Zwischen Skylla und Charybdis
Zwischen Skylla und Charybdis
Zwischen Skylla und Charybdis stehen bedeutet, dass wenn man eine Gefahr vermeidet, man in eine andere kommt. Lateinisch heisst Scilla ein Ort an der Strasse von Messina. Es gilt also den Mittelweg zwischen zwei Extremen oder gefährlichen Möglichkeiten zu finden. Als Segler kenne ich die Strasse von Messina mit der kabbeligen See …
Es gibt auch den Spruch: „Jedem recht getan ist eine Kunst, die niemand kann.“ Davon bin ich als Leiter dieses Projekts immer wieder betroffen. In dieser Stellung darf man nicht taktisch denken (was mache ich aus dieser Situation), sondern muss konsequent eine langfristige Strategie verfolgen (Ziel). Diese ist in einem dynamischen Prozess anzupassen. Der Prozess kann innerhalb oder ausserhalb der Organisation stattfinden. Unser Aufbau ist z.B. sehr dynamisch.
Vor allem darf man sich in problematischen Situationen nicht einer Mehrheit beugen, die meist nur taktisch (nicht langfristig) denkt und nur einige Aspekte (nicht umsichtig) berücksichtigt und damit zu ganz anderen Schlüssen kommt.
Konkret:
Die Anfrage, ob bei der Digitalisierung Funkschau das Titelbild mit dem "Mann Nr. 1 des tausendjährigen Reichs" gebracht werden soll oder nicht, wurde nicht an mich allein, sondern an gut 20 Mitglieder gestellt. Darauf antwortete ich:
“Schade, dass das nun grössere Kreise zieht, obwohl ich der einzige bin, der so eine politische Sache entscheidet. Aber es spielt auch keine Rolle und Sie haben das wohl nicht bedacht.
Die Bush-Administration würde wohl nichts unternehmen, doch davor hatten wir grosse Probleme bei anderen Sites gesehen.
Es ist wie ein Blitzschlag, den man vermeiden will. Wie schon geschrieben: Das Risiko gehe ich nicht ein. Bedenken Sie auch, dass die AMIs kein Deutsch verstehen und unser Tun leicht missvertehen könnten! Nicht alle, klar. Aber wir sind ein Radiomuseum und nicht ein Geschichtsmuseum etc. und da haben solche Gestalten nichts zu suchen. Klar, dass man in 50 oder hundert Jahren das anders sehen wird, doch das hat eben Zeit.
Bitte gehen Sie der Sache nach, wie wir das im letzten Fall gelöst haben und machen Sie mir bitte dann einen Vorschlag.
Mich interessiert in dieser Frage nicht, wie viele Admins/MItglieder etc. eine andere Meinung haben.
Ich hoffe Sie können das verstehen. Sonst schreiben Sie es mir bitte. Unser Verhältnis trübt sich in keiner Weise durch diesen Verlauf - zumindest nicht bei mir.
Auch schätze ich es sehr, was Sie tun - und da bin ich nicht alleine ;-)
Jetzt sehe ich gerade, dass Herr Richter das letzte Mal eine gute Lösung fand. Bitte realisieren Sie diese sinngemäss. Danke.
Herzlich grüsst Sie
Ernst Erb“
Nur einige der Gründe für meine Entscheidung:
Wir sind kein Geschichtsmuseum, sondern ein Radiomuseum. Uns interessiert Technikgeschichte – und da ist manchmal auch das Umfeld wichtig. Auf heikle Politikpunkte sollten wir aber weise verzichten
Wehret den Anfängen, denn wir wollen keine Leute vor den Kopf stossen, die z.B. unsere Sprache nicht verstehen, Bilder aber schon. Die könnten über eine Suchmaschine genau auf dieses Titelbild stossen … Selbstzensur hätte z.B. einen „Karikaturen-Streit“ verhütet. Ein paar wenige Seiten – von mehr als 100'000 könnten unseren Ruf beschädigen. Wir wollen auch nicht unerwünschte Ratten mit einem solchen Köder anziehen. Die reinen Propagandatexte sind ebenso anstössig und bringen nicht Information zu unserem Hobby.
