Röhren mit und ohne Getterung

ID: 157013
Röhren mit und ohne Getterung 
21.Jan.08 19:13
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Klaus Neumann (D)
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Klaus Neumann

Einen Gruß an alle Radiofreunde,

eine Frage, besonders an die Röhrenfachleute in unserem RMorg. Ich besitze einige Senderöhren (RS 1006 / RS 1026 / TB 2,5/ 500) in meiner Sammlung, welche allesamt keine Getterung in ihrem Kolben aufweisen. Gleiches habe ich auch bei den ganz alten Telefunken Typen (z.B. RE11) beobachtet. Aus der Erinnerung an meine Lehr und Wanderjahre ist mir noch in Erinnerung, dass die Getterung (Eine Getterpille in separater Pfanne) welche durch Hochfrequenz erhitzt und zum Verdampfen gebracht wurde, dazu nötig war, die letzten Sauerstoffatome aus dem Hochvacuum zu entfernen.

Bei allen mir bekannten Rundfunkröhren ist der spiegelnde Innenbelag von der Getterung zu sehen; bei den genannten Senderöhren und den Uralten hingegen fehlt dieser Belag. Wer kann mich in dieser Hinsicht aufklären?

Im Voraus besten Dank Klaus Neumann

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21.Jan.08 22:02

Martin Steyer (D)
Redakteur
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Martin Steyer

Hallo Herr Neumann,

bezüglich der Senderöhren ohne Verspiegelung kann ich weiterhelfen.

Bei den Senderöhren befindet sich der Getter (meistens Zirkon) auf der Außenseite der Anode, die wiederum aus Graphit oder Blech mit Graphitauflage besteht. Der Getter wird bei hohen Temperaturen (500-700° C) wirksam, das ist meist die Betriebsbedingung bei Senderöhren.

Herzlichen Gruß,

Martin Steyer

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22.Jan.08 12:16

Felix Schaffhauser (CH)
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Felix Schaffhauser

Auch ich habe mich schon oft gefragt, weshalb es Röhren gibt, die trotz fehlendem Getter (und somit ohne spiegelnden Belag am Glaskolben ) einwandfrei funktionieren. Entweder schafft(e) man eine bessere Evakuierung, oder es handelt sich eben um eine "Getterung" gemäss dem vorstehenden Posting. Das Gleiche könnte dann also auch zutreffen für die alten Wolframröhren. Deren Temperatur aufgrund des weissglühenden Heizfadens ja sogar über 1000 Grad Celsius liegt. Ob allerdings das Anodenblech so präpariert war wie bei den heutigen Senderöhren, dass es in der Lage war die restlichen Gasatome aufzunehmen, entzieht sich meiner Kenntnis. Mehr darüber könnte uns sicher Herr Rüdiger Waltz sagen; er stellt ja die R-Röhre her, mit Erfolg ohne Getter.

Es wäre sicher für viele interessant, mehr über das "Fabrikationsgeheimnis" zu erfahren. Offenbar hat man das früher schon beherrscht, oder aber man lebte mit einer Restgasmenge, was sich ja auch nutzen liess. Wenn ich mich recht erinnere waren es doch die sog. ULTRA Röhren.  

mfG

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Getter und Hochvakuumröhren 
22.Jan.08 18:47

Ernst Erb (CH)
Ratsmitglied
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Ernst Erb

Hier einige Sätze von Seite 56 aus dem Buch "Radios von gestern" über die Entwicklung des Getters. Damit ersehen Sie, dass eine frühe Röhre kein Getter haben konnte. Dazu zählen die Wolframröhren und die meisten Thoriumröhren. Wie oben beschrieben, wirken sich einige Getter erst im Betrieb aus.

Heizfadenkonstruktion
Bis Mitte 1921 gibt es ausschliesslich Wolframröhren (bright-emitter), die wie Glühlampen leuchten, da sie mehr als 2000 Grad Hitze benötigen, um eine brauchbare Emission abzugeben. In England bringt Marconi-Osram im März 1921 eine Thoriumröhre auf den Markt, die lediglich gelb (1000 Grad) glüht. In Frankreich und den USA gibt es diese Röhren allgemein ab 1923, in Deutschland ab 1925. Ihr Wirkungsgrad ist wesentlich besser; die Akkus halten länger.
Nachdem Barium- oder Kalziumoxydröhren schon in den 10er Jahren vereinzelt vorkommen, gelingt es 1922 in den USA (Westinghouse) und in Grossbritannien (Marconi-Osram), Hochvakuumröhren mit Oxydschicht herzustellen. 1923 verbessert man das Verfahren in Frankreich und führt einen Getter ein. Dieser Röhrentyp setzt sich zwischen 1925 und 1927 durch, da er nur noch Erhitzung bis zur Rotglut (ca. 700 Grad) benötigt; die Heizleistung sinkt weiter. Thorium- und Oxydröhren heissen im englischen Sprachgebrauch "dull-emitter".

