saba: Ausgangstransformator reparieren

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ID: 239580
Dieser Artikel betrifft das Modell: Freiburg Automatic 9 (SABA; Villingen)

saba: Ausgangstransformator reparieren 
13.Dec.10 12:48
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Eike Grund (D)
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Eike Grund

Der Ausgangstransformator im Freiburg 9

wird relativ oft als defekt gemeldet. Die typische Ursache ist im Defekt des Kondensators C74 zu suchen, der die Anode der Röhre 7 auf Masse legt (s. im Bild rechts).


Infolge eines
Schlusses im Kondensator, der nicht immer mit dem Multimeter nachgewiesen werden kann, (kann sich evtl. nur unter Spannung zeigen oder auch wieder ausbrennen) fließt in einer Hälfte der Primärwicklung des Trafos ein stark überhöhter Strom. Dieser führt mit großer Wahrscheinlichkeit zum Auslösen der Netzsicherung, die beim Freiburg 9 nicht überdimensioniert, sondern ziemlich passend gewählt wurde.
Um die Diskussion zum Auslösen der Netzsicherung nicht erneut loszutreten
habe ich folgende Stichprobe genommen: Eine Erhöhung des Anodengleichstromes der Endröhren um 30mA erhöht den aus dem Netz genommenen Wechselstrom um 30 mA.
Über die Netzsicherung (500mA) fließt bei laufenden Motor bereits ein Strom von ca. 430mA. Der Kurzschlussstrom bei defektem C74 dürfte den Netzstrom deutlich über 500mA wachsen lassen.

Die Freiburg 9 Modelle, die mit defekten Ausgangstrafos zu mir kamen, hatten Netzsicherungen mit 1A und 6A eingebaut. 6A reichte auch für das Ende  des  Netztrafos, im anderen Fall stellte sich ein Strom-Spannungsverhältnis ein, das die weitere Funktion des Gerätes mit nur einer Endröhre ermöglichte.


Das kann in folgendem Bild gezeigt werden:

Die Endstufe arbeitet im AB-Betrieb. Bis zu einer guten Zimmerlautstärke arbeitet die verbliebene Hälfte im A-Betrieb, erst bei größeren Lautstärken werden Verzerrungen hörbar. Der Laie mag eventuell keinen Fehler feststellen.


a zeigt die Begrenzung bei großer Aussteuerung im Betrieb mit einer Endröhre.


b zeigt die Vollaussteuerung mit einer vollständigen Endstufe und


c  zeigt eine starke Übersteuerung bei einer gut austarierten Gegentaktendstufe. Zuerst treten die Begrenzungen bei dem Maxima auf, danach werden die Übernahmeverzerrungen bei den Nulldurchgängen sichtbar.


Bei einer ersten Überprüfung eines unbekannten Gerätes wird man nicht gleich die gesamte Werkstattausstattung einsetzen, man zieht abwechselnd eine der Endröhren, um die Funktion der Gegentakt - Endstufe zu testen.
Mit einer defekten Wicklungshälfte wird das Gerät in einem der beiden Fälle stumm bleiben oder bedenkliche Geräusche von sich geben.
Zum Glück im Unglück ist die betroffene Hälfte der Primärwicklung außen aufgebracht.

André Kleeberg zeigt in seinem – ebenfalls zum Freiburg 9 abgelegten Beitrag – den Ausbau und die Reparatur eines solchen Trafos auf. Ergänzend dazu werden hier einige Details beschrieben: 


Die Wickelvorschrift:

Erste Wicklung innen, beginnend mit rosa: 622 Wdg bis zur Anzapfung (gn), weitere 1233 Wdg (li). Summe: 1855 Wdg 0,125mm CuL.
Zweite Wicklung beginnend mit bn bis sw: 380 Wdg 0,125mm CuL.
Dritte Wicklung beginnend mit sw bis bn: 60 Wdg (2 Lagen) 0,8 mm CuL
Vierte Wicklung beginnend mit bn bis sw: 380 Wdg 0,125mm CuL.
Fünfte Wicklung beginnend mit bl: 1233 Wdg bis zur Anzapfung (ge), weitere 622 Wdg (rt) Summe: 1855 Wdg 0,125mm CuL.


Eine Lage Lackpapier nach jeder Wicklung. Die zweite und vierte Wicklung wird jeweils mit den gleichen Farben parallel geschaltet.

