Radiosammler in Indien und China, Regierungsformen etc.

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ID: 218558
Radiosammler in Indien und China, Regierungsformen etc. 
15.Apr.10 15:15
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Ernst Erb (CH)
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Ernst Erb

English translation here by Thomas Albrecht, USA. The Chinese translation by Paul Fok, Hong Kong is not working anymore (2021)..

In einem Fünfsternhotel sieht die Welt immer gleich aus und man könnte den Eindruck haben, dass es den Menschen gut geht. Hohe Politiker werden wohl auch so leben: Im Elfenbeinturm.

Wer über Globalisierung spricht, nimmt oft Indien und China zugleich in den Mund im Sinn von „emerging markets“ etc. Die Wahrheit ist ganz anders, was ich schon immer – aber nur „gefühlsmässig“ äusserte. Ich hatte vor allem zwei der wichtigsten Parameter im Sinn, wenn ich Einwände äusserte, nämlich das Klima und das Bevölkerungswachstum. Dazu kommt aber auch die unterschiedliche Regierungsform. Zum Glück waren wir nicht in einer Reisegruppe, so dass wir eigene Wege gehen konnten.

INDIEN

Auch wenn man Indien als billigen Arbeitsplatz (miss)brauchen kann und es auch hoch gebildete Berufsgattungen hat – beim Volk ist nicht viel angekommen, man sieht keine breitere Entwicklung. Genau so ist es bei den Radiosammlern: Wir haben keine Sammler und keine antiken Radios gefunden … Doch, eine Ruine:

Zustand erbärmlich, Knöpfe und Tasten fehlen.
 

Die Rückseite sieht nicht besser aus, 3 Röhren aus Indien.

Die Röhren beweisen kein in Indien gebautes Radio, doch soll zumindest das Assemblieren dieses Murphy (Mutterfirma GB) in Indien erfolgt sein.

Die Röhren wurden mir geschenkt, das "gute Stück" wurde entsorgt.
Allerdings hat das Reinigen der Röhren der Beschriftung stark geschadet.
BEL steht für Bharat Electronics Ltd. (Ende RöProd. = 1999).

Wir haben zwar drei Mitglieder in Indien, doch praktisch ohne Aktivität. So zeigen wir auch nur 7 Radios aus Indien: Von Bharat Electronics (BEL), National Ekco und Philips India.


 

Altwarengeschäft in Agra. Grösse etwa einer kleinen Garage, Laden an Laden ...
Welch ein Gegensatz zum Taj Mahal.
Der Murphy stammt aber nicht aus so einem Laden.


Eine Fernseh-Reparaturwerkstatt in Agra, Chipitola Market.


In Indien waren wir zwar nur in Delhi, (und Neu Delhi 12 bis 20 Mio Einw.), Jaipur (in Rajasthan, 2,3 Mio Einw.) und Agra (1.3 Mio Einw. im Staat Uttar Pradesh – und ich kann Mombai und weitere grosse Zentren nicht einbeziehen. Die genannten Städte sind aber alles Millionenstädte – und wir haben auch kleine Dörfer besucht und waren in Häusern dieser Dorfbewohner, hatten Gespräche. Mit dem PKW hatten wir an drei Tagen je ca. 500 km zurückgelegt - und auch Zwischenhalte in kleinen Ortschaften eingeschaltet.

Höhepunkte in Delhi waren z.B. die Jama Masjid Moschee, das Erkunden von alt Delhi (einem muslimischen Teil, in dem ich kein Foto wagte, so ärmlich wirkte er). Dazu kam eine Rikscha-Fahrt durch Chandni Chowk, der Besuch des Sikh-Tempels Bangla Sahib Gurudwara etc. Die Metro und das von den Engländern gebaute Neu Delhi, besonders Rajpath (auch heutiger Regierungssitz) sieht da ganz anders aus. Vor Jaipur galt es das Fort Jaigarh mit Jai Mandir zu besichtigen.

In Jaipur selbst, der "Pink-City", war vor allem das Observatorium Jantar Mantar technisch interessant und Hawa Mahal ein Kuriosum (umfassender ist der Link auf Englisch). In Jaipur ist auch Unterkunft in einem vom Raja noch bewohnten Haus, Samode Haveli möglich. Sehr zu empfehlen, wenn man eine besondere Stimmung wahrnehmen möchte - auch wenn man 100 Meter vorher denkt "Wo geht eigentlich die Fahrt hin?".

