philips: 3902; Porteldisc

ID: 160711
philips: 3902; Porteldisc 
18.Mar.08 16:22
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Gerhard Heigl (A)
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Gerhard Heigl

Im Auftrag eines Sammlerkollegen repariere ich gerade einen Plattenspieler Philips Porteldisc 3902. Der Motor läuft nicht. Laut Modellblatt ist es ein 4-poliger Synchronmotor, nicht selbstanlaufend. Der Motor nimmt Strom auf, anwerfen ist zwecklos. Meines Wissens ist der Anker (Rotor) eines Synchronmotors permanentmagnetisch. Dieser Rotor zeigt keinerlei Magnetismus. Kann der Magnetismus verloren gehen? Ich bitte um Hilfe.

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19.Mar.08 09:15

Gerhard Heigl (A)
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Gerhard Heigl

Vielen Dank an Herrn Jung und an Herrn Gysi für die Hinweise. Mit einem Übersetzungsprogramm habe ich den holländischen Text notdürftig übersetzt. Jedenfalls wird dort vermutet oder behauptet, wenn der Rotor ausgebaut wird, verliert er seinen Magnetismus.
Der Rotor besteht aus einem homogenen Material, es ähnelt den Permanentmagneten alter Lautsprecher. Aufbau des Motors: die 4 Spulen sind im 90° Winkel angebracht. Zwischen Spulen und Rotor befindet sich eine Metallhülse (Eisen) mit 4 schrägen Schlitzen zwischen den Spulen.


Ich habe auch noch Versuche mit einem starken Neodymmagneten gemacht. Wird der Magnet in die Nähe des Rotors gebracht, kann der Motor angeworfen werden und er läuft, jedoch kraftlos. Der Plattenteller kann nicht angetrieben werden. Auch scheint mir, dass er mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten läuft, je nach Anwurfgeschwindigkeit.
 Edit: In der Anlage Bilder des Rotors und des Stators. Die Verarbeitung des Rotors erscheint schlampig, vermutlich wegen der Härte des Materials, es lässt sich mit Werkzeugstahl nicht ritzen (Sintermaterial?). Die Metallhülse ist an den Polen der Spulen befestigt.

Für mich ist diese Sache äusserst rätselhaft, ich bitte um weitere Hinweise.

Anlagen:

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19.Mar.08 11:14

Hans M. Knoll (D)
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Hans M. Knoll

Hallo Herr Heigl.

Wenn das stimmen sollte, was da auf niederlaendisch geschrieben steht, muss man doch fragen:

wie kam dann der magnetisierte Rotor in den Motor? Oder, dann muesste er ja im Motor magnetisiert worden sein.

Das ist zwar nicht unmoeglich. Aber genauso geht es dann, wenn man den Motor nicht anwirft, Tagelang am Wechselstromnetz laesst, dann wird er auch entmagnetisiert.

Aber vielleicht kann  H. Holtmann das niederlaendische  fachlich korrekt uebersetzen.

Ob einer kommt, der das weis was da war?

Gruss Knoll

 

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Was ist ein Synchronmotor? 
20.Mar.08 22:05

Hans M. Knoll (D)
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Hans M. Knoll

Es ist mir aufgefallen, dass es doch nicht jedem Leser klar ist wie ein Synchronmotor arbeitet bzw. aufgebaut ist. Was ganz sicher nicht auf H.Heigl zutrifft ;-)

Im www. gibt massenweise Daten dazu. In Fachbuechern sowieso, aber die hat nicht jeder.

Ich habe daher unter dieser Adresse etwas gesucht und hier eincopiert.

 www.automatisierungstechnik.com/fachwissen/motoren/f_beitr_00_309.htm

Knoll

EDIT:   Es ist mir gelungen die Datei klein zu machen, ich hoffe, dass es auch was nuetzt!

Es sind zwar Drehstrom (3 Phasenmodelle) was aber nicht so wichtig ist zum Verstehen .

