Der Motor der SABA-Automatic: Analyse und Reparatur

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ID: 210791
Dieser Artikel betrifft das Modell: Freiburg Automatic 9 (SABA; Villingen)

Der Motor der SABA-Automatic: Analyse und Reparatur 
17.Jan.10 23:09
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Eike Grund (D)
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Eike Grund

Diesen Beitrag kann man als Fortsetzung meines Beitrages vom April 2006 verstehen. Wenn alles gut geht, wird es später noch einen dritten Beitrag zu diesem Thema geben.
Obwohl der aktuelle Beitrag für viele SABA Automatikmodelle anwendbar ist, habe ich diesen ebenfalls zum Modell Freiburg 9 eingestellt, weil bei den übrigen Automatikmodellen ein Hinweis auf den erstgenannten Beitrag zu finden ist.
Vorab gehe ich auf eine Frage ein, die hin und wieder gestellt wird:

Mein Motor wird sehr heiß, wie heiß darf er werden?

Ziemlich, gefühlt jedenfalls. Bei meinem Freiburg 9, der sich technisch in einwandfreiem Zustand befindet und täglich, wegen der Fernbedienung  mit ständig eingeschalteter Automatik benutzt wird, lassen sich am Eisen 50 Grad nachweisen. Das fühlt sich nicht gut an, liegt aber im “Grünen Bereich“. Obwohl der Motor dicht über dem Holzboden des Gehäuses liegt, wird dieses nicht warm. Das liegt an den großen Lüftungsbohrungen im Boden unter dem Motor. Das ist auch ein Hinweis darauf, dass hier viel Wärme abgeführt werden muss. Das Gerät sollte deshalb  nicht auf einer dicken, plüschartigen Decke stehen. Zeitgenössische Spitzendeckchen sind aber erlaubt.
Im TELEFUNKEN Laborbuch Band 1 wird auf eine dauerhaft zulässige  Übertemperatur bei Netztransformatoren von 55 Grad hingewiesen. Übertemperatur wohlgemerkt. Also sind wir mit unserem Motor noch nicht am Anschlag und die Spulenkörper sind, wie auch andere Isoliermaterialien, für mehr als 100 Grad gut.
Wer sich Sorgen wegen der Wärmenester in seinem Radio macht, kann einen geräuschlosen kollektorlosen Lüfter einbauen, ohne Spuren zu hinterlassen.
Ich habe das gelegentlich bei Tonmöbeln gemacht, wenn ein Chassis mit hoher Verlustleistung und Wärmenestern in einem Fach mit geringer Bauhöhe eingebaut war. Einen geeigneten Lüfter zeigt die Abbildung rechts.

Nun gibt es aber in einem technisch komplexen Gerät wie den SABA Automatic-Modellen, beliebig viele Möglichkeiten für Fehler, die zu einer Überhitzung des Motors führen und die Zerstörung einer Wicklung nach sich ziehen können. Meistens ist das Festfeld betroffen, (siehe auch im oben genannten Beitrag), denn dieses verursacht überwiegend die hohe Motortemperatur. Die Abbildung links zeigt die Anschlüsse einer defekten Spule des Festfeldes.

Wer mit der Wechselstromtechnik weniger vertraut ist, möge sich nicht über die an der Festfeldwicklung und am Phasenschieberkondensator gemessenen Wechselspannungen wundern, diese Teilspannungen liegen über 300 bzw. über 400 Volt, obwohl der Transformator nur ca. 250 Volt liefert. Wegen der 220 Volt-Einstellung am Netztrafo ist das etwas mehr als im Schaltplan vermerkt.
Bei Ersatz des Phasenschieberkondensators (0,35uF) muss unbedingt auf eine Spannungsfestigkeit von mindestens 500 Volt geachtet werden.
Die Verlustleistung am Motor steigt aber (neben anderen möglichen Ursachen) weiter an, wenn z.B. der Wert des Phasenschieberkondensators größer geworden ist oder ein Endlagenschalter nicht funktioniert. Es kommt zum Windungs- und/oder Masseschluss, vermutlich zieht das Eine das Andere nach sich. Windungsschluss tritt meistens in der Mitte der Spule auf, weil dort die Wärme schlechter abgeführt werden kann. Tritt dagegen nur ein Masseschluss mit geringer Beeinträchtigung des Spulenkörpers auf, so ist das Problem möglicherweise durch Einfügen eines Isolierstreifens behebbar, weil dies am Spulenende passiert. Aber das ist die Ausnahme.
Und damit komme ich zu einer weiteren Frage, die mir wiederholt gestellt wurde:

Haben Sie einen Motor übrig?
Hatte ich auch schon, danach konnte ich noch zwei Spulen versenden, aber nun wird es eng. Kann man eine Spule neu wickeln und eventuell auch den teilweise verschmorten Spulenkörper reparieren? Schauen wir mal.

