Radio DDR - Messewelle - von 1971 bis 1990
Radio DDR - Messewelle - von 1971 bis 1990

Ein Rundfunk-Programm speziell zur Leipziger Frühjahrsmesse (auch Technische Messe genannt) und zur Leipziger Herbstmesse als Konsumgütermesse bezeichnet )für die Einwohner, Messegäste und natürlich die Aussteller das war eine interessante Zielstellung.
In der Leipziger Volkszeitung wird die Konzeption des neuen Programmes vorgestellt:
Am Sonnabend, den 13.März 1971 geht es los. Der Standort des Mittelwellensenders ist auf dem AGRA- Gelände südlich von Leipzig. Dort ist ein mobiler 5Kw Mittelwellen-Sender von der Firma Lorenz, Anlage 6412 , stationiert worden. In der Zeit von 7,00 Uhr bis 10,00 Uhr wurde das Messeprogramm auch über UKW Leipzig auf 88,45 MHz und 93,85 MHz übertragen.
Am 4.September 1971 startete 1 Tag vor dem offiziellen Messebeginn das Herbstprogramm, diesmal nicht nur mit dem Mittelwellensender sondern auch auf UKW 89,3 Mhz. Fotos 2+3 Schnauber
Der 1 kW-UKW-Sender Typenbezeichnung UKF891 wurde im VEB Sachsenwerk in Radeberg produziert, es war die abgeänderte Version des Fernsehtonsenders. Etwas mehr dazu können hier lesen.
Der Sender und eine sogenannte Notstudioeinrichtung war in diesem Skoda-Bus eingebaut. Links auf dem Foto sehen Sie ein kleines Stück der mobilen MW-Anlage 6412, rechts im Bild die UKW-Sendeantenne.
Herr Wolfgang Schnauber, der diese Anlagen aufgebaut und betreut hat, schreibt mir dazu:
"Der auf dem Gelände der AGRA Leipzig-Markleeberg für die Ausstrahlung der Messewelle Leipzig verwendete mobile Antennenträger war ein etwa 30 m hoher Kurbelmast.
An dessen Fuß befand sich ein sogenannter Führungsschuß, in den die einzelnen Mastschüsse von ca 2,5 m Länge nacheinander eingesetzt und mittels Kurbel nach oben herausgeschoben wurden.
Auf dem ersten Mastschuß war vorher die UKW-Sendeantenne ( der gestockte Kreuzdipol) sowie das Antennenkabel, was mitgeführt wurde, montiert.
Der voll ausgefahrene Kurbelmast war in verschiedenen Höhen mit Stahlseilen über sogenannte Lusemburger Seilzüge abgespannt, die ihrerseits an im Erdreich eingedrehten Erdbohrern befestigt waren.
Der Senkrechtstand des Antennenträgers wurde mit einem Theodoliten überprüft und ggf. über die Abspannungen mit den Luxemburgern korrigiert.
Der Abbau dieser Antenne erfolgte in umgekehrter Reihenfolge."
Bereits zur Herbstmesse 1971 wurden täglich in der Zeit 7,00 bis 10,00 Uhr auf UKW Leipzig IV , Frequenz 93,85 MHz , Brocken IV auf 94,6 MHz und Dequede IV 94,9 MHz die Sendungen übertragen.
Die Signalzuführung erfolgte über Kabel vom Funkhaus Springerstraße 24 . Dieses Funkhaus nutzte schon der Mitteldeutsche Rundfunk. Ein Foto,was etwa 1951 entstanden ist, zeigt noch das Gebäude mit der Bezeichnung "Mitteldeutscher Rundfunk", Sender Leipzig. Dessen Sendestart war der 15.September 1945. Im Jahre 1952 werden die 5 ostdeutschen Länder in 15 Bezirke neu aufgeteilt.
Das ist auch das "Geburtsjahr" VON RADIO DDR. Neben dem Hauptstandort Berlin Nalepastrasse sendete Radio DDR auch aus Berlin- Grünau und Leipzig.
Im Jahre 1971 begann dann die Messewelle zu senden. Immer am Sonnabend vor Messebeginn bis zum Ende der jeweiligen Messe. Zunächst auf MW 557 kHz, dann, leider kann ich genauen Zeitpunkt noch nicht nennen, wurde auf 529 kHz geändert, die 729 kHz blieben dann bis zum Ende der DDR.
