stern-roch: Stradivari 2 - Brummproblem & kein Empfang

ID: 364245
? stern-roch: Stradivari 2 - Brummproblem & kein Empfang 
08.Dec.14 19:39
122

Stefan Biereigel (D)
Beiträge: 12
Anzahl Danke: 7

Hallo liebe Radiomuseums-Gemeinde,

schon seit längerem steht bei mir ein Stern-Rochlitz Stradivari 2 aus dem Jahre 1958. Das Gerät wurde wohl vom Vorbesitzer "kaputtrepariert": Elkos waren durch extern (über lange Kabel) angebrachte Elkos erweitert, die AZ12 wurde entfernt und durch eine einfache Diode ersetzt (Zweiweggleichrichtung durch Einweggleichrichtung ersetzt, sehr komisch) und diese statt an der Sekundärwicklung auch noch primär angeschlossen, alles sehr mysteriös. Das Gerät lief zwar, hatte aber Macken: verkratzter Ton (Kein Röhrenarbeitspunkt stimmte durch die falsche Spannung), Kontakte kratzten, die Elkos waren schlecht.

Also habe ich versucht der Sache Herr zu werden und begonnen zu reparieren:

  • Die einzelne Diode wurde durch eine ordentliche Ersatzschaltung für die AZ12 ersetzt und auch wieder an der entsprechenden Sekundärwicklung angebracht, d.h. 2 Dioden mit je einem Vorwiderstand.
  • Die Elkowickel wurden aus ihren Töpfen entfernt, der Inhalt mit modernen Elkos ersetzt und sie wieder korrekt angeschlossen.
  • Das Gerät bekam eine Grundreinigung, die Verkabelung wurde überprüft, Sicherungen wurden ersetzt
  • Die Mechanik hatte ein Problem beim Umschalten von KW auf UKW, dieses wurde mit ein wenig Öl behoben

Die EM80 war außerdem an der falschen Spannung angelötet und besitzt nun wieder die erwartete Leuchtkraft. Leider stellten sich Probleme heraus, die ich nicht lösen kann. Ich bin in der Untersuchung von Röhrenradios bisher nicht sehr versiert, hätte aber das Equipment, um eventuellen Ideen nachzugehen und zu überprüfen.

Problem 1: Das Radio brummt im eingeschalteten Zustand, unabhängig von der Lautstärke, relativ laut. Das bedeutet ja erstmal, dass der NF-Zweig funktioniert (gut), das konnte auch mit der Brummprobe (an Gitter der EL84en, ECC83, sowie am TA-Eingang) nachgewiesen werden. Trotzdem kommt es mir zu viel vor. Gibt es da Ansätze zur Abhilfe?

Problem 2: Das Gerät bringt nur NF, wenn der 3D-Schalter gedrückt (Ein) ist. Sobald er auf Aus geschaltet wird, verstummt das Gerät vollständig, auch das Brummen ist nicht mehr zu hören. Wenn er eingeschaltet ist, ist aus ALLEN Lautsprechern etwas zu vernehmen.

Problem 3 (das wohl gravierendste): Das Gerät hat keinen Empfang, auf keinem Band. Am EM80 sehe ich zwar eine gewisse Änderung (schmalerwerden des Leuchtstreifens) beim Umschalten von UKW auf die anderen Bänder, aber es ist weder NF-mäßig irgendetwas vernehmbar als auch auf dem EM80 keine Signale beim Drehen über die Bänder zu sehen. Wo könnte man hier anfangen zu suchen? Gibt es gemeinsame Teile, die bei LW, MW, KW UND UKW wirken, weswegen überall kein Empfang möglich ist? Antennen für UKW und die interne drehbare Ferritantenne sind angeschlossen.

Vielen Dank für eure Hilfe, mit besten Grüßen,

Stefan Biereigel

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 2
Erste Hilfe 
09.Dec.14 14:41
122 from 2861

Andreas Steinmetz (D)
Redakteur
Beiträge: 730
Anzahl Danke: 9

Zuerst einmal Gratulation zu diesem Gerät, denn es ist ein echter, sehr gut durchkonstruierter, qualitativ hochwertiger Spitzensuper. Da lohnt sich eine anständige Resturation auf jeden Fall. Sowas ist mit einigem Zeitaufwand verbunden, auch in der Betreuung, denn Sie schreiben ja, nicht sonderlich versiert zu sein. Obwohl solch ein Gerät nicht gerade für Anfänger geeignet ist, möchte ich Ihnen schon mal für die Probleme 1 und 2 ein paar Tipps geben.

