Sachsenwerk vor 1945

ID: 205873
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Sachsenwerk vor 1945 
22.Nov.09 20:19
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Wolfgang Eckardt (D)
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Wolfgang Eckardt

Im Zusammenhang mit Nachforschungen zur Geschichte der Firma "Sachsenwerk" vor und nach 1945 habe ich in einem Buch "Chronik des VEB RAFENA-Werke 1915 -1957" eine interessante Textpassage entdeckt, die sich auch auf die Rundfunkempfänger-Produktion um 1930 bezieht.

» Zuerst ein kleiner Rückblick:

Bekannt ist, dass "Sachsenwerk" bereits 1903 aus der "Sachsenwerk Licht- und Kraft- Aktiengesellschaft" im heutigen Dresdener Stadtteil Niedersedlitz hervorgeht. Elektromotoren, Transformatoren, Hoch- und Niederspannungsschaltanlagen bestimmen das Produktionsprofil und 1924 entstehen auch Radios unter dem Markennamen ESWE

Siehe auch  diesen Beitrag  zur Geschichte von "Sachsenwerk nach 1945" im Forum.

Weniger bekannt - auf jeden Fall mir bisher nicht - ist die Tatsache, dass bereits 1920 ein weiterer Betriebsteil in Radeberg, einer Kleinstadt nahe Dresden (ca. 15 km), erworben wird. Dazu existiert ein Bild der Gebäude von 1919, als die Verkaufsverhandlungen begannen:

1915 bis 1917 wird in Radeberg ein "Feuerwerkslaboratorium" gebaut, das zu den "Dresdener und Radeberger Artillerie- und Munitionsfabriken" gehört. Dieses "Feuerwerkslaboratorium", ein Rüstungsbetrieb, verliert 1919 nach Ende des 1. Weltkrieges erst einmal seine Bedeutung und wird von den Sachsenwerken in Niedersedlitz für 1,5 Mio Mark übernommen, wobei nur 800 Arbeitskräfte von über 2000 im Kaufvertrag festgeschrieben sind. (.... aktuell wie heute ..W.E...)
Geplant war, in dem neuen Werk Nieder- und Hochspannungsschaltgeräte und- anlagen, Staubsauger, Kühlschränke, Heißwasserspeicher und später auch Rundfunkgeräte zu bauen.

Mit dieser Aussage kann  als sicher angesehen werden, dass nach etwa 1925 ein großer Teil -(welche Modelle oder alle Rundfunkempfänger??) - der uns bekannten "ESWE" - und ab 1934 der "Olympia"-Empfänger nicht nur aus dem Werk Niedersedlitz  sondern auch aus dem  Werk Radeberg  stammen. 
(Beide Werke firmieren aber gemeinsam unter "Sachsenwerk". Erst nach 1945 erfolgt eine Trennung in zwei verschiedene Betriebe, ab 1952/53 VEB.)

Bekräftigt wird diese Feststellung mit dem schon erwähnten Textauszug aus der Betriebschronik:


 