Anlagen:

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Kann der Magnetismus verloren gehen 
21.Mar.08 10:38

Georg Beckmann (D)
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Georg Beckmann

Guten Tag zusammen.

Ich traue mich fast nicht, die Frage zu stellen, trotzdem vorab: Ist der Kondensator zur Phasenverschiebung in Ordnung und richtig dimensioniert ?

Denkbar ist es schon, dass nach langen Jahren der Magnetismus schwach wird. Das ist sicher von den Magnetmaterialien abhängig.

Der Magnet muss radial magnetisiert sein, dh. der obere Halbkreis des Zylinders ist NORD, der unter SÜD.

Die Phase der Spulen ist um 90 Grad versetzt. Wenn man sich vorstellt, dass bei der oberen Spule gerade der maximale Strom so fliesst, dass der Nordpol oben ist, dann ist das Feld in der z.B. rechten Spule um 90 Grad versetzt, also nach 5 Millisekunden maximal, der Nordpol zeigt nach rechts. Nach 20 Millisekunden wieder oben.  In 20ms also 1U, in 1Sek. 50, also 3000Upm.

Der Magnet könnte auch 4 - polig sein, also Nord - Süd um 90 Grad versetzt, dann wäre das Drehmoment größer und die Drehzahl 1500Upm.

Im Gegensatz zum Asynchronmotor ist der Schlupf kein Nachhinken in der Frequenz, sondern in der Phase. Geht der Schlupf gegen 90 Grad, rastet der Motor aus und hat kein richtiges Drehmoment mehr.

Wenn es Ihnen die Sache wert ist, hätte ich eine Idee, wie man den Rotor mit modernen Teilen rekonstruien könnte. Das würde allerdings eine Mechanikwerkstatt oder jemanden, den man damit plagen kann, voraussetzen.

.... Zeichnung kommt.

 

Georg Beckmann

 

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21.Mar.08 10:39

Gerhard Heigl (A)
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Gerhard Heigl

Werte Kollegen,

vielen Dank für die Hilfe hier im Forum und e-mails die ich erhalten habe. Leider durchschaue ich die Funktion dieses speziellen Motors noch immer nicht (es trifft auch auf mich zu, Herr Knoll). Nach meinem Verständnis müssten die Pole des Rotors in Richtung der Spulen angeordnet sein. Dies ist bei diesem Rotor nicht möglich. Das Magnetfeld des Rotors kann nur axial ausgerichtet sein. Die Metallhülse schliesst das Magnetfeld der Spulen praktisch kurz, wenn da die schrägen Schlitze nicht wären. Die Hülse bekommt dadurch die Wirkung von Polschuhen. Wenn nun der Rotor magnetisch sein muss, ergibt sich die Frage um die Polarität, Nordpol unten oder oben? Oder spielt dies keine Rolle, weil der Motor angeworfen werden muss? Jetzt noch etwas völlig unverständliches für mich, wie kann der Rotor seinen Magnetismus verlieren, wenn er aus der Hülse gezogen wird? Ein Permanentmagnet kann durch Erschütterung, erhitzen und durch ein Wechselfeld entmagnetisiert werden. Wie kann dieser Rotor wieder magnetisiert werden? Ich habe schon daran gedacht, die vorhandenen Spulen zu verwenden. Eventuell nur 2 Spulen gegenüberliegend, eine davon müsste umgepolt werden, damit sich die erzeugten Magnetfelder nicht aufheben. Die in Serie geschalteten Spulen an eine regelbare Gleichspannung gelegt. Ich weiß nicht ob diese Methode zielführend ist und wie lange die Magnetisierung zu dauern hat. Der Vorteil wäre, der Rotor bleibt eingebaut und kann seinen Magnetismus nicht mehr verlieren. Eine mögliche Ursache des Magnetverlust hat Herr Knoll beschrieben, wenn der Rotor längere Zeit einem Wechselfeld ausgesetzt ist, wenn er nicht angeworfen wird.