Danach folgte Agra mit Taj Mahal, rotes Fort und Fathepur Sikrit. Bei dieser letzten Station, also auch eine Millionenstadt, wollte ich es genauer wissen, wie es um antike Radios steht, da vorher nichts gefunden und nicht intensiv genug danach gesucht.

Schliesslich verkaufte mir jemand drei Taschenbücher. Eines in Englisch: "Television, Fundamentals & Servicing" Simplified & Complete Television Theory & Servicing Course with Principles of Color TV. Herausgegeben von einem "Radio TV Training Centre", Approved by Govt. of Uttar Pradesh for Radio Instructors Students of I.T.I. & Leading Radio T.V. Institutes. Shahzadi Mandi, Agra. Dazu zwei in Hindi, nämlich "Radio-TV Transistor Servicing Guide" und "Cassette Tape Recorders Principles & Servicing", beide von der gleichen Organisation. Der Vater des Verkäufers hatte ein Reparaturgeschäft. Gefunden hatte ich diese Person über mehrere Ecken, eine davon  war der Besuch eines Jainismus-Tempels in Agra.

Janismus ist u.a. durch Mahavira (Jina) entstanden, auch wenn es viel frühere Gründer (ohne Nachweis) geben soll. Er lebte in der Gründungszeit des Buddhismus (Siddhartha Gautama), von 599 bis 527 v. Chr. Beide Religionen entstammen dem Brahmanismus, der Vorgängerreligion des Hinduismus, auch wenn die Wurzeln aus noch früherer Zeit stammen könnten. Dem Jainismus gehören nur etwa 4,5 Mio. Gläubige an, die sich streng vegetarisch ernähren, also 1 % der Buddhisten. Übrigens: Das umgekehrte Symbol der Ja(i)nisten diente im Deutschen Reich als Hakenkreuz.

Aus Wikipedia: "Die drei ethischen Grundprinzipien des Jainismus sind Ahimsa (Gewaltlosigkeit gegenüber allen Lebewesen), Aparigraha (Unabhängigkeit von unnötigem Besitz) und Satya (Wahrhaftigkeit). Wegen des Ideals der Nichtverletzung von Lebewesen ernähren sich Jainas ausschließlich so, dass weder Tier noch Pflanze dafür sterben müssen. Bedingt durch diese Prinzipien, üben Anhänger des Jainismus nicht jeden Beruf aus, weshalb sie beispielsweise oft im Handel und im Bankgewerbe arbeiten. Wegen der Strenge der Lebensführung war die Gemeinde nie sehr groß. Die Laien konnten wegen des Gewaltlosigkeitgebots weder in der Landwirtschaft arbeiten (beim Pflügen könnten Lebewesen verletzt werden), noch konnten sie sich dem Kriegshandwerk widmen."

Ich kenne keine andere Glaubensgemeinschaft, die so extrem Lebewesen schützt, was auch bei Reichen bis zur Schutzmaske gehen kann, damit keine Insekten durch Verschlucken umkommen! Sie zeichnen sich durch besondere Höflichkeit und Zuvorkommenheit aus, was wir im Westen gar nicht mehr kennen. Ich kenne keine(n) so genannte(n) Ernährungswissenschaftler(in), die sich vorstellen könnte, dass man auf diese oft ganz vegane Weise gesund und über Jahrtausende leben kann - trotz lebenden Beweisen. Ich habe niemand mit Gebrechen oder Zeichen von Inzucht gefunden. Dass man in einem Tempel oder Moschee die Schuhe auszieht (manchmal auch die Socken) war für mich klar, doch hier ist selbst der Ledergurt tabu! Unter jain-germany.de kann man mehr erfahren. Mir ging es um den strikten Vegetarismus - er scheint einen sehr positiven Einfluss auf die Menschen zu haben.

 

Eine Seitenstrasse in Delhi.
 

Gemüsehandel in der Stadt Agra.

 

Von meiner Sichtweise her sollte man eine Regierung oder ein Land nach dem Lebensstil der 10% Ärmsten beurteilen – und nach der Lebensweise der Massen, nicht der Superreichen.
Natürlich muss man das dynamisch sehen, also mit der Frage: "Wie hat sich das verändert?" ...

Die Unterschiede zwischen Indien und China sind grösser als ich dachte. Natürlich gibt es in Indien und China eine grosse ländliche Bevölkerung, die z.T. leidet, meist unter Bedingungen lebt, die man sich nicht viel einfacher vorstellen kann. In beiden Ländern leben sie jedoch in einer gewissen Würde und einfacher „Sauberkeit“.

