßig weit weg liegt.

Im Jahr 1956 sind in Frankreich folgende UKW-Sender in Betrieb: Mulhouse 92,1 MHz (12 kW ERP), Nancy 92,7 (2,5), Lyon 92,7 (12), Toulouse 92,8 (0,25), Strasbourg 95,0 (2), Paris 96,1 (20) und Bordeaux 98,1 (0,25). Der „Programme spécial MF“ läuft nun werktags von 13:05 Uhr bis 22 Uhr, am Samstag bis 22:30 Uhr. Am Sonntag ist es von 16 Uhr bis 22 Uhr zu hören. Nach Sendeschluss senden die beiden UKW-Sender im Elsass – Strasbourg und Mulhouse – eine Nachrichtensendung in deutscher Sprache. Ein weiterer Beweis dafür, wie sehr man sich darum bemüht, die Radiohörer im Elsass an sich zu binden. Wenn man bedenkt, dass anderen in Frankreich heimischen Sprachgruppen (Provenzalen, Bretonen, Korsen, Basken, Flamen) überhaupt keine oder so gut wie keine Sendezeit zugestanden wird! 

Noch im selben Jahr – am 31.Juli 1956 – geht in Lothringen, nordöstlich der Hauptstadt Metz ein neuer Hochleistungssender für Hörfunk und Fernsehen in Betrieb: Metz-Luttange bzw. Metz-Lüttingen. Der Grund dafür, dass einer der ersten kombinierten Sendeanlagen für Fernsehen und zwei UKW-Sender gerade im Norden von Lothringen, im Grenzgebiet zu Deutschland und Luxemburg gebaut wird, liegt wohl darin, dass Radiodiffusion-Télévision Française den dort auf UKW bisher allein präsenten deutschen Sendern entgegenwirken will und viele Lothringer schon Radios mit UKW daheim haben... Nicht zuletzt will man die Fernsehzuschauer von der höchst erfolgreichen ausländischen „Télé Luxembourg“ zur heimischen „RTF – Télévision“ zurücklocken.

Ansonsten verläuft der Ausbau der UKW-Versorgung (Netzabdeckung) alles in allem weiterhin schleppend. Äußerst schleppend, angesichts der riesigen Staatsgebiets. Frankreich ist mehr als doppelt so groß wie die Deutschland (West  u n d  Ost)!

               

Ende der 1950er Jahre werden in den Pyrenäen, auf dem knapp 2 900 Meter hohen Pic du Midi (de Bigorre), ein erster Fernsehsender (0,5 kW) und ein erster UKW-Hörfunksender (2 kW) aufgebaut, die am 14.Dezember 1957 betriebsbereit sind. Sie bekommen ihr Signal aus Bordeaux über eine Richtfunkstrecke, die sensationelle 216 Kilometer lang ist! Zwischen 1959 und 1962 wird dort oben auf dem Pic du Midi ein „bâtiment interministeriel“ („interministerielles Gebäude“) errichtet, in dem Hochleistungssender für Fernsehen und UKW-Hörfunk installiert werden. Nach dem Ausbau im Jahr 1963 liefern die Sender auf dem Pic du Midi über zwei Millionen Fernsehzuschauern und Radiohörern im Südwesten Frankreichs das Programm und decken mit ihrem Signal ein Siebtel des französischen Staatsgebietes ab! Der Sender auf dem Pic du Midi (zu Deutsch: „Mittagsspitze“ oder „Südspitze“) erscheint in den Verzeichnissen oft als Sender „Toulouse“. Obwohl der Pic du Midi gut und gerne 120 Kilometer Luftlinie von Toulouse entfernt liegt!

Im März 1957 beschließt RTF, in den Pays de la Loire Sender für das Fernsehen und den UKW-Hörfunk zu errichten. In einem früheren Kastanienwald mit dem Namen „La Louée“ am südöstlichen Stadtrand von Nantes. Mit Inbetriebnahme der Anlage mit dem 200 Meter hohen Antennenmasten am 7.April 1960 hat beinahe das ganze Département Loire Atlantique schlagartig besten Empfang.

Im Oktober 1960 geht in der westfranzösischen Region Poitou-Charente ein Hochleistungssender für Fernsehen und UKW-Hörfunk in Betrieb. Die Anlage mit dem 330 Meter hohen Antennenmasten (sechs Meter höher als der Eiffelturm in Paris!) steht südöstlich von Niort, in Maisonnay. Die dortigen UKW-Sender arbeiten heute mit der ungewöhnlich hohen Strahlungsleistung von 200 kW ERP! Nur in Großbritannien hat man UKW-Sender höherer Leistung (wie Divis, Holme Moss, Sandale oder Sutton Coldfield mit 250 kW ERP).

Nach Inbetriebnahme eines neuen „émetteur de télévision“ (Fernsehsenders) in Frankreich dauert es meist nicht mehr lange, bis am selben Standort ein erster „émetteur de radiodiffusion MF“ („FM-Hörfunksender“) aufgeschaltet wird.

Stichtag: 29.Dezember 1957. Nicht zuletzt unter dem Eindruck des übergroßen Erfolgs der „radios périfériques“ aus Luxemburg, dem Saarland, Monaco oder Andorra baut RTF seine Programmstruktur im Hörfunk um. Fortan soll es nur noch drei landesweite Radioprogramme geben: 

Aus „Paris – Inter“ wird das neue „France I Paris – Inter “, das tags und nachts als populäres Programm die Hörerschaft informieren, beraten und unterhalten soll. 

Aus dem „Programme Parisien“ wird „France II – Régional“, ein Unterhaltungsprogramm, in dem auch die Regionalstudios ihre Sendungen unterbringen. 

Aus dem „Programme National“ wird das intellektuelle Kultur- und Kunstradio „France III – National“. 

Das UKW-Sonderprogramm – der „Programme spécial MF“ – ist am 31.Dezember 1957 zum letzten Mal auf Sendung. Er wird ersatzlos eingestellt. Aufgrund massiver Hörerproteste erscheint es am 27.März 1960 dann doch wieder, als „France IV – Haute Fidélité“. Hinweis: „Haute Fidélité“ ist der französische Begriff für das englische „High Fidelity“ (HiFi).

Im Zuge der Programmreform werden die bestehenden Radiosender umbenannt und die Sender umgruppiert. „France I“ sendet über die französische Langwelle 164 kHz, über ein gutes Dutzend Mittelwellensender mittlerer und geringer Leistung und über den UKW-Sender Metz I. (93,3 MHz; 12 kW ERP). „France II“ sendet über ein gutes Dutzend Mittelwellensender hoher und mittlerer Leistung und über die UKW-Sender Caen II. (91,5 MHz; 12 kW ERP), Bourges I. (93,5; 12) und Dijon I. (95,8; 2). Und „France III“ sendet über 22 Mittelwellensender mittlerer und geringer Leistung und über die UKW-Sender Caen III. (87,8 MHz; 12 kW ERP), Pic du Midi (87,9; 2), Bourges II. (89,4; 12), Metz III. (89,7; 12), Mulhouse (92,1; 12), Lille (92,2; 2), Lyon-Mont Pilat (92,7; 12), Toulouse (91,5; 0,05), Strasbourg II. (95,0; 2), Paris (96,1; 5), Nancy (96,9; 0,05), Bordeaux (98,1; 5) Marseille-Étoile (95,4; 12) und Dijon II. (88,0; 2). 

In den französischen Städten mit Garnisonen der US Army kann man zwischen 1958 und 1967 auf UKW das amerikanische Soldatenradio „AFN“ hören. Den Anfang macht im Mai 1958 AFN Orléans, schon im November folgt AFN Poitiers, im Jahr 1959 AFN Verdun (Verden an der Maas). Im Jahr 1965 sendet „AFN France“ über knapp 30 leistungsschwache UKW-Sender – von B wie Bel Manoir (98,4 MHz) bis V wie Vitry-le-François (93,25 MHz). Im Juli 1966 jedoch zieht sich Frankreich aus allen militärischen Organisationen der NATO zurück. Deswegen wird im Jahr 1967 „AFN France“ aufgelöst und schrittweise verstummen alle AFN-Sender in Frankreich. Nach Kriegsende war AFN kurze Zeit mit mehreren Stationen auf Mittelwelle präsent. Diese wurden bald wieder geschlossen, zuletzt AFN Paris am 31.Dezember 1946. Im Mai 1958 schließt die französische Regierung einen neuen Vertrag mit der US Army über die Einrichtung von knapp 30 AFN-Stationen, die alle nur auf UKW zu hören sein sollen.