Zu Problem 1: Es wäre hilfreich, die Brummfrequenz festzustellen, z.B. mit einem Oszilloskop am Lautsprecherausgang: Sind es 50 Hz (tiefer Ton, wie beim Berühren eines Steuergitters), dann kämen fehlerhafte Abschirmungen der Signalleitungen in Frage. Sind es aber 100 Hz (höherer Ton), dann wird der Fehler in ungenügend gesiebter Anodenspannung zu suchen sein. Es würde mich angesichts der schon festgestellten Fehler in der Anodenspannungsversorgung nicht wundern, wenn weitere Verschaltungen existieren oder wenn ein weiterer Siebelko, z.B. C95, einen größeren Kapazitätsverlust hätte. Um festzustellen, in welcher Stufe das Brummen vorrangig entsteht, können Sie testweise mal die Steuergitter kurzschließen, indem Sie z.B. R81 und R82, oder R78 oder R70 oder R58 kurzschließen. Nicht die Stufe selbst, sondern die davor liegende kommt dann für die Störung in erster Linie in Frage, es sei denn die betreffende Stufe selbst hat einen Röhren-, Abschirm- oder sonstigen Fehler.

Zu Problem 2: Sicher liegt hier eine Verschaltung oder ein Fehler am 3D-Tastenaggregat vor. Allerdings gibt es, soweit ich weiß, verschiedene 2er Stradivaris mit unterschiedlicher Schaltung der Lautsprecher, und meines Wissens auch Versionen, bei denen die internen Lautsprecher mittels des Tastenaggregates zugunsten eines externen Lautsprechers abgeschaltet werden können. Es wird Ihnen nichts anderes übrigbleiben, als die Schaltung jenseits des Ausgangstrafos genau zu verfolgen.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 3
Erste Erfolge 
10.Dec.14 23:50
230 from 2861

Stefan Biereigel (D)
Beiträge: 12
Anzahl Danke: 7

Hallo Andreas,

vielen Dank für die netten Worte, ich freue mich auch sehr über dieses Gerät und habe bereits viel Zeit in die Restauration gesteckt, deswegen habe ich Motivation nun auch die elektrischen Fehler zu finden. Die Grundsätzliche Gerätefunktion ist garnicht so mein Problem, ich bin nur nicht gerade in der Röhrentechnik heimisch und daher sind dort einige Dinge für michungewohnt. Ich finde mich aber jetzt schon recht gut im Schaltplan zurecht (kann jeder Stufe ihre Funktion zuordnen) und damit wohl die Fehlersuche strukturierter angehen.

Problem 1 würde ich ziemlich eindeutig als 50Hz-Brumm identifizieren, so wie es auch beim berühren eines Steuergitters auftritt. Die Elektronik im Chassis selbst (von der entfernten AZ12 abgesehen) sieht für mich bisher nicht modifiziert aus. Die Elkos habe ich vollständig ersetzt, ich werde aber bei Gelegenheit die Anodenspannungen mal mit einem Oszilloskop auf hohe Restwechselspannungen überprüfen - vielleicht kommt man damit dem Problem näher.

Problem 2 konnte ich heute lösen - es gab zwei augenscheinlich neuere Leitungen am Tastenaggregat, deren Funktion sich mir bis jetzt nicht erschlossen hat. Sie waren wohl (als Reparaturversuch? wer weiß..) angebracht, bewirkten aber nur den Kurzschluss des gesamten Lautsprechersystems. Habe den Fehler korrigiert und nun hat der Schalter auch seine Funktion. Ist zu erklären, warum im 3D-Betrieb (Lautsprecher an den Außenseiten aktiv) der Front-Hochtöner abgeschaltet werden soll? Zumindest lese ich diese Funktionalität aus dem Schaltplan. Decken die seitlichen Lautsprecher den Frequenzbereich gut mit ab?

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 4
Die meisten Probleme behoben 
13.Apr.15 21:31
595 from 2861

Stefan Biereigel (D)
Beiträge: 12
Anzahl Danke: 7

So, länger ist hier nichts passiert: Ich konnte durch Nachverfolgung der Schaltungsänderungen und Austausch verschiedener defekter Kondensatoren und Widerstände die Funktion wiederherstellen: Der Ton ist wieder kräftig und laut, leider macht die Schalterbank noch ihre Probleme .. da muss ich mir noch etwas einfallen lassen. Der Ersetzer der AZ12 hat die halbe Schaltung umgebaut, sodass die Hälfte der Röhren keine Anodenspannung mehr hatten, klar dass dann auch kein Empfang mehr möglich war.