Ein schönes Osterfest wünscht

Gerhard Heigl

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21.Mar.08 11:17

Hans M. Knoll (D)
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Hans M. Knoll

Hallo

 

Was H. Beckmann hier schreibt

 Der Magnet muss radial magnetisiert sein, dh. der obere Halbkreis des Zylinders ist NORD, der unter SÜD.

Die Phase der Spulen ist um 90 Grad versetzt. Wenn man sich vorstellt, dass bei der oberen Spule gerade der maximale Strom so fliesst, dass der Nordpol oben ist, dann ist das Feld in der z.B. rechten Spule um 90 Grad versetzt, also nach 5 Millisekunden maximal, der Nordpol zeigt nach rechts. Nach 20 Millisekunden wieder oben. In 20ms also 1U, in 1Sek. 50, also 3000Upm.

kann  ich nur bekraeftigen. Ich bin auch kein Motorenfachmann.
Aber das man einen Rotor auch 
quer zur Achse magnetisieren kann,
zeigt ein Fahrrad Dynamo.  In der Anlage das Blatt 2
Frueher hat man die Spulen
gedreht, heute den Magneten. 
Zum Phasenschieber: es sollte klar sein,
ohne 90° Phasenverschiebung geht garnichts.
EDIT: das gilt wie Herr Heigl unten zeigt (post13) 
nur fuer Einphasenmotoren die in der Drehrichtung
mit einem Schalter umkehrbar sind. Nicht fuer dieses Modell. 


Jetzt ist dort auch die Schaltung und der Wickelsinn der Spulen
gezeigt was vorher fehlte. Ich bitte das zur Kenntniss zu nehmen. knoll 
In meinem Beispiel ist mangels anderer Quellen einer 
mit 3 mal 120° gezeigt.
Das von Knoll 



Anlagen:

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Rotor 
21.Mar.08 11:24

Georg Beckmann (D)
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Georg Beckmann

Hallo Herr Heigel,

Die Pole des Magneten sind in Richtung der Spulen angeordnet. Man kann ein Material tatsächlich in jeder Richtung magnetisieren. Wie das gemacht wird, folgt einmal bei Interesse.

Hier Die versprochene grobe Zeichnung. Die beiden Halbschalen sind aus weichmagnetischem Material gefertigt. Die 6 Zylinder stellen kleine käufliche Magnete dar. Diese sind zwischenzeitlich aus extrem gutem Material erhältlich.

Nicht gezeichnet ist der Kern mit der Achse. Der Kern könnte aus PVC sein, in den Kern wird die Welle eingepresst. Den Spalt bei den Magneten am besten mit UHU+ ausgiessen und das Ganze vielleicht noch mal an der Drehbank plan ziehen.

Hinweis: die 3D Zeichnung kann im pdf viewer nach anklicken in alle Richtungen gedreht werden.

Viel Spaß

Georg Beckmann

 

Anlagen:

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21.Mar.08 14:08

Gerhard Heigl (A)
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Gerhard Heigl

Guten Tag Herr Beckmann,

vielen Dank für Ihre Mühe, sich mit der Materie zu befassen. Der Bau eines Rotors ist natürlich eine aufwendige Sache. Wie ich den Besitzer kenne, ist das nicht in seinem Sinn. Er möchte das Gerät originalgetreu instand setzen. Auch meine Meinung ist, da ja alles vorhanden ist müsste es doch möglich sein, den Rotor neu zu magnetisieren. Wenn Sie schreiben, dass ein Körper in jede Richtung magnetisierbar ist, könnte ich mir vorstellen den Rotor mit Hilfe der eingebauten Spulen zu magnetisieren. Dazu eine Prinzipzeichnung:

 

 

Meine Theorie: Die gegenüberliegenden Spulen polrichtig in Serie schalten und mit Gleichspannung belegen. Ich kann mir vorstellen, dies mit einem möglichst hohen Strom zu tun, aber wie lange? Wenn Aussicht auf Erfolg besteht, werde ich einen Versuch wagen.

