radialva: Der Allstrom Kleinsuper RADIALVA AS50

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radialva: Der Allstrom Kleinsuper RADIALVA AS50 
07.Apr.21 16:35
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Harald Giese (D)
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Harald Giese

1    Einleitung

Alle Bilder können durch Anklicken vergrößert werden!

Vor vielen Jahren brachte mir ein Arbeitskollege aus Frankreich einen RADIALVA AS50 (Jahrgang 1949 / 1950) mit, den er für 30 FF (damals 10 DM) bei einem Trödler in Rians in Südfrankreich erstanden hatte. Zunächst erkannte ich garnicht, dass es sich um ein Radio handelte, denn es steckte in einem kleinen Transportköfferchen. Nach Öffnen der Vorderklappe bot sich folgendes Bild:

 

Jemand hatte das Bakelit-Gehäuse einschließlich eines Teils des Lautsprechergrills nicht sehr professionell überlackiert, die Skalenscheibe war hoffnungslos irreparabel zersplittert und von den drei Bedienknöpfen waren nur noch zwei vorhanden. Inzwischen hatte ich eine immerhin intakte Skalenscheibe gefunden, deren Beschriftung aber als Folge unsachgemäßiger Reinigung auch stark gelitten hat. 

Meine Freude über dieses Geschenk war nicht gerade überbordend und die Motivation es zu reparieren ebenso. Nachdem dieses ungeliebte Radio während der letzten 30 Jahre in der Ecke stand, habe ich es nun doch einmal genauer angeschaut und mich bei dieser Gelegenheit etwas mit der interessanten Schaltungstechnik von Allstromempfängern beschäftigt.

Darüber möchte ich hier berichten.

Als allgemeine Einführung zu den Allstromempfängern hier zunächst ein Ausschnitt aus "L. Ratheiser: Röhren- und Transistoren-Handbuch, Technischer Verlag Ing. Walter Erb, Wien, 1964, p. 233":

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Als Beispiel für einen Allstromempfänger gibt Ratheiser (obige Quelle) folgende Schaltung an: 

Wie man weiter unten sehen wird, entspricht diese zwar in den Grundzügen der des RADIALVA AS50. Man muss allerdings schon hier sagen, dass die Entwickler des AS50 in einigen Punkten einfallsreicher waren. Dies betrifft z.B. die bessere Glättung  der Anodenspannung durch Verwendung einer Siebdrossel anstatt des 1 kΩ Widerstandes und größerer Sieb-/Ladeelkos (niedrigerer Brumm), die Ausnutzung der Diodenstrecke der 1. ZF-Röhre zur Regelspannungserzeugung (Trennung von der NF - Demodulation)  und der Einführung einer Skalenbeleuchtung.


 

2     Die Schaltung des RADIALVA AS50

2.1     Überblick

Die Firma RADIALVA hatte den originellen Einfall, die Röhren auf dem Kopf stehend zu zeichnen, wodurch die Schaltung ein wenig schwer zu durchschauen ist.

Weiterhin ist anstatt der Masseschiene hier die Anodenspannungsschiene fett gezeichnet.

Wie man immerhin sofort sieht, handelt es sich um einen 5 - Röhren Allstrom – Superhet, der für Betrieb an Netzspannungen zwischen 110 und 230 V vorgesehen war. Als Zwischenfrequenz hatte man den damals üblichen Wert von 472 KHz gewählt.

Die im AS50 verwendete Röhrenbestückung findet man häufig in französischen, italienischen, belgischen usw.   Allstromgeräten der ausgehenden vierziger Jahre, jedoch nie in deutschen Geräten:

UCH41, UAF41, UAF41, UL41, UY42 (bei Netzspannungen ≥ 150V wurde die Verwendung einer UY41 empfohlen.

Diese Empfehlung geht auf die ursprüngliche Spezifikation der UY42 zurück.

Jetzt wird die Verwendung einer UV41 mit einer Festlegung des Scheitelstroms, oder präziser der zulässigen maximalen elektrischen Ladung zu 600 mAs empfohlen.

Wird diese Ladungstransportmenge überschritten, besteht das Risiko das Abschmelzens der zu den Elektroden führenden Kontaktdrähte.

 

Bild aus: "L. Ratheiser: Röhren- und Transistoren-Handbuch, Technischer Verlag Ing. Walter Erb, Wien, 1964, p. 238".