Eine Frage bleibt mir noch: Das Radio hat nachwievor einen wahrnehmbaren 50Hz-Brumm (nicht extrem laut, etwa ab mittlerer Zimmerlautstärke übertönt man ihn, er stört aber bei leisem Hören). Dieser wird erst lauter, nachdem die Röhren entsprechend geheizt haben. Die Elkos in der Gegentaktendstufe habe ich ersetzt, das Problem tritt auch in Stellung TA auf, ist also auch nicht auf den Ratio-Elko zurückzuführen. Alle anderen Elkos sind durch neue ersetzt. Wenn man die ECC83 zieht, ist er nach wie vor da.   Welche Maßnahmen könnte ich noch ergreifen, um ihn zu vertreiben?

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 5
Stradivari 2 
14.Apr.15 19:45
665 from 2861

Archiv GFGF (D)
Redakteur
Beiträge: 88
Anzahl Danke: 5

Ich hatte da schon mehrere dieser Kandidaten...

 

1) Schaltsatz - die Kontakte sind tiefschwarz und korrodiert, da hilft nur das rote Wellenschalteröl oder mit Glasfaserpinsel oder ganz feinen Sandpapier jedes Kontaktpaar putzen. Passen Sie dabei auf, die empfindlichen Federn nicht abzubrechen- was uns auf die nächste Sache bringt, und zwar, ob da welche schon abgebrochen sind. Also schauen Sie, ob die schwarze Pappabdeckung noch da ist- und wer die vor Ihnen schon in Arbeit hatte.

2) Brummen - nicht jeder Massekontakt, der fest aussieht, ist es auch - also komplett checken- und besonders die Siebstrecke des Netzteiles. Schauen Sie sich auch die Potentiometer an, dort gibt es gern mal durch verendete Messingnieten einen fehlenden Massekontakt.

Haben Sie auch den wunderschönen Papierkondensatoren zugewandt ? Sie sprechen bisher nur von Elko`s. Denken Sie auch daran, dass das neue Bauteil nicht immer funktionstüchtig ist. Gleiches trifft auf Kontaktkappen von Widerständen oder lackierte keramische Kondensatoren zu. 

Das fürs erste...

 

Gruss Ingo Pötschke

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 6
 
14.Apr.15 23:13
701 from 2861

Stefan Biereigel (D)
Beiträge: 12
Anzahl Danke: 8

Hallo Ingo,

besten Dank für die Antworten. Der Schaltersatz ist tatsächlich noch ein Problemkind: UKW geht problemlos, KW, LW und MW machen dagegen noch Probleme (wohl weil selten benutzt) - ich werde die Tage die Kontakte mit Wellenschalteröl behandeln. Alle Kontakte sind noch da und haben auch noch ihre Federwirkung - nur eine schwarze Pappe kann ich nicht finden - sollte die den Schaltersatz abdecken?

Papierkondensatoren konnte ich kaum welche finden, im Radio sind ja nur sehr wenige Elkos und der Rest eigentlich komplett die Röhren-Cs verbaut. Zwei Entstör-Cs und an den Klang-Registern sind Problem-Cs zu finden. Die neuen Elkos habe ich auch schon mit weiteren überbrückt, um Fehlfunktionen dort auszuschließen - wenn es allerdings an fehlender Siebung liegen sollte, hätte ich 100Hz-Brumm erwartet... Die Massekontakte sind ein guter Tipp, da werde ich mal prüfen.

 

Besten Dank,

Stefan Biereigel

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 7
Stradivari 2 
15.Apr.15 17:57
776 from 2861

Archiv GFGF (D)
Redakteur
Beiträge: 88
Anzahl Danke: 6

Über den Schaltkontakten befindet sich normalerweise eine schwarze Pappabdeckung in 2 Teilen, etwas schmaler Richtung NF, etwas breiter in Richtung UKW Tuner- Zweck war Schutz vor Dreck bei den Schaltkontakten. Wellenschalteröl ist eine feine Sache, zuverlässig bei den Stradi`s höchstselten, ich musste immer mit 1000er Sandpapier schmirgeln, dann half anschließend auch das Wellenschalteröl.

Bis bald mit den nächsten Ergebnissen.

 

Gruss Ingo Pötschke

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.