Jessen /Elster Himmelsberg auch heute noch geheim ?

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Jessen /Elster Himmelsberg auch heute noch geheim ? 
01.Jun.19 17:59
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Die zwei RIAS- Störsender wurden  1959 ( 60 )  in Herzberg am Standort Pförtnerhaus demontiert und auf dem  bereits vorhandenen Standort, am 132 m hohen "Himmelsberg" in Jessen / Elster, aufgebaut. Diese wurden dann am 23.November 1978 abgeschaltet, wie auch alle anderen auf dem Gebiet der DDR. 

Dort befand sich bereits Anfang der 40iger Jahre ein Hölzerner Turm, welcher als Beobachtungsturm für die Luftraumüberwachung ständig besetzt war. Bei klarem Wetter hatte man Sicht bis Königs Wusterhausen und in anderer Richtung bis Leipzig.

Anfang der 50 iger Jahre wurde ein 32,2 m hoher UKW - Gittermast errichtet. 

FOTO AUS DEM BESTAND DES FUNKAMTES DRESDEN, DANKE AN HAJO BÖHME

Im November 1954 wird ein 3 KW UKW Sender  auf 99,4 MHz in Betrieb genommen. Mit der Inbetriebnahme der Funkstelle Calau im November 1959 außer Betrieb gegangen.

In einer alten Karte ist dieser eingezeichnet

Es soll sogar einige Radios mit Skalen geben, wo der Standort Jessen eingetragen ist.  

Wohl unmittelbar nach der Wende ( ca 1991) wurde hier ein  81 m hoher Stahlbetonturm gebaut, der unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen hatte.

Foto : Armin Geyer ( Funkamateur und Hobbypilot ) vielen Dank .

Hier Am Gorrenberg beginnt das eingezäunte Gelände, was ich mir gern etwas näher ansehen wollte. Leider kein Schild am Eingang , wer ist der Betreiber, wen müsste man im Havariefalle anrufen ? Also doch noch geheim ?

Der Turm diente in den letzten  fast 30 Jahren verschiedenen Zwecken, aktuell D1 und UKW sowie Behördenfunk . Foto: Oskar Radwan, Jessen, vielen Dank !

Aktuell sendet MDR Aktuell  auf 87,6 MHz mit EPR 1,0 KW , Betreiber ist  (Stand Juni 2019)  der  Full-Service-Dienstleister, das Rundfunkunternehmen Divicon Media Holding GmbH, 04109 Leipzig.

Das Areal gehörte ursprünglich zum Funkamt Nauen ( siehe Bild oben) . Dort war in den Hallen zu DDR- Zeiten ein Lager eingerichtet, wo unter anderem ein 10 KW- Mittelwellensender mit Antennenmast und Dieselaggregat vorgehalten wurde. 

Man war der Meinung, das im Falle eines Senderausfalles oder in einer Katastrophensituation über die Mittelwelle die Bevölkerung mit so einem Sender, der mobil in kurzer Zeit zum Einsatz gebracht werden konnte, die notwendigen Informationen erhielt. Ein Mittelwellenradio mit Batterien ständig vorzuhalten, das wurde auch häufig in der DDR bei Zivilschutzübungen und anderen Gelegenheiten, den Bürgern nahegelegt.

Auch heute ist das Gelände, was jetzt Eigentum der Deutschen Funkturm GmbH ist, noch bestens gesichert.

 

Ein kleiner Rundgang um das Objekt und man kann das eine oder andere Relikt aus der Vergangenheit entdecken:

Interessant sind auf jeden Fall auch die Schiffsscheinwerfer . Wer in das Gelände unberechtigt über oder unter dem Zaun eindrang, der wurde mit Sicherheit gesehen .

Mitten im Walde, die typischen Hallenbauten aus DDR- zeiten ( Ende der 60iger Jahre). 

Im Juli 2018 fanden die Weltmeisterschaften der Funkamateure „World Radio Team Championship“ im Gebiet in und um Wittenberg statt, auch der Gorrenberg in Jessen war einer der Standorte, wo die besten Funkamateure ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen konnten.

Hoffen wir, da es ja in Deutschland keine Mittel und Langwellensender mehr gibt, das bei Katastrophensituationen wenigstens noch die Funkamateure optimal informieren können. 

