selbstbau2: Detektor-Empfänger - Tischlerplatte original?

ID: 27858
selbstbau2: Detektor-Empfänger - Tischlerplatte original? 
12.Jul.04 19:42
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Ernst Erb (CH)
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Ernst Erb

Die Tischlerplatte bei diesem Gerät - ein ziemlich exakter Nachbau aus einer Zeitschrift für Radiobastler von 1926 - lässt uns überlegen, ab wann es Tischlerplatten überhaupt gab.

Vielleicht kann ein Fachmann unter uns das klären?
Alle anderen Materialien an diesem Gerät können von 1926 stammen.
Natürlich ist es auch möglich, dass einmal der Holzwurm zugeschlagen hatte und man die Grundplatte neu anfertigte - aber auch, dass das Gerät später erst nachgebaut wurde. Jedenfalls wäre es für uns Radiosammler prinzipiell gut zu wissen, ab wann man bei Schreinern welche Materialien führte - ganz abgesehen auch von Oberflächenbehandlungen.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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Tischlerplatten 
13.Jul.04 19:31

Martin Renz (D)
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Martin Renz

Tischlerplatten kamen spätestens um die Jahrhundertwende 19./20 Jahrhundert auf, als die Möbelstile glatte, polierte Flächen verlangten. Möglicherweise wurden bereits schon im Biedermeier (erste Hälfte des 19. Jahrhunderts) Tischlerplatten hergestellt. Hierfür habe ich aber noch keine verlässliche Quelle gefunden. Zunächst wurden Tischlerplatten von den Handwerksbetrieben selbst hergestellt, oft aus den Holzresten, die sorgfältig ausgewählt und zusammengesetzt wurden. Zwischen den beiden Weltkriegen wurden dann immer mehr Tischlerplatten auch industriell gefertigt, teilweise von der Möbelindustrie selbst (z. Beisp. Fa. Behr, Wendlingen). Bei den Tischlerplatten sind verschiedene Arten zu unterscheiden:

  • Platten mit Streifenmittellage: die Latten der Mittellage werden durch eine Schnur zusammengehalten und sind nicht miteinander verleimt, mindere Qualität, heute kaum noch anzutreffen
  • Platten mit Stabmittellage aus miteinander verleimten Brettern, die auf die Dicke der Mittellage geschnitten werden (ca. 24-30mm breit) (Standardqualität)
  • Platten mit Stäbchenmittellage aus 8mm breiten Streifen mit stehenden Jahrringen (aus Schälfurnier gewonnen). Diese eignen sich prinzipiell am ehesten für polierte Flächen und sind am hochwertigsten.

Beim hier angesprochenen Brett handelt es sich um eine Stäbchenplatte. Wenn ich unserem Seniortischler glauben darf, wurden diese in den 30er Jahren in großen Mengen für hochwertige Möbelfronten eingesetzt. Ein früherer Einsatz ist eher wahrscheinlich. Wenn ich eine verlässliche Quelle finde, werde ich dies hier ergänzen. Eine ungefähre Bestimmung des Alters dürfte über den verwendeten Leim möglich sein, in den 20er Jahren wurde Knochenleim verwendet, der eine durchscheinend braune Farbe hat, etwa wie Bernstein. (Oft im Inneren von furnierten Radiogehäusen mit Rundungen zu sehen, wo er in die Einschnitte der Rundungen läuft) Vielleicht gibt es irgendwo eine Ritze, in die der Leim eingedrungen ist? Etwa ab den 30er/40er Jahren kamen dann auch andere Leime auf, bei den häufig konservativen Tischlern wurde jedoch noch lange auch Knochenleim eingesetzt, da er unter anderem das "Aufbügeln" von Furnier auf runde Flächen erlaubt, was mit anderen Leimen so nicht möglich ist. Die Platten werden noch heute unverändert hergestellt (abgesehen vom Leim)

Fazit: die Platte könnte orginal sein, aber ebenso gut aus einem Baumarkt stammen.

Martin Renz

Hier noch der Link zum angefragten Modell:

http://www.radiomuseum.org/dsp_modell.cfm?model_id=72507

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