Wir lassen solche Artikel/Bilder einfach aus und schreiben dazu:
Diese Seite enthält überwiegend NS-Propaganda und unterliegt deshalb unserer Selbstzensur.
Konrad Birkner schreibt richtig: „Es gibt keinen hemmungslosen Anspruch auf Grundrechte, ohne sich selbst zu gefährden“ und weist auf „Biedermann und die Brandstifter“ hin. Da sieht man, wie man Grundwerte ad absurdum führen kann. Es hat also nichts mit Kuschen zu tun, wenn wir einem potentiellen Fettnapf ausweichen, sondern mit Voraussicht.
Damit schliesse ich diesen Thread.
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.
Nix Biedermann!
Wie Sie sehen, raubt mir das Problem den guten Schlaf. Von einem wohlmeinenden Mitglied habe ich einen längeren Exkurs erhalten, den es zu beantworten gilt. Hier ein paar Aussagen daraus:
"Alles ist sehr wage formuliert, um welche konkrete oder befürchtete Gefahr es geht wurde dabei aber nicht deutlich. … diffuse Befürchtungen …. Auch Max Frisch hilft nicht weiter, wenn man nur die Rolle der Brandstifter sieht und nicht bedenkt, wer den dann der Biedermann ist.
Meine Befürchtung im Moment ist, dass nun unnötig böses Blut fließt. Erst konkrete Befürchtungen lassen auch die Entwicklung konkreter Strategien zu.
… und wie man immer wieder sieht, können viele mit gegensätzlichen Standpunkten nicht umgehen und ziehen sich eingeschnappt zurück.
… dass Herr Richter das letzte Mal eine gute Lösung fand." lassen den Leser ratlos im Regen stehen, da nicht klar wird, welche Lösung gemeint ist".
Genau so ist es – ausser mit dem Biedermann, da kennt er mich offensichtlich schlecht:
Als Junge hatte ich Handgranaten gebastelt, um mich allenfalls wehren zu können. Als Unternehmer hatte ich mit zwei Mitarbeitern des Nachts mitten in der Stadt eine Stoppstrasse eingezeichnet, weil da zu viele Unfälle passierten und Eingaben nichts nutzten. Es gab auf der ersten Seite der Tageszeitung eine Anzeige gegen unbekannt – aber sehr rasch kam dann die Stoppstrasse wirklich. Das zum Biedermann.
Schon bei Beginn meines Unterfangens, genannt Radiomuseum.org, hatte ich mich entschieden, Politik, Religion etc. hier zu verbannen.
Mit den zig Mitgliedern der ersten Stunde konnte ich so etwas zur Not ausdiskutieren. Bei ca. 3400 Mitgliedern ist es schon aus Zeitgründen nicht möglich, mich im Detail zu rechtfertigen, abgesehen davon, dass ich nicht muss. Es sind zu viele Details und Einiges müsste ich recherchieren.
Trotz einer grossen Anzahl von Mitstreitern fehlen mir Leute, die sich engagiert um einen Teilbereich kümmern und den umsichtig in Beschlag nehmen, nicht nur das Angenehme daran.
Zu oft muss ich die heissen Kastanien selbst aus dem Feuer holen! Hier haben wir ein Beispiel, meine Bemerkung Herr Richter. Ich wusste noch, dass da etwas war (1. April) und jedermann kann sich selbst an Herrn Richter wenden – und mir die Quelle zuspielen, damit ich sie bringen kann – oder wie wir das damals lösten – denn darüber kann ich nur spekulieren – oder mühsam nachschauen. Beides kann ich mir nicht leisten.
Bei IBM lernte ich in den 50er Jahren etwas über „perfekte Stabsarbeit“, doch das kann ich hier nicht verlangen – auch tickt die Welt heute anders – und ich sehe leider, wo wir als Gesellschaft hin laufen. Kennen Sie Geschichte? Können Sie vergleichen und extrapolieren?
Mit was kann man meine Aufgabe vergleichen?
