dynacord: MV46 (MV 46); Trafoerwärmung normal?

ID: 148088
Dieser Artikel betrifft das Modell: MV46 (Dynacord (W. Pinternagel); Straubing)

dynacord: MV46 (MV 46); Trafoerwärmung normal? 
29.Aug.07 22:16
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Tobias Münzing (D)
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Tobias Münzing

Liebe Sammlerkollegen,

ich mache mir schon seit einiger Zeit gedanken, ob die Trafoerwärmung bei meinem Dynacord normal ist? Der Trafo erreicht, nach 4 Stunden Betrieb im mittleren Leistungssegment ca 75 Grad Celsisus. Die Temperatur wurde mit einem Hg-Thermometer gemessen von Leybold. Was nach diesen 4 Stunden passiert, wollte ich aus Angst um den Trafo nicht ausprobieren. Ich frage in Anlehnung an eine Veranstaltung, bei der ich die Beschallung übernehme und diesen Verstärker einsetzen möchte. (Betriebsdauer ca. 10 Stunden)

Kondensatoren und ELKOs wurden von mir schon komplett getauscht. Röhrendefekte sind auch auszuschließen, da ich alle auf meinem Funke W19 geprüft habe.

Wenn mich hier jemand (ent)warnen könnte, wäre ich dafür sehr dankbar!

Tobias Münzing

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Trafoerwärmung 
30.Aug.07 08:36

Georg Beckmann (D)
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Georg Beckmann

Hallo Herr Münzing.

Zunächst etwas Physik. Die Erwärmung folgt einer E-Funktion. D.h. Die Erwärmung nimmt nicht ständig zu, sondern strebt gegen einen Grenzwert.

Trafo werden nach verschiedenen Normen gebaut und geprüft früher war VDE0551 dafür gängig.

Die Prüfung der Erwärmung ist dort wie folgt vorgeschieben: ( Beim Baumuster, nicht in der Serie ).

Der Trafo wird mit dem 2,1 fachen, des Sicherungs-Nennstroms belastet. Im kalten Zustand wird jetzt der ohmsche Wicklungswiderstand gemessen. Die Temperatur der Wicklung lässt sich nach folgender Formel bestimmen:

delta T = [ (R2 - R1 )/R1 * ( x + T1) ] - ( T2 - T1 )

dabei ist : R1 der Widerstand zu Beginn der Messung bei Raumtemperatur T1

                  R2 der Widerstand am Ende der Messung bei der Raumtemperatur T2

                  x = 234, 5 für Kupfer  [ K ]

Hier muss man nur eine halbe Stunde messen, da dann die Sicherung nach Norm spätestens auslöst.

Der Beharrungszustand ist ca. erreicht, wenn die Temperatur nach einer Stunde um weniger als 2 K steigt.

Je nach Isolierstoffklasse und Absicherung A.. H  darf die Temperaturerhöhung bei Wicklungen

Temperaturen von 125 °C bis 210°C nicht überschreiten.

 

Vielleicht hilft das ein Wenig.

 

Gruß

 

Georg Beckmann

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Höchstzulässige Trafo-Erwärmung 
30.Aug.07 19:15

Rolf Nickel (D)
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Rolf Nickel

Lieber Herr Münzing,

ich möchte die Antwort von Herrn Beckmann noch ein wenig unterstützen und habe daher in die Nachfolgenorm, die derzeit gültige EN 61558-1 geschaut. Dort komme ich auf eine maximal zulässige Wicklungstemperatur von 100 °C selbst unter der Annahme der ungünstigsten Isolierstoffklasse (die wir ja nicht kennen), siehe Anlage.