Weit weg von jeder Stadt:
Wohn-, Ess- und Schlafraum. Auf dem Bett liegt noch das Kleinkind.
Das grössere Kind erkennt man zwischen den Frauen.


Die Ausgangslage für die beiden Länder Indien und China war ganz verschieden: Indien konnte wegen der langen Beherrschung durch Grossbritannien westliche Errrungenschaften inkl. Demokratie und offenen Handel übernehmen.

Indien mit jetzt geschätzten 1,2 Milliarden Einwohner wird China mit jetzt 1.3 Milliarden Menschen bevölkerungsmässig überholen, wenn nicht schon geschehen - und dabei werden die Massen noch mehr verarmen. Seit dem Verfall der Feudalherrschaft werden die Wälder geplündert; das Land versteppt dort; die Tiere sterben aus. Im Süden gibt es dafür Gebiete mit sintflutartigen Regenfällen, die im Extremfall an einem Tag einen Meter Höhe an Wassermenge bringen können.  Solche Probleme kennt China auch, vor allem Trockenheit. Am Auffälligsten ist in Indien der Schmutz auf den Strassen - vor allem die zahlreichen Plastik-Abfälle - auch auf den Feldern neben den Strassen.

Mit einer einfachen Massnahme (und einigen Gegenmassnahmen gegen Missbrauch) könnte der Staat gerade zwei Probleme mindern: Plastik wo man hinschaut - und Armut. Ganz einfach und ohne Staatskosten: Man müsste eine Vorabgabe (wie bei uns für Elektronik) bei Import und Fabrikation von Plastik erheben und für Altplastik etwas bezahlen. Diese EINE Massnahme ergäbe eine sichtbare und bei den Armen spürbare Differenz. Kann das eine Demokratie?

Darüber hatte ich mit zwei gebildeten Leuten gesprochen. Die haben aber den Glauben an das Schicksal (und der Wiedergeburt) so tief verwurzelt, dass das Elend eben "gottgewollt" ist - und ich stiess auf Unverständnis/Abwehr, schon beim Gedanken an Änderungen. Immerhin: Die "Unberührbaren" kann man heute nur erkennen, wenn man den Namen weiss ... Nach Kalkutta hatte ab 2002 auch die 8-Millionenstadt Delhi eine Metro (U-Bahn) und die ist heute noch sauber. Natürlich gibt es auch grosse Vorzeigeprojekte, sowohl wirtschaftlich, für Umweltverbesserung oder für Kinderschutz - wie auch hier gegen Kinderarbeit  - etc. Insgesamt Tropfen auf einen heissen Stein ... Was von uns oft nicht betrachtet wird: Wenigstens haben die Menschen ein (geringes) Einkommen, wenn sie primitive Arbeit leisten. Eine Änderung durch industrielle Fertigung bedeutet meist noch mehr Leid. Man müsste wo anders beginnen ...

 

Ziegelherstellung in Indien. Bitte oben rechts Bildfolge beachten.

 


 

CHINA

 

China hatte bis vor wenigen Jahrhunderten eigentlich die wichtigsten Erfindungen und Entwicklungen geleistet, die wir für europäische halten. Es ist unglaublich, wie wenig wir bei uns darüber wissen.

Das Hystorische Museum in Xi'An zeigt Beispiele diverser Techniken, Gegenständen etc.
Diese reichen z.T. in die Zeit vor 5000 bis 7000 Jahren zurück.
Hier aber etwas vor gut 2000 Jahren: Eiserne Zahnräder.



Entscheidend ist oben das mittlere Stück mit Sägezahn!

Verchromte Schwerter schon vor 2200 Jahren!

Bekannt sind bei uns vor allem das "Schiesspulver" und Kanonen, die man seit 250 Jahren vor Christus verwendet haben soll und die erst 1346 durch England übernommen wurden. Dieser Teil ist aber umstritten. Abakus, Porzellan, Kompass und Papier (echtes, "geschöpftes", nicht Papyrus oder Pergament!), Seide vor ca. 5000 Jahren, darum auch die Seidenstrasse. Es gibt aber zahlreiche Erfindungen, wie das Seismoskop (Erdbebenforschung) oder auch die vor 4000 Jahren stammenden Spaghetti.

