Etwas für Audion Enthusiasten

ID: 160336
Etwas für Audion Enthusiasten 
11.Mar.08 10:00
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Felix Schaffhauser (CH)
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Felix Schaffhauser

Durch meinen Sohn bin ich auf einen Audion-Bausatz gestossen, der es in sich hat. Mit einer Röhre 3S4 (DL 92) bestückt bringt das Gerätchen an ein paar Metern Antenne vorzügliche Empfangsleistungen und sieht erst noch gut aus.

Bezogen werden kann der Bausatz bei www.xtalman.com unter der Bezeichnung "Armstrong One-Tube Radio" für etwas über 50 Dollar + Versandspesen. Bei den heutigen Wechselkursen also durchaus erschwinglich. Ich denke, es ist den Preis wert!

Kopfhörer und Batterien gehören allerdings nicht zum Lieferumfang, nur der Batteriehalter ist dabei. Für die Anodenspannung genügen gemäss meinen Erfahrungen bereits 18 Volt. vorgesehen sind aber 5x9 Volt Blocks.

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11.Mar.08 17:27

Wolfgang Holtmann (NL)
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Wolfgang Holtmann

Lieber Felix,

schön, dass du uns von Deinem Neuerwerb mitgenießen lässt!

Ich habe mir die Herstellerbeschreibung durchgelesen und bin natürlich neugierig, was haben die Amerikaner da gezaubert? Wie sieht die Schaltung aus?

Es ist mir schon klar, auf Grund des 'Copyright' darfst Du nicht die originale Schaltung veröffentlichen. Aber eine grobe Handskizze wäre schon hilfreich, um das Rückkopplungsprinzip zu ergründen.

So wie ich das auf dem Foto erkenne, ist die obere Teilwicklung die Rückkopplungswicklung? Dann wäre das nicht nach Armstrong, sondern nach Meißner-Strauß.

Unter einem Armstrong Regenerative Receiver verstehe ich einen zweiten abgestimmten Kreis in der Anodenzuführung, welcher etwas vom Eingangskreis verstimmt werden muss! Dieser koppelt nicht induktiv auf den Eingangskreis! Die Rückkopplung geschieht rein durch die Anoden-Gitter Kapazität und funktioniert daher auch nur bei Trioden. Das war seine Erfindung, besser gesagt, Entdeckung.  

Später hatten E. F. Huth und L. Kühn Armstrongs Anordnung als Oszillator erneut "erfunden" . Ihnen wurde am 28.9.1917 hierfür das DRP 310152 erteilt.

MfG, Wolfgang

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Audion Prinzip 
11.Mar.08 22:16

Felix Schaffhauser (CH)
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Felix Schaffhauser

Hallo Wolfgang,

jetzt bin ich natürlich etwas verwirrt. Ohne mir viel Gedanken über Meissner, Huth Kühn etc zu machen habe ich einfach die Bezeichnung des amerikanischen Herstellers übernommen. Warscheinlich wollte er mit dem Gerät einfach dem amerikanischen Pionier des rückgekoppelten Audions die Ehre erweisen. Da ich den Herrn (Lance Borden) mittlerweile per EMail einwenig kenne, werde ich ihn bezüglich der Namensgebung ansprechen und ihn auch gleich bitten mir die Freigabe des Schemas zu geben (im Sinne von etwas Propaganda). So wie ich es sehe handelt es sich um eine ganz normale induktive Rückkopplung mit Regelung durch ein Potentiometer dessen Schleifer  kapazitiv mit Masse verbunden ist.

Gruss

Felix

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12.Mar.08 00:14

Wolfgang Holtmann (NL)
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Wolfgang Holtmann

Ich habe mich in der Vergangenheit ein wenig in die Materie vertieft und selbst historische Schaltungen von L. De Forest (Ultraudion) und E. Armstrong (Regenerative Receiver) nachgebaut. Da sind beim Experimentieren so ein paar Dinge viel deutlicher geworden.  Das Audion-Prinzip selber wurde übrigens von L. De Forest erfunden.

