mil: Kondensatoren

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ID: 355902
mil: Kondensatoren 
24.Aug.14 00:14
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Werner Braun (D)
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Werner Braun

Die üblichen Verdächtigen ... ?

In einer "Berta" ohne Typenschild fand sich als jüngste Datumsangabe "6.41".
Sechste Woche 1941, das Gerät sollte also aus dem Jahr 1941 stammen.
Über die letzten Jahre erwies es sich als durchaus alltagstauglich und voll funktionsfähig, das sollte so bleiben. Es sollte die große Instandhaltung stattfinden.

Ich habe niemals das übliche Kondensatortauschen durchgeführt bzw. für sinnvoll gehalten.

Hier gab es nun drei augenscheinlich auffällige Kondensatoren, C13, 14 und 50 (0,5µF).
Die Metallbecher waren deformiert, ausgebeult. Messungen der Kapazität ergaben Werte zwischen 2,5 und 13 µF ! Die Leckströme waren erhöht.
Feuchte war in das Papierdielektrikum gedrungen.
Auch C16 zeigte, obwohl mechanisch unversehrt, eine stark erhöhte Kapazität ( 8 µF ).
Die Kondensatoren dienen als Blockkondenstaren, die hohe Kapazität stört eigentlich nicht.
Dennoch sie werden früher oder später einen Kurzschluss bilden.
Die Wickel sind jeweils so voluminös, dass sie den Becher fast vollständig füllen, das Wachs füllte das restliche Volumen nicht vollständig. Oberhalb des Wickels fand sich kaum Wachs und ein weißes Pulver ( Aluminiumoxid ? )
Auch nach Erwärmung lies sich der Wickel nicht herausziehen, er musste ausgebohrt werden.
Die Becherkondensatoren einer zweiten "Berta" zeigten analoge Werte und Äußeres.

Es geht auch anders : Der Wickel von C35 (0,2µF)  ist viel kleiner, Wachs umschließt ihn zur Gänze und der Anschlussdraht ist Litze anstatt eines starren Drahtes.
Seine Kapazität betrug 0,2µF ~ Sollwert, Leckströme unauffällig, auch nach 75 Jahren.

Im "Berta" ist das Trio C50, 35 und 16 ein Alptraum.
Die Demontage gelingt erst nach Ausbau des HF-Teils.

Auch die sechs Papierkondenstoren von jeweils 0,1µF habe ich geprüft.
Seltsamerweise zeigten alle Werte zwischen 130 und 150 nF. Leckströme unauffällig.
Waren sie so produziert worden oder sind sie alle in genau gleicher Weise gealtert ?
Ein Vergleich mit einer zweiten "Berta" war nicht möglich, sie hatte eine hässliche Kur mit 60er Jahre Kondensatoren erleiden müssen.

Alle Papierwickel sind durch MKT Kondensatoren im alten Gewand ersetzt.
"Berta" spielt wieder wie eh und je, aber auch nicht besser ...

Es bleibt ein leiser Zweifel: Werden die neuen Kondensatoren ebenfalls 75 Jahre +++  halten ?

Über die keramischen Rohrkondensatoren mache ich mir keine Sorgen, sie verblieben und schienen alle bei bester Gesundheit.

Ich bleibe dabei: Ersatz nur mit einem konkreten sichtbaren oder messbaren Anlass.
.. und dann so, dass man es nicht sieht.

MfG

Werner

 

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Kapazitätserhöhung bei Kondensatoren mit hohen Leckströmen 
24.Aug.14 09:41
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Kurt Schmid (D)
Redakteur
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Kurt Schmid

Hallo Herr Braun,

vielen Dank für den Bericht.

Die beobachtete Erhöhung der Kapazität von Papierkondensatoren deckt sich mit meinen Messungen an Papierkondensatoren in amerikanischen Militärgeräten (Kondensator-Leckströme bei BBODs & Bumble Bees).

Meine Untersuchung  zeigt einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen dem Leckstrom und der Kapazität. Ursache dafür ist das Eindringen von Wasser in den Wickel. Das Papierdielektrikum hat eine relative Dielektrizitätskonstante von εr = 3,7. Wasser hat hingegen ein εr = 80. Das in den Papierwickel eingedrungene Wasser mit seinem hohen εist somit Ursache für die Steigerung der Kapazität. Das Wasser ist allerdings aber auch Ursache für die meist dramatische Zunahme des Leckstroms. Vielleicht haben Sie ja noch die Daten der Leckströme.

MfG

K. Schmid

 

 

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Häßliche Kondensatoren 
08.Oct.14 20:29
453 from 3167

Werner Braun (D)
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Werner Braun

Hallo,
ich habe leider keine genauen Daten zu den Kondensatoren gesammelt.

Inzwischen gehe ich meine vierte "Berta" an.
Einmal mehr gibt es einen guten Grund Kondensatoren zu ersetzen:
"Deren Aussehen"
Man findet allerlei Gebastel.  Beispiele gibt es genug ...


 

Notgedrungen habe ich "Frako" Becherkondensatoren rekonstruiert.

Das Weißblech stammt von Dosen.
Für die Beschriftung wurde Kopierpapier mit Alueffektlack besprüht.
Auf den getrockneten Effektlack wurde mit pigmentierter Tinte ( EPSON ) gedruckt.
( Ein Laserdrucker könnte schaden nehmen ? Standard Tinte verläuft. )

Das verlötete Blech-Origami und die Rückseite des Aufdrucks wurde ebenfalls mit Alueffektlack lackiert.
Der zugeschnittene Aufdruck wurde in den frischen Lack gedrückt,
der Lack dient als "Sprühkleber".

Abschließend wurde der Aufdruck mit mattem Klarlack fixiert.
Ohne Fixierung / Versiegelung kann der Aufdruck verwischen,
eventuell auch gewollt ... wegen der Patina.


Eine "Berta" macht viel Arbeit.
Die "schwarzen Schafe" sind echt, sie waren noch drin. 4.44, Messing und Einheitsgrau.
Die ersten die ich sah. Neue Innereien und Deckel haben sie dennoch...
Alles andere, "gefälscht".

Sammlergrüße
Werner

 

Anlagen:

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