Sachsenwerk Radeberg
 
Die wirtschaftliche Entwicklung von 1928 bis 1930
 
Betrachten wir uns die Produktion in den Jahren 1928, 1929, 1930, so können wir feststellen, daß von Jahr zu Jahr ein wesentlicher Produktionsrückgang zu verzeichnen war. Dazu einige Beispiele aus unserem Sachsenwerk Radeberg:
Die Apparatefabrik schloß ihre Produktion 1929 mit 7.513.600 RM ab und lag 1930 nur noch bei 4.656.700 RM. Das ist ein Rückgang von 38 Prozent. Die Hochspannung stellte den größten Produktionsausfall fest. 1929 wurde für 2.756.000 RM produziert, während 1930 die Produktion nur noch bei 1.296.700 RM lag. Das ist ein Rückgang von 53 Prozent. Begründet wurde der Produktionsrückgang mit der katastrophalen Verminderung der Aufträge. (... kommt mir sehr aktuell vor.... W.E.)
Zu den Abteilungen Niederspannung und Installation, Material und Schaltanlagen ist nicht viel zu sagen, da ihr Produktionsrückgang im Verhältnis zum Vorjahr minimal war. Es handelte sich in diesen Abteilungen jedoch um Aufträge mit verhältnismäßig niedrigen Stückzahlen.
 Besonders wichtig ist für uns heute die Entwicklung der damaligen Radioabteilung, deren Ergebnis 1930 um 765.000 Mark niedriger lag als 1929, während die Kosten um 60,5 Prozent stiegen.
Folgende Mängel wurden im Zusammenhang damit besonders herausgestellt: Die Geräte der Radiofabrik 1929, und zwar die Typen RW 2, RW 3, RW 4, RG 3, RWLS  mußten zu Lasten der Fabrikation umgebaut werden.
Das Durchbrennen von Antennenspulen war an der Tagesordnung. Ein großer Teil der Reklamationen war auf das mangelhafte, von außerhalb bezogene Material zurückzuführen. Sehr mangelhaft war der in den verschiedenen Geräten verwendete Wego-Kondensator. Auch die in dieser Zeit von NSF bezogenen Kondensatoren brachten laufend Reklamationen und bedingten bei manchen Geräten sofortigen Umbau. 

 Weitere Schwierigkeiten waren bei allen Geräten durch den Wellenschalter bedingt. Das für die Kontakte verwendete Material erwies sich als gänzlich ungeeignet. Es traten Oxydationserscheinungen auf, die sich nicht im Prüffeld, sondern erst nach Monaten beim Kunden zeigten.

 Die von der Firma Loewe bezogenen Widerstandsstäbe brachten ebenfalls Schwierigkeiten mit sich. Die Einführungsdrähte in den Glasröhrchen dieser Widerstände waren durch das Einschmelzen in das Glas dermaßen brüchig, daß die Apparate schon auf dem Transport Schaden erlitten.

Bei dem Gerät RW 4 wurde auf Grund einer Unausgeglichenheit zwischen Niederfrequenz verstärkt und Hochfrequenz verstärkt ein starkes Brummen festgestellt. 
Bei den Gleichstromgeräten zeigte sich, daß sie an vielen Stellen recht gut funktionierten, an anderen Stellen allerdings ebenfalls ein starkes Brummen auftrat.

 Man hatte damals noch nicht erkannt, daß, je nach der Endung des Plus- oder Minus-Leiters, die Siebung eine Umschaltung erfahren muß. Die Versager bei den RWLS waren ebenfalls auf die schon genannten Umstände zurückzuführen.

Ein Produktionsrückgang wurde auch bei den Wärmeapparaten festgestellt, und zwar bei der Fabrikationsgruppe Kühlschränke. Die Staubsaugerfabrikation schloß mit Verlust ab, so daß unser Werk einen Produktionsrückgang von 38 Prozent aufzuweisen hatte. Die Belegschaft erfuhr von diesen Produktionsschwierigkeiten nichts, da es keine Produktionsberatungen, keine Rechenschaftslegungen der Betriebsleitung vor der Belegschaft gab. Für die Werktätigen blieb die Entlassung oder die Schließung des Betriebes. Unter diesen Gesichtspunkten trat am 14. Juni 1930 die Generalversammlung zusammen und beschloß folgendes:
„Der Vorstand wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates mit der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) ein Arbeitsabkommen abzuschließen, das im wesentlichen neben Ratio-nalisierungsmaßnahmen die Bestimmung zu enthalten hat, daß die AEG eine Garantie über eine 7-prozentige Mindestverzinsung für nom. 17.000.000 RM Sachsenwerk-Stammaktien auf 30 Jahre übernimmt."

OCR-Scan aus „Chronik VEB Rafena-Werke 1915-1957“, S. 47-49, Hervorhebungen im Text vom Autor.
Hier noch eine Abbildung aus der Chronik (S.48):
 
 Wolfgang Eckardt
 
 
  

 

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