 

Bleiben wir mal beim Regenerative Receiver nach Armstrong. Untenstehende Zeichnung ist die im Januar 1913 vorab notariell beglaubigte Basisidee.  

 

Um die enge Verwandschaft mir dem Huth-Kühn Oszillator zu zeigen, habe ich mir erlaubt, in Rot die Spulen(eigen)kapazität C3 und die Anoden-Gitter Kapazität C a-g anzudeuten.

 

Anmerkung: Zwischen einer Rückkopplung im Sinne einer Entdämpfung eines Kreises und einem Oszillator besteht nur der kleine Unterschied, letzterer schwingt durch eine starke Rückkopplung kontinuierlich!

 

 

Unverständlich erscheint mir der Drehkondensator C2 parallel zur Anodenbatterie B2.

Allerdings habe ich keine Beweise, um die Richtigkeit anzuzweifeln.
Normalerweise sollte eine Batterie von Einzelelementen für die Hochfrequenz eine sehr niedrige Impedanz aufweisen. Dann hat der Drehko keinen Einfluss.

Oder waren die damaligen Stromquellen von der Art, dass ungewünschte(!) Induktivitäten (Verdrahtung untereinander ?) doch eine Rolle spielten?  

  

MfG

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Armstrongs Patent 
13.Mar.08 14:51

Felix Schaffhauser (CH)
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Felix Schaffhauser

Habe mich nun auch etwas eingehender mit Armstrongs Grundidee beschäftigt. Beiliegend nochmal eine originale Fig. aus der Patentschrift.

Es ist tatsächlich so, dass im Anodenkreis ein abgestimmter Schwingkreis mittels (offenbar) der Gitter-Anodenkapazität auf die Seite des Eingangskreises gekoppelt werden sollte. Dies aber (noch nicht!) im Sinne des Superhetprinzips (kam später), sondern zur Entdämpfung des Eingangskreises, also wirklich der "regenerative receiver". Die in der Patentschrift dargestellten Schaltungskonzepte (total 6) sind kompliziert, unübersichtlich und nicht von grossem praktischen Nutzen. WIe wir heute wissen geht es ja mit einer einfachen Rückkopplungsspule im Anodenkreis, wie in der vorliegenden Schaltung des Kits. Trotzdem ist der rückgekoppelte Audion Empfänger im weitesten Sinne ein "Armstrong receiver". Als nächstes werde ich die 9-seitige Patentschrift von Armstrong nochmals genauer unter die Lupe nehmen. Vielleicht verstehen wir dann besser die Funktion der zahlreichen variablen Kondensatoren (inkl. überbrückte Anodenbatterie) und die Schaltungsvarianten von Armstrong. 

mfG  Felix

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15.Mar.08 15:47

Wolfgang Holtmann (NL)
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Wolfgang Holtmann

Danke, lieber Felix,

für Armstrongs original Patent Nr. 1113149,  vom 6.10.1914.

Als Fig.2 sehen wir die schon von mir vorgestellte Schaltung (Handskizze), nun aber fein säuberlich für die Patentanmeldung (29.10.1913) gezeichnet.
Hier ist der von mir in Zweifel gezogene Drehko parallel zur Anodenbatterie als Festkapazität (C4) dargestellt!

Das erscheint mir viel logischer, weil ich davon ausging, dass ein variabler Kondensator höchstens 1000 pF aufweisen kann. Das ist als HF-Überbrückung der Anodenzellen (mit ihren langen Zuleitungen) jedoch zu wenig. Hier sind sicherlich 0,1 µF oder mehr gefordert, abhängig von der Empfangsfrequenz.

MfG

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17.Mar.08 12:09

Felix Schaffhauser (CH)
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Felix Schaffhauser

Guten Tag Wolfgang,

 ja so steht es auch in der Patentschrift, C4 soll der HF einen Weg geringer Impedanz erlauben, da davon ausgegegangen wird, dass die Anodenbatterie (bis 150V in Form einer volta'schen Säule) einen erheblichen Innenwiderstand (etliche 10'000 Ohm) aufweist. 