Fünf Jahre nach dem Start von UKW und FM in Frankreich wird im Jahr 1959 auf dem Eiffelturm in Paris ein erster UKW-Sender aufgeschaltet (97,6 MHz; 12 kW ERP). Damit ist den Radiohörern in einer Entfernung von etwa 80 Kilometern rund um die „Tour Eiffel“ ein guter UKW-Empfang gesichert. Somit sind in und um Paris auf 96,1 MHz aus der Rue Grenelle „France I“ zu hören und auf 97,6 MHz vom Eiffelturm „France III“. Übrigens, à propos: Für Fernsehzwecke muss der Eisenturm von Gustave Eiffel damals schon über 20 Jahre lang herhalten. Am 24.Mai 1937 wird die 30 kW starke Sendeanlage in Betrieb genommen – der damals stärkste Fernsehsender der Welt! Das Bild kommt auf 46 MHz, der Ton auf 42 MHz. Der Fernsehsender auf dem Eiffelturm verbreitet das Versuchsprogramm „Radio-PTT Vision“ (441 Zeilen). Von 1942 bis 1944 hält ihn das Oberkommando der Wehrmacht in Beschlag. Vom 7.Mai 1943 bis 12.August 1944 (23:30 Uhr) sendet der Eiffelturm das deutsche Besatzungsfernsehen „Fernsehsender Paris“ bzw. „Paris – Télévision“. In der Nacht vom 2ten auf den 3ten Januar 1956 bricht am Eiffelturm ein Feuer aus, das den alten Fernsehsender der 441-Zeilen-Norm zerstört. So die offizielle Nachricht. Tatsächlich ist nur das Verbindungskabel zwischen dem Fernsehsender und den Antennenfeldern an der Spitze des Eiffelturmes verbrannt. Der Bildschirm der alten Fernsehgeräte bleibt seit dem schwarz. Die Regierung beschließt, den Fernsehsender nicht mehr zu reparieren und den gut 5 000 in Mitleidenschaft gezogenen Besitzern alter Fernseh-Empfänger finanziell unter die Arme zu greifen beim Kauf eines neuen Gerätes der 819-Zeilen-Norm...

                                        

Die Zeitung „Ouest-France“ meldet am 4.Januar 1956 den Brand am Eifelturm: „Das dritte Stockwerk vom Eiffelturm in Flammen. Der Brand hat die Sendestation des Fernsehens verwüstet.  Defekt im Aufzug, die Feuerwehrleute mussten die 300 Meter nach oben über die Treppe zu Fuß gehen!“     

Ab dem 19.Mai 1963 sind im Großraum Paris auf UKW 90,35 MHz „France IV – Haute Fidélité“ (Tour Eiffel, 12 kW ERP) zu hören, auf 93,35 MHz „France I“ (Grenelle, 5 kW ERP) und auf 97,6 MHz „France III“ (Tour Eiffel, 12 kW ERP). Damit haben die Radiohörer in und um Paris den Luxus von drei UKW-Programmen. Eine Flächenversorgung von ganz Frankreich mit allen Hauptprogrammen auf UKW ist noch in weiter, weiter Ferne. Radiohören auf UKW ist Anfang der 1960er Jahre in Frankreich immer noch außergewöhnlich und kaum wer außer eingefleischte Liebhaber hat ein Radio mit UKW-Empfang. 

Am 20.Oktober 1963 formatiert und benennt Radiodiffusion-Télévision Française seine Radioprogramme erneut um und reduziert sie wieder auf drei. „France I und „France II“ fusionieren zu „RTF Inter“. „RTF Inter“ ist gedacht als „chaîne des informations, de la gaîté et des conseils pratiques“, als „Programm der Information, der Fröhlichkeit und der praktischen Ratschläge.“ „RTF Inter“ wird in den Abendstunden in zwei separate Sendeschienen aufgespalten: Der Langwellensender auf 164 kHz und ein Teil der Mittelwellensender verbreiten das Jugendprogramm „RTF Inter Jeunesse“ („RTF Inter Jugend“), während der andere Teil der Mittelwellensender und die UKW-Sender das Unterhaltungsprogramm „RTF Inter Variétés“ („RTF Inter Unterhaltung“) verbreiten. Mit seinem „Inter Jeunesse“ will RTF die jungen Hörer von den höchst erfolgreichen „radios périfériques“ zurückholen. Das gelingt allerdings mit nur mäßigem Erfolg: Die Jugend hört nach wie vor viel lieber die flott gemachten Kommerzstationen aus dem Ausland, wie „RTL“ aus Luxemburg, „Europe No. 1“ aus Deutschland, „RMC“ aus Monaco oder „Sud Radio“ aus Andorra. Bei der seit dem 19.Oktober 1959 auf „Europe No. 1“ laufenden Sendung „Salut, les copains“ („Hallo, Freunde!“), wochentags von 17 bis 19 Uhr, sind gut 40 Prozent der zwischen zwölf und 15 Jahre alten Radiohörer dabei!

Neben „RTF Inter“ sendet „RTF Promotion“ als Nachfolger von „France III“ ein prestigeträchtiges Kultur- und Kunstprogramm und „RTF Hauté Fidélité“ bietet den Liebhabern ernster Musik eine Radioheimat. Hinzu kommen die Regionalprogramme, die ein paar Stunden am Tag im Rahmen von „décrochages régionaux“ („regionalen Abkoppelungen“) im Netz von „RFT Inter“ auf Sendung sind. Für die Hörer der Region rund um Paris, also für die Hörer in der Île-de-France (Insel-von-Frankreich), sendet vom November 1963 bis Januar 1975 „Paris Île-de-France“ über den Mittelwellensender Villebon sur Yvette auf 1070 kHz. 

Nach einer Umfrage unter den Radiohörern folgt ab dem 8.Dezember 1963 der berühmte „Baptême RTF 64“ (‚Taufe RTF 64“): Seitdem gibt es die uns bis heute geläufigen Bezeichnungen der französischen Radioprogramme: „France Inter“, „France Culture“ und „France Musique“. „France Inter“ läuft Ende 1963 über 29 UKW-Sender, „France Culture“ über 32 und „France Musique“ über 33. In den Abendstunden wird „France Inter“ weiterhin in zwei getrennte Sendeschienen aufgespalten: „Inter Jeunesse“ und „Inter Variétés“. Mit dieser abendlichen Auftrennung von „France Inter“ in ein mehr oder weniger provozierendes Programm für die Jugend (Langwelle und ein Teil des Mittelwellennetzes) und ein Unterhaltungsprogramm für die ältere Generation (der andere Teil des Mittelwellennetzes und UKW) macht Mitte der 1970er Jahre die neue Hörfunkanstalt „Radio France“ Schluss. Nach dem Vorbild von „France Musique“ geht der Bayerische Rundfunk am 4.Oktober 1980 mit „Bayern 4 Klassik“ auf Sendung, das seit dem 30.September 2009 „BR Klassik“ heißt.  

Am 24.Juni 1964 werden in Frankreich Hörfunk und Fernsehen nach Vorbild der britischen BBC organisiert. Wenn auch ständig hin- und her- organisiert wird: Die traditionelle Staats- und Regierungsnähe bleibt. Aus der RTF wird der „Office de Radiodiffusion-Télévision Française/ORTF“ („Französisches Amt für Hörfunk und Fernsehen“). Der ORTF hat seinen Sitz in der nagelneuen „Maison de la Radio“ an der Avenue du Président Kennedy im 16ten Arrondissement. Vom Eiffelturm aus gesehen: schräg gegenüber, am anderen Ufer der Seine. Der imposante Bau wird am 14.Dezember 1963 offiziell eingeweiht. Bisher waren die Dienststellen, Redaktionen, Archive und Studios von Hörfunk und Fernsehen quer übers ganze Stadtgebiet von Paris verstreut. Die neue Maison de la Radio (Funkhaus) besteht aus einem 500 Meter langen Gebäudering, der um einen Zentralbau samt einem 68 Meter hohen Hochhaus gruppiert ist. Der Grundriss findet sich auf den Logos von Radio France wieder. Die Maison de la Radio in Paris wird zum Vorbild für ähnliche Rundfunkbauten in Europa, etwa die ORF-Landesstudios in Österreich. 

In der Maison de la Radio arbeiten etwa 3 000 Frauen und Männer, es befinden sich dort 64 Hörfunk- und Fernsehstudios und die Gänge sind alles in allem gut fünf Kilometer lang. 

Im Jahr 1965 erreichen UKW und FM die „Île de Beauté“ („Insel der Schönheit“). Denn der erste UKW-Sender auf Korsika eingeschaltet –

hoch über der Hafenstadt Bastia, auf 89,2 MHz mit „France Inter/Variétés“. Im Jahr drauf kommen zwei weitere Sendeanlagen hinzu, so ist ab 1966 zumindest im Norden der Insel auf 89,2 MHz „France Culture“ zu hören, auf 93,9 MHz „France Musique“ und auf 95,9 MHz „France Inter/Variétés“. Bis zum Jahr 1965 haben auf Korsika italienische Sender die UKW-Skala beherrscht.

Im Oktober 1966 ist „Radio Alsace“ („Radio Elsaß“) aus Strasbourg das erste Regionalprogramm des ORTF, das auf UKW zu hören ist. Das Regionalprogramm fürs Elsass meldet sich für ein paar Stunden am Tag als „Inter – Alsace“ über seine wichtigsten UKW-Sender Strasbourg-Nordheim auf 97,3 MHz und Mulhouse-Belvédère auf 95,7 MHz. Nachdem das Regionalstudio Strasbourg jetzt sowohl auf Mittelwelle (1160 kHz – Regionalsendungen in Französisch, 1277 kHz – Regionalsendungen in Elsässisch und Deutsch) als auch auf UKW senden kann, weitet es seine Sendezeit deutlich aus. Der Mittelwellensender Sélestat/Schlettstadt im Süden von Strasbourg wird am 21.September 1952 aufgeschaltet, als Ersatz für die alte Anlage in Brumath. Am 10.Oktober 1966 ist das Oberelsass eine der ersten Gegenden Frankreichs, in denen „France Musique“ in Stereo empfangbar ist, über Strasbourg-Nordheim auf 95,0 MHz.

Das Regionalprogramm aus Nancy „Radio Lorraine-Champagne“ („Radio Lothringen-Champagne“) dagegen ist erst ab dem Jahr 1969 auf UKW zu hören. Eingesetzt werden dafür die UKW-Sender von „France Inter“ in den beiden Gegenden. Bei dieser Gelegenheit melden sich die Regionalsendungen aus Nancy als „Inter – Lorraine-Champagne“, ab 1972 dann als „Inter – Nord-Est“ („Inter – Nord-Ost“). Im Jahr 1976 sendet „FR 3 Radio Nord-Est“ stundenweise sein Regionalprogramm über den Mittelwellensender von „France Culture“ in Nancy (836 kHz) und über die UKW-Sender von „France Inter“ in Nancy-Malzéville (96,9 MHz), Metz-Luttange (99,0), Forbach (96,6), Épinal-Bois de la Vierge (98,6), Longwy (98,1), Sarrebourg-Donon (93,1), Reims-Hautvillers (98,6), Troyes-Les Riceys (95,8) und Mezières-Sury (95,8).

Etwa zehn Jahre lang gibt es das bimediale „Amt“, den ORTF. Im Jahr 1974 wird der ORTF in sieben – zum Teil – bis heute existierenden öffentlichen Anstalten aufgespalten. 

Ab 6.Januar 1975 kümmern sich um Radio und Fernsehen in Frankreich unter anderem folgende Nachfolgeorganisationen: 

„Société Nationale de Radiodiffusion – Radio France“ 

(„Nationale Hörfunkgesellschaft – Radio Frankreich“), 

„Société Nationale de Télévision Française 1 – TF 1“ 

(„Nationale französische Fernsehgesellschaft 1 – TF 1“),

„Société Nationale de Télévision Française en Couleur – Antenne 2“

(„Nationale französische Farbfernsehgesellschaft – Antenne 2“), 

„Société Nationale de Programme France Régions 3 – FR 3“ 

(„Nationale Programmgesellschaft Frankreich Regionen 3 – FR 3“ 

„Télédiffusion de France – TDF“ 

(„Fernausstrahlung von Frankreich“, Betreiber der Sendeanlagen)

„Institut National de l’Audiovisuel – INA“

(„Nationales Audiovisuelles Institut”, Archivierungsgesellschaft) 

Für den Bau, Betrieb und Unterhalt der Sendeanlagen für Hörfunk und Fernsehen ist fortan nicht mehr die Fernmeldeverwaltung (PTT) zuständig, sondern das neue Unternehmen TDF. Wohl deswegen geht der Ausbau der UKW-Sendernetze ab Mitte der 1970er Jahre nun deutlich zügiger voran als vorher.

Für Regionalsendungen im Hörfunk wie im Fernsehen und in den französischen Gebieten in Übersee, ist fortan „FR 3“ zuständig. Zur Ausstrahlung seiner Regionalsendungen im Hörfunk, ein paar wenige Stunden am Tag, nutzt „FR 3“ die UKW-Sender von „France Inter“ und die Mittelwellensender von „France Culture“. Ein Radiohörer, der von den Regionalsendungen nicht „gestört“ werden will, muss also umschalten: Wer „France Inter“ auf UKW gewöhnt ist, muss zu den Sendezeiten der Regionalstudios ausweichen auf Lang- oder Mittelwelle und wer „France Culture“ üblicherweise auf Mittelwelle hört, muss umschalten auf UKW. Im Fernsehen sendet „FR 3“ über ein eigenes landesweites Sendernetz (UHF) durchgehend ein eigenes Programm mit täglichen getrennten Regionalsendungen.

Anfang 1975 unterhält „FR 3“ mehrere Regionalzentren, in denen sowohl Hörfunk wie auch Fernsehen gemacht werden: Alsace (Elsass), Aquitaine (Aquitanien), Bourgogne-Franche Comté (Burgund-Freigrafschaft), Bretagne-Pays de Loire, Champagne-Ardenne-Lorraine, Midi-Pyrénées-Languedoc-Roussillon, Paris-Île de France-Centre, Nord-Pas de Calais-Picardie, Provence-Alpes-Côte d’Azur (wozu die Insel Korsika gehört), Rhône-Alpes-Auvergne. Hinzu kommen 25 den Regionalzentren beigeordnete „Bureaux régionaux d’information – BRI“ („Regionale Informationsbüros“), in denen Reporter sitzen, die für Hörfunk und Fernsehen über das Geschehen in ihrer Umgebung berichten. 

Nach mehreren Versuchen beginnen ORTF und TDF im Jahr 1964 offiziell mit der „stéréophonie“. Bis in die 1980er Jahre kann man landesweit nur „France Musique“ in Stereo genießen. Immerhin läuft ab 1974 auch „France Culture“ vom Eiffelturm „en stéréo“. Erst nach und nach werden die UKW-Sender weiterer Programme auf Stereobetrieb umgerüstet. 

Noch 1970 wird in nur 30 Prozent der französischen Haushalte Radio auf UKW gehört. Ob drinnen oder draußen oder im Auto: Schalten die Franzosen ihren „récepteur de radio“ ein, empfangen Sie vor allem auf Langwelle. Denn dort senden die populärsten Stationen wie „France Inter“, „RTL“, „Europe No. 1“ oder „RMC“. Fast alle in Frankreich verkauften Radios haben den Langwellenbereich und alle Autoradios sind so konstruiert, dass Störungen des Langwellenbereichs durch die Autoelektrik unterdrückt werden.

Die UKW-Hörer im Großraum Paris haben Anfang der 1970er Jahre allen Grund zur Freude. Denn am 28.September 1970 wird auf dem Eiffelturm der vierte UKW-Sender aufgeschaltet. Bis dahin war „France Inter“ auf 90,35 MHz zu hören, jetzt zieht es um auf die neue Frequenz 87,8 MHz. Auf 90,35 MHz läuft „Inter Variétés“, das sich diese Frequenz ab dem 5.Januar 1971 mit dem neuen „France Inter Paris 514 – FIP 514“ teilt. Zum Vergleich: Ende Dezember 2012 hat TDF an der „Tour Eiffel“ alles in allem 32 UKW-Sender in Betrieb! 

„FIP 514“ legt am 5.Januar 1971 um 17 Uhr los, als Dienstleistungsradio ganz neuer Art. Ähnlich wie in Deutschland „Bayern 3 – die Servicewelle von Radio München“ (Sendestart: 1.April 1971) oder „HR3 – die Servicewelle aus Frankfurt“ (Sendestart: 23.April 1972) ist in Frankreich „FIP 514“ das erste echte Dauerberieselungsradio. Der Slogan: „FIP 514 – soixante minutes de musique par heure“ („FIP 514 – sechzig Minuten Musik in der Stunde“). „FIP 514“ sendet vor allem auf Mittelwelle 584 kHz, gleich 514 Meter – daher der Name. Denn Radios mit UKW sind in französischen Autos eine große Seltenheit. Dennoch: Aufgrund des großen Erfolgs bekommt im Jahr 1972 „FIP 514“ die Pariser UKW-Frequenz 90,35 MHz ganz exklusiv für sich.

Auf dem Eiffelturm arbeiten ab dem Jahr 1972 die vier UKW-Sender mit einer Strahlungsleistung von je 3 kW ERP mit folgender Programmbelegung: 87,8 MHz „France Inter“ (mit Unterbrechung durch Bildungssendungen), 90,35 MHz „FIP 514“, 93,35 MHz „France Culture“ und 97,6 MHz „France Musique“  in Stereo.

 

FIP 514“ ist der Versuch des ORTF, mit Dauermusik den nach wie vor so sehr beliebten „radios périfériques“ Hörer abspenstig zu machen. Auf „FIP 514“ läuft (bis heute) eine für deutsche Radiohörer ungewohnte Musikmischung aus Jazz, leichter Klassik, Filmmusik, Weltmusik und Chansons. Gesprochen wird nicht viel: Neben Kurznachrichten – immer zehn Minuten vor der vollen Stunde – laufen auf „FIP 514“ nur knappe Veranstaltungstipps und vor allem Verkehrshinweise, die die Moderatorinnen (die „FIPettes“ – auf „FIP“ werden nur Frauen als Sprecherinnen engagiert) auf ihre ganz persönliche Weise mit Charme, Witz und einem Hauch „érotique“ präsentieren. Bald schon taucht „FIP“ in weiteren Großstädten auf. Die neuen „FIP“-Filialen in der Provinz übernehmen ganz einfach den „Musikteppich“ der Mutterstation in Paris. Bei instrumentalen Musikstücken tritt in den jeweiligen Außenstellen die „FIPette“ ähnlich wie bei einer Nähmaschine auf ein Pedal, die aus Paris übernommene Musik wird leiser und dann spricht die örtliche „FIPette“ ihre lokalen Verkehrsmeldungen über die runtergeblendete Musik. Erst in den 1980er Jahren wird die Bezeichnung „FIP“ (jetzt ausgelegt als „France Inter Paris et Province“) als Dachmarke für alle „FIP“-Ableger eingesetzt. 

Im Jahr 1972 starten in Bordeaux „FIB“ („France Inter Bordeaux“, 96,75 MHz; 0,25 kW ERP), in Lille „FIL“ („France Inter Lille“, 91,0; 0,25), in Lyon „FIL“ („France Inter Lyon“, 87,8; 0,25), in Marseille „FIM“ („France Inter Marseille“, 90,9; 0,25), in Nancy „FIL“ („France Inter Lorraine“, 88,7; 2) und in Reims „FIR“ („France Inter Reims“, 95,1; 0,05). Im Jahr 1973 geht in Toulouse „FIT“ („France Inter Toulouse“, 98,5; 0,25) auf Sendung, im Jahr 1974 folgt in Nantes „FILA“ („France Inter Loire Atlantique“, 95,7; 0,25). Es folgen ein paar Jahre Pause, bis im Jahr 1978 in Strasbourg „FIS“ („France Inter Strasbourg“, 92,3; 2; Sender „Port du Rhin“/„Rheinhafen“) nachzieht, im Jahr 1982 in Nizza „FICA“ („France Inter Côte d’Azur“, 95,7; 0,05 – angeschlossen Menton 91,75; 0,05), im Jahr 1984 in Metz „FIM“ („France Inter Metz“, 98,5; 0,05 – angeschlossen Forbach, am westlichen Stadtrand von Saarbrücken 98,85; 0,05), im Jahr 1985 in Tours „FIP Tours“ (98,7; 0,08) und im Jahr 1986 in Cherbourg „FIP Cherbourg“ (91,8; 0,05). Die meist leistungsschwachen UKW-Sender von „FIP“ sind im Jahr 1987 die ersten UKW-Sender Frankreichs, die RDS-tauglich waren. Im Jahr 1975 beschließt der Sendebetreiber – die „Télédiffusion de France – TDF“, zum Testbild des Fernsehprogrammes „FR 3“ als Begleitton das Programm von „FIP“ zu übernehmen. Von 14 Uhr bis 18:20 Uhr kann „FIP“ deswegen in ganz Frankreich gehört werden. So wird „FIP“ auch dort populär, wo die wenigen schwachen UKW-Sender von „FIP“ nicht hinkommen. Einige der „FIP“-Stationen gibt es auf UKW bis heute, in Paris ist „FIP“ derzeit auf 105,1 MHz zu hören. Bis zur Regionalradioreform Ende 1982 gehört nur die Mutterstation „FIP 514“ in Paris zu Radio France und die Lokalstationen in der Provinz arbeiten unter dem Dach von FR 3. 

Anfang der 1980er Jahre brechen in Frankreich duale Zeiten an, ein Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem und privatem Radio. Bis dahin waren sich seit Kriegsende alle politischen Parteien darin einig, dass der öffentlich-rechtliche Hörfunk und das öffentlich-rechtliche Fernsehen staatsnah und damit regierungsnah arbeiten müssen. Auch das wird sich nun ändern. Bevor in Frankreich private Radiostationen zugelassen werden, machen – vor allem gegen Ende der 1970er Jahre – die vielen, meist politisch motivierten „radios pirates“ (Piratensender) viel Wirbel. Wie das seit 1969 arbeitende „Radio Campus“ in Villeneuve-d’Ascq (Region Nord – Pas-de-Calais), „Radio Lorraine Cœur d’acier“ („Radio Lothringen Stahlherz“) in Longwy, „Radio Ivre“ („Besoffenes Radio“) in Paris, „Radio Verte“ („Grünes Radio“) in Bezièrs (Region Languedoc-Roussilon-Midi-Pyrénées), „Radio active“ in Lyon und viele mehr. Zu den sogenannten „radio vertes“ („grünen Radios“) unter den Piraten zählt im Oberelsass „Radio Verte Fessenheim“, das im Jahr 1977 auftaucht und vor allem gegen das Atomkraftwerk Fessenheim kämpft. Seit April 1981 meldet man sich als „Radio Dreyeckland“.

Im Frühjahr 1981 wählen die Franzosen einen neuen Staatspräsidenten. Der Konservative Valéry Giscard d’Estaing verliert gegen den Sozialisten François Mitterrand, der in seinem Wahlkampf unter anderem eine Liberalisierung der Medienlandschaft und eine Zulassung von privatem Hörfunk und Fernsehen in Aussicht gestellt hat. Radio France wehrt sich gegen die sich zu erwartende private Konkurrenz, wie sie nur kann. Unter anderem versucht die Anstalt, durch eine massive Ausweitung seines Angebotes, Hörer an sich zu binden. Radio France setzt auf „radios thématiques“ („thematische Radios“), wie man Zielgruppenprogramme im Französischen nennt. 

Im Vergleich zu Deutschland wird im französischen Radio und Fernsehen traditionell „la province“ („die Provinz“) sehr stiefmütterlich behandelt. Fast alles, was aus dem Radio und Fernsehen kommt, wird in Paris entschieden und produziert. Die Regionalstudios liefern den landesweiten Programmen mit Sitz in Paris zu und haben verhältnismäßig wenig eigene Sendezeit, um die Hörer und Zuseher in ihrer Region über das Geschehen in ihrer Region auf dem Laufenden zu halten und regionales Selbstverständnis zu verbreiten. Radio France ist klar, dass man in dieser Hinsicht mit den kommenden lokalen und regionalen Privatradios kaum mithalten wird können. Also setzt man auf die regionale Karte. Zunächst bekommt Radio France die Erlaubnis, versuchsweise drei neue Radiostationen ins Leben zu rufen: ein Regional-Radio, ein Département-Radio und ein Stadt-Radio, alle mit eigenem Studio und eigenen Sendern bzw. Frequenzen.

 

Fréquence Nord“ sendet als selbständiges Regionalradio ab dem 19.Mai 1980 aus Lille für den äußersten Nordwesten von Frankreich, für die Région Pas-de-Calais, deren Bewohner „les Ch’tis“ („die Schtis“) bezeichnet werden. Offenbar hat man für den Regionalradio-Versuch ganz bewusst den äußersten Norden von Frankreich ausgewählt, denn dort sind die französischsprachigen Radioprogramme aus Belgien („Radio Télévision Belge de la Communauté culturelle française – RTBF“ – „Belgisches Radio und Fernsehen der französischen Kulturgemeinschaft“) problemlos empfangbar. Im Jahr 1992 wird aus „Fréquence Nord“ das Regionalradio „Radio France Nord“. Und als am 4.September 2000 Radio France seine Lokal- und Regionalradios unter der neuen Dachmarke „France Bleue“ zusammenfasst, meldet man sich als „France Bleue Nord“.

Nach dem selbständigen Regional-Radio „Fréquence Nord“ geht am 16.Juni 1980 das Département-Radio „Radio Mayenne“ auf Sendung. Das Département Mayenne liegt in der Region Pays de la Loire (Länder der Loire) und hat die Ordnungsnummer 53. 

Am 11.September 1980 schließlich startet das Stadt-Radio „Melun FM“. Die Stadt Melun mit ihren gut      40 000 Einwohnern liegt etwa 50 Kilometer südöstlich von Paris in der Région Île-de-France (Insel von Frankreich), im Département Seine-et-Marne mit der Ordnungsnummer 77. 

Außerdem versucht sich Anfang der 1980er Jahre Radio France einmal mehr am Kampf um junge Hörer. Deswegen legt am 2.Juni 1980 „Radio 7“ los. In Paris ist es zunächst auf 99,7 MHz zu hören über den TDF-Sender Paris-Nord (Sannois im Département Val d‘Oise). Später wechselt „Radio 7“ im Raum Paris auf 91,3 MHz und 91,7 MHz. Am 20.Februar 1987 wird „Radio 7“ eingestellt. ​

Zehn Jahre später, am 17.Juni 1997, legt „Le Mouv‘“ los, die Neuauflage eines öffentlich-rechtlichen Jugendradios. Anfangs ist „Le Mouv‘“ das einzige landesweite Programm von „Radio France“, das nicht in Paris abgewickelt wird. Und das hat seinen Grund! Im Jahr 1997 beendet Radio France die Regionalsendungen aus seinem Studio in Toulouse: „Radio France Toulouse“ verstummt und die gesamte Region „Midi-Pyrénées“ wird zur ersten Region ohne öffentliches Regionalradio. Als Trostpflaster bekommt man das Szene- und Kulturradio „Le Mouv‘“, obwohl die Stadt Toulouse ja nicht gerade für eine innovative und quirlige Jugendszene berühmt ist... „Le Mouv‘“ ist über UKW in einigen Städten Frankreichs zu hören, zum Teil bekommt das neue Jugendradio die Sender und Frequenzen von „FIP“, das wegen „Le Mouv‘“ manche Außenstelle schließen muss. Nach dem regionalen Tief in Toulouse folgt wieder ein Hoch: Seit 2010 sendet aus Toulouse „France Bleue Toulouse“ die bewährte Mischung aus Übernahmen des landesweiten Mantelprogramms „France Bleue“ aus Paris und eigenen Regionalsendungen. „Le Mouv‘“ sendet seit Februar 2011 aus Paris, aus der Maison de la Radio. Und seit 2.Februar 2015 heißt das öffentlich-rechtliche Jugendradio nur noch „Mouv‘“.

Als sich Radio France Anfang der 1980er Jahre auf die kommende Konkurrenz durch private Radios einstellt und mit mehreren neuen „radios régionales“ und „radios thématiques“ an den Start geht, freut sich auch die ältere und konservativere Hörerschaft. Denn am 20.Dezember 1980 geht Radio France mit dem „Blauen Radio“ auf Sendung: „Radio Bleue“ versucht sein Glück mit französischen Chansons, mit Nostalgie und einem auf Senioren zugeschnittenen Tagesprogramm. Ausgestrahlt wird „Radio Bleue“ anfangs nur auf Mittelwelle über die Sender von „France Culture“. Im Januar 1995 bekommt „Radio Bleue“ in Paris einen UKW-Sender (107,1 MHz). Am 4.September 2000 fasst Radio France alle seine mittlerweile 38 Lokal- und Regionalprogramme unter einem Dach zusammen und aus „Radio Bleue“ wird das neue „France Bleue“.

(Hinweis: Nachdem die französische Fußballnationalmannschaft traditionell in blauen Trikots aufläuft, nennt man die Spieler „Les Bleus“. Auf diesen Spitznamen gehen offenbar die Namen „Radio Bleue“ bzw. „France Bleue“ zurück.)

Die Ansiedlung der genehmigten privaten Lokalradios in Paris im Herbst 1983

MHz    Station

87,8    France Inter

88,5    Digitale (Génération 2000, Radio Périféric, Radio Thélème Direct, Mégapuce, Tension-FM, 

Fréquence Médicale)
89,0    Canal 89 / Solidarnosc
90,4    NRJ Métropolis
89,8    Nova (Radio Ivre, Jazzland, Radio Expérimentale de la Biennale)
90,35    FIP
91,7    Radio 7
92,3    20/20-Aligre
92,8    Cité-96 / CHEAP / 1901 / KLOV

93,35    France Culture
94,0    Radio Show
95,2     Paris Fréquence Montparnasse, Radio Médico Sociale, France Lecture, Paris Sport-et-

Musique) 

96,6    Ici-et-Maintenant (Pluriel FM, Radio Gulliver)
97,2    Fréquence-Gaie (Ark-en-ciel, Pink Radio)
97,6    France Musique
98,5    ASK / BEUR / Rencontre
98,85    Fréquence Montmartre
99,3    Solidarité (Voix du Lézard, Arlequin, R.-3)
99,5    Mouvances
99,8    Radio 7
100,2    RECP (Eglises Chrétiennes de Paris) (Radio Notre-Dame, Fédération protestante Comité 

interépiscopal, Radio Scout Paris)
101,0    Poste Parisien (Fréquence Presse : Radio Capitale, Poste-Parisien, Bayard-FM, Radio

Huma, Radio Unité)
101,4    Service-Tour-Eiffel (Radio Service-Tour-Eiffel, Radio Vocation, Radio Diapason)
102,3    Tropic FM (Radio DOM, Radio Cocotier, Neg-Marron, Diaspora-2000, Radio Mango,

Fréquence Tropicale)

102,7    Média-Soleil (Fréquence Immigrés, Maghreb-Afrique: Radio Afrique, Radio Berbère, Radio 

Soleil, Antenne Pili-Pili, Antenne Sorcier, Amis de Radio Soleil)

103,1    Fréquence Libre
103,5    Gilda-la-Radiopolitaine (Métropole FM, Enfants j'écoute, Radio Ado, Radio Tchatch, Radio-

des Halles, Contact FM)
103,9    Radio Libertaire / Radio Montmartre

107,3    3-R 

Am 9.November 1981 fällt in Frankreich das seit Kriegsende herrschende Staatsmonopol für Hörfunk. Die „radios pirates“ werden zu „radios libres“, die Piratenradios werden zu freien Radios – eines der Versprechen von François Mitterrand im Präsidentschaftswahlkampf. Und so sind Ende 1981 im ganzen Land 1 610 freie Radios auf UKW aktiv.

In den Jahren von 1982 bis 1986 fällt das Monopol auch für das Fernsehen und es wird eine Regelungsinstanz geschaffen zwischen dem Staat und den Rundfunkveranstaltern. Zunächst wird per Gesetz am 29.Juli 1982 die „Haute Autorité de la Communication Audivisuelle“ („Hohe Behörde für audiovisuelle Kommunikation“) ins Leben gerufen. Die Behörde weist privaten Antragstellern Frequenzen zu und wacht über die Unabhängigkeit der öffentlichen Radio France. Am 15.September 1983 werden auf Vorschlag der „Haute Autorité“ 151 Lokalradios lizensiert. Sie heißen nun „radios locales privées autorisées“ („genehmigte lokale Privatradios“). Die meisten von ihnen haben Sender mit der geringen Strahlungsleistung von etwa 500 Wat ERP, die „radios de quartier“ („Stadtteilradios“) arbeiten mit nur 50 Watt ERP. An jenem 15.September 1983 bekommen im Großraum Paris 25 Lokalradios ihre Lizenz, manche von ihnen müssen sich eine Frequenz mit Mitbewerbern teilen. Anfangs hat man noch daran gedacht, dass sich die „radios libres“ durch Spenden oder öffentliche Zuwendungen finanzieren. Erst eine Gesetzesänderung („Loi No. 84-742“) im Jahr 1984 erlaubt ihnen die Ausstrahlung von Werbung. Die „Télédiffusion de France – TDF“ stört von 1981 bis 1984 jede „radios libres“, die für französische Hörer ein Programm mit Werbung machen, ihre Sendeanlagen aber in Italien stehen haben – wie „Radio Midi“, „Radio K“ oder „Radio Vingt Mille“ (Ventimiglia). 

Die vielen privaten Lokalradios bewegen Radio France dazu, seine traditionell vernachlässigte lokale und regionale Berichterstattung im Hörfunk auszuweiten. Die Regionalstudios von „FR 3“ bzw. später Radio France sind bis dahin nur für einige wenige Stunden am Tag zu hören. 

Wie in Frankreich üblich, halten die gesetzlichen Grundlagen und Strukturen von Hörfunk und Fernsehen nicht allzu lange. Das neue Gesetz vom 30.September 1986 erlaubt die Umwandlung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkorganisationen in privatwirtschaftliche Unternehmen. Kurz drauf wird das vielgesehene erste Fernsehprogramm „TF 1“ privatisiert. Die Debatte des neuen Gesetzes, über die „Loi relative à la liberté de communication“ („Gesetz über die Freiheit der Kommunikation“), in den beiden Kammern des Parlaments artet zu einer Marathonsitzung aus, die sich über einen Monat hinzieht – ein Rekord seit Gründung der V.République Française im Jahr 1958! Im selben Jahr, 1986, schon vier Jahre nach ihrer Gründung, wird die „Haute Autorité de la Communication Audivisuelle“ ersetzt durch die „Commission Nationale de la Communication et des Libertés - CNCL“ („Nationaler Ausschuss für Kommunikation und Freiheit“). Die CNCL vergibt Lizenzen an private Programmveranstalter. Die Radiolizenzen haben eine Laufzeit von fünf Jahren und die Fernsehlizenzen von zwölf Jahren. Im Hörfunk ist die Bildung von privaten Senderketten fortan erlaubt. Im Jahr 1988 gehören zu „Fun Radio“ die meisten Stationen, nämlich 97. Gefolgt von „NRJ“ („Nouvelle Radio de Jeunesse“ – gesprochen wie „énergie“) mit 56, „Kiss FM“ mit 50, „Skyrock“ mit 16 und „Hit FM“ mit 7. Nach dem Gesetz von 1986 kann ein Veranstalter sogar eine zweite Lizenz bekommen, wenn die zweite Station nicht mehr als 15 Millionen Zuhörer erreicht. So startet am 1.Dezember 1986 das zweite Programm von „Europe 1“ – zunächst unter dem Namen „La Fréquence Magique“ („Die Zauberfrequenz“), dann unter „Europe 2“. In Paris und anderen großen Städten hat man jetzt die Wahl zwischen „Europe 1“ und „Europe 2“. Im Juni 2004 umfasst das Netz von „Europe 1“ in ganz Frankreich 192 UKW-Sender. Seit 1.Januar 2008 sendet „Europe 2“ als „Virgin Radio“. Zu den großen Veranstaltern zählen bald die „NRJ Group“ (NRJ, Chérie FM, Nostalgie, Rire et Chansons), „Lagardère Active“ (Europe 1, Europe 2, Radio Fréquence Montparnasse/RFM) und die „RTL Group“ (RTL, RTL 2, Fun Radio).

Die Unzufriedenheit mit dem Gesetz vom 30.September 1986 ist groß. So wurde es überarbeitet, was zu einem Abänderungsgesetz vom 17.Januar 1989 führt. So lebt auch der CNCL nicht lange, denn durch das Abänderungsgesetz wird er vom „Conseil Supérieur de l'Audiovisuel - CSA“ („Oberster Rat fürs Audiovisuelle“) abgelöst. Der CSA ist also innerhalb kurzer Zeit der dritte Versuch, einen unabhängigen Medienrat zu schaffen, einen Wildwuchs im Radio und Fernsehen zu vermeiden und die Programmveranstalter endlich zur Einhaltung der geltenden Regeln zu zwingen. Der CSA unterscheidet beim Hörfunk und Fernsehen zwischen dem „service public“ (Radio France, Radio France International, France Télévisions) und den privaten Veranstaltern. Beim Privatradio kennt der CSA fünf Kategorien. Zur Kategorie „A“ gehören die „radios associatives“, hinter denen Interessensverbände oder Vereine stehen und die ihre Ausgaben nur zu höchstens 20 Prozent durch Werbung decken. Zur Kategorie „B“ gehören selbständige und unabhängige, zu keinerlei Kette gehörende Lokal- oder Regionalradios. Die Kategorie „C“ beschreibt landesweite Ketten von Kommerzradios, wobei einzelne Mitgliedstationen zeitweise regionale oder lokale Eigensendungen verbreiten. Zur Kategorie „D“ zählen landesweite Kommerzradios ohne regionale Fensterprogramme. In die Kategorie „E“ schließlich fallen die landesweiten „radios géneralistes“, die es nicht nur auf eine bestimmte Hörergruppe und ihre spezifischen (Musik-) Interessen abgesehen haben, sondern einen „programme général“ bieten, also ein allgemeines Programm mit Nachrichten, Informationsmagazinen, Talkshows, Unterhaltung und Musik fürs breite Publikum. Zur Kategorie „D“ zählen also „RTL“, „Europe 1“, „Sud Radio“ oder „RMC“. 

Beim Programmtyp unterscheidet der CSA bei den öffentlich-rechtlichen wie bei den privaten Programmen zwischen den erwähnten „radio généralistes“ (France Inter, France Bleue, RTL, Europe1, RMC), „radio (multi)thématiques“ („France Culture“, „France Musique“, „France Info“, „Radio Classique“ mit Schwerpunkt auf Nachrichten aus der Finanzwelt und ernste Musik, „BFM“ mit Schwerpunkt auf Wirtschaftsthemen), „radios de proximité“ (Nachbarschaftsradios mit kleinem Versorgungsgebiet und Schwerpunkt auf lokale Nachrichten und Musik), „radios communautaires“ (Radiostationen, die sich an bestimmte religiöse, kulturelle oder soziale Communities wenden wie „Fréquence Protestante“, „Radio Notre-Dame“, „Radio Shalom“, „Beur FM“, „Radio Latina“, „Fréquence Gaie“) oder „radios internationales“ („RFI“, „BBC“, „Deutsche Welle“). 

Um die Jahreswende 1999/2000 liegt der Versorgungsgrad von „France Inter“, „France Culture“ und „France Musique“ auf UKW bei 99,6%. Das heißt: Fast überall in Frankreich kann man auf UKW alle drei Programme von Radio France hören. Die Zahlen weiterer Programme: „France Info“ 85 %, „NRJ“ 76 %, „Europe 1“ 71 %, „RTL“ 70 %, „Europe 2“ 70%, „Nostalgie“ 65 %, „Fun Radio“ 64 %, „Skyrock“ 57 %, „RTL 2“ 59 %, „RFM“ 60 %, „Chérie FM“ 57 %, „RMC“ 51 %, „Radio Classique“ 47 %, „Rire et Chansons“ 41 %, „BFM“ 37 und „MFM“ 36 %. Von den privaten Radioketten hat also „NRJ“ die beste Netzabdeckung. 

Nach wie vor ist das Radiohören (längst über UKW) in Frankreich höchst populär. An die 70 Prozent aller Franzosen über 15 Jahre schaltet mindestens einmal am Tag das Radio ein. Die durchschnittliche Radionutzung liegt bei 300 Minuten in der Woche.

Im August 1989 vereint der CSA die beiden bis dahin selbständigen Fernsehgesellschaften „Antenne 2“ und „FR 3“ unter einem Dach. Am 7.September 1992 erscheinen auf den Bildschirm die beiden Programme „France 2“ und „France 3“ der neuen nationalen Fernsehgesellschaft „France Télévisions“. 

„Antenne 2“ geht zurück auf „La Deuxième Chaîne de la RTF“, die am 1.Januar 1964 mit ihren Versuchssendungen loslegt. Ab dem 18.April 1964 beginnt sie mit ihrem täglichen Programm. Am 27.Juni 1964, mit der Gründung des ORTF, wird „La Deuxième Chaîne“ zur unabhängigen Einheit. Am 1.Oktober 1967 ist sie als erstes französisches Fernsehprogramm in Farbe zu sehen. Am 6.Januar 1975 meldet sie sich als unabhängige Farbfernsehgesellschaft „Antenne 2 – A 2“.

„FR 3“ geht zurück auf „La Troisiéme Chaîne Couleur“ („Das Dritte Fernsehprogramm in Farbe“) des ORTF, die am 20.Dezember 1972 um 19 Uhr mit ihren Sendungen beginnt. Anfangs können nur etwa ein Viertel aller Franzosen das dritte Fernsehprogramm empfangen, hauptsächlich in der Île-de-France und im Norden des Landes. Das Gesetz zur Rundfunkreform vom 7.Oktober 1974 schafft die „Société Nationale de Programme de Télévision France Région 3 – FR 3“. Der neuen „FR 3“ werden im Fernsehen „La Troisiéme Chaîne Couleur“ zugeschlagen und die Regional- sowie Lokalprogramme im Fernsehen wie Hörfunk. Das Fernsehprogramm „FR 3“ wird zeitweise aufgesplittert 22 Regionalprogramme. Im Hörfunk gibt es zu dieser Zeit 29 Regional- und Lokalprogramme, die einige wenige Stunden am Tag senden. Sie werden durch das Gesetz der Regie von „FR 3“ unterstellt. Bei seiner Gründung am 6.Januar 1975 gehören zu „FR 3“ elf Regionalzentren. Am 22.März 1975 laufen die täglichen Fernseh-Regionalprogramme an. 

Anfang 2016 sind in Frankreich etwa 9 000 private Radio-Veranstalter präsent. Sie verbreiten ihr Programm über etwa 4 700 Sender – alle auf UKW. Bevor sie zu senden beginnen, schließen sie mit der CSA einen Vertrag, in dem ihre Verpflichtungen festgelegt sind, wie Programminhalt, Werbezeiten oder Anteil französischsprachiger Musiktitel. Von der öffentlich-rechtlichen Radio France sind fünf Programme landesweit zu hören: „France Inter“, „France Culture“, „France Musique“, „France Info“ und „France Bleue“ mit seinen 43 Regionalausgaben. Dazu kommen das Jugendradio „Mouv‘“, das in etwa 20 Städten auf UKW empfangbar ist und „FIP“ in Paris, Bordeaux, Montpellier, Nantes, Strasbourg, Arcachon, Marseille, Saint-Nazaire, Rennes und Toulouse.

Anfang des Jahres 2016 waren die erfolgreichsten Radiostationen in Frankreich „NRJ“ (6,3 Millionen Hörer pro Tag), „RTL“ (6,2 Mio.) und „France Inter“ (5,6 Mio.). Gefolgt von „Europe 1“ (4,5 Mio.), „France Info“ (4,3 Mio.), „Fun Radio“ (4,0 Mio.), „France Bleue“ (3,9 Mio.), „RMC“ (3,8 Mio.), „Skyrock“ (3,3 Mio.), „Nostalgie“ (3,1 Mio.), „Virgin Radio“ (2,6 Mio.), „RFM“ (2,4 Mio.), „RTL2“ (2,4 Mio.), „Chérie FM“ (2,2 Mio.) und „Rire et Chansons“ (1,4 Mio.).

Nach wie vor sind Radio France und die „radios périfériques“ gut im Rennen, aber der Radiomarkt ist seit Anfang der 1980er Jahre gehörig in Bewegung gekommen. Am 12.Dezember 1981 gründet sich das Unternehmen „Novelle Radio Jeunesse“ („Neues Jugendradio“) – abgekürzt „NRJ“ („Energie“ – sprich „En-Er-Schi“). Mittlerweile ist die „NRJ Group“ das größte private Radiounternehmen Europas. In Frankreich gehören dazu die „NRJ“, „Chérie FM“, „Rire et Chansons“ sowie „Nostalgie. In Deutschland nennen sich die zur „NRJ Group“ gehörenden Radios als „Energy“. Im Zuge des Konzentrationsprozesses schließen sich viele lokale Privatsender zu kleineren oder größeren Ketten zusammen. Am 16.September 1983 beginnt in Lyon „Radio Nostalgie“ zu senden. Bei „Nostalgie“ wird an die 80 Prozent französischsprachige Pop- und Unterhaltungsmusik gespielt. Zwei Jahre später weitet man sein Sendernetz und Sendegebiet aus, ab dem Jahr 1986 ist „Nostalgie“ auch in Paris zu hören. Gegen 1989 erscheinen „Radio Nostalgie“-Ableger auch im Ausland, wie im Libanon, in Russland, Belgien oder Portugal. 

Im Zuge des Mediengesetzes vom 29.Juli 1982 werden am 1.Januar 1983 die damals bestehenden 29 Zentren für Regionalradio von „FR 3“ herausgelöst und Radio France unterstellt. Ab dem 1.Januar 1983 also werden alle öffentlichen Regionalsendungen im Hörfunk in der Regie von Radio France veranstaltet. Die Sendezeit der Regionalstudios wird ständig ausgeweitet. Etliche neue Regionalstudios kommen hinzu. So gibt es auf Korsika am 16.Dezember 1982 endlich ein eigenes Regionalradio mit Niederlassungen in der Inselhauptstadt Ajaccio und in Bastia. Anfangs ist „Radio Corse“ („Radio Korsika“) jeden Tag 75 Minuten lang auf Französisch und Korsisch zu hören über die korsischen UKW-Sender von „France Inter“ und die korsischen Mittelwellensender von „France Culture“. Zur Stärkung der korsischen Sprache (eine Mundart des toskanischen Italienischen) und zur Besänftigung politischer Streitereien legt „Radio Corse“ am 20.September 1983 über ein eigenes UKW-Sendernetz los: Ajaccio (100,5 MHz), Bastia (101,7), Corte (100,0), Porto Vecchio (101,8), Bocognano (89,3), Calvi (92,65), Ile Rousse (88,3) und Cervione (99,6). Im Dezember 1983 sendet „Radio Corse Frequenza Mora“ („Radio Korsika Frequenz Mohr“ – der sarazenische „Mohr“ ist das Wahrzeichen von Korsika) sechs Stunden am Tag und ab Dezember 1984 schon 15 Stunden. Im Jahr 1993 hat „RCFM“ im korsischen Radiogeschäft einen Marktanteil von gut 22 Prozent, obwohl die damals 24 UKW-Sender nur etwa 70 Prozent der gebirgigen Insel mit einem guten Signal abdecken und obwohl auf Korsika eine Vielzahl von französischen und italienischen Radiostationen präsent ist. 

Die Konkurrenz im französischen Radiomarkt ist seit Anfang der 1980er Jahre enorm. Der Kampf um Hörer ist heftig. Immer mehr kleine und unabhängige Radiostationen verschwinden oder gehen in einer der großen Ketten auf. Die öffentliche Radio France bedient immer mehr die anspruchsvollen Hörer und die Nischen im Radiomarkt. Am 1.Juni 1987 legt Radio France mit einem reinen Nachrichtenradio los: „France Info“ sendet über UKW-Sender in den französischen Städten, die meistens auf oder um die Frequenz 105,5 MHz arbeiten. Nach dem Vorbild von „France Info“ geht am 6.Mai 1991 der Bayerische Rundfunk mit seinem Nachrichtenradio „B5 aktuell“ auf Sendung.  

In den 1980er Jahren werden auch in Frankreich UKW-Frequenzen oberhalb von 100 MHz vergeben. Bis zur Aufschaltung einer vierten UKW-Senderkette verbreiten die Regionalstudios („FR 3“) ihre Regionalsendungen über das UKW-Netz von „France Inter“ und das MW-Netz von „France Culture“. Mit diesen „décrochages régionaux“ („regionalen Abkopplungen“) ist bald Schluss. Die Regionalstudios bekommen Schritt für Schritt eigene Sender und Frequenzen und können somit wesentlich länger und unabhängiger „on air“ sein als wie bisher die paar Stunden zumeist am Vormittag. Am 14.Mai 1983 zum Beispiel legt auf den neu aufgeschalteten Frequenzen 101,4 MHz Strasbourg-Nordheim und 102,5 MHz Mulhouse-Belvédère „Radio France Alsace“ los. Im September 1992 dann werden die beiden Sendesprachen getrennt. Auf UKW sendet „Radio France Alsace“ auf Französisch und auf der Mittewelle 1287 kHz sendet „Radio France Mettelwelle“ ein paar Stunden am Tag auf Elsässisch. Seit dem 4.September 2000 meldet man sich auf Französisch als „France Bleue Alsace“ (UKW) und auf Elsässisch als „France Bleue Elsass“.

Am erwähnten 4.September 2000 fasst Radio France alle seine 45 regionale und lokale Radios unter dem Dach der neuen Senderkette „France Bleue“ zusammen. „France Bleue“ ist fortan die Radioheimat für die Freunde der französisch(sprachig)en Popmusik. Die Mutterstation in Paris meldet sich als „France Bleue 107,1“. Die 45 Regionalausgaben in der Provinz melden sich von A bis V als: „France Bleue Alsace“, „France Bleue Armoriqe“ („Armorique“ ist ein anderer Name für die Bretagne), „France Bleue Auxerre“… „France Bleue Toulouse“, „France Bleue Touraine“ und „France Bleue Vaucluse“.

Für die nicht-französischen Volks- und Sprachgruppen tut Radio France  mittlerweile auch mehr. Das Bretonische hört man auf „Radio Bleue Breizh Izel“. Die Bretagne heißt auf Bretonisch „Breiz“ und „izel“ bedeutet „niedrig“. Elsässische auf „France Bleue Elsass“ ist seit Abschaltung der Mittelwelle (1287 kHz) Anfang des Jahres 2016 allerdings nur noch online im Internet verfügbar. Die kämpferischen Korsen waren etwas früher dran. Auf Korsika heißt das Regionalradio, das rund um die Uhr und überwiegend auf Korsisch (ein Dialekt des toskanischen Italienisch) sendet: „France Bleue RCFM“. Hinter der Abkürzung „RCFM“ verbirgt sich der traditionelle Name „Radio Corse Frequenza Mora“ („Radio Korsika Frequenz Mohr“; der sarazenische „Mohr“ ist das Wahrzeichen der Insel). Die „Frequenza Mora“ ist aber in jeder Hinsicht ein Sonderfall. Schon im Jahr 1982 meldet sich „la Mora“ als „décrochage regional“ („regionale Abkopplung“) auf den korsischen UKW-Sendern von „France Inter“. Im Mai 1984 wird „Frequenza Mora“ dann unabhängig und sendet über ein eigenes UKW-Netz. Von so einem Entgegenkommen von Staat und Radio France können die Elsässer, Lothringer, Bretonen, Basken, Flamen, Katalanen oder die Provenzalen in Südfrankreich nur träumen…

Eine französische Besonderheit ist der Radiodienst der „Association des Sociétés Françaises d’Autoroutes et d’ouvrages à péage - ASFA“ („Verbandes der gebührenpflichtigen französischen Autobahngesellschaften und Kunstbauten“). Sechs regional operierende  „radios d’autoroute“ gibt es. Entlang der Autobahnen hört man sie auf der UKW-Frequenz 107,7 MHz mit aktuelle Übersichten über das Verkehrsgeschehen alle 15 Minuten, mit Nachrichten, Sicherheitshinweisen und Musik. Dieses Radionetz („isofréquence“ – „Gleichwelle“) auf 107,7 MHz wurde ab Anfang der 1990er Jahre aufgebaut. Dieser Radiodienst der ASFA ist bei den Autofahrern offenbar sehr beliebt. Jeder fünfte Radiohörer auf der Autobahn, also gut 20 Prozent, schaltet das auf 107,7 MHz ein. 80 Prozent der Zuhörer sind mit dem auf 107,7 MHz gebotenen zufrieden und über 96 Prozent halten die „Radios FM 107.7“ für wichtig bei ihren Fahrten auf der Autobahn.

4. Digitale Zukunft – L’avenir numérique

In Frankreich spricht man von „Radiodiffusion Numérique Terrestre – RNT“, wenn man die erdgebundene digitale Verbreitung von Hörfunkprogrammen meint. Die ersten Versuche mit Digitalradio laufen in Frankreich im Jahr 1990. 

Seit dem Jahr 2006 produziert Radio France in seiner Maison de la Radio in Paris und in seinen Regionalstudios alle seine Sendungen digital und wickelt auch alle Programme in den Studios digital ab. 

Im Jahr 2007 kündigt die Regierung den offiziellen Beginn des terrestrischen Digitalradios an – allerdings im Modus „T-DMB“ („Diffusion Multimédia Numérique Terrestre“) an. Dieser Standard wurde in Südkorea entwickelt und fußt auf der Norm DAB. Der offizielle Start von T-DMB war für das Jahr 2009 vorgesehen. Aber noch im Jahr 2014 sendet nur eine einzige französische Radiostation in T-DMB. Auch beim Digitalradio droht in Frankreich ein Alleingang. Einmal mehr. Wie Jahrzehnte zuvor beim Fernsehen der CCIR-Norm „E“ mit 819 Zeilen und beim Farbsystem SECAM, hätte es passieren können, dass Frankreichs Nachbarn alle in DAB bzw. DABplus senden, aber in Frankreich selbst ein eigener Standard gilt. Zwischenzeitlich aber wurde neben T-DMB auch die Norm DABplus zugelassen. Offizieller Beginn war am 20.Juni 2014. Am Anfang kann man in den Großräumen Paris, Nizza und Marseille mit einem DABplus-fähigen Gerät Radio hören. In den Bouquets findet man damals aber nicht ein einziges Radioprogramm von Radio France und auch von den anderen großen Radioprogrammen ist digital nicht zu hören. Ende 2015 können an die 20 Prozent der Franzosen DABplus empfangen. Über 100 französische Radiostationen senden mittlerweile (auch) digital. Und seit dem Jahr 2016 sind im Raum Paris endlich Programme von Radio France digital empfangbar.

Im Fernsehen beginnt die „Télédiffusion de France – TDF“ am 8.September 1998, nach der Genehmigung durch die CSA, mit ersten digitalen Fernsehversuchen im Modus DVB-T. Zu DVB-T sagt man in Frankreich „TNT“, was für „Télévision Numérque Terrestre“ steht. Die ersten TNT-Versuchssender stehen in der Bretagne, an den Standorten Rennes (St. Pern), Vannes (Moustoir-Ac) und Lorient (Plœmeur). Mittlerweile sind alle analogen Fernsehsender abgeschaltet, der letzte (Paris-Eiffelturm) wurde am 30.November 2011 stillgelegt. Fast überall in Frankreich ist heute das digitale Antennenfernsehen (TNT) empfangbar. Ende 2009 bekommt ein knappes Viertel der Franzosen die Fernsehprogramme über TNT. Alle anderen sehen über Satellit, Internet oder Kabelnetz fern. 

5. Nach über 60 Jahren: Adieu, AM!

Im Jahr 2015 teilt Radio France mit, dass die „Télédiffusion de France – TDF“ am 31.Dezember 2015 gegen Mitternacht alle ihre Mittelwellensender stilllegen wird. Ein Jahr später, also am 31.Dezember 2016 soll der Langwellensender in Allouis, folgen. In seiner Mitteilung nennt Radio France den Verbreitungsweg Mittel- und Langwelle als „obsolet“ und dessen Nutzung durch Hörer „marginal“. 

Der Rückzug von der Mittelwelle hat im Grunde schon Ende 1996 begonnen. Damals wurden alle Mittelwellensender von „France Inter“ abgeschaltet. In den folgenden Jahren sind nach und nach weitere französische Mittelwellensender verstummt. Der größte Teil der zuletzt noch genutzten Anlagen hat das Nachrichtenradio „France Info“ verbreitet. Ab dem Jahr 2005 wurden zahlreiche Sender, die bis dahin das ursprünglich nur auf Mittelwelle zu hörende Programm für ältere Hörer „Radio Bleu“ übertragen haben, zu „France Info“ umgeschaltet.

Bei „Radio Bleue“ bzw. „France Bleu“ blieben zuletzt nur noch die Mittelwellensender Paris (864 kHz), Strasbourg (1278 kHz) sowie die beiden korsischen Sender Ajaccio (1404 kHz) und Bastia (1494 kHz). Eine Besonderheit war ein langjähriger Betriebsversuch im Raum Paris auf 864 kHz: Hier wurde Stereophonie auf Mittelwelle erprobt.

In der erwähnten Mitteilung verweist Radio France auf seine UKW-Frequenzen und weist darauf hin, dass „France Info“ mittlerweile fast überall im Land auf UKW empfangen werden kann (Netzabdeckung bei 88 Prozent). Bei den elsässisch-sprachigen Sendungen von „France Bleue Elsass“, die seit 1992 ausschließlich auf Mittelwelle 1278 kHz ausgestrahlt wurden, entfällt die terrestrische Verbreitung mit Jahresende 2015 ganz. Hier muss man aufs Internet ausweichen. Vielleicht denkt man in den Führungsetagen von Radio France ja mal intensiver über RNT (DABplus) nach…

 

Wird fortgesetzt

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UKW Oh, là, là – la Modulation de fréquence 
23.Jan.21 16:14
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Die ehemalige Konkurrenz von Felsberg, das französische Programm von Radio Luxemburg sendet nach wie vor auf Langwelle 234 KHz für die Hörer in Frankreich . Das ist wohl der einzigste Langwellensender der noch für die Hörer in Frankreich und in den benachbarten französischsprachigen Gebieten präsent ist.
Mehr dazu demnächst !

 

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