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Magnetisierung v. Permanentmagneten 
21.Mar.08 16:35

Georg Beckmann (D)
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Georg Beckmann

Hallo Herr Heigel,

grundsätzlich geht das so, man muss aber mit einem B bis an die Sättigung gehen, Größenordnung im Tesla - Bereich. Die Länge des Impulses  ist nicht entscheidend, ein ganz kurzer Impuls genügt.

Das Ganze ist aber ein ziemliches Projekt, deshalb der Vorschlag mit den kleinen Magneten.

Also, sie müssen den Rotor in einem möglichst formschlüssigen Anker einbringen. Dieser hat idealerweise den gleichen Querschnitt und die Rundung, dass der Rotor völlig eingeschlossen ist.

Mit ein - zwei Windungen auf dem Anker und einem Strom im kA - Bereich können Sie dann magnetisieren.

An der Uni habe ich so einen Apparat einmal gebaut. Wir haben aus einem Restposten eine große Menge von Blitzlicht-Elkos gekauft und alle mit kurzen dicken Kupferbändern parallel geschaltet. Die Kondensator - Batterie hat dann die Größe eines PC - Standgehäuses. Die Ladung geschah über einen 100 Ohm Lastwiderstand direkt aus der gleichgerichteten Netzspannung.

Das größte Problem war der Lastschalter. Wir verwendeten ein sog. Ignitron von British Valve, welches Ströme bis ca 10kA relativ verlustfrei schalten kann.

Nach ca. 4..5 Schüssen haben Sie dann wieder den schönsten Permanentmagneten.  :-)

Gruß

Georg Beckmann

 

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21.Mar.08 21:14

Henning Oelkers (D)
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Henning Oelkers

Hallo, Herr Heigl,

wenn ich Synchronmotoren richtig verstanden habe, müssen diese angeworfen werden, und zwar mit einer Drehzahl oberhalb der Betriebsdrehzahl, auf die sie dann zurückfallen, und mit der sie dann weiterlaufen. Wenn ich damit richtig liege heisst das, das der Plattenteller auf > 78 U/min beschleunigt werden muss.

Dann stellte ich mir die Frage, warum die Einschnitte im Stator schräg angeordnet sind. Da habe ich allerdings noch keine schlüssige Idee.

Dann überlege ich, ob es sich nicht um eine Art Spaltpolmotor handelt. Beim Üblichen Spaltpolmotor findet man ja einen Kurzschlussring an einem kleinen Teil des Stators. Vielleicht erfüllt der eingesetzte, und mit Schlitzen versehene Ring diese Funktion. Sollte der Ring irgendwie anders sitzen, als ursprünglich vorgesehen, ist die Funktion des Motors nicht mehr sichergestellt.

Leider weiss ich auch nicht mehr dazu, aber vielleicht hilft es weiter. immerhin musste ich in meiner mündlichen Gesellenprüfung ( Radio-Fernseh-Techniker ) die Funktionsweise eines Spaltpolmotors umfassend erkären.....

Mit freundlichen Grüßen aus Berlin,

Henning Oelkers

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Der Ring mit den Schlitzen 
22.Mar.08 09:20

Georg Beckmann (D)
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Georg Beckmann

Hallo zusammen,

für das Verständnis der Sache ist es besser, den Ring zunächst ausser Acht zu lassen.

Das Magnetfeld der Spulen kann er wegen der Querschnitte nur begrenzt beeinflussen. Der Grund für diesen Ring liegt vermutlich darin, dass man die sog. Reluktanz gering halten will.

Wenn man an einem Fahrraddynamo dreht, spürt man diesen Effekt, eine Art magnetischer Rastung. Das kommt daher, weil die magnetischen Kräfte im Bereich der Pole viel größer sind als einige Winkelgrade daneben. Durch so ein Blech kann man diesen Effekt etwas 'verschleifen'.