Stellen Sie sich mal vor, jemand hat die Aufgabe übernommen, tausende von Einwanderer mit Kind und Kegel an einen sicheren Siedlungsort im Westen der heutigen USA zu führen. In diesem Fall hier hat er die Möglichkeit, entweder sich auf der linken oder der rechten Seite des Flusses zu bewegen. Er weiss, dass beim anderen Ufer (Veröffentlichung von absoluten Propagandatexten der Nazi) Gefahren lauern, auf seinem praktisch kaum. Er weiss, dass er mit seinem Weg intern Probleme bekommt, weil das andere Ufer viel einfacher und schöner aussieht! Es gibt immer Leute, die es anders machen würden …
Soll er nun jedes Risiko da drüben recherchieren und darüber debattieren und dabei zu wenig Zeit für seine eigentlichen Aufgaben haben? Aber wenn er das nicht tut, dann kann das bis zur Meuterei führen – ausser er hat verantwortungsbewusste Leute, die das Problem erkennen und kommunizieren können - und für seine Entscheidung einstehen.
Debattierclub?
Wir haben es bei unserem Treck mit der durchschnittlichen Verteilung der Bevölkerung zu tun, was eine zu heterogene Zusammensetzung ist, ich weiss. Mit je mehr präzisen Antworten ich komme, desto mehr verstricke ich mich – wie eine Fliege, die im Netz zappelt. Jedem Recht getan? Nein, unmöglich. Jeder wird mit anderen Aspekten kommen, und ich wäre zeitlich gefangen. Tausend oder dreitausend Individuen können eine Menge Argumente bringen!
Wer den Treck verlassen will, ist eingeladen, das zu tun, das hatten wir schon.
Ich bin verantwortlich für diesen und keinen anderen Weg. Also: Wenn ich aus der Struktur von Bergen erkennen kann, welche Gefahr lauert, kann ich diese Erfahrung trotzdem nicht weiter geben. Ich will auch nicht den Felssturz provozieren, um dann Recht zu haben. Und: Es kann gut sein, dass wir auf der anderen Seite nur ganz wenig Leute verloren hätten, denn wir können weder den Ort noch den Zeitpunkt angeben, wo etwas passiert, nur das allgemeine Risiko.
Das "unnötige Blut" kommt nicht von mir,
sondern entweder von einem Mitglied, das sich die Konsequenzen des Vorgehens nicht überlegt hatte oder meinte mit einer Mehrheit kommen zu müssen statt das im Rat diskutieren zu lassen (Officers) oder mich direkt entscheiden zu lassen. Mehrheiten interessieren mich nicht, wenn ich bei einem Kurs sicher bin, nur bessere Argumente. Ich trage ihm das nicht nach, denn manchmal stolpern selbst gute Menschen über etwas … Meine Argumente hier kann man nicht entkräften, nur belächeln/angreifen/negieren - oder verstehen.
Klarstellen will ich:
Wir bringen den F auf der Titelseite nicht UND: Wir bringen keine Kapitel mit reiner NS-Propaganda, denn wir sind für Technik zuständig, nicht für Geschichtsdokumentation.
Dafür gibt es anderweitig Aufklärung. Wir zeigen das offen mit entsprechend weissen Stellen. Dazu gehört ein Hinweis, dass wir das aus Eigenverantwortung tun, nicht auf Druck von jemand, denn wir verletzen nicht unnötig Gefühle von anderen (wie beim Karikaturen-Streit). Richtig, wir sollten das zweisprachig bringen:
Ich werde den verbindlichen Text noch dazu setzen, wenn ein guter Vorschlag kommt – und ich werde einen Link auf Herrn Richters Variante setzen, wenn mir jemand die URL dazu schickt. Es gilt aber nicht seine Variante, da hatte er einfach mit dem Datum Glück ;-)
Strategien sucht man nicht mit einer riesigen Allgemeinheit, abgesehen davon, dass ich die Strategie nicht suchen muss, sondern habe. Allenfalls diskutiert das der Rat.
Das steht absichtlich im öffentlichen Teil, weil auch Gäste unsere Beweggründe für etwas wissen können sollen.
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.
