Optimale Ausnutzung der 6AF6G

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ID: 264701
Dieser Artikel betrifft das Bauteil: Zur Röhre/Halbleiter

Optimale Ausnutzung der 6AF6G 
17.Sep.11 08:15
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Jacob Roschy (D)
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Jacob Roschy

 Optimale Ausnutzung der 6AF6G

Um bei Magischen Augen einen möglichst großen Signalbereich optisch gut darstellen zu können, wurden Röhren mit zwei Anzeigebereichen geschaffen, teilweise mit 2 Leuchtwinkeln (EM4, EM34) oder mit 4 Leuchtwinkeln (EM11, EM35, frühere 6AF7).

Die beiden Anzeigebereiche haben eine unterschiedliche Empfindlichkeit, so dass das der eine Bereich schon bei einer eher kleinen Spannung, entsprechend Empfangssignalen mittlerer Stärke, schon Vollausschlag erreicht, während der zweite Bereich erst bei sehr starken Signalen Vollausschlag erreicht.

Als Nachteile dieser Anzeigeröhren wäre anzumerken:

  • der Schattenwinkel ist maximal 90°, dadurch bleibt ein großer Teil des Leuchtschirms für die eigentliche Anzeige ungenutzt, da er nur konstant leuchtet. Dieser Mangel konnte bei den Röhren mit 4 Leuchtwinkeln teilweise ausgeglichen werden.

  • Der unempfindlichere Sektor bewegt sich von Beginn an parallel zum empfindlicheren Sektor mit, so dass schon ein wesentlicher Teil dieses Bereiches unnötig „verbraucht“ wird und sich nur noch ein verringerter Teil bewegt, wenn der empfindlichere Anzeigebereich schon voll ausgesteuert ist.
     

Das ideale Zweibereichs- Magische Auge, bei dem der Leuchtschirm voll zur Anzeige ausgenutzt wird, müsste folgende Eigenschaften haben:

  • ohne Empfangssignal zeigen beide Sektoren nichts an, d. h. der Leuchtschirm ist komplett dunkel oder man sieht nur noch zwei schmale leuchtende Streifen als Nullmarkierung.

  • Schwache Signale werden nur vom ersten Sektor angezeigt. Der zweite Sektor beginnt erst dann sich zu bewegen, wenn der erste Sektor Vollausschlag erreicht hat.

  • Der Bewegungsweg beider Sektoren ist jeweils 0...≤180°, so dass die gesamte Oberfläche des Leuchtschirms an der Anzeige beteiligt ist.


Eine Röhre mit diesen Eigenschaften gibt es nicht, aber mit einigem Aufwand kann man mit der amerikanischen 6AF6G diesen Forderungen schon relativ nahe kommen.

Diese 6AF6G hat zwei Schattenwinkel ähnlich der Röhren EM4 und EM34, besitzt aber kein eingebautes Verstärkersystem. Daher ist zwar immer eine weitere Röhre zur Ansteuerung erforderlich, aber man hat dadurch die völlige schaltungstechnische Freiheit. So kann man der 6AF6G Eigenschaften anzüchten, die mit anderen Magischen Augen nicht möglich sind.

Der Schattenwinkel von EM4 und EM34 ist maximal 90°, weil die positive Spannung der Steuerstege auch ohne Steuerspannung immer noch relativ hoch gegenüber der Katode des Leuchtsystems ist. Bei der 6AF6G lässt sich dieses Problem lösen, indem man deren Katode auf eine höhere Spannung gegenüber Masse (GND) anhebt, z. B. auf 75 V mittels einer Stabi- Röhre 0A3 oder 75C1.

Mit einer geeigneten Doppeltriode als Steuerröhre, z. B. eine 6C8G, ist es nun möglich, die Steuerstege stark negativ gegenüber der Katode zu steuern, wodurch beide Schattenwinkel sehr groß werden und nur noch ein schmaler leuchtender Streifen übrig bleibt. Der steuerbare, d. h. bewegliche Anteil des Leuchtschirms wird somit erheblich vergrößert.


Das Gitter G II der zweiten Triode der 6C8G erhält über einen 100 MΩ Widerstand einen positiven Vorstrom und ist über ein 5 MΩ Trimmpoti mit der Steuerspannung U-in verbunden, während das Gitter G I der ersten Triode direkt an der Steuerspannung U-in liegt.

