lorenz: Reparaturbericht Lorenz 340W/I

ID: 72653
Dieser Artikel betrifft das Modell: Super 340W/I (Lorenz; Berlin, Zuffenhausen u.a.)

lorenz: Reparaturbericht Lorenz 340W/I 
09.Oct.05 21:26
1840

Holger Krebs (D)
Beiträge: 37
Anzahl Danke: 5

Reparaturbericht Lorenz 340W/I

Vor einiger Zeit habe ich ein Radio vom Typ Lorenz 340W/I bei eBay ersteigert.
Laut Auktionsbeschreibung und beigefügten Bildern, sollte das Gerät in recht gutem
Zustand sein. Gut eine Woche später konnte ich das Gerät dann in Empfang
nehmen.

Bestandsaufnahme:
Nach den Auspacken musste ich zunächst feststellen, das dass Gehäuse beim
Versand beschädigt wurde. Das Gerät wiegt ca. 20kg, wobei das Holzgehäuse
nicht wirklich für ein so hohes Gewicht ausgelegt ist. Um so ein Gerät auf
normalen Weg zu versenden, muss es wirklich sehr gut verpackt werden.
Am besten man verzichtet ganz auf einen Postversand.
Bei genauerer Betrachtung, zeigte sich auch der Lack nicht mehr so gut wie
zunächst angenommen. Das ganze Radio war mit einer schmierigen Dreckschicht
überzogen. Dem Geruch nach, stand das Radio stand wohl einige Zeit lang in einer
Garage. Nach entfernen der, recht gut erhaltenen, Rückwand, war dann der Blick
auf das Innenleben frei. Sah gar nicht so schlecht aus, zwar jede Menge Dreck,
aber kaum Rost und auch keine Anzeichen für Holzwürmer. Auf der Innenseite
war ein Stempel " .02.1940" zu erkennen,
das dürfte wohl das Herstellungsdatum sein. Soviel war mir jetzt jedenfalls jetzt
klar, das Teil muss komplett zerlegt werden. Auch ein probeweiser Betrieb war so
nicht sinnvoll. Gesagt getan Chassis, Netzteil und Lautsprechen wurden ausgebaut
und erst mal grob Gereinigt.

Restauration des Gehäuses:
Zunächst stand hier eine gründliche Reinigung an. Innen mit Pinsel und
Staubsauger, außen mir Wasser und Spülmittel. Das Furnier selbst war relativ gut
erhalten, der Lack erschien mir allerdings verdächtig dick. Da hat wohl schon mal
jemand nachlackiert. Durch den Transportschaden waren auch einige Verleimungen
gebrochen. Mit Ponal Holzleim und einigen Schraubzwingen war dieser Schaden
aber schnell repariert.
Die Erneuerung der Lackierung gestaltete sich da schon schwieriger. Wegen der
recht dicken Lackschicht, erschien mir ein Abschleifen zu mühsam. Außerdem wollte
ich natürlich das Furnier nicht beschädigen. Es folgten diverse Versuche mit allerlei
Lösungsmitteln. Alles ziemliche Fehlschläge, bis ich Aceton probiert habe. Das
Zeug funktionierte gut. Schon nach kurzer Einwirkzeit, ließ sich der Lack als
schleimige Schicht mit dem Spachtel entfernen. Was nach der Behandlung noch
vom Lack übrig war, ließ sich ganz gut mit einer Ziehklinge und feinem Schleifpapier
entfernen. Für die Neulackierung habe ich Tischlerlack verwendet. Nach dem
Auftrag von 3 Schichten Lack, sieht das Gehäuse wieder sehr gut aus. Aus
Nebeneffekt ist auch der Garagengeruch verschwunden.

Reparatur der Elektronik:
Nun zur Technik. Erst mal wurden mit Pinsel und Staubsauger Unmengen Dreck
entfernt. Ein genauerer Blick zeigte, das praktisch alle vorhandenen Bauteile noch
original waren. Das Betätigungsseil für die variable Bandbereite war morsch und
gerissen. Das Skalenseil selbst hatte jemand durch ein Stück Paketschur ersetzt.
Beide Schnüre wurden durch passende Neuware ersetzt.
Da eine grobe Messung aus Kurzschlüsse keine Probleme zeigte, beschloss ich
das ganze Provisorisch in Betrieb zu nehmen. Vorsichtshalber mit einem
Leistungsmesser in der Netzzuleitung. Bei 120 Watt Leistungsaufnahme habe ich
dann lieber wieder ausgeschaltet. Einige Kondensatoren sind wohl doch nicht
mehr so toll. Eine genaue Prüfung aller Kondensatoren zeigte dann auch die
Ursache. Bis auf die drei dicken (Siemens) Siebelkos im Netzteil, haben praktisch
alle Papier- und Elektrolytkondensatoren schlechte Isolationswerte. Es waren
Kondensatoren der Firmen FRAKO, ERO, HEKAPHON und einer weitern
österreichischen Firma verbaut. Alle waren Baujahr 1938/39. War wohl kein guter
Jahrgang.

Die im HF Teil verbauten Glimmer Kondensatoren zeigten dagegen alle gute Werte.
Nach dem Auswechseln der defekten Kondensatoren wagte ich dann eine zweite Inbetriebnahme.
Das Ergebnis war schon besser. Es war ein leichtes Brummen und ein schwacher
Sender zu hören. Leistungsaufnahme ca. 70 Watt.
Nächste Aktion war dann das Prüfen der Spannungen. Alle zu niedrig. Jetzt wird
klar, warum der 700Ohm Siebwiderstand im Netzteil kurzgeschlossen war. Der
Netzgleichrichter (EZ12) leidet an Emissionsschwäche. Nach Auswechseln der
Doppeldiode stimmte dann die Anodenspannung, vernünftigen Empfang gab es
aber immer noch nicht. Weitere Messungen förderten dann als nächstes einen
defekten Kathodenwiderstand der EBF11 zu Tage. Der Widerstand hatte seinen
Wert verzehnfacht. Das Bauelement stammte von der Firma  NSF und sah äußerlich
noch gut aus. (Nicht verbrannt oder so)
Eine zu niedrige Schirmgitterspannung  der Röhren ECH11 und EBF11 hatte die
gleiche Ursache. Der 100Kohm  Widerstand  war hochohmig geworden.

Nach auswechseln der defekten Widerstände, war der Empfang des Radios dann
auch gleich dramatisch besser. Nur das magische Auge zeigte keine Reaktion auf
empfangene Sender, und auch nur schwaches leuchten. Ein Teil des Problems
waren auch hier Widerstände. Die Anodenwiderstände (300kOhm, 2Mohm) waren
hochohmig geworden. Nach dem auswechseln der beiden Bauelemente
funktionierte die Anzeige wieder. Allerdings war das leuchten immer noch ziemlich
schwach. Die EM11 ist wohl etwas altersschwach.

Abgleich:
Da mich die Empfangsleistung des Gerätes noch nicht wirklich überzeugte, habe ich
zusätzlich einen Neuabgleich aller Kreise durchgeführt. Insbesondere das
Nachstimmen der beiden ZF Filter, brachte dann auch noch mal eine erhebliche
Verbesserung der Empfangsleistung.

Holger Krebs

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.