Allerdings hat dann Europa sich nach Befreiung der Religionsfesseln mit der industriellen Revolution und den weiteren Entwicklungen deutlich weiter bewegt, während China zum Spielball ausländischer Möchte wurde inkl. teilweiser Besetzung durch Japan. Dies lange vor dem Ersten Weltkrieg und wieder ab 1937 bis September 1945. Gleichzeitig und danach gab es den Bürgerkrieg.  Schliesslich versuchte China bis 1962 mit dem "grossen Sprung" und weiteren Massnahmen,  z.B. Vernichtung der Spatzen (an dem gewisse Gegenden noch immer leiden, man musste Spatzen importieren, damit das natürliche Gleichgewicht herzustellen ist), Kolchosen-Wirtschaft etc. den wirtschaftlichen Anschluss zu gewinnen, was inkl. gleichzeitigen Naturkatastrophen zur grössten Hungersnot mit Tod von 20 Millionen Chinesen führte. Die 1966 beginnende und etwa 10 Jahre dauernde Kulturrevolution (Rote Garden, rotes Buch von 1966) brachte grosse Zerstörungen an den alten Kulturschätzen und an gebildeten Leuten.

Deng Xiaoping verstand es, ab ca. 1980 von einem rein idealistischen Weg (Idealkommunismus) in einen dem Menschen angepassten realistischen Weg umzuschwenken. Er erlaubte sich den Satz: "Lassen wir zuerst einmal einige Leute reich werden ..." Man muss sich in die Zeit zurück versetzen können, um die Tragweite des Satzes und die Gefährlichkeit (für ihn) zu jener Zeit zu verstehen.

Für Hunderte Millionen von Menschen verbesserte sich während Dengs Regierungszeit die Lebensqualität spürbar. Über die Reformen Deng Xiaopings sagt man deshalb, dass sie den größten Wohlfahrtsgewinn aller Zeiten erreicht haben, den ein einzelner je zustande gebracht hat.

So oder so kommt aber bei Politik und Religion immer der "Faktor Mensch" zum Tragen. Idealistische Ansätze haben noch nie auf Dauer gut getan! In der Politik führte das zur allgemeinen Verarmung und vielen Toten, in der Religion ebenfalls ...

Auch die Nachfolger von Deng Xiaoping konnten den äusserst erfolgreichen realistischen, also dem Menschen angepassten Kurs in China fortsetzen. Es gibt auch bei uns den "politisch nicht korrekten" Spruch: "Die beste Regierungsform ist eine gute Diktatur". Dabei kann das ein König, Kaiser oder eine Ein-Parteien-Regierung sein. Nur: Ganz selten wirken Diktatoren oder Dynastien gut ... Eine Demokratie kann nur relativ gut oder schlecht sein, eine Art Diktatur hat den grossen Nachteil, dass sie extrem gute oder extrem schlechte Auswirkungen haben kann. Gleichzeitig kann aber auch nie alles nur positiv sein.

In nur einer Generation praktisch freier Wirtschaft zeigen sich die üblichen Auswüchse, wenn gute Absichten schamlos ausgenützt werden: Oben herrscht das "Recht", unten eher das "Unrecht". Mit einer Institution für "geschützte Whistleblowers" und unabhängiger Gerichtsbarkeit als eine Art Hilfe zum Ausgleich für die Regierung wäre China jedem anderen Staat voraus.

Wo ist das Unrecht?
Ich denke da an Enteignungen von Boden zu miesen Konditionen - teils unter Waffengewalt - durch mafiöse Organisationen (z.B. offener Kampf in Tianjin) oder Lokalmatadoren. Es sind die privaten Interessen der Reichen, die das bewirken, nicht der Staat. Korruption im grossen Stil ist das andere Problem.

Es fehlt eine strenge Gerichtsbarkeit, die für die Schwachen da ist und wahrscheinlich wäre eine Bodenreform nötig. Heute getraut sich ein Anwalt nicht, einen Fall anzunehmen, der gegen die Interessen der Regierung geht (South China Morning Post, Apr.5, 2010, page A3). Die Probleme Chinas liegen vor allem bei der Landbevölkerung und damit auch bei den Wanderarbeitern - und bei der Ökologie. Yu Jianrong schrieb am 4. April 2010 in der "Sunday Morning Post" (10 Agenda) mutig, dass die Zentralregierung unbedingt mehr unabhängige Richter und Staatsanwälte nominieren sollten, um einfache Menschen zu schützen. Die Verfassung sei gut, doch an der Umsetzung mangle es, weil die Gerichtsbarkeit nicht unabhängig sei.

