mende: 53W259; eine Gerätebeschreibung

ID: 385954
Dieser Artikel betrifft das Modell: 53W259 (Mende - Radio H. Mende & Co. GmbH, Dresden)

mende: 53W259; eine Gerätebeschreibung 
11.Oct.15 12:11
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Volker MARTIN (D)
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Volker MARTIN

Liebe Sammlerkollegen,

viel ist bisher nicht zu erfahren aus den einschlägigen Händlerjahrbüchern und den aufgestellten Typenlisten von der Firma MENDE, aber es gibt ihn, den Mende

                   

Da ich ein solches Gerät in meine Sammlung aufnehmen konnte, scheint mir hier der richtige Ort zu sein, über meine Erkenntnisse diesbezüglich einmal ausführlicher zu berichten. Zudem habe ich das Gerät auch von allen Seiten innen wie aussen fotografiert und hier hochgeladen.

Das Typenschild bei den Mende-Rundfunkgeräten jener Zeit war immer an der Chassisrückseite mit 2 Nieten angebracht (zum Teil auch am separaten Netzteil) und durch ein Zelluloidfenster in der Rückwand von aussen her sichtbar. So auch hier. Nur diese Mende-Typenbezeichnung ist unüblich. Die Ziffern im Typenschild ergaben seinerzeit immer gleichzeitig den Verkaufspreis. Hier sind es aber gleich 2 Zahlenkombinationen, die durch das "W" getrennt sind! Was nun? Doch eins nach dem anderen.

Zunächst war es für mich wichtig, das vorhandene Gerät mit denen der Mende-Radioproduktion zu vergleichen. Man kommt dabei schnell auf den Mende 275 W. Ein solches Gerät lag mir zum Vergleich aus meiner Sammlung vor. Gleiches Gehäuse, gleiche Rückwand, gleiche Bedienknöpfe, gleiches Netzteil und gleiches Chassis (zumindest was die Bohrungen, nicht aber die Bestückung anbelangt). Auch kommt bei beiden Geräten ein elektrodynamischer Lautsprecher zum Einsatz, und noch eins - die Skalen sind absolut identisch!

       

Als wichtiger Hinweis ist im Holzgehäuse des 53 W 259 eine Jahreszahl zu erkennen:

                                     

Die auf die originalen Mende-Blockkondensatoren aufgedruckten Jahreszahlen (auch bei den NSF-Kondensatoren) weisen durchweg auf das Jahr 1936/37 hin, demzufolge aus den Jahren, als der 275 WL (GW) und auch dieses Gerät hergestellt wurden.

       

Aus dem vorliegenden Schaltplan kann man folgendes erkennen: Die Mischstufe (incl. Vorkreis etc.) mit der AK 2 gleichen sich bis auf das Detail. Danach folgt das erste Bandfilter, was bei dem beschriebenen Gerät mit den 155p-Schwingkreiskondensatoren etwas selektiver konzipiert wurde. Beim 275 W wurden hier 222p verwendet. Danach folgt anstelle der AF 3 eine AF 7, in deren Ausgangskreis nur ein einfacher Schwingkreis, kein zweikreisiges Bandfilter mehr folgt. Die nachgemessene ZF beträgt auch bei diesem Gerät 468 kHz.

Nach der HF-Gleichrichtung duch ein System der AB 2 gelangt nun das gewonnene NF-Signal über einen Lautstärkeregler direkt an das Gitter der Endröhre AL 4. Die AC 2 als NF-Vorstufe fehlt hier völlig. Dadurch musste die ZF-Verstärkung höher gewählt weden (höhere Seletivität durch kleineres C und Wegfall des letzten Kreises bei gleicher ZF-Frequenz von 468 kHz).

Um aber auch bei dieser Variante einen Tonabnehmeranschluss zu ermöglichen, muss als NF-Vorstufe nun durch eine geeignete Schaltung die AF 7 zusätzlich herhalten. Das wird durch den Schaltkontakt 5 und 6 erreicht (es ist keine Reflexschaltung!). Der TA-Umschalter befindet sich an der Rückseite des Gerätes. Abschließend sei erwähnt, dass es auch bei diesem Gerät eine mechanische "Senderschnellwahl" durch stetiges Drücken beim Durchdrehen des Sendersuchlaufknopfes gibt. Den dazugehörigen Stummschaltekontakt, der ebenfalls vorhanden ist und bei diesem Vorgang mit betätigt wird, hat Herr "Nadrowski am 5.3.37" schlichtweg vergessen, mit in den Schaltplan einzuzeichnen.

                                   

Man kann also mit einiger Sicherheit von einer "Sparvariante" des 275 W ausgehen. Vielleicht erklärt sich damit dann auch die Zahl 259 im Typenschild, nämlich der Verkaufspreis von 259.- Reichsmark. Als Produktionsjahr schlage ich das Jahr 1936/37 vor. Jedenfalls mit dem Mende 259 W hat der 53W259 im bauteiltechnischen als auch im schaltungstechnischen Sinne nichts zu tun. Viele Geräte dieses Typs scheinen jedenfalls nicht auf den Markt gekommen zu sein - deshalb auch die bis Dato so spärlichen Informationen.

Eine Begründung dafür mag auch sein: Durch den fehlenden KW-Bereich bei beiden Geräten, der technisch auch nicht so ohne Weiteres "nachgerüstet" werden konnte (u.A. durch Wellenschalter auf der Drehkoachse) war dieses Gerätekonzept schon 1937 mit großer Wahrscheinlichkeit ein "Auslaufmodell". Der erste KW-Rundfunksender in Deutschland ging immerhin schon 1929 auf Sendung!

Ihr Volker Martin

Anlagen:

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