Solange über das Poti P2 weniger Strom als über R3 fließt, bleibt die Spannung an diesem Gitter G II auf 0 V wegen dessen Diodenwirkung, obwohl sich die negative Steuerspannung erhöht. Erst ab dem Punkt, wo der Strom über P2 den Strom durch R3 erreicht, beginnt die Spannung negativ zu werden.

Die Spannung am zweiten Steuergitter G II wird also erst dann negativ, wenn die negative Spannung am ersten Steuergitter G I schon einen bestimmten Betrag überschritten hat.

Stellt man P2 so ein, dass die die negative Spannung am zweiten Steuergitter erst dann einsetzt, wenn das erste System der 6AF6G Vollausschlag erreicht hat, so erhält man einen fließenden Übergang von Leuchtwinkel 1 zu Leuchtwinkel 2 . Die gesamte Steuerspannung wird also nacheinander auf beide Leuchtwinkel verteilt.Die beiden Widerstände R5 und R6 bilden mit R1 und R2 jeweils Spannungsteiler, womit das Überlappen der Leuchtfelder verhindert wird.

In der Testschaltung betrug die Betriebsspannung +U-b = 272 V, die Spannung an der Katode der 6AF6G, U-k = 72 V, Leuchtschirmspannung U-l gegen Katode = 187 V. Der Spannungshub der 6C8G- Anoden verlief von 30...202 V (A I) , bzw. 17...202 V(A II).

Doppeltrioden mit µ = 30...40 und Innenwiderstand 20...30 kΩ, wie hier die 6C8G, sind als Steuerröhren besonders geeignet, so auch die 12AY7. Auch Doppeltrioden, die für Computer- Flip-Flop Schaltungen vorgesehen waren, sind vielversprechend, z. B. 1684, 2033, 6211, E90CC, usw.

Diese Röhren benötigen einerseits eine relativ geringe Steuerspannung für Vollausschlag und ziehen andererseits bei U-in = 0V die Anodenspannung tief genug herunter, so dass die Leuchtfelder der 6AF6G sehr schmal werden.

Röhren mit niederem µ, wie ECC82, 12AU7, 6AH7, ziehen die Anodenspannung noch weiter herunter ohne wesentlichen Nutzen, sie benötigen aber eine sehr hohe Steuerspannung zur Vollaussteuerung.

Röhren mit hohem µ, wie ECC83, 12AX7, 6SL7, benötigen zwar nur wenig Steuerspannung zur Vollaussteuerung, dafür ziehen sie die Anodenspannung nicht weit genug herunter bei U-in = 0V, so dass die Leuchtfelder nicht schmal genug werden.

Das Bild zeigt den Verlauf der beiden Sektoren der 6AF6G, angesteuert von einer 6C8G, während der Zuführung einer Steuerspannung U-in von 0...-15 V.

Man erkennt, dass in den beiden oberen Reihen nur eine Änderung im linken Sektor erfolgt, während in den beiden unteren Reihen sich nur noch der rechte Sektor ändert und der linken Sektor auf Vollausschlag verbleibt.

Im Anhang befinden sich 16 Einzelbilder des Anzeigeverlaufs. Bei entsprechend schnellem Durchscrollen lässt sich die Bewegung der Anzeige simulieren.

Unser Kollege Otmar Jung hatte die geniale Idee, ein animiertes Bild aus der Fotoserie anzufertigen, wofür Ihm herzlich gedankt sei. Wegen der begrenzten Dateigröße ist es leider etwas grießig geworden.

                     
Hier kann man jedoch deutlich erkennen, dass der Übergang von Sektor 1 nach Sektor 2 nicht optimal abgestimmt ist, da bei -7 V zu wenig passiert. Der verzögerte Einsatz von Sektor 2 beginnt leicht zu spät, so dass ein Teil der Spannungsänderung verschluckt wird. Dieser Fehler wurde schon erkannt und berichtigt, aber der Aufwand einer neuen Bilderserie wäre zu groß gewesen.

 

M. f. G. J. R.
 

Anlagen:

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.