Das Umweltbewusstsein ist viel besser entwickelt als ich annnahm.
Vor allem wenn man von Indien her kommt, spürt man einen riesen Unterschied: Überall ist man in China am Pflanzen von Bäumen, verschönt die Strassen. Das ist wirklich sehr auffällig. Ein Veteran (der VBA bzw. PLA) alleine hat in Shangde (gemäss "Gansu Daily") mehr als eine halbe Million Bäume gepflanzt - auf seine eigenen Kosten.

Hu Jintao und Premier Wen Jiabao wollen nun die Minimallöhne anheben und eine Art weitere "Revolution" einleiten mit dem Ziel von  "economic progress and parity", also den besseren Ausgleich ohne wirtschaftlich schlechte Folgen erzielen, denn 10 % der Bevölkerung (130 Millionen Menschen) besitzen gut die Hälfte des Vermögens. Das Ziel ist ein breiter Mittelstand. Immerhin gibt es schon lange vorgeschriebene Minimallöhne. Die Konjunktur diktiert in den Zentren Beijing, Shanghai und Guangdong sowieso die Löhne. Im 2008 hat China strengere Regeln im Arbeits-Vertragsrecht (z.B. Kündigungsdschutz) eingeführt als die USA. Noch immer vernimmt man bei uns wenig über die grossen Leistungen der letzten rund 30 Jahre, sondern meist nur was schief geht.

Aber man kennt heute in China ca. 70 Superreiche mit mehr als Milliarden Dollar-Vermögen (Forbes). Das zeigt das Fehlen von Korrektiven. Ca. eine Million Millionäre ist nicht das Problem aber ebenfalls erstaunlich für diese kurze Zeit, denn darunter sind auch solche mit hunderten von Millionen Vermögen. "Darunter" kann man durchaus von einem breiten (städtischen) Mittelstand reden und sieht den grossen Fortschritt Chinas auf Schritt und Tritt.
Das wäre auch bei uns ein Thema: Lin A wehrt sich mit Seminaren gegen das Untergehen der Spiritualität (Herz und Seele).

Erstaunlich sind Zahlen wie mehr als 4000 Gebäude mit 30 Stockwerken und höher - alleine in Shanghai. Auch die massive Zahl von Chinesen, die vor allem in London, Vancouver und Australien Immobilien aufkaufen und bar bezahlen. Auch wenn sich manchmal mehrere Investoren zusammen schliessen, theoretisch ist das gar nicht möglich, denn ein Festlandchinese kann eigentlich offiziell kein Geld ausführen. In Sydney meint ein Verkäufer, dass Festlandchinesen inzwischen 60 % seiner Verkäufe ausmachen.

China hat Japan in der Wirtschaftsleistung überholt und ist damit an zweiter Stelle. Noch sind die USA mit rund 14 Billiarden Dollar GDP (gross domestic product) im 2009 die stärkste Wirtschaftsmacht - ausser man nimmt die EU als Land, das dann leicht darüber ist. Gemessen an der Leistung pro Person, genannt PPP (purchasing power parity) wird China noch lange aufholen müssen, doch beim GDP sieht man den Wechsel innerhalb einer Generation kommen. 


So zeigte sich z.B. Shanghai vom Hotel-Zimmer aus.

Trotz der Geburtenregelung sieht China in jeder Beziehung "jung" aus. Das kann man auch bei den mehr als 100 Radiosammlern behaupten, die uns begrüssten. Eigentlich wollte ich zwei unserer Mitglieder treffen und hatte sie mit einem eMail angefragt. Daraus wurde eine Lawine der äusserst positiven Art: Wir wurden zu fünf Willkommens-Abendessen eingeladen (Beijing (2), Xi'An, Shanghai und Guangzhou) und teilweise ganze Tage zu Besichtigungen begleitet, so zu den Besuchshöhepunkten in Peking (z.B. Altstadt, "verbotene Stadt" - aber auch das echte Hutong etc. durch Xiao Feng Zhang = Frank, zu einer mittelgrossen Radiofabrik (3 Millionen Apparate pro Jahr) in Dongguan, zum ersten Radiomuseum in China (in Zhongshan) und schliesslich in Hong Kong (durch unser Mitglied Paul Fok bzw. "HongKongRadioer" und Leung Ping HO bzw. "Ahping").





Erstes Treffen (23.3.10) in Beijing im kleinen aber feinen Kreis.
Die Dame in Blau, Chen Deng, ist die Redaktorin der wichtigen Fachzeitschrift "RADIO MAGAZINE" (...radio.com.cn).
Ganz rechts ist "ZTL", Zhang Tai Li. Er hat einen sehr lesenswerten Beitrag über Radios in China geschrieben, den ich verwenden darf.