Zum Anlauf eines Synchronmotors: Es gibt den Begriff  sog. Start/Stop Frequenz. Unterhalb dieser Frequenz läuft der Synchronmotor an darüber wackelt er nur hin und her. ( sh. z.B. Schrittmotoren )

Spaltpolmotor: Grundsätzlich muss man bei jedem Motor auf eine Art ein Drehfeld erzeugen:

- Drehstromnetz

-Phasenschieber Kondensator

- Spaltpol.

Beim Spaltpolmotor wird die Hilfsphase über einen Kurzschlussring erzeugt. Das durch die Primärspule erzeugte Magnetfeld ist dann maximal, wenn es sich am wenigsten ändert. ( Spitze des Sinus ). Das Magnetfeld im Kurzschlussring ist dann maximal, wenn sich das Magnetfeld duch die Hauptspule am stärksten ändert, (das ist im Nulldurchgang des Magnetfeldes der Hauptspule). Dadurch entsteht das Drehfeld.

 

Ob aus dem Motor ein Synchron oder Asynchron - Motor wird, hängt vom Rotor ab,
besteht der Rotor aus einem Permanentmagneten ist es ein Synchron, aus einem Kurzschlusskäfig ein Asynchronmotor.

Übrigens, viele Plattenspieler Motore waren Asynchron - Motore ( Kurzschlussläufer ). Die
Drehzahl ist dann wegen des Schlupfs nicht exakt die Netzfrequenz/Polzahl, da aber der Schlupf mehr oder weniger immer gleich ist, hat das wenig gestört.

Damit kommen wir jetzt etwas vom ursprünglichen Thema ab, aber vielleicht war es ein kleiner
Beitrag, die Funktion dieser Motore besser zu verstehen.

Schöne Ostergrüsse

Georg Beckmann

 

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22.Mar.08 11:08

Gerhard Heigl (A)
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Gerhard Heigl

Werte Kollegen,

ich möchte mich bei allen die sich an diesem Thema beteiligt haben, sei es hier im Forum oder per e-mail, herzlich bedanken. Vieles was mir vorher rätselhaft und unverständlich war, hat sich während der interessanten Diskussionen geklärt oder als plausibel heraus gestellt. Meine Hoffnung den entmagnetisierten Rotor eventuell selbst wieder zu magnetisieren, wurden durch die Ausführungen von Herrn Beckmann und den Links von Herrn G. Richter, brutal zerstört. Immerhin kann zukünftigen Restauratoren dieses Gerätes wichtige Hinweise bei der Reparatur dieses speziellen Synchronmotors gegeben werden:

Wenn möglich den Ausbau des Rotors vermeiden.

Wenn erforderlich, den Rotor unmittelbar in eine passende Eisenhülse einführen und darin bis zum Wiedereinbau aufbewahren.

Den stillstehenden Motor nicht zu lange am Wechselstromnetz belassen, das Magnetfeld des Rotors wird geschwächt.

Noch eine Zeichnung über den Aufbau des Motors und die Magnetpole des Rotors:

 

 

Von Herrn Otmar Jung habe ich noch eine sehr verständliche Erklärung per e-mail erhalten, die ich dem Forum nicht vorenthalten will:

