Abstimmung mit Stumm-Schaltung

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Abstimmung mit Stumm-Schaltung 
03.Aug.20 13:58
2027
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Bei einigen Radios des Jahrgangs 1935/36 wurde eine "Still-Abstimmung" (Stumm-Abstimmung) realisiert. Im Handbuch der Funk-Technik, Bd. 3 Frankh, 1936 wird sie wie folgt beschrieben.

Die Still-Abstimmung ist dabei bei den einzelnen Geräten unterschiedlich realisiert.

Telefunken 586WLK

Der TFK 586WLK ist ein 9-Kreis Groß-Super mit Schwundregelung und dem damals neuen Orthoskop (Schatten-Zeiger), mit dessen Hilfe sich die Sender exakt einstellen lassen.

 

Beim TFK 586WLK ist die Still-Abstimmung dadurch realisiert, daß dafür der Ausgangs-Übertrager sekundär kurz geschlossen wird.

Wie Abb. 643 zeigt, ist dafür ein Knopf zu drücken.

 

Mit Hilfe eines solchen Schatten-Zeigers (Orthoskop) ist es leicht möglich einen Sender genau einzustellen, auch wenn der Ton bei einer Stumm-Abstimmung nicht zu hören ist.

Die Erreger-Spule des Schatten-Zeigers liegt in der Anodenleitung einer geregelten ZF-Röhre, hier einer RENS1294. (Im Schaltplanausschnitt nicht gezeigt.)

 

Siemens Schatulle 540W

Die Siemens Groß-Schatulle 540W ist ein 7-Kreis Super mit Schwundregelung. Zur optischen Anzeige der Sendereinstellung hat sie ebenfalls einen Schattenzeiger (63).

 

Die Stumm-Abstimmung wird dadurch realisiert, daß das NF-Signal direkt vor dem Potentiometer für die Lautstärke (68/177) gegen Masse kurz geschlossen werden kann (Schalter 186).

Da ein Schattenzeiger vorhanden ist, kann dadurch stumm auf das Maximum eines Senders abgestimmt werden.

Die Stumm-Abstimmung wird durch Drücken des Abstimm-Knopfes betätigt.

 

Siemens Schatulle 53WL

Die Siemens Schatulle 53WL ist ein Zweikreis Geradeaus-Empfänger. Das Gerät hat keine Schwund-Regelung und somit auch keinen Anzeiger für die exakte Einstellung der Sender.

Die Stumm-Abstimmung ist hierbei dadurch realisiert, daß das Steuer-Gitter der Lautsprecher-Röhre gegen Masse kurz geschlossen wird.

Der Kurzschluß-Schalter (75d) wird dadurch betätigt, daß der Abstimm-Knopf etwas hinein gedrückt wird.

Wie man dabei einen Sender (genau) einstellen soll, ist nicht ersichtlich. Es ist denkbar, daß die eigentliche Anwendung darin bestanden haben könnte, nur den starken Orts-Sender stumm zu schalten, wenn der Hörer auf "Wellenjagd" ging. Beim 53WL erfolgt die Regulierung der Lautstärke durch Änderung des Wertes des Kathoden-Widerstandes der ersten Stufe, die mit einer RENS1294 bestückt ist. Und ohne eine Regulierung von Hand wird das Gerät beim Empfang des Orts-Senders total übersteuert, wenn es für Fernempfang einreguliert ist.

Mende 275WL Universal-Super

Ein Jahr später (1936) als die Geräte von TFK (1935) baut auch Mende in den 6-Kreis  Super 275WL eine Stumm-Abstimmung ein. Auch hier wird das Steuergitter der Lautsprecher-Röhre gegen Masse kurz geschlosssen.

Das Gerät verwendet zur Demodulation (ähnlich wie der TFK 586WLK) eine Duo-Diode, hier eine AB2.

Aber es hat keinen Anzeiger für die Empfangs-Feldstärke. Folglich kann man auch nicht wie beim 586WLK stumm auf Sender-Maximum einstellen.

Da das Gerät ansonsten eine Schwundregelung hat - und die Sender dadurch gleich laut empfangen werden, erschließt sich der Sinn dieser Stumm-Abstimmung nicht so richtig.

 

Insgesamt war die Stumm-Abstimmung wohl eher ein "Mode-Gag". Nur bei wenigen Geräten ist so etwas eingebaut und in den folgenden Jahrgängen der Radios ist sie nicht mehr zu finden.

Anmerkung:
Der Schaltkontakt für die Stumm-Abstimmung ist nicht in allen Schaltungs-Sammlungen eingezeichnet.

MfG DR

Herr Langfeld mailt:

Meines Erachtens macht es Sinn, wenn man von einem Sender zu einem anderen über große Teile der Skala „kurbeln“ will: auf dem Weg schaltet man stumm, die überstrichenen Sender werden nicht wiedergegeben, erst in der Nähe des neuen Wunschsenders auf der Skala läßt man los und stimmt mit Ton ab. Nicht sehr originell, aber so macht es (etwas) Sinn.

Ja, und sicher schont es so auch die Neven der Hausfrau.

Herr Eckhard Kull mailt:

zu Ihrem Beitrag über Stummschaltung während des Abstimmvorganges.
In den 50er und Anfang der 60er Jahre waren die Saba-Geräte Freiburg Automatik und Meersburg Automatik alle mit Stummschaltung während des Motorsuchlaufes ausgestattet. Sobald man den motorischen Sender-Suchlauf in Gang setzte, schaltete das Gerät auf stumm. Der Abstimmvorgang lief bis das Gerät einen Sender mit ausreichender Feldstäke gefunden hatte, es stoppte die motorische Abstimmung und die Lautstäke ging langsam auf den vorab eingestellten Wert.

Auch die Geräte Grundig 5040 W 3D und 5050 W 3D hatten einen motorischen Suchlauf mit Stummschaltung.
Allerdings war dies kein Sendersuchlauf sondern ein Suchlauf für vorab eingestellte Sender, eine Art automatische Stationstasten.

Bei Philips gab es auch ein Gerät, Capella, das ähnlich motorisch auf voreingestellte Sender lief und während des Suchlaufes stumm schaltete.

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.