Unser Mitglied Xiao Feng Zhang (Frank), hatte sich uns mehr als einen vollen Tag gewidmet.

In Hutong wollte ich in einem besonders typischen, günstigen Restaurant essen.
Ich war überrascht wie sauber und trotzdem billig man speisen kann.
Natürlich durfte ich nicht in ein Lokal für wirklich arme Leute.





Am zweiten Abend in Peking (26.3.10) war der Kreis der Teilnehmer erweitert.
Es gab Teilnehmer, die dazu mehr als 1000 km gereist sind.
Es gab auch einige antike Radios zu besichtigen, die mitgebracht wurden.

Hier finden Sie eine Foto-Reportage der chinesischen Radiofreunde. Tragen Sie 15100 in das Feld oben links ein und klicken Sie auf das rechts daneben. Es war ein gediegener Abend. Wir waren überrascht von der herzlichen Aufnahme im höchst interessanten Beijing mit vielen Sehenswürdigkeiten. Jar (rote Jacke) war besonders lustig (seven Dollar man).

 

Natürlich musste ich am 26. März 2010 einen Laden mit antiken Radios suchen gehen.
Kaum im Laden, kommt die Besitzerin und zeigt mir eine Foto-Reportage im Internet, weil sie uns darin erkennt.
Sie bedauerte, dass sie nicht dabei sein konnte. Sie sammelt selbst auch ...

 

Auch in Xi'An (Hsi-An, Provinz Shaanxi), gab es eine Willkommens-Einladung für uns.
Das ist die Stadt in der Nähe der Terrakotta-Armee - und Ausgangspunkt der Seidenstrasse.

Fotoreportage der chinesischen Radiofreunde in Xi'an. Auch hier, am 27. März, ein sehr angenehmer Abend. Mein einziges Problem ist, wie ich diese Gastfreundschaft und die Geschenke erwidern kann. Sogar eine Verbindung über WLAN mit Radiomuseum war möglich.


Ebenfalls eine bleibende Erinnerung wird der Unterhaltungsabend vom 28. März bleiben.
Das Fotografieren am Abend 30.3. in Shanghai mit besonderen Akrobatik-Leistungen war strengstens verboten. Blitzlichter könnten tödliche Unfälle hervorrufen.
Natürlich hatten wir bei Xi'an auch die Terrakotta-Armee besucht. Siehe auch diese Bilder.

Shanghai ist eines der grossen Wirtschaftszentren mit dem drittgrössten Containerhafen der Welt bzw. der grösste Hafen bezüglich Gesamtumschlag. Die Nanjing Lu Road war beeindruckend, wie auch der Bund. Aber auch der Jade-Buddha-Tempel oder die Gärten des Mandarin Yu, sowie das Shanghai-Museum, die Altstadt etc. Für Kathrin durfte der Zoo mit dem Panda-Bär natürlich nicht fehlen.

Nicht auslassen konnte ich die Magnetschwebebahn, MagLev,  in Shanghai, die den Flughafen mit 430 km Geschwindigkeit verbindet. In den meisten Zeiten fährt man aber mit 300 km um Energie zu sparen. Die Zeiten sind ausgeschrieben.

 

Ein weiterer Höhepunkt war die Einladung in Räumlichkeiten der Tongji University.
Wurde 1907
durch den deutschen Arzt Erich Paulun als German Medical School gegründet.
Bekam 1927 den Universitätsstatus. Heute vor allem bekannt für Architektur.

Über dieses Treffen vom 29. März in Shanghai haben die neuen Freunde in China sogar zwei Bild-Reportagen erstellt. Die Dame in rot im zweiten Bericht war vom Fernsehen. Sehen Sie sich die Vitrinen mit den interessanten Radios an. Gemeinsam mit Sammlern aus China sollten wir versuchen, ob wir chinesische Geräte und Entwicklung via Radiomuseum der Welt vorstellen können. Dr. Qi organisiert hier die Clubaktivitäten wie Quartalsweise Zusammenkünfte. Unsere Mitglieder Songping Wan und Leon Ouziel Canals hatten uns vom Hotel abgeholt.

Unsere nächste Station war Guilin, wo wir am 1. April vor allem die besondere Karstlandschaft bewundern konnten. Eine Flussfahrt auf dem Li-Fluss zeigte uns diese - und eine Besichtigung der Schilfrohrflötenhöhle, einer riesigen Tropfsteinhöhle, auch Ludiyan genannt, nebst "Trunk Hill"-Besteigung.

