Blaupunkt Swing reparieren

ID: 333050
? Blaupunkt Swing reparieren 
29.Oct.13 20:51
357

Peter Mench (D)
Beiträge: 77
Anzahl Danke: 10

Ich besitze ein kleines Taschenradio (Blaupunkt Swing, Bj. 69/70), das ich gerne wiederbeleben möchte.

Es spielt nur noch sehr leise, sowohl auf Mittelwelle, als auch auf UKW. Beim Durchdrehen des Lautstärkepotis fängt es an unterschiedlichen Stellen an zu knattern. Bei voller Laustärke hört es auf und man kann leise diverse Sender empfangen. Auf UKW macht es einen Lautstärkeunterschied, ob die Antenne angeschlossen ist oder nicht. Bis auf die Transistoren V3 und V5 habe ich alle Transistoren geprüft (Diodenstrecken und Schluß gegen Masse). Die geprüften sind O.K.

Ich kenne das Problem bei alten Germaniumtransistoren.

Auch die Dioden sind überprüft, wobei mir die Diode X2 (die ist mir völlig unbekannt) etwas suspekt vorkommt; sie sperrt in einer Richtung, zeigt aber im Diodenmessbereich ca. 1200Ohm an, was mir sehr hoch vorkommt.

Die Elkos scheinen soweit auch in Ordnung zu sein, wobei ich sie nicht ausgebaut habe um die Kapazitäten zu messen, aber sie haben noch Kapazität.

Vielleicht hat noch Jemand so ein Gerät und kennt den Standartfehler, wenn es denn einer sein sollte.

 

Gruß

Peter

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 2
Reparatur Blaupunkt Swing 
04.Nov.13 12:53
357 from 3007

Hans-Jürgen Neuhaus (D)
Redakteur
Beiträge: 97
Anzahl Danke: 5
Hans-Jürgen Neuhaus

Hallo Herr Mensch,
zur Reparatur Ihres Blaupunkt Taschenradios „Swing“ möchte ich Ihnen schwerpunktmäßig einige allgemeine Tipps geben. Denn Ihr Problem ist vermutlich kein spezifisches Problem von Blaupunkt Taschenradios.
Um die Einkreisung der defekten Stufe kommt man nicht herum. Der 1. Schritt ist also die Identifikation der defekten Stufe. Da Sie Sender (leise) empfangen können, soll zuerst geklärt werden, ob der Fehler in den NF-Stufen oder in den ZF-Stufen zu verorten ist.
Hier führen ganzheitliche Methoden, die den Signalfluss von der Mischstufe bis zum Lautsprecher analysieren, am schnellsten zum Ziel; vor allem, wenn (wie in Ihrem Fall) Gleichspannungsmessungen nicht zum Ziel geführt haben: 
- Die Verwendung eines Signalverfolgers, oder
- Die Anwendung eines Oszillografen.
Jede der beiden Methoden hat ihre Vor- und Nachteile. Die Anwendung ist letztendlich eine Geschmacksfrage. Ich will mich hier auf die Anwendung eines Signalverfolgers beschränken.
Falls Sie keinen Signalverfolger besitzen, können Sie hier eine Beschreibung finden, wie man sich ein solches Gerät auf Basis eines KW-Radio-Bausatzes der Fa. Conrad schnell, einfach und kostengünstig bauen kann. Es lohnt sich dieser Einmalaufwand für zahlreiche Reparaturanwendungen an Radios und Verstärkern aller Art. Fertige Gebrauchtgeräte gibt es kostengünstig auch bei Ebay und Co.
Mit dem Signalverfolger werden in der Regel (Emitterschaltung des Stufentransistors) die Verstärkungen der einzelnen Stufen durch Abtasten mit dem Tastkopf von Eingang (Basis des Stufentransistors) und Ausgang (Kollektor des Stufentransistors) qualitativ beurteilt.
Zur Analyse des NF-Verstärkers finden Sie hier im Radiomuseum weitere Anregungen zur Reparatur von Transistorradios. Im NF-Verstärker muss man die Anregungen sinngemäß übertragen, da im „Swing“ eine eisenlose NF-Endstufe eingebaut ist. Da im "Swing" beispielsweise die komplementären Endstufentransistoren V8 und V9 als Emitterfolger (Kollektorschaltung) arbeiten, weisen diese prinzipbedingt keine Spannungs-Verstärkung auf.
Liegt der Fehler in einer der ZF-Stufen, können Sie mit dem Signalverstärker in HF-Demodulations-Einstellung (Dioden-Demodulator) auch bei FM-Modulation (UKW-Betrieb) die Einkreisung einer defekten Stufe („Swing“: Verstärkungsverlust bei V3 oder V4 oder V5) erzielen. Die Demodulation erfolgt hier an der Flanke des jeweiligen ZF-Filters (Flankendemodulator). Einfacher ist die Fehlersuche im AM-Bereich (MW); aber hier gibt es in vielen Landstrichen kaum noch empfangbare Sender, die für die einfache Signalverfolgermethode aber unabdingbar sind.
Zu den Knattergeräuschen Ihres „Swing“:
Das Knattern deutet auf eine Rückkopplung meist durch schlechte Entkopplung der unterschiedlichen Versorgungsspannungen hin. Hier sollten Sie die Elkos C60 (100uF), C44 (100uF) und C30 (2uF) auf Kapazitätsverlust prüfen; oder einfach einen Testelko parallel schalten.
Der Koppelkondensator zum Lautsprecher (C59, 100uF) kann auch beispielsweise für die geringe Lautstärke verantwortlich sein. Dieser lässt sich - bei leise hörbarem Sender – wieder ausgezeichnet mit dem Signalverstärker durch Abtastung (Einstellung in NF-Bereich) vor und hinter dem Elko prüfen.
 Ist eine als defekt vermutete Stufe eingekreist, helfen meist Spannungsmessungen weiter. Hierbei sollte großes Augenmerk auf die Basis-Emitter-Spannung gelegt werden, da diese den Arbeitspunkt einstellt. Da im "Swing" sowohl Germanium als auch Silizium-Transistoren verbaut sind, sind hier unterschiedliche Spannungen zu erwarten: Bei Germanium-Transistoren ist eine Basis-Emitter-Spannungsdifferenz von 0,1V ... 0,3V und bei Silizium-Transistoren von 0,6V ... 0,7V zu erwarten. Diese Spannungsdifferenz muss bei pnp-Transistoren negativ und npn-Transistoren positiv ausfallen. Weiterhin ist eine Spannungsmessung über dem Emitterwiderstand des jeweiligen Stufentransistors hilfreich, weil man dadurch schnell einen Bewertung bekommt, ob und in welcher Höhe ein Strom durch den Transistor fließt. Viel Erfolg! 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 3
Danke! 
11.Nov.13 15:41
517 from 3007

Peter Mench (D)
Beiträge: 77
Anzahl Danke: 4

Recht herzlichen Dank für die ausführliche Anleitung. Ich werde es mal versuchen!

 

Gruß

Peter Mench

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.