Mittelwellensender Solt, Ungarn
Mittelwellensender Solt, Ungarn
Am 25.5.2017 hatte ich Gelegenheit den AM- Groß- Sender zu besichtigen.
Bei Dunavöldvár geht die Fahrt über die Donaubrücke nach Solt.
Solt selbst ist ein kleiner beschaulicher Ort mit eigenem Postamt, einem Schloß und zwei Kirchen.
Seit über 40 Jahren befindet sich etwas ausserhalb des Ortes ein Großsender. Die Anlagen stehen auf eigenem Gelände von etwa 900 x 900 m Fläche.
Das Grundstück selbst ist rundherum mit hohem Metallzaun, der erst kürzlich mit NATO- Draht verstärkt wurde, sowie vier Wachtürmen gleicher Bauart abgesichert. Die Beleuchtung und Videoüberwachung ist ebenfalls aktiviert.
Diese Sicherheitsmaßnahmen sind auch verständlich, bei solch einem Großsender dürfen Terroristen keine Chance haben !
Für mich öffnete sich das Tor und der Wachhabende begrüßte mich mit einem freundlichen jó napot (Guten Tag).
Die Gebäude und Anlagen sind über 40 Jahre alt, es wurden jedoch viele Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten in letzter Zeit vorgenommen.
Am 16. Februar 1977 ging der Sender in Dauerbetrieb. Daran erinnert u.a. diese Gedenktafel.
Vom ersten Sendetag an wird das Programm von Kossuth Rádió ( MR1 ) der staatlichen ungarischen Hörfunkgesellschaft Magyar Rádió übertragen.
Lajos Kossuth (/ 1802 bis + 1894 ) ist ein ungarischer Nationalheld, er war 1848 /49 einer der Anführer der Unabhängigkeitserhebung gegen Österreich
Auch am Eingang des Verwaltungs- und Technikgebäudes befindet sich eine Erinnerung an den Professor und Hauptingenieur József Honfy . Er hat große Verdienste an dieser Sendeanlage.
Ich wusste nun nicht genau, was mich technisch erwartet, ist der Umbau durch die Firma Nautel schon fertig oder wie ist der Stand ?
Geplant ist ja, die Umstellung auf volltransistorisierte Sendeanlage mit 5 x 400 KW- Blöcken, die dann mit einer Parallelschalteinheit zusammengeschaltet werden.
Nautel; Werksgrafikdarstellung
Umso erfreuter war ich jedoch , das der "alte"Röhrensender aus den 70iger Jahren noch seine Arbeit verrichtet und auch nach dem Umbau nicht demontiert wird. Er steht seit 2013 als Industriedenkmal unter Denkmalschutz.
Die Transistorsenderanlage soll parallel dazu aufgebaut werden, Platz ist genug vorhanden... so die Info vor Ort.
Im Jahre 2016 war der Sender von Juli bis September tageweise ausser Betrieb, da die Pläne für den Einbau der neuen Technik erstellt wurden.
Zum Bau und seinen Betrieb hatte ich bereits einen Artikel im RM veröffentlicht
forum/mittelwellenrundfunk_in_ungarn
Also will ich mich heute auf einige Dinge beschränken, die erneuert, verbessert, geändert oder noch nicht ausreichend beschrieben wurden.
Im Foto eine GU88P Made in Russland
Der Sender ist jetzt wie folgt bestückt
GU-81M – Tonfrequenzverstärkerblock, Vorstufe und Treiberstufe
GK-12A – Tonfrequenzverstärkerblock, Endstufe
GU-61P – Hochfrequenztreiberstufe
GU-88P (früher GU-65P) - Modulatorendstufe
Beide Röhrenendstufen , nennen wir sie A und B, werden zusammengeschalten und so ergibt sich die Endleistung von 2000 Kilowatt.
Damit ist der Sender in Solt der gegenwärtig leistungsstärkste Mittelwellensender der Welt !
Auf der Mittelwelle 540 KHz kann er landesweit gut empfangen werden und auch in den anliegenden Staaten,
Österreich, Slowakei, Ukaine, Rumänien, Serbien, Bosnien, Kroatien und Slowenien,
wo nicht wenige Ungarn leben.
Nachts ist er europaweit sicher zu hören. Allerdings endet seine Ausstrahlung um 22,30 Uhr und beginnt wieder um 4,30 Uhr morgens ( Wochenende um 5,00 Uhr) . Die Tageswelle konnte ich jedoch schon kurz hinter Prag ganz gut im Autoradio empfangen.
So sind auch die Ungarn, die durch Europa fahren oder ausserhalb des Landes wohnen immer gut informiert.
Ich halte einen solchen AM- Großsender für zeitgemäß, denn gegenwärtig gibt es noch keine andere Technik, die mobile Hörer sicher und überall erreicht. Ich kann nur meine Hochachtung den Ungarn gegenüber zum Ausdruck bringen, der Betrieb dieses Großsenders ist nicht billig, aber man betreibt ihn um seine Bürger auch überall und ausserhalb der Grenzen zu informieren !
In den letzten, man kann sogar sagen, Jahrzehnten wurden häufig von den Herstellern die AM- Teile nur noch als Alibi in das Autoradio eingebaut. Wie gut es aber klingen kann, ein Informationsprogramm, das konnte ich selbst vor Ort testen.
Detektorempfänger mit Rahmenspule und Kristalldetektor. Eigenbau eines Mitarbeiters.
Nach wie vor ist der Sender technisch besetzt. Bei so einem AM- Großsender mit Röhren ist ein vollautomatischer Betrieb kaum möglich.
Schauen wir uns in der Zentrale ( genaue Bezeichnung; Bedienungskabine im Senderaum) etwas um :
Oben: der AM- Modulations- Monitor und andere notwendige Einschübe.
Unten: der Bedientisch
Die Feuermeldeanlage ist eine äußerst wichtige Einrichtung ! Auch diese ist im Sichtfeld des Technikers.
Ein Hauptproblem ist die Funktion der Lüftung.
Es geht wieder an die frische Luft
Hochspannungstransformatoren und Drosseln, übrigens ein interessanter Effekt, hier ist das Programm durch entstehende Resonanzen zu hören... und es klingt garnicht schlecht
Nun will ich nochmal speziell auf den Sendemast und dessen Speiseleitung eingehen
Der Mast ist in der Stahlkonstruktion 298,4 m hoch. Dazu kommen noch Fundamente so daß die Gesamthöhe 303,6 m beträgt.
Hier im Bild verwendete Bauteile für den konstruktiven Zusammenbau.
Die Speiseleitung (Reusenleitung) ist quasikoaxial und ersetzt damit die Anpassung im sogenannten Antennenhaus.
Anspeisung der Reusenleitung
Die Gesamtlänge beträgt cirka 400 m vom Sender bis zum Mast.
Blitzschutz
Da wurde mir von Antenna Hugaria gerade noch ein altes Foto zugespielt, das sieht man nicht alle Tage !
Quelle ; Postmuseum Budapest
Interessant ist der komfortable Aufbau. Der Mast hat einen Fahrstuhl !
...und das Beste noch zum Schluß, leider habe ich jedoch eine halbe Sekunde zu früh das Foto ausgelöst, dann brannte das Gras lichterloh......
bitte 540 KHz einschalten und mal schreiben,wo und wie Sie den Sender hören.
Vielen Dank an Antenna Hungaria und insbesondere Frau Balla für die Unterstützung. Ohne ihre Hilfe wäre dieser Beitrag nicht möglich gewesen.
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.