Mit der Frühjahrsmesse 1972 wurde der Senderstandort verändert. Die Mittelwelle sendete man nun von Wiederau. In der SO-7-Chronik ist dazu folgendes zu lesen: Standort Lausen (Leipzig West):
Im Frühjahr 1990 sendet die Messewelle vom 10.März bis 18.März täglich von 04,00 Uhr bis 20,00 Uhr auf der Mittelwelle 729 kHz ( über diese Frequenz sendet eigentlich der Berliner Rundfunk). Nachzulesen in der FFdabei Heft 11 1990 Seite 31.
Das UKW-Tagesprogramm wurde von Wiederau ausgestrahlt, zunächst noch in mono.
Übrigens konnten wir in Pirna ( etwa 100 Km Luftlinie zum Sender Wiederau ) den 5 KW MW-Sender noch brauchbar empfangen, während UKW nicht anlag.
Bei diesem Programm nahm man sich westliche Programmgestaltung zum "Vorbild" um natürlich auch die Hörgewohnheiten dieser Zielgruppe zu erfüllen. Das Programm mit einem Anteil von 60% mit Musik aus "Sozialistischen" Ländern mußte an diesen Tagen nicht eingehalten werden, die aktuellsten Hits aus dem Westen wurden hier gespielt ! Das zeigte sich auch in den Werbeeinnahmen. Werbung war Bestandteil des Programmes, was ansonsten in der DDR kaum der Fall war. Das spülte natürlich auch Devisen in die Kasse, es sollen einmal fast eine 1/2 Million DM in einer Messewoche gewesen sein.
Vor Ort auf der Technischen Messe und in den Messehäusern der Innenstadt wurden Live Interviews geführt sowohl bei Ausstellern als auch mit Besuchern.
Ein weiterer Höhepunkt waren die Kabarettsendungen der Leipziger "academixer", gegründet 1966 als Amateurkabarett und ab Mitte der 70er Jahre. Berufskabarett.
Foto von links nach rechts: Kati Hart, Christian Becher, Gisela Oechelhaeuser, Gunter Böhnke und Jürgen Hart ( Sing mei Sachse sing) die "Nationalhymne der Sachsen". Jürgen Hart verstarb leider bereits am 9.April 2002. Die "academixer" gibt es noch heute in Leipzig.
Nicht nur die aktuellen "Westschlager " waren Höhepunkt dieses Messeprogrammes sondern auch eben diese Kabarettisten. Vielen Dank für die Bereitstellung vom Logo und Fotos an die Kollegen in Leipzig.
Sogar eine Hitparade in "Sächsischer Mundart" wurde regelmäßig gesendet....nach dem Motto "Ein wenig Spaß muß sein."
Im Jahre 1979 wird das Mittelwellenprogramm auf 729 KHz gesendet, nach wie vor mit 5 KW. Die Sendezeit wird erweitert auf 4,00 Uhr bis 20,00 Uhr . UKW sendet nun auch in Stereo auf 93,9 MHz.
Letztmalig sendet Radio DDR die Messewelle zur Frühjahrsmesse 1990 nach wie vor ist das "Zugpferd" ein Programm der "academixer" mit dem Namen " A-Messements" mit dem großen Messewellen-Preisausschreiben.
Ab Mittwoch, den 1.August.1990 gibt es "Radio DDR 1" nicht mehr, ab sofort sendet auf diesen Frequenzen "Radio Aktuell".
Es erscheinen neue Senderbezeichnungen, über "Sachsenradio" sendet zur Leipziger Herbstmesse ab 01. September 1990 von 13,15 Uhr bis 18,00 Uhr die Messewelle.
Die Frequenzen sind diesselben . es gibt u.a. Verkehrsinformationen, "A-Messements" mit den "academixern" und Super Gewinnchancen.....
Auf dem Bild ist bereits das Logo von Radio DDR (linke Seite vom Schriftzug Sender Leipzig) entfernt.
beide Fotos vom Sendergebäude aus der Sammlung Lieberwirth. Vielen Dank !
Ab 1.Juli 1991 ist der MDR offiziell online, die Dreiländeranstalt von Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Nach meiner Rückfrage beim MDR teilte man mir mit, das dieser Programmanbieter kein Rechtsnachfolger von Radio DDR ist. Die Messewelle Leipzig ist damit Geschichte.
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.