Fotos von dem Stahlgittermast, der erwähnten Radioskala und dem Störsender habe ich leider noch nicht gefunden . Wer etwas hat, soll sich bitte melden, damit ich den Beitrag noch erweitern und präzisieren kann.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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Jessen /Elster Himmelsberg ein Geheimnis gelöst 
16.Jun.19 15:50
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Was ist in dem abgesperrten Gelände "Am Gorrenberg"? Im letzten Jahr wurden ein Teil der Räumlichkeiten genutzt für Materialeinlagerung und vorbereitende Montagearbeiten.

Havarietechnik aus der DDR wurde in diesen Räumen und im Gelände nicht mehr gefunden. 

Seit Anfang des Jahres 2018 starteten im Gelände Vorbereitungen für die Weltmeisterschaften "WRTC 2018" (World Radio Team Championship) vom 12. - 17. Juli bei Jessen /Elster

Grundidee der WRTC ist der Leistungsvergleich der besten Contester der Welt unter identischen Bedingungen, 

Freundlicherweise hat mir Herr Oskar Radwan einige seiner Fotos zur Veröffentlichung im Radiomuseum genehmigt, so das ich jetzt unseren Lesern einen kleinen Einblick geben kann über die umfangreichen Arbeiten, welche ehrenamtliche Helfer  bis zum Start der WM ausgeführt haben.

aus der Presseinformation des WRTC- Deutschland:

Die World Radiosport Team Championship (WRTC) findet alle vier Jahre statt und bringt über 60 Zweimann-Teams der besten Funksportler aus aller Welt in einem Wettbewerb zusammen. Anders als in den meisten Funksportcontesten funken die Teilnehmer bei der WRTC mit identischen Antennen aus der selben geografischen Region, so dass alle Variablen außer dem eigenen Können eliminiert werden. Die vorhergehenden WRTCs fanden statt in Seattle/USA (1990), San Francisco/USA (1996), Slovenien (2000), Finnland (2002), Brasilien (2006), Russland (2010), und ​New England , USA ( 2014)

Und schon schauen wir mal hinein in die im Auftrage des Funkamtes Nauen erbauten Hallen in dem auch heute noch gut gesicherten Betriebs- Gelände.

Die überwiegend älteren Helfer waren ganz schön in Schwung .

Wo ist eigentlich der Kaffee? hi....

 

Die Weltmeisterschaften; der Bürgermeister von Jessen/ Elster, Herr Michael Jahn, war sehr erfreut über die Wahl des Austragungsortes Jessen und er bedankte sich nicht nur bei den sehr aktiven Funkamateuren der Region , sondern  er sprach gleich  von der " Olympiade der Funkamateure".

Austragungsorte waren rund um Jessen zum einen im Gebiet Lutherstadt/Wittenberg- Jessen und zum anderen von Jüterbog bis Mühlberg an der Elbe, auf relativ flachem Gelände unter nahezu gleichen Geländebedingungen.

Insgesamt gingen 63 Teams an den Start. Diese 63 Y8-Stationen konnten insgesamt 262.746 QSOs in der Wettbewerbszeit von 24 Stunden loggen. Alle WRTC-Teilnehmer waren von den großartigen Pile-Ups begeistert, die sie mit nur 100 Watt Sendeleistung fahren konnten. Neben den außergewöhnlichen Rufzeichen war sicher auch das Diplomprogramm ein Anreiz.

Die Gewinner der Weltmeisterschaft der Funkamateure kommen aus Litauen. Gedas Lucinskas (LY9A) und Mindis Jukna (LY4L) siegten vor der deutschen Mannschaft mit Manfred Wolf (DJ5MW) und Stefan von Baltz (DL1IAO) aus Baden-Württemberg. Auf dem dritten Platz stehen Chris Hurlbut (KL9A) und Daniel Craig (N6MJ), sie wurden vor vier Jahren in Boston Weltmeister.

noch ein kleiner Auszug aus der Rede des Bürgermeisters von Jessen:

Anerkennung und Dank sprach der Jessener Bürgermeister Michael Jahn den Wettkämpfern, Schiedsrichtern und Helfern aus. „Die Leistung der Helfer ist großartig. 65 große Antennen aufzubauen - die Zelte und die Notstromversorgung zu betreiben - das ist stark. Ich bin überzeugt, auf die Funkamateure kann man zählen“, sagte er während seiner Rede vor über 600 WM-Teilnehmern – denn jeder der mit half, darf sich zu Recht als Teilnehmer der Weltmeisterschaft betrachten.