Da wären zuerst Daten zu erheben und Werkzeuge bereitzustellen.
Bedarf an Werkzeugen zum Wickeln von Spulen hat es in den Hobbywerkstätten schon immer gegeben, wie ein Beitrag in der Funkschau anno 1954 zeigt:



Eine solche Vorrichtung ist keinesfalls überholt, für manche Spulen lässt sie sich gut einsetzen. Nicht aber für eine Spule mit einigen tausend Windungen, denn darum geht es hier. Das Wickeln sollte mit bis zu 300 U/min möglich sein. Zunächst braucht man aber ein Werkzeug zum kontrollierten Abwickeln, damit die Windungszahl ermittelt werden kann. Ich habe mir dabei zunächst mit Bordmitteln beholfen, um Erfahrungen für eine spätere Wickelvorrichtung zu sammeln. Nur ein Zählrelais, das sich gut bewährt hat und mit einer Lichtschranke versehen wurde, musste zusätzlich beschafft werden (siehe im Bild rechts).

Wieder aufgewickelt wurde auf ein in ein DREMEL Werkzeug eingespanntes Wattestäbchen.

Dies schien mir im Hinblick auf das anschließende Abwiegen des abgewickelten Drahtes sinnvoll.

Zu den ermittelten Daten:
Drahtdurchmesser: 0,1 mm CuL (mechanisch und elektrisch gemessen)
Gleichstromwiderstand einer Spule: ca. 1000 Ohm
Ca. 5.700 Windungen. Es wurden zwei Spulen abgewickelt, die Windungszahlen differierten um 1,7% (die Spulen wurden vermutlich in einem  zeitlichen Abstand gefertigt). Aber 1,7% ist ein guter Wert, sind wir doch an größere Toleranzen gewöhnt.

Die Spulen wurden ohne Zwischenlagen aus Isoliermaterial gewickelt.
An den Spulenenden wird die Stabilität des Drahtes durch Zurückschleifen des Drahtes und anschließender Verdrillung (s. Abb.) erhöht, das dient der Zugentlastung und der besseren Handhabung beim Anschließen an die Motorklemmen. Man erkennt daher immer drei Drähte, die miteinander verzinnt, angelötet werden. Die Schleife am äußeren Ende hat eine Länge von 21cm, die rote Isolierhülle misst 15cm. Die gelbe Isolierhülle (am inneren Ende) misst 11cm, die Einschleifung hat dort eine Länge von 30cm.

Die Kenntnis des Drahtgewichtes ist wichtig, wenn man sich auf das Gebinde des zu beschaffenden Drahtes festlegen muss. Bürklin bietet 50 und 200 Gramm Spulen an. 200g wären preisgünstiger, aber der Körper, von dem abgewickelt wird, sollte eine möglicht kleine Masse haben. Das wären dann 50g.

Die folgenden Bilder zeigen den Wicklungssinn und das innere Ende des Drahtes mit der gelben Isol
ierung.

Das Bild rechts zeigt die Zerstörung des Spulenkörpers, in größerem Maß als im erstgenannten Beitrag (von 2006) gezeigt wurde. Verschmorte Spulenkörper sitzen ziemlich fest, so dass die angeschmorten Bereiche beim Ausbau auf der Strecke bleiben können. Kleinere Löcher an der unteren Seite des Spulenkörpers können repariert werden. Zum Isolieren eignet sich das dünne Teflonband, das die Installateure zum Abdichten von Gewinden verwenden

Der Motor-Prüfstand

Hat man eine Spule erfolgreich repariert oder auch neu gewickelt, oder ist man generell mit der Motorfunktion nicht zufrieden, kommt der Motor auf den Prüfstand. Wer sich beim Umgang mit hohen Wechselspannungen sicher fühlt, kann diesen auch im fliegenden Aufbau (sitzend) realisieren. Man orientiert sich zum Beispiel an der sehr überschaubaren Automatikschaltung des Konstanz 8 (der Freudenstadt mit Motor), versorgt das Festfeld mit ca. 230 Volt, das Steuerfeld mit 110 bzw. 150 Volt für die Suchlauf- bzw. Schnel(l)lauffunktion, aber die beiden Motorkondensatoren nicht vergessen. Zu einem richtigen Prüfstand  fehlen dann noch die 11 mA Gleichstrom im Steuerfeld, damit der Motor rütteln kann. Aber zum Prüfen der Lauffunktionen kann darauf verzichtet werden. Wer sich immer wieder mal mit den Automatikmodellen beschäftigt, wird einen einwandfreien Motor als Vergleichsnormal bevorraten.
Aber dazu später.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.