Röhren - Verjüngung und -Instandsetzung

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Röhren - Verjüngung und -Instandsetzung 
25.Jul.03 09:14
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Iven Müller (D)
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Iven Müller

Falls die Tabelle nicht richtig zu erkennen ist, kann die Anleitung auch auf meiner Website

www.funkamt.de  unter der Rubrik "Röhren" -> "Regenerierung" finden.

Dort ist dann auch eine etwas größere Abbildung der Tabelle vorhanden.

viele Grüße - Iven

 

Röhren-Verjüngung und -Instandsetzung


Je knapper Röhren werden, je schwerer bestimmte Typen zu beschaffen sind,
um so stärker wendet sich das Interesse der Fachkreise der Röhren-Regenerierung zu.
Die Regenerierung hat schon einmal eine Blütezeit erlebt, in. den Anfangsjahren des Rundfunks,
als die einfachen Batterieröhren mehr kosteten als heute komplizierte Netzröhren,
so dass eine Wiederinstandsetzung tauber Röhren aus wirtschaftlichen Gründen geübt,
teilweise sogar gewerbsmäßig durchgeführt wurde. Heute ist eine solche Wiederauffrischung
noch sehr viel wichtiger, da manche Typen im Handel überhaupt nicht mehr erhältlich sind.
Die FUNKSCHAU hat sich deshalb ausführlich mit dem Problem der Röhren-Verjüngung und -Instandsetzung,
das in der letzten Zeit schon in vielen kleineren Veröffentlichungen behandelt wurde,
befaßt und legt der Fachwelt nachstehend eine Arbeit vor, die die verschiedenen Möglichkeiten bespricht
und die für die heute gebräuchlichen Röhren in Frage kommenden Regenerierungsverfahren in Form einer
übersichtlichen Tabelle zusammenstellt.
Im zweiten Teil der Arbeit wird eine Übersicht über Röhren-Reparaturen gegeben.
Wir hoffen, daß auch diese Arbeit unseren Lesern Nutzen bringt,
indem sie dazu beiträgt, die Lebensdauer der Röhren zu verlängern.

Wie oft müssen wir mit unserem Röhrenprüfgerät feststellen,
dass eine Röhre ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann!
Wie oft tritt dann die Frage auf, ob man diese Röhre nicht regenerieren, d, h. auffrischen,
verjüngen oder reparieren könne, weil man z. Zt. keinen Ersatz dafür beschaffen kann.
Jeder Versuch, eine Röhre wieder herzustellen, ist als Lotteriespiel zu bezeichnen,
bei dem die Röhre den Einsatz darstellt. Man kann zwar feststeilen, welchen Taubheitsgrad
eine Röhre hat, aber kann ihr von außen nicht ansehen, ob der Zustand ihrer Kathode einen
Regenerierungsversuch (also in den meisten Fällen eine Gewaltkur) überlebt.
Man sollte also nur solche Röhren zu verjüngen oder reparieren suchen, die 'keinesfalls
mehr anders verwendet werden können und deren Garantie abgelaufen ist, denn durch
Regenerierungsversuche zerstörte Röhren werden selbstverständlich nicht ersetzt. Röhren,
die weniger als 25 % ihres ursprünglichen Kathodenstroms aufweisen, wird man in keinem
Fall mehr retten können.


I. Regenerieren

Beim Regenerieren (Verjüngen) einer Röhre handelt es sich darum, eine zweite Formierung der
Kathode durchzuführen. Es muss also dasselbe vorgenommen werden, wie bei der Herstellung der
Röhre, d. h. auf thermischem Wege sollen chemische Vorgänge ausgelöst werden, die die Bildung
einer gut emittierenden Kathodenschicht zur Folge haben. Für ältere Röhren heißt das, dass aus
dem thorierten Wolfram-Faden neues Thorium an die Oberfläche des Fadens befördert werden muss bei modernen Röhren dagegen muss reines Barium an der Oberfläche der Kathode gebildet werden. Das Formieren und infolgedessen auch das Regenerieren wird durch eine starke Erhöhung der Temperatur der Kathode vorgenommen.

Man kann nach zwei Verfahren vorgehen:

a) einfache Überheizung der unbelasteten Kathode,

b) Überheizung der Kathode unter gleichzeitiger Belastung mit dem Anodenstrom.