Landschaft bei Guilin.




Man kann nur kleine Teile der verzweigten Höhle auf ein Bild nehmen.
Hier sehen Sie unten nur die Spiegelung dieser Halle im Wasser!

Nach dem vierten innerchinesischen Flug kamen wir in das wirtschaftliche Zentrum, das zumindest bezüglich Radioproduktion Shanghai ablöste, Guangzhou. Einige dieser Flüge kann man in wenigen Jahren durch Benutzung von Eisenbahnen mit 350 km Geschwindigkeit vermeiden.

Der Anlass in Guangzhou (Die Bilder wurden entfernt - Google-Übersetzung einsetzen) vom 2. April war ein ganz besonderer. Beachten Sie das neue Röhrenradio - mit ausgezeichnetem Klang. Hier hat Paul Fok, Vorsitzender der WECWRA, den ausserordentlichen Abend auch auf der Site der WECWRA (Worldwide Ethnic Chinese Wireless & Radio Association) etwas anders festgehalten. Ich war so beschäftigt, dass ich kein einziges Foto aufgenommen hatte, darum hier kein (eigenes) Bild.

Wieder hat mich überrascht mit welcher Herzlichkeit wir empfangen wurden und welchen Respekt wir erhielten - überall wurde nicht geraucht, wenig (nur Bier, auch wenn es anders aussieht - und ein Mal ein wenig köstlicher Reiswein) bis gar nicht Alkohol getrunken und wir bekamen sowohl Früchte und rohes Gemüse oder strikt vegetarische Kost - teilweise war der Anlass in einem gediegenen vegetarischen Restaurant. Das Interesse an einem Erfahrungsaustausch war gross.

Am 3. April fuhren wir im Auto nach Dongguan, um die mittelgrosse Radiofabrik mit der Hauptmarke TECSUN zu besuchen.

Immerhin fabriziert sie 3 Millionen Radios pro Jahr. Der sehr symphatische Gründer und Besitzer dieser Firma mit ca. 800 MitarbeiterInnen widmete sich uns den ganzen Tag, denn er begleitete uns bis nach Zhongshan, wo wir gemeinsam das erste Radiomuseum Chinas besuchten, denn auch er ist Radiosammler.



Empfang bei TECSUN bzw. der Desheng General Electric Manufacturing Co., Ltd in Dongguan.
Links Ferrie HU (Gen.Sekr. von WECWRA),
rechts vom Plakat der Besitzer von TECSUN, Wei LIANG, gefolgt von
HongKongRadioer (Paul FOK) und Jianqui QIU
Mr. Qiu hatte 2004 etwa 2200 antike radios gestiftet und damit das Museum ermöglicht.

 

Ich konnte einen Kurzfilm über eine SMD-Bestückungsautomaten im Betrieb aufnehmen und werde versuchen, ihn bei uns unterzubringen. Was mich besonders freute: An Samstagen werden abwechslungsweise auch die Büro-Angestellten und Chefs in die Montage verpflichtet, um "Fusskontakt" zu behalten und die Problematiken bei der einfachen Belegschaft und den Arbeiten im Betrieb kennen zu lernen. Alle essen sowieso in der gleichen Kantine und zugleich - inkl. Chef, wenn anwesend. Wir taten dasselbe.

Danach fuhren wir im Auto nach Zhongshan, Provinz Guangdong, um dort das interessante Radiomuseum zu besichtigen. Falls Link nicht funktioniert: Hier die (gleiche) Reportage von Paul, Präsident der Vereinigung WECWRA, fotografiert durch Ahping. In der verlinkten Fotoreportage sehen Sie auch drei jugendliche Frauen, die aus Interesse das zu bezahlende Museum besichtigten. Beeindruckt hatten einige Räume, die im Stil jener Zeit eingerichtet sind. Der eine zeigte die üblichen Drahtrundfunk-Lautsprecher von ca. 1950, die über eine 600-Ohm-Leitung gespeist waren, um pro Dorf einen öffentlichen Lautsprecher zu betreiben. Die Erde war der Rückleiter, um Material zu sparen. Die meisten der 2000 Radios stammen aus der Sammlung von Qiu Jianqui aus Zhongshan.