 

Das Gerät verfügt über 4 Wellenbereiche: LW (150 - 270 KHz): MW (500 - 1500 KHz), KW1 (10 - 22 MHz), KW2 (6 - 12 MHz). Die KW - Bereiche überlappen sich also um 2 MHz.

Beim Bereich KW2 handelt es sich nicht - wie manchmal falsch angegeben - um ein gespreiztes 49 m Europaband (in Frankreich "BE"), sondern um die überlappende Fortsetzung des Bereiches KW1!

 


 

Das Antennensignal wird nach kapazitiver Entkopplung induktiv auf den Eingangskreis gekoppelt, dessen Hochpunkt mit 270pF auf das Steuergitter des geregelten Hexodensystems der UCH41 führt. Wie üblich fungiert das Hexodensystem dieser Röhre als multiplikativer Mischer, das Triodensystem als Oszillator.

Auffällig am Eingangs- und Oszilllatorkreis ist die Verwendung von jeweils zwei getrennt gezeichneten Drehkos. Hier ein Bild dieses Drehkos:

 

Bei den Kurzwellenbereichen wird nur das kleine Paket für die Abstimmung verwendet, bei MW und LW wird das große Paket parallelgeschaltet. Natürlich stellt sich die Frage, warum man nicht einfach wie bei anderen Geräten der niedrigen Preisklasse das große Drehkopaket auf den KW - Bereichen mit Hilfe von Padding -Kondensatoren kapazitiv verkürzt hat. Die Gründe hierfür könnten sein: (i) Die bei der Verwendung von Padding - Kondensatoren sehr gestauchten KW-Skalen, oder (ii) die in letzterem Fall schwerer zu beherrschende Temperaturdrift.

Auf die Misch- /Oszillatorstufe folgt das erste auf 472 KHz abgestimmte ZF – Bandfilter, darauf die einzige ZF – Verstärkerstufe, bestückt mit dem Pentodensystem der 1.UAF41.

Das Diodensystem dieser Röhre wird zur Regelspannungserzeugung verwendet. Hierfür wird die im Petodensystem der Röhre verstärkte ZF-Spannung kapazitiv über 20 pF vom Hochpunkt der Primärseite des 2. ZF- Filters ausgekoppelt und an der Diode demoduliert.

Die Sekundärseite des zweiten ZF – Filters führt zwecks NF – Demodulation direkt auf die Diodenstrecke der 2. UAF41. Die NF wird vom Fußpunkt desselben Filters angenommen und führt über ein Siebglied auf den Laustärkeregler, von dessen Schleifer zur Vorverstärkung über das Pentodensystem der 2. UAF41 auf die NF – Endstufe mit der UL41.

 

2.2     Der Anodenstromkreis

Um den Anodenstromkreis etwas verständlicher darzustellen habe ich das Schaltbild koloriert: Plusleitung in Rot, Minusleitung in Blau.

 

 

 

 

 

 

Wie man sieht, führt der obere Netzpol (blau) über den Netzschalter und eine angezapfte Siebdrossel  auf Masse. Vor- und hinter der Siebdrossel führt je ein Elko auf die Anodenspannungsschiene.

Die Drossel bildet zusammen mit den beiden Elkos 50µF und 100µF das gewohnte Pi - Filter für die Anodenspannungssiebung, nur dass die Drossel hier eben in der Minusleitung liegt. Während normalerweise die Drossel in der Plus-Leitung liegt und die Elkos vor und nach der Drossel auf den Minuspol führen, gehen die Elkos hier vor und nach der Drossel auf die Plusleitung.

Der untere Netzpol (rot) führt über die Gleichrichterröhre und einen Schutzwiderstand von 40 Ω auf die Anodenspannungsschiene. Nur bei Betrieb an einer Netzspannung von 230V liegt auch vor der Gleichrichterröhre noch ein zusätzlicher Schutzwiderstand von 500 Ω. Dieser zusätzliche Widerstand war notwendig um den Ladestrom des Siebelkos auf einen für die Gleichrichterröhre tolerablen Wert zu begrenzen.


Interessant zu erwähnen ist die Tatsache, dass die Kathoden aller Röhren (natürlich außer der Gleichrichterröhre) direkt, also ohne RC - Kathodenkombination auf Masse liegen. Für die Erzeugung von Gittervorspannungen wird der Umstand ausgenutzt, dass die Siebdrossