braun: Väter des Braun SK 4

ID: 540346
Dieser Artikel betrifft das Modell: Phonosuper "Schneewittchensarg" SK4 (Braun; Frankfurt)

braun: Väter des Braun SK 4 
01.Jun.20 11:25
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Klaus Klemp (D)
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Klaus Klemp

Auszug aus:

Klaus Klemp, Ein Glückskind mit einigen Vätern. Die Radio-Phono-Kombination SK 4, in: HfG Archiv/Museum Ulm und Christiane Wachsmann (Hg.), Hans Gugelot. Die Architektur des Design, Stuttgart 2020, S. 60 - 79.

 

Wer waren nun die Väter des SK 4? Dieter Rams zitierte dazu 2004 zunächst einmal Antonio Citterio: „Als Designer bin ich von der grundlegenden Wichtigkeit des Klienten überzeugt, sowohl seiner Funktion als auch seiner Person. Alle Architektur und alle Produkte haben eine Mutter und einen Vater: Den Architekten oder Designer und seinen Klienten.“

Das traf sicher auch auf den SK 4 zu, der von der Unternehmensleitung initiiert und stets gegen die, in vielen Bereichen berechtigten, Bedenken der Ingenieure und Techniker verteidigt wurde. Er war am Anfang empfangs- und klangtechnisch ein eher mittelmäßiges Produkt, aber er war in seinem Konzept und in seiner Form bestechend und in jeder Hinsicht paradigmatisch.

Wie die Ausführungen gezeigt haben, wäre er ohne den konsequenten Modernisierungswillen der Unternehmensleitung nicht vorstellbar gewesen. Dabei waren die Brüder Braun durchaus unterschiedlicher Auffassung. Artur Braun orientierte sich wohl eher an Wagenfeld, der eine ähnliche organische Entwurfshaltung wie sein Vater Max Braun besaß. Dagegen fand Erwin Braun bei Fritz Eichler, dem gleichaltrigen Hans Gugelot und auch im jungen Dieter Rams seine mentale Identität. Diese geschwisterliche Rivalität, die auch in anderen Bereichen bestand, hat Erwin Braun sicherlich für sich entschieden.

Die Grundkonzeption, Form und Anordnung der oberen Bedienelemente kann man Dieter Rams unter teilweiser Mitwirkung von Gerd A. Müller und Roland Weigend zuschreiben. Dazu gab es aber fraglos entsprechende Vorgaben von Erwin Braun und Fritz Eichler. Ebenso trifft das auf die endgültige Form des Plattenspielers zu. Hier ist die ‚Werkstatt Wagenfeld‘ zu nennen, die aber letztlich nur noch in Details als Urheber bezeichnet werden kann, vor allem in der Gestaltung des Plattentellers. Die Konstruktion des SK 4 aus abgewinkeltem Blech ist dann fraglos eine originäre Konstruktions- und Gestaltungsleistung von Hans Gugelot. Inwieweit dabei weitere Ulmer, etwa die Werkstattleiter Holz und Metall beteiligt waren, muss offen bleiben.

Die Acrylglashaube ist wiederum in Frankfurt entstanden. Bei allen unterschiedlichen Zuordnungen wird man hier Dieter Rams, aber auch den für seinen Ideenreichtum bekannten damaligen Sondereinkäufer Hagen Gross nennen müssen.

Die Mutter Braun, um noch einmal Citterio zu zitieren, war bei der Entstehung des Schneewittchens mit mehreren Vätern verbandelt, sozusagen eine ziemlich polygame Entwurfsgeschichte mit prächtigem Baby


 

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