Die Hauptarbeit zu diesen aussergewöhnlichen Erfahrungen hat Paul Fok (HongKongRadioer) aus Hong Kong geleistet. Er und Ahping begleiteten uns nicht nur ab Guangzhou, sondern auch noch während zwei Tagen in Hong Kong - Paul hat die (gleiche) Fotoreportage aber auch hier offen gelegt. Paul hat mit mir einen langen Nachmittag auf meinen Wunsch hin im Hotelzimmer sowohl das RMorg näher angesehen wie auch vor allem geholfen, aus einem Schaltplansammlungsbuch zu übersetzen. Da wartet noch viel Arbeit auf mich, das umzusetzen. Ping entführte in der Zwischenzeit Kathrin zu einer Besichtigungstour in Hong Kong. Paul danke ich nochmals für die Überreichung des interessanten Buches über Hong Kong, das einige seiner Fotos zeigt - und für das Buch über die WECWRA.

Zum Abschluss hoffe ich, dass wir mal Radiofreunde aus China auch in der Schweiz so gastfreundlich empfangen können. Zumindest möchte ich eine Sprachflagge für China bei den Sprachen vorsehen können, um ein Übersetzungsprogramm einzubinden. Dann könnte ich mir noch eine weitere Sprache für die Modellseiten vorstellen, wo Zeilentitel und Auswahlfelder quasi als "Zeilenbilder" direkt in Chinesisch darstellbar wären. Ich bin auch gespannt, ob wir gemeinsam mit Radiofreunden aus China die Radios für dieses Land als Katalog aufnehmen können, so dass die Radios der Welt vorgestellt sind - aber auch die Radiosammler in China einen möglichst vollständigen Katalog einsehen können. Paul konnte allerdings miterleben, dass das nicht so einfach ist ... Dazu kommen Sprachprobleme und die andere Schrift ... Vorläufig ist es noch ein Traum.

Wie viele Radiosammler gibt es in China? 
Das Forum Leowood hat 172'445 registrierte Leser. Da sind sicher auch Ausländer dabei und Radioamateure etc. Erstaunlich ist, dass AWstats von Radiomuseum in den ersten 14 Tagen des April für diesen Link 61'858 Aufrufe zu uns (März 131'912)  und hier 16'336 (18'182) sowie hier 6540 (33'102) zeigt. Allerdings habe ich keinen direkten Link (mehr) zu uns gefunden.

Eine Zahl geht von 50'000 Sammlern aus, eine andere von 3000 echten Sammlern. Die wenigsten sind organisiert. Nur die WECWRA (Gründung 2007) ist eine eingetragene Organisation (gut 200 Mitglieder). Freie Vereinigungen gibt es aber zumindest in Beijing, Chongqing, Fuzhou, Guangzhou, Kunming, Nanjing, Shannghai, Shijiazhuang, Wuhan und Xi'an. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn sich eine Sammlervereinigung für das ganze Land - mit Untergruppen in den Städten - organisieren könnte. So könnten sich die Sammler mit der Zeit auch eine eigene Zeitschrift leisten. Schade, dass ganz wenige Sammler auch Englisch beherrschen.

Dem Verlag, der "RADIO MAGAZINE" herausgibt habe ich eine Gratislizenz für "Radios von gestern" offeriert, falls man Teile daraus oder alles - im Heft oder als Buch - veröffentlichen möchte. Nun schliesse ich - mit dem Dank an die Radiosammler in China mit denen ich in Kontakt kam oder sogar Geschenke erhielt. Dabei danke ich auch allen RMorg-Mitgliedern, die so umfangreiche Inhalte von Radiomuseum durch ihre grosse Mitarbeit erst möglich machten.


Übrigens: Für beide Länder gemeinsam hatten wir das Gefühl von grundsätzlich netten und auch hilfsbereiten Leuten. In Indien sitzt der Glaube sehr tief - auch an das von der Religion bestimmte Kastenwesen. Beide Länder haben ein grosses Reservoir an billigen Arbeitskräften, weshalb hier Währungsaufwertung und Teuerung trotz rasantem Anstieg des GDP viel langsamer steigen werden als bei uns nach dem WW2. Die beiden Länder befinden sich momentan im "Honeymoon der Entwicklung". Das kann so linear nicht weiter gehen - und erst dann - bei Schwierigkeiten - zeigt sich, ob die Nachhaltigkeit einer guten Entwicklung gesichert werden kann. Ein Ziel müsste auch die Autarkie sein (scheint im Moment kein Thema zu sein) - sowohl wirtschaftlich wie auch ökologisch. Das beziehe ich vor allem auf Nahrungsmittel, was auch eine Sicherheit im Fall von Naturkatastrophen mit einschliesst (dank Exportüberschuss).

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.