Zu dem Synchronmotor kann ich folgendes sagen:
Zunächst zum Stator:
Ich gehe davon aus, dass dieser Motor keinen Kondensator besaß, also der Originalzustand vorliegt. Sonst wäre auch die Umschaltung von 110V zu 220V nicht so einfach zu realisieren.
Dieser Motor ist also ein Einphasenmotor, mit Kondensator wäre es ein Zweiphasenmotor und würde ein eindeutiges Drehfeld schon im Stillstand erzeugen. Hier, als Einphasenmotor, ist erst einmal kein Drehfeld vorhanden. Man kann sich das auch so vorstellen (zerlegen), dass ein rechtsdrehendes und ein linksdrehendes Magnetfeld in gleicher Größe und Frequenz vorhanden sind, so dass zusammengesetzt das resultierende Feld nur ein pulsierendes, aber räumlich ruhendes ist (es dreht sich nicht).
Ihre Frage wird nun sein, warum so ein Motor überhaupt läuft, wenn doch kein Drehfeld vorhanden ist.
Dazu muss eine der beiden Feldkomponenten, entweder die links- oder die rechtsdrehende, geschwächt, bzw. verstärkt werden, dann stellt sich ein resultierendes Drehfeld in eine Richtung ein.
Das geht im Stillstand nicht, deshalb läuft so ein Motor auch nicht selbst an. Das rechts- und das linksdrehende Feld finden den gleichen magnetischen Widerstand vor, bleiben also gleich groß. Drehe ich nun den Läufer von Hand mit der synchronen Drehzahl z.B. nach rechts, so sieht der Läufer das rechtsdrehende Statorfeld mit der Frequenz 0Hz, das linksdrehende jedoch mit der doppelten Drehfrequenz. Da die höhere Frequenz auch einen höheren magnetischen Widerstand hervorruft, wird die linksdrehende gegenüber der rechtsdrehenden Komponente geschwächt und das resultierende Drehfeld ist rechtsdrehend.
Das Problem ist, dass die synchrone Drehzahl beim Anwerfen recht genau getroffen werden muss, sonst "überläuft" die entsprechende Feldkomponente das Polrad, das wegen der relativ großen Masse und des relativ kleinen Drehmomentes den Rotor nicht in den Synchronismus ziehen kann, der Rotor bleibt also wieder stehen. Die schrägen Schlitze des Statorringes erleichtern das "in Tritt fallen" des Rotors. Dadurch wird allerdings das Kippmoment (größtes Drehmoment, das vom Motor aufgebracht werden kann) etwas kleiner. (Mit etwas Geduld kann man den Motor auch mit der doppelten synchronen Drehzahl anwerfen. Das funktioniert für Rechts- und Linkslauf gleichermaßen.)
Nehmen wir also an, der kleine Einphasen-Synchronmotor läuft jetzt mit seiner synchronen Drehzahl. Belaste ich nun den Rotor, so stehen die Läuferpole nicht mehr exakt unter den Ständerpolen, wenn das Maximum des Statorfeldes erscheint. Es entsteht der sogenannte Polradwinkel, der die Verschiebung zwischen Stator- und Rotorpol anzeigt, der also die Belastung des Motors sichtbar macht (mit Stroboskop schön zu beobachten). Wird dieser Polradwinkel zu groß, so wird die magnetische Kraft zu schwach, um den Rotor noch mitzuziehen und der Motor bleibt wieder stehen. Der Motor "kippt". Das Kippmoment kennzeichnet hier das maximale Drehmoment des Motors.