Wendet man das zweite Verfahren an, so muss man die Kathodenbelastung messen und auf den günstigsten Wert einstellen können. Der Idealzustand wäre es natürlich, wenn in einer Tabelle für sämtliche Röhren die genauen Formierdaten angegeben werden könnten. Das aber ist unmöglich, denn die Formiervorgänge verlaufen bei den verschiedenen Kathodenarten sehr verschiedenartig und die in der Literatur verstreuten Berichte über Regenerierungsversuche beziehen sich auf Röhren verschiedener Kathodenbeschaffenheit, so dass sie auch zu unterschiedlichen Erfolgen führten. Auf diese Tatsachen ist es zurückzuführen,
dass man in der Literatur oft einander widersprechende Angaben findet. Wer sich öfter mit der
Regenerierung von Röhren befasst, sollte sich im übrigen eingehend mit den Kathodenfragen beschäftigen, wozu die Arbeit von Mie in der "Telefunken-Röhre" Heft 13, August 1938, Seite 137 ff., eine gute Möglichkeit bietet.


Die Röhrenverjüngungstabelle


Eine Zusammenstellung erprobter Rezepte bringen wir in der Röhrenverjüngungs-Tabelle nach Kathodenarten
geordnet; es wird dabei in vielen Fällen möglich sein, unrettbar scheinende Röhren zur Wiederaufnahme
ihrer Tätigkeit zu veranlassen.


Einrichtungen für das Regenerieren


Wie man aus der Tabelle ersieht, ist teilweise ein recht erheblicher gerätemäßiger Aufwand für
die Röhren-Verjüngung notwendig. Erscheint dieser als untragbar, weil nur eine oder zwei Röhren
aufzufrischen sind, so bleibt man auf die einfache Überheizung angewiesen. In jedem Fall aber sind
folgende Einrichtungen erforderlich:

1 Stromquelle (mehrfach abgreifbarer Heiztransformator, notfalls auch Klingeltransformator, auch Sammler);
1 niederohmiger, hochbelastbarer Regelwiderstand (evtl. einer der früher üblichen Heizwiderstände);
1 Voltmeter (Drehspule mit Gleichrichter bei Wechselstromheizung) mit bekannter Messgenauigkeit.
Außerdem sollte ein Röhrenprüfgerät mit Leistungsprüfung üblicher Bauart vorhanden sein, um dem
Ablauf des Auffrischungsvorganges durch Stichproben überwachen zu können. Mit modernen Röhrenprüfgeräten
läßt sich natürlich auch die Heizspannung durch Umstecken erhöhen (z.Bsp. Funke W19).

Für die Leser der FUNKSCHAU soll abschließend das Schaltbild eines entsprechend erweiterten
Röhrenprüfgerätes M 1 gebracht werden.


Die Bedienung erfolgt in groben Zügen in folgender Weise:

1. Schalter S1 auf die aus der Röhrentabelle ersichtliche Heizspannung einstellen.
2. Schalter S2 auf "Fadenprüfung" stellen und Röhre in die vorgesehene Fassung stecken.
3. Wenn die Glimmlampe jetzt leuchtet, ist der Heiz-faden in Ordnung, anderenfalls ist
    die Röhre unrettbar verloren.
4. Mit R1 die Netzspannung auf Sollwert (z. B. Rote Marke an M1) bringen.
5. S2 auf "Messen" weiterschalten. Heizspannung an M2 kontrollieren, notfalls an R2 nachregeln.
6. M3 ablesen. Ist der Wert wesentlich niedriger als bei neuen Röhren gleichen Typs, so wird regeneriert.
7: Grad der Überheizung an S3 einstellen, S2 auf "Regenerieren" stellen, evtl. R2 etwas nachregeln.
8. Nach Ablauf der vorgeschriebenen Zeit S2 auf "Messen" zurückschalten. Wenn Ergebnis unbefriedigend,  Regenerieren wiederholen usw. Da z. Zt. Bleche bestimmter Abmessungen schwer erhältlich sind, werden keine Angaben für den Transformator gemacht, er lässt sich überdies leicht nach den zahlreichen in der Literatur zu findenden Anleitungen ausrechnen, kleine Rechenungenauigkeiten lassen sich durch R1 und R2 ausgleichen.

Drei Beispiele mit Daten von erfolgreich ausgeführter Regenerierung:

1. RES 164:
a) nach Rezept 6: Heizung mit 6,3 Volt, dabei - GV immer nach negativen Werten nachgeregelt,
um Ja auf 12 mA zu halten, bis Ja nicht mehr stieg, sonst nach Tabelle.
b) nach Rezept 7 (die Röhre hatte nur noch 18 % ihrer Sollleistung):
1.) Erhitzung etwa 20 Sekunden lang.
2.) 5 Minuten lang 6,3-Volt-Heizung, ohne Anodenbelastung.
3.) Ua = Usg == 250 Volt, Ug = -{- 30 Volt, Ja = 120 mA!
Diesen Wert durch Rückregeln der Heizspannung (G,3-4 Volt) gehalten,
dabei Rotglut der Anode und grünes Leuchten im Systeminnenraum.
Nach Aufhören des Ja-Anstieges abgebrochen und nachformiert.

2. AL 4 nach Rezept 11:
1. Messung ergab: Ja = 22 mA- Regenerierung: ohne Anodenbelastung, 3 Minuten Heizung mit 6,3 Volt,
2. Messung ergab: Ja = 38 mA. Jetzt nachformiert. 3. Messung ergab: Ja = 39 mA.

3. ECH 11:
Hier, wie bei einigen anderen E-Röhren, empfiehlt es sich, unter normaler
Anodenbelastung auf dem Messfeld die Heizspannung kurzfristig auf 9 bis 10 Volt zu erhöhen,
bis Erfolg durch entsprechende Anodenstromerhöhung erkennbar ist.
Nachformieren hier meist überflüssig.

II. Reparieren

Von 100 unbrauchbaren Röhren pflegen größenordnungsmäßig nur 20 % taub zu sein,
alle anderen haben andersartige Fehler, wie Glasschäden, Elektrodenschlüsse,
abgebrochene Kappen usw., aber auch Verzerrungen und Leistungsmängel durch innere
Verunreinigungen und Feinschlüsse. Während Glasschäden stets unreparierbar sind,
besteht bei vielen anderen Fehlern eine Möglichkeit zur Wiederherstellung. Hier eine kurze Aufzählung der häufigsten Fehler:

a) Fehler an Fassungen:
Meist Federbruch oder unsaubere (durch Lötfett usw. oxydierte) Kontakte.

b) Fehler an Sockeln und Kappen:
Oft treten Unterbrechungen in den Elektrodenzuführungen auf, die sich durch
einfaches Nachlöten der Sockelkontakte wieder herstellen lassen. Abgebrochene
Teile von Sockelkontakten kann man neu anlöten. Wo der Sockel vollkommen gebrochen
oder sonst zerstört ist, wird die Röhre neu gesockelt. Ebenso lässt sich meist eine
Neusockelung nicht umgehen, wenn Zuleitungsdrähte zwischen Sockel und Quetschfuß
gerissen sind und wieder geflickt wurden. Auch bei abgerissenen oder mangelhaft
angeschlossenen Gitter- und Anodenkappen lässt sich meist die Röhre noch retten.

c) Grobe äußere Elektrodenschlüsse
entstehen bei lockeren Sockeln durch Verdrehen des Kolbens gegen den Sockel und sind
nach Rückdrehen und Festkitten des Kolbens leicht behoben.

d) grobe innere Elektrodenschlüsse
treten meist nur in kaltem oder nur in warmen Zustand auf und können dann oft durch
Ausbrennen beseitigt werden. Sind derartige Schlüsse aber durch äußere Einwirkungen
(Fall, Stoß) entstanden, so hilft meist kein Ausbrennen mehr und es bleibt nur zu überlegen,
ob man die Röhre (bei intakter Kathode) nicht für einen anderen Zweck (z. B. Einweg-Gleichrichter)
verwenden oder die Schaltung der zugehörigen Stufe entsprechend ändern kann.

e) Innere Elektrodenfeinschlüsse
rufen Verzerrungen oder andere unliebsame Fehler hervor. Besonders bekannt sind diese
Fehler bei der VCL11. Sie sind von verschiedenen FUNKSCHAU-Lesern auf verschiedenem Wege,
meist empirisch, beseitigt oder genauer: durch Schaltungsänderungen kompensiert worden.
Obgleich Breuer und Fousek hier schon die wahren Ursachen für die Feinschlüsse der VCL 11
erkannt hatten, blieb man seltsamerweise bei kompensierenden Schaltungsänderungen, anstatt
die Ursache zu beseitigen. Deswegen sei hierfür ein bewährtes Rezept gegeben:

Gemäß Abbildung wird die Kathode geerdet und bei ungeheizter Röhre der den Feinschluss
verursachende Niederschlag dadurch weggebrannt, dass man ein einwandfrei angeschlossenes
(d. h. also mit Schutzerdung versehenes) Hochfrequenz-Heilgerät für einige Sekunden über
eine Funkenstrecke von etwa 15 mm abwechselnd den beiden Anodenanschlüssen nähert.
In hartnäckigen Fällen, die aber äußerst selten vorkommen, kann man in gleicher Weise
auch die Gitter- und Hilfsgitterzuleitungen dieser Behandlung unterziehen.


 

Quelle:  Funkschau Nr.8/9 - 1943

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.