eumig: Unterschied zu Schaltplan - Tonverstärker

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? eumig: Unterschied zu Schaltplan - Tonverstärker 
28.Aug.23 08:44
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Thorsten Hirschböck (A)
Beiträge: 6
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Schönen Morgen,

Nach Jahren der Stille melde ich mich wieder bei euch mit einem neuen Restaurationsobjekt: Einer Eumig Eumigette 382W.

Ich musste gleich zu beginn feststellen, dass es hier drei verschiedene Varianten gibt. Ich besitze die Serie 3 (ab Modellnummer 597.392), mit der Nummer 720.936.

Trotz passenden Schaltplan, wurden dem Anschein nach, immer wieder kleine Änderungen in der Schaltung vorgenommen. Ich habe euch die geänderten Werte eingezeichnet - bis jetzt wurde nur der NF-Vorverstärker mit Klangregelnetzwerk + Endröhrenschaltung überprüft.

Hierbei wird C46 am Koppelkondensator (C44) zwischen EABC80 und EL84 nicht gegen Masse geführt, sondern direkt auf C47 - was mich doch sehr überrascht!
Im Internet habe ich einige baugleiche Radios gefunden (ebenfalls Serie 3), welche diesen Kondensator an derselben stelle besitzen.
Weiß jemand warum dieser blaue Röhrchenkondensator anstatt auf Masse direkt auf dem Elko C47 geht?
 

   

Die zweite Frage wäre, warum C39, C42 und R26 andere Werte besitzen. Ich nehme an, dass das etwas mit der Klangregelung zu tun hat? Mit evtl. mehr oder weniger Bässen/Höhen?
Und der Koppelkondensator C40 besitzt einen doch etwas niedrigeren Wert als 10nF. In älteren Serien waren hier 20nF verbaut. Nun aber nur mehr 6nF?

Über eine Antwort wäre ich euch sehr dankbar.
Danke und Grüße, Thorsten

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eumig: Unterschied zu Schaltplan - Tonverstärker 
28.Aug.23 21:59
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Andreas Steinmetz (D)
Redakteur
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Das sind einige Schaltungsänderungen, über deren Sinn man z.T. nur spekulieren kann, was wir hier ja eigentlich nicht so gerne tun...

1. Fangen wir hinten an: Ob C40 nun 20, 10, oder 6 nF hat, dürfte in der Praxis nur eine eher untergeordnete Rolle spielen, denn selbst im Falle von 6 nF liegt die sich ergebende Hochpass-Eckfrequenz noch im einstelligen Hz-Bereich. Möglicherweise ist der kleinere Kapazitätswert sogar sinnvoller, wenn es um die Unterdrückung von unerwünschten Effekten und Instabilitäten unterhalb des Hörbereichs, wie z.B. Blubbern oder Aufschaukeln, geht. Vielleicht war der kleinere Kapazitätswert auch einfach nur billiger in der Beschaffung oder weniger brummanfällig etc..

2. C39, C42 und R26 sind alle so verändert worden, dass schon jede Maßnahme für sich allein genommen eine jeweils schwächere Basswiedergabe ergibt. Warum man das damals so gemacht hat, kann ich nicht sagen; vielleicht wollte man auch nur den Lautsprecher vor Übersteuerung schützen. Aber bei den heutzutage üblichen starken Bassanhebungen bei den UKW-Sendern kann man eigentlich froh sein, dass man schon damals die Basswiedergabe abgeschwächt hat.

3. Problemfall C46: Dieser Kondensator an sich ist in einer Standardschaltung wie dieser mit EABC80 und EL84 eher ungewöhnlich. Zusammen mit den ihn umgebenden Widerständen und dem Innenwiderstand der EABC80-Triode ergibt sich ein Tiefpass mit einer Eckfrequenz im oberen kHz-Bereich. (Übrigens ist R28 mit 470 k als Arbeitswiderstand für die EABC80-Triode ungewöhnlich hochohmig.) Ob C46 damit auch einen Teil der FM-Deemphasis mit übernimmt, müsste man im Ratio-Detektor nachschauen, ob dort überhaupt eine Deemphasis vorgesehen ist.

Aber: Ich würde mich nicht wundern, wenn C46 auch vorgesehen wurde, um Schwingneigungen in der Endstufe zu verhindern. Auf den ersten Blick würde man vmtl. sagen, dass es egal sei, ob C46 nun gegen Masse oder gegen den Kathoden-Elko geschaltet ist, denn letzterer sollte ja im höheren kHz-Bereich bereits quasi einen Kurzschluss bedeuten. Doch das ist bei Elkos keineswegs selbstverständlich: Bei Elkos steigt infolge nicht-idealer Eigenschaften bei höheren Frequenzen der Blindwiderstand wieder an! Und dann ist ein gegen Kathode geschalteter C46 gegen Schwingneigungen wesentlich effektiver als einer gegen Masse, denn er schließt die unerwünschte Schwingspannung direkt zwischen Gitter und Kathode kurz.

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eumig: Unterschied zu Schaltplan - Tonverstärker 
31.Aug.23 09:42
336 from 988

Thorsten Hirschböck (A)
Beiträge: 6
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Hallo Andreas,

Vielen Dank für deine ausführlichen Informationen!

Das heißt, falls ich etwas mehr Bässe haben wollen würde, bräuchte ich nur C39 und C42 etwas verkleinern - vorausgesetzt das Klangbld ist dann noch zu gebrauchen.

Zum Problemfall C46/R28: Der Widerstand mit 470k an der EABC80 Triode ist in der Tat sehr hochohmig - in älteren Schaltungen waren hier zwei 180k Widerstände verbaut, wobei zwischen den Widerständen ein Kondensator C45 mit 100nF gegen Masse verbaut wurde. Evtl. ein Tiefpass? Könnte ich die Schaltung wie eben genannt beispielsweise ändern um mehr Brumm im Lautsprecher über den Tiefpass mit C45 zu sieben? Vorausgesetzt der Rest der Schaltung/Radio funktioniert einwandfei.

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eumig: Unterschied zu Schaltplan - Tonverstärker 
31.Aug.23 10:11
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Andreas Steinmetz (D)
Redakteur
Beiträge: 749
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Die veränderten Bauelemente C39 und C42 kann man selbstverständlich wieder auf die vorherigen Werte zurücksetzen. Dadurch setzt die Bassanhebung schon bei höheren Frequenzen ein und ist im Tiefbassbereich ggf. auch etwas massiver, was subjektiv als eine insgesamt stärkere Basswiedergabe wahrgenommen wird. Das könnte allerdings auch zu einem Gehäuse-Dröhneffekt, verbunden mit Lautsprecher-Überlastungen im Tiefbassbereich, führen. Eine Vergrößerung von R26 vergrößert vor allem das Maß der Anhebungen, die frequenzmäßige Lage eher nicht. Am besten einfach mal ausprobieren.

Den Arbeitswiderstand der EABC80-Triode in zwei Teile aufzuteilen und die Mitte über einen 100 nF-Kondensator auf Masse zu legen, war eine gängige Praxis, die Folgendes bewirkt:

1. Zusätzliche Siebung der Betriebsspannung.

2. Tiefbassanhebung (bzw. genauer: Absenkung ab dem oberen Bassbereich): Bei sehr tiefen Frequenzen ist der Kondensator quasi wirkungslos, und beide Teilwiderstände wirken in Serie: die Verstärkung der Triode ist groß. Bei höheren Frequenzen wirkt nur noch der der Triodenanode zugewandte Teilwiderstand, und damit ist die Verstärkung geringer.

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