Zum Rotor:
Der kann entweder einen Permanentmagneten enthalten, einen Ring aus hartmagnetischem Werkstoff (Hystereseläufer) oder ausgeprägte Pole (Reluktanzläufer). Darauf gehe ich nicht näher ein.
Jedenfalls benötigt der Läufer die gleiche Anzahl Pole wie der Ständer, hier also 4 (N-S-N-S) auf dem Umfang verteilt. Leider kann ich das auf dem Bild nicht genau erkennen, aber es könnten vorne und hinten auf der Achse Scheiben mit jeweils 2 Klauen vorhanden sein, die ineinander greifen und so auch das Muster N-S-N-S ergeben würden. Vielleicht können Sie noch einen Rest des Magnetfeldes mit einem Kompass detektieren, der am Umfang des Läufers entlanggeführt wird.
Auf die Beschreibung selbstanlaufender Einphasen- , sowie Mehrphasen- Synchronmotoren verzichte ich hier, das führt zu weit.
Die Feldstärke, vor allem bei Magneten älteren Jahrgangs, wird mit der Zeit geringer und diese Tendenz verstärkt sich noch, wenn kein magnetischer Rückschluss vorhanden ist (ausgebauter Läufer). Das geht jedoch nicht innerhalb von Sekunden, sodass man den Läufer schon ausbauen kann, aber dann in einer entsprechenden Stahlhülse aufbewahrt, bis zum Wiedereinbau. Also keine Angst vor dem Ausbau, nur einen magnetischen Rückschluss sollten Sie vorbereitet haben.
Wenn jedoch, wie in diesem Fall, über längere Zeit ein Wechselfeld einwirken kann, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das gerichtete Magnetfeld in ein ungerichtetes gewandelt wird. D.h., der außen feststellbare Magnetismus ist (fast) weg. (siehe: Entmagnetisierungsspule für TB-Geräte). Theoretisch und praktisch kann man das Material auch wieder aufmagnetisieren, dazu sind die Motorspulen jedoch zu schwach, da muss schon ein etwas stärkeres Magnetfeld einwirken, als durch die Spulen erzeugt werden könnte. Wichtig ist, dass Sie 4 Pole erzeugen und, wenn möglich, in gleicher Polarität wie vorher, wenn das überhaupt noch feststellbar ist. Dazu wäre es hilfreich, wenn der Aufbau des Magnetsystems bekannt ist. Vielleicht können Sie das herausbekommen.
Beim Aufmagnetisieren hilf nur der Versuch (oder die Erfahrung), da das Material unbekannt ist, die Feldstärke ebenso.

 

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27.Mar.08 08:08

Gerhard Heigl (A)
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Gerhard Heigl

Hier noch 2 Antworten, die ich per mail von RM.org-Mitgliedern erhalten habe und den Lesern nicht vorenthalten möchte:

Due to (technical?) RMorg restrictions Dutch collectors apparently are not allowed to reply directly to certain forum questions.
 
In the Philips Service Documentation of the Philips 952A player (same motor) you will find the answer. See:
 
 
 
The rotor of this motor was delivered by the Philips Service Department packed into a circular iron shunt. Without the shunt the rotor will loose its remanent magnetisme within a short time. The warning reads:
 
(Holländischer Text) 
This translates as:
 
Every rotor is delivered within a magnetic shunt.
During motor repair a rotor shall not be
laid down without this shunt, otherwise the
remanent magnetism will be weakened.
 
Best regards,
John Hupse
______________
und:
Ein Synchronmotor dieser Bauart müßte tatsächlich einen Permanentmagnet-Rotor haben.
 Sollte es so sein, ist Ihr Problem wahrscheinlich gar nicht so schwer lösbar. Das Aufmagnetisieren dieses Motors dürfte dem Vorgehen bei den Magnetzündern an alten Motoren entsprechen. Sie können deshalb bei Oldtimer-Elektrikern Hilfe finden, mir fällt da die Firma Laubersheimer ein. Man verwendet dazu einen großen Elektromagneten, der normalerweise mit Adapterstücken auf das Gehäuse des Zünders aufgesetzt wird. Es ist aber genauso möglich, einen ausgebauten Rotor aufzumagnetisieren, wie es in Ihrem Fall nötig ist. Man muß nur beim Einbau immer einen magnetischen Rückschluß aufrechterhalten, d. h. den Rotor direkt, ohne Freiraum zu lassen, aus dem Magneten in den Motor schieben. Wenn das nicht geht, muß man ihn zunächst in ein kurzes Eisenrohr stecken,
aus dem er in den Motor geschoben wird. Wenn Sie noch Fragen haben, melden Sie sich bitte. Kann allerdings nur werktags unter dieser Adresse nachschauen - das schlaue Buch ist
auch noch im Umzugskarton...
 Schöne Feiertage,
 Steffen Thies
______________
Nochmals vielen Dank an alle Beteiligten
Gerhard Heigl

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