Aus der Aufteilung der Primärwicklung folgt, dass beide Wicklungshälften einen unterschiedlichen ohmschen Widerstand aufweisen:
Innere Wicklung: 290 Ohm, äußere Wicklung 365 Ohm.

Weiterführende Literatur:
  Ausgangsübertrager für Röhren‐Endstufen

im Telefunken Laborbuch Bd. I, (hier von Hans M. Knoll mit Unterstützung durch Thomas Günzel hochgeladen). Man kann hier z.B.  über den   Zweck der verschachtelten Wicklungen nachlesen.
 

Nun zur Praxis mit einigen Tipps:

Der Ausbau des Trafos ist schon von André Kleeberg (s. oben)  beschrieben worden:

Man kann die Pertinaxplatine  (s. im Bild rechts) beim Ausbau am Transformator belassen, aber später muss diese doch demontiert werden, damit sie nicht unter den Hammer kommt.
Hier wurde sie im Gerät gelassen, nur die Anschlüsse der Gegenkopplungswicklungen müssen gelöst werden. Abzwicken geht, weil die Drahtlänge für ein erneutes Abisolieren ausreicht. Es empfiehlt sich grundsätzlich, die verzinnten Enden abzutrennen und neu abzuisolieren, weil die verzinnten, schon einmal ausgelöteten Enden eher zu Brüchen neigen.

Abwickeln:


André Kleeberg hat über die verlustreiche Schlacht des Abwickelns berichtet, und das ist tatsächlich der unangenehmste Teil der Arbeit. Nicht schwierig, aber mühsam, das mittlere Bild oben zeigt die problematischen, verschmorten Zonen. Die Bilder zeigen auch die verstärkten Enden jeder Wicklung, Details dazu  zeigt  der Beitrag zur Reparatur der Motorspulen – ebenfalls zum Freiburg 9 abgelegt.

Im Bild oben wurde vollständig abgewickelt, aber für das hier beschriebene Problem ist nur das Abwickeln der äußeren Wicklung erforderlich. Das Aufbringen der neuen Wicklung war hier der leichteste Teil des Projektes. Hier wurde die bereits bei den Motorspulen gezeigte Vorrichtung verwendet.

Aufwickeln:


Eine 100g Spule (s. im Bild rechts) wurde auf einen Holzring  gelegt, durch die Reibung wird die Drahtspannung konstant gehalten (man kann diese mit zusätzlich aufgelegten Muttern einstellen). Außerdem wird sichergestellt, dass die Drahtspule bei wechselnden Drehzahlen nicht das Zielobj
ekt überholt. Geführt wird mit der Hand.

Somit war das Wickeln in wenigen Minuten erledigt, nur die Konfektionierung der Drahtenden für die Zugentlastung muss geübt werden. Möglicherweise erleichtert hier die Verwendung von Schrumpfschläuchen die Arbeit. Das Bild weiter oben zeigt, dass die Isolierschläuche bis in die Wicklung hinein geführt werden. Dabei sollten die Seitenflachen des Spulenkörpers gemieden werden, weil hier Platz für die die Kernbleche bleiben muss.
Mangels Isolierfolie wurde die Wicklung mit dem bereits hier erwähnten Teflonband der Installateure umwickelt. Darüber kam eine Lage schwarzes Isolierband.

Das Einblechen erfordert Aufmerksamkeit, man kann einiges falsch machen, und zum Schluss wird es eng, wie man auch bei André Kleeberg nachlesen kann.

Das Bild oben zeigt ganz rechts einen der vielen möglichen Fehler. Die Bleche wurden vor der Wiederverwendung gereinigt (Bildmitte).
Format: EI 66 mit 65 (rechnerisches Maximum: 66 )  Blechen 0,35mm.

Ein solches Projekt muss sorgsam begleitend dokumentiert werden, damit man nicht den Überblick verliert. Die folgenden Abbildungen könnten hilfreich sein:


Das Bild oben zeigt die Führung der Drahtenden am Spulenkörper.  




Diese Bilder sind selbsterklärend: Links werden die Anschlusspunkte für die Lautsprecherwicklung gezeigt, rechts für die Anschlussdrähte li und rt/rs.

  Bl, ge und gn werden direkt an die Röhrenfassungen gelötet.

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Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.