Sehr wahrscheinlich müssen Sie sich noch keine Sorgen machen, denn der Beharrungszustand dürfte nach 4 h mit Sicherheit erreicht gewesen sein. Wichtig sind noch
  • der Aufstellungsort : frei, also z. B. nicht in einem Schrank, alle Lüftungslöcher offen und Gehäuse-Unterseite mit den vom Hersteller vorgesehenen Füssen auf Abstand von der Aufstellfläche (glatt, kein flauschiger Teppich o. ä.) gehalten, damit die Luft gut zirkulieren kann.
  • und eine Umgebungstemperatur möglichst nicht wesentlich über 21 °C.
Wenn Sie noch etwas tun möchten, so empfehle ich, die Stromaufnahme des Gerätes oder wenigstens der Endstufen zu messen und mit den Angaben des Herstellers zu vergleichen. Und passen Sie auf, damit kein Spassvogel etwas Flüssiges in den Verstärker gießen kann.

Rolf Nickel Anlagen:

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30.Aug.07 22:52

Tobias Münzing (D)
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Tobias Münzing

Hallo Herr Beckmann, Nickel.

erst einmal vielen dank für die Antworten! Die Formel von Herr Beckmann werde ich gleich Morgen ausprobieren. Nur welche Wicklung meinen sie Primär; Anode; Heizung?

Die Anmerkung von Herrn Nickel, wegen Anodenstrom und -spannung habe ich schon geprüft beides liegt in den Werten die vom Hersteller vorgegeben sind. Sonst wäre der Verdacht der Überlastung sehr nahe gelegen, wenn der Trafo dann heiß würde.

Ich werde Morgen den Dauerbetrieb von ca. 6 Stunden wagen. Von der Endtemperatur werde ich hier berichten.

Noch einmal herzlichen Dank für die Antworten!

Tobias Münzing

 

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Kleingedrucktes 
31.Aug.07 07:47

Georg Beckmann (D)
Redakteur
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Georg Beckmann

Hallo Herr Münzing,

da die Normen für die Sicherheit sind und sehr gründlich gemacht sind, gilt folgende Vorschrift:: Sie müssen alle Wicklungen prüfen. Die Wicklung mit der größten Temperaturerhöhung ist maßgebend, eigentlich logisch.

hat ein Transformator mehrere Sekundärwicklungen, wird die Prüfung so durchgeführt, dass eine Sekundär-Wicklung Überlastet wird und alle anderen mit Nennstrom. Die Überlastung der Sekundärwicklung ist so zu wählen, dass der Primärstrom wieder das 2,1 fache erreicht.

Das hört sich nach Erleichtung der Prüfschärfe an, kann aber eine sehr harte Forderung bezüglich der Heizwicklung sein.

Eine Abhilfe wird dadurch erreicht, dass die schwache Sekundärwicklung eine eigene Sicherung erhält.

In diesem Fall muß für die Prüfung dieser Wicklung der Sekundärstrom das 2,1 fache des Sicherungsnennstroms sein.

Noch etwas zu der Formel: T1 und T2 sind die Raumtemperaturen vor bzw. nach der Prüfung.
Für diese Zwecke setzt man T1 = T2, dann wird die Formel gleich übersichtlicher.

 

Gruß

 

Georg Beckmann

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12.Oct.07 21:37

Tobias Münzing (D)
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Tobias Münzing

Hallo Herr Beckmann,

ich habe nach dieser langen Zeit einige Versuche angestellt. Ich habe den Verstärker vor ca. 2 Wochen 8 Stunden durchlaufen lassen mit einem Signalton von 1000Hz und einer Leistung von ca. 25 Watt. Reultat: nach 6 Stunden war die höchste Temperatur erreicht, von 87°C. 2 Stunden ging das noch so ohne Veränderung. Dann berührte ich den Siebelko und merkte ein brodeln im Innern und dachte mir nichts weiter dabei.

Dann ging ich aus dem Raum um etwas zu trinken. Dann ließ es einen "brutalen" Schlag. Ich hatte eine wage Vermutung die sich bewarheitete. Siebelko lag auf dem Boden, Elektrolyt überall verspritzt übler Gestank, nach verbranntem Kunststoff.

ECC83(Phasendreher) und EM84 mussten dran glauben....

Die 315mA Sicherung im Anodenkreis war durchgebrannt vielleicht etwas spät???... 

Nun nachdem ich alles geprüft hatte auf weitere Kurzschlüsse, baute ich einen neuen Siebelko von Herrn Wüsten ein.

Dieser hielt jetzt 12 Stunden Dauerbetrieb aus ohne ein inneres Brodeln. Trafotemperatur ohne Veränderung bei 87°C.

Mein Dynacord MV15 erreicht die selbe Temperatur.  Funktioniert ohne Probleme.

Ich gehe davon aus das dies Bauserien bedingt war um Geld zu sparen?

Noch ein schönes Wochenende!

Werde Morgen in Altensteig sein.

Tobias Münzing

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Betriebssicherheit ? 
13.Oct.07 08:40

Rolf Nickel (D)
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Rolf Nickel

Lieber Herr Münzig,

irgendetwas hat hier nicht gestimmt, vielleicht wurde die zulässige Höchstspannung des Netzteil-Elkos längere Zeit  überschritten. Die Trafo-Erwärmung war offenbar nicht das Problem, sondern ein beginnender Kurzschluß. Bitte lesen Sie diese Beiträge. Haben Sie noch die Alu-Hülle des Elkos mit den Spannungsangaben ? Bitte noch mal prüfen, mit der Realität (Schaltbildangaben) und mit den Angaben auf dem Neuteil vergleichen, damit so etwas nicht noch einmal passiert, das ist wirklich gefährlich.

Rolf Nickel

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14.Oct.07 12:03

Tobias Münzing (D)
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Tobias Münzing

Hallo Herr Nickel,

Die zulassige Höchstspannung war nicht das Problem, dass muss ein anderes gewesen sein.

Der Elko war von Hoges 50+50µF450/550V-.

einen schönen Sonntag noch!

Tobias Münzing

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Entwarnung ? 
14.Oct.07 19:55

Rolf Nickel (D)
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Rolf Nickel

Lieber Herr Münzing,

hoffentlich haben Sie recht. Bitte haben Sie Geduld mit mir, aber ich habe das Schaltbild noch mal genauer angesehen. Am Pluspol von C33b fehlt leider die Spannungsangabe. Mir scheint, dass die Dynacord-Leute zumindest C33a+b / 32+32µF mit 450/550 V (und wohl auch den Netztrafo wegen der relativ hohen von Ihnen festgestellten Betriebstemperatur) knapp bemessen haben. An der Sekundärwicklung bei der GZ 34 lese ich 340 V ~, wahrscheinlich die Trafo-Leerlaufspannung. Multipliziert mit Wurzel aus 2 ergibt rund 480 Volt. Denken Sie bitte auch daran, dass – zumindest in Deutschland – die Netzwechselspannung von 220 Volt auf 230 Volt erhöht wurde. Das heisst, beide Hälften des "Hochohm-Gesellschafts-Elkos" wurden schon ganz gut beansprucht, zumindest regelmäßig während der Anheizzeit der beiden EL 34.

Mit freundlichem Gruß
Rolf Nickel

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14.Oct.07 20:36

Andreas Steinmetz (D)
Redakteur
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Liebe Kollegen,

die Spannung wird nicht das Problem gewesen sein. Viel mehr der Querstrom durch den Elko, der dadurch entstand, dass die Endstufe weit ausgesteuert betrieben wurde. Durch Alterung, aber auch durch ungenügende Bemessung oder schlechtes Elko-Fabrikat, kann sich der innere (ohmsche) Serienwiderstand des Elkos soweit erhöht haben, dass der Querstrom daran eine so große Verlustleistung erzeugt, dass sich der Elko im Laufe der Zeit immer weiter erhitzt und schließlich zerstört wird..
Der durchgeführte Test kann durchaus als echter Härtetest gewertet werden. Nicht umsonst liegt die Sinus-Dauerleistung bei Verstärkern oft erheblich unter der kurzzeitig abgebbaren Sinusleistung oder gar der Musikleistung.

Andreas Steinmetz

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