Mein Fazit ist auch, das wir uns im hoffentlich nicht eintretenden Katastrophenfall wenigstens noch auf die Funkamateure verlassen können..... denn Mittel- und Langenwellen wurden ja abgeschaltet in Deutschland. 

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Jessen /Elster Himmelsberg ein Geheimnis gelöst 
29.Mar.20 18:30
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Der letzte Leiter des Funkamtes Dresden hat mir eine andere Version mitgeteilt. Ich schrieb wie ich es mehrfach von Leuten im Ort Jessen gehört hatte:                                                                   

Dort war in den Hallen zu DDR- Zeiten ein Lager eingerichtet, wo unter anderem ein 10 KW- Mittelwellensender mit Antennenmast und Dieselaggregat vorgehalten wurde."

Herr Böhme schreibt mir dazu :

Das stimmt so nicht. In den Hallen waren mobile 5 kW-Kurzwellensender untergebracht, die aus jeweils 4 Fahrzeugen (Senderwagen, Empfängerwagen, Antennenwagen, Stromversorgungswagen) bestanden sowie Wohn- und Sozialwagen.
Diese Sender waren als Havariereserve für die KW-Stationen KWZ Nauen, Königs Wusterhausen usw. gedacht, um im Havarie-, Katastrophen- und Verteidigungsfall die Verbindungen z.B. zu Botschaften im Ausland aufrecht zu erhalten.
Die Sender waren nie im aktiven Einsatz sondern wurden nur zu Übungszwecken entfaltet. Personal wurde für Übungszwecke aus verschiedenen Dienststellen zeitweilig abgestellt. Vor Ort war ständig nur ein Gerätewart. So wie Jessen gab es noch zwei weitere Standorte sowie ähnliche Technik bei Rügen-Radio.

Ich kann mir vorstellen, daß das eine korrekte Information ist. Die Stasi streute jedoch in der DDR auch Falschinformationen, damit westliche Geheimdienste irregeleitet wurden. Das ist natürlich eine Praxis, die auf der ganzen Welt angewendet wird....

 

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Jessen /Elster Himmelsberg ein Geheimnis gelöst 
20.Apr.20 14:16
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Hajo Böhme, der ehem. Funkamtsleiter in Dresden hat noch ergänzende Bemerkungen zum UKW Sender und dessen ausgestrahlte Programmen: 

Der UKW-Sender nahm am Standort Jessen nach Versuchsstrahlungen offiziell am 30.09.1954 auf der Planfrequenz von "Leipzig III" auf 99,4 MHz seinen Betrieb mit dem Programm "Berlin 2. Programm" die Programmabstrahlung auf. Das Programm "Berlin 2. Programm" war vormals Sender Dresden, Halle, DLS-Langwelle und firmierte als Bildungs- und Gesellschaftsprogramm.

Im August 1953 entstand nach erneuten Strukturänderungen „Radio DDR"  (Juni 1954 - September 1955 „Berlin, 2. Programm" , Mischprogramm mit Schwerpunkt auf das Geschehen in der DDR, mit Regionalsendungen)

Durch die fortschreitende Ergänzung des Rundfunknetzes mit UKW-Sendern kann im Oktober 1958 ein erweitertes Angebot erreicht werden: „Radio DDR"  erhält ab sofort zwei Sendernetze. „Radio DDR I"  übernimmt die Rolle des nationalen Vollprogramms mit Information und Unterhaltung, während „Radio DDR II"  vorwiegend klassische Musik sowie Bildungsprogramme ausstrahlt.

 

In den 50igern gab es viele Veränderungen und auch Verwerfungen in der Programmgestaltung! Alles schwer nachvollziehbar!!

.... war doch ganz schön kompliziert damals in der DDR ...

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