Das Rückkopplungsprinzip scheint ohne direkte Kopplung der Induktivitäten realisiert zu sein. In der Patentschrift ist immer wieder die Rede von einer Induktivität, die dem Anoden (Wing)-kreis und dem Gitterkreis gemeinsam ist und so die Energie zur Entdämpfung in den Gitterkreis liefert.

Normalerweise ist aber eine Impedanz im Kathodenzweig eine Gegen-Kopplung und bewirkt eher das Gegenteil. Betont wird aber, dass diese beiden Kreisen gemeinsame Impedanz vorwiegend eine Induktivität (explizite Spule, Trafo oder elektrodynamischer Kopfhörer) ist und die induzierte Spannung bezüglich der Phasenlage für die passende Steuerung des Gitters sorgt. Das ist so allerdings nicht formuliert, man muss da im 1. beinahe 100-jährigen Englisch + dem Juristen-jargon zwischen den Zeilen lesen. In der Patentschrift werden auch (in  bis zu 6 FIguren) die unterschiedlichsten Schaltkonzepte angegeben und die diversen Pfeile bei den  L's und C's sind eher formeller Natur als funktionsentscheidend. Mit den vielen C's wird (aufgrund praktischer Erfahrungen) denn auch nur aufgezeigt, mit welchen Massnahmen man ein Schwingen der Anordnung bei den unterschiedlichsten Frequenzen verhinder kann.

Klar ist, dass Armstrong mit den vorgestellten Anordnungen eine wesentliche Verbesserung des Empfangs und eine Empfindlichkeitserhöhung um bis zu 10-fach erreichen konnte. Die Begründung der Effekte und die juristische Absicherung (in der Breite) in der Patentschrift sind eine andere Sache.

Kannst Du damit etwas anfangen?

mfG

Felix  

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17.Mar.08 18:11

Wolfgang Holtmann (NL)
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Wolfgang Holtmann

Lieber Felix

 

Auch ich bin –wie Du- dabei, die Hintergründe der regenerativen Schaltung nach Armstrong zu begreifen. Über Google bekommt man schon eine Menge Informationen, hauptsächlich aus den USA.

Es ist in der Tat so, man betrachtet allgemein Armstrong als Erfinder der Rückkopplung (Regenerative Circuit), macht aber in den USA oftmals keinen Unterschied was die Varianten nach Meißner, Hartley, Colpitts usw. betrifft.

 

 

Ich muss zugeben, es fällt mir schwer, Armstrongs Erklärungen zu seinem Regenerative-Patent zu verstehen. Da dieses aber vom Prinzip der Huth-Kühn Oszillatorschaltung gleichkommt, habe ich eine Funktionserklärung (hier verkürzt wiedergegeben) in der FUNKSCHAU 1943, Heft 2 gefunden.

 

„Das Zustandekommen einer phasenrichtigen Rückkopplung über die Kapazität zwischen Anode und Gitter mag besonders unverständlich erscheinen, wenn man danebenhält, daß in NF-Verstärkern ähnlich geschaltete Kapazitäten zur Gegenkopplung benutzt werden, also genau entgegengesetzte Wirkung haben.
Des Rätsels Lösung liegt darin, daß ja der Anodenschwingkreis höher abgestimmt ist als die Schwingfrequenz, so daß er sich dieser gegenüber induktiv verhält.
Der Anodenstrom der Röhre, der bekanntlich um 180° gegen ihre Gitter-Steuerspannung verschoben ist *), erregt daher am Anodenkreis eine um 90° voreilende Spannung; diese schickt über die Anoden- Gitter-Kapazität einen Strom, der am Gitterkreis wiederum eine ihm gegenüber um 90° voreilende Spannung erregt.
Aus diesen zweimal 90° ergibt sich eine Phasendrehung von insgesamt 180°, die die röhrenbedingte 180°- Verschiebung ausgleicht, so daß eine phasenrichtige Rückkopplung zustande kommt.“

 

Anmerkung W. Holtmann:

*) Die Anodenspannung ist bekanntlich um 180° gegen ihre Gitter-Steuerspannung verschoben.

 

Eine weitere, sehr theoretische Erklärung ist in Barkhausens „Lehrbuch der Elektronenröhren“ 3. Band, zu finden. Ob das in Übereinstimmung mit obiger Erklärung ist, kann ich nicht beurteilen, mir zu hoch gegriffen!

 

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Regenerative Circuit nach De Forest

Bekanntlich behauptete auch L. De Forest, Erfinder der regenerativen Schaltung zu sein und zwar noch bevor Armstrongs Patentanmeldung! Erst 1934 wurde in höchster Instanz zu Gunsten von De Forest entschieden.

Dazu hat mir Herr Rudolph aus Berlin einen Auszug aus einem Buch von Blake übermittelt.
In der Handskizze erkenne ich eine induktive Rückkopplung vom Anodenkreis (W = Anode) auf den Eingangskreis mit Hilfe von zwei(!) Spulen! Diese hätte man einsparen und einfach von der Anodenspule auf die Eingangsspule rückkoppeln können, so wie von Meißner und Strauß etwas später vorgeschlagen.

Es fällt auf, die Schaltung (August 1912) zeigt keinen Kopfhörer, war als Oszillator gedacht. Ich vermute, könnte beim Experimentieren per Zufall „entdeckt“ worden sein?

 

 

 

 

 

 

MfG

 

 

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Aha! 
20.Mar.08 17:52

Felix Schaffhauser (CH)
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Felix Schaffhauser

Lieber Wolfgang,

Du hast mich mit dem Artikel über das Induskop auf die richtige Spur gebracht. Das Entscheidende ist also, dass der Anodenschwingkreis nicht in Resonanz mit dem Eingangskreis gebracht wird, sondern etwas daneben, so dass er induktiv oder kapizitiv wirkt und somit zwischen seiner Spannung und dem Strom eine Phasenverschiebung von + oder- 90 Grad besteht, je nachdem. Für das Armstrong-Audion muss also dieser Anoden (Wing-)Kreis eine kapazitive Impedanz aufweisen, also in der Frequenz etwas tiefer als der Eingangskreis abgestimmt sein. Damit eilt der HF Strom im Anodenkreis der Spannung an der Anode um 90 Grad voraus. Dieser Strom lässt dann an der Induktivität im Kathodenkreis eine Spannung entstehen, die erneut um 90 Grad vorauseilt. Damit ist die "rückgekoppelte" Spannung gegenüber der Anodenwechselspannung um 180 Grad phasenverschoben und somit ergibt sich mit der  Phasenverschiebung zwischen Gitter und Anode summa summarum 0 Grad, womit die Schwingbedingung erfüllt ist. Ich habe den Sachverhalt kurz in einem Prinzipschema und einem Zeigerdiagramm dargestellt. Ich verstehe jetzt auch, warum Armstrong in der Patentschrift überall variable Induktivitäten und Kondensatoren eingezeichnet hat: die Einhaltung der dargestellten Phasenbedingungen verlangt natürlich ein sorgfältiges Abgleichen der Resonanzfrequenzen des Anoden- und des Kathoden-kreises. Bei einem Empfänger, der ja ein grösseres Frequenzgebiet abdecken soll gar nicht so leicht zu verwirklichen. Den Gitterableitwiderstand habe ich nur angedeutet, er dürfte durch das schlechte Vakuum der damaligen Röhren intern realisiert gewesen sein.

Übrigens kann ich mir vorstellen, dass bei den Trioden um 1913 mit dem rudimentären Gitter die Gitter/Anodenkapazität kaum zur Rückkopplung zu gebrauchen war, weil viel zu klein.

  viele Grüsse

Felix

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