Normalerweise verwendet man bis Mitte der 20er Jahre den gleichen Röhrentyp sowohl für die HF-Vorverstärkung als auch für die Audionstufe und die NF-Stufen.

Aussehen
Die Röhren vor und kurz nach 1920 sind oft von sphärischer (kugeliger) Form (TM in Frankreich, R-Röhren in England), können aber auch relativ kleine, zylindrische Glaskolben (Röhrenform) besitzen (de Forest, Marconi, Telefunken etc.).

Besonders bei Apparaten mit mehreren Verstärkerstufen und rund geformten Röhren treten häufig akustische Kopplungen auf, die erst mit dem kurzzeitigen Abstellen des Apparates zu beseitigen sind. Es genügt schon ein bestimmter Ton aus dem Lautsprecher oder eine Erschütterung. Gegen dieses Problem geht man zunächst mit elastisch aufgehängten Röhrensockeln vor. Erst die Veränderung der Röhrenform zum geschwungenen Aufbau (Birnen-, später Domform) des Glaskolbens und eine bessere Befestigung des Gitters beseitigen den Fehler. Die Domform (USA ab 1932) erweist sich als besonders stabil.

1923 kommt der Getter auf. Nach dem Herstellungsprozess lässt man einen derart starken Anodenstrom fliessen bzw. erhitzt das Anodenblech durch sehr starke HF-Wirbelströme, damit das Magnesium verdampft. Dieses erscheint am nahegelegenen Glas als glänzender Belag. So binden sich Restluft und die restlichen Gase der Elektroden weitgehend und ein hohes Vakuum kann entstehen. Eine kleine, mit der Anode verbundene Metallklammer hält das Magnesium fest. Der selten verwendete rote Phosphor verleiht der Röhre ein rot-gelbliches Aussehen. Äussere Abschirm-Anstriche sind noch nicht gebräuchlich. Zu Beginn der 20er Jahre tauchen farbige Röhren auf, die aber nur eine Spielerei des Herstellers oder wie bei Grammont, Frankreich, der Versuch sind, schwärzliche Stellen am Glas - abgegeben von der etwas unreinen Nickel-Anode - zu verdecken. Es kommen blau, rot oder grün gefärbte Röhren vor. Mitte der 20er Jahre gibt es in den USA farbige Röhren als Markenzeichen.

1925 entzieht jeder grössere Hersteller den Röhren die Luft von unten; die "Spitzchen" (Pumpstutzen) entfallen. Besonders in den USA wenden einige Firmen diese Technik schon früher an; dort und in England produziert man ab 1923 auch ganz kleine Röhren. Der Pumpstutzen taucht erst wieder bei den kleinen Pressglasröhren ab 1947 auf.
In den 30er Jahren tragen Röhren zur Abschirmung allgemein einen metallisierten Farbanstrich; Gleichrichter- und Endröhren sind davon ausgenommen. Indirekt geheizte Pentoden weisen durchwegs einen Obenanschluss auf. Metallröhren (Stahlröhren) tauchen 1935 in den USA und 1938 in Deutschland auf. Die deutschen Stahlröhren zeigen einen horizontalen Aufbau der Elektroden, der sich nicht durchsetzt. Gleichrichter- und Endröhren fertigt man wegen der grösseren Wärmeentwicklung weiterhin überwiegend aus Glas.
Anfang der 40er Jahre (USA Ende 30er Jahre, für Militär ca. 1935) kommen Pressglasröhren für Rundfunkgeräte auf den Markt. In der Folge entstehen verschiedene Familien von kleinen bis hin zu kleinsten Röhren aus gepresstem Glas, sogenannte Allglasröhren. Die Anschlüsse sind so dick, dass sie gleichzeitig die Sockelstifte bilden. Mitte der 50er Jahre gibt es erste Angebote von Transistorradios als Kleinstgeräte. Anfang der 60er Jahre übernehmen Transistoren und Dioden die Röhrenfunktionen allgemein. Die letzte Röhrenentwicklung für Rundfunkzwecke (TV) ist die 1960 entwickelte Nuvistor-Röhre aus Metall und Keramik, die maximal nur 12 x 25 mm misst (kleiner als ein Fingerhut) und einem Transistor der 60er Jahre ähnelt.

Zum Thema Getter siehe auch Seite 144, 211 (UV199), 223, 224, 226, 236, 239, 247-250 und 253

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Vielen Dank für die Hinweise 
23.Jan.08 07:50

Klaus Neumann (D)
Beiträge: 49
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Klaus Neumann

Auf diesem Wege meinen herzlichen Dank an die Freunde im RMorg, welche mir doch sehr kompetent den Grauschleier der Unwissenheit gelüftet haben. Besonderen Dank an Ernst Erb für seine ausführlichen Ausführungen!
Mit freundlichem Gruß in die Runde Klaus Neumann.

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Informationen zu Gettern 
27.Jan.08 17:33

Rüdiger Walz (D)
Ratsmitglied
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Rüdiger Walz

Informationen zu Gettern habe ich hier zusammengefasst.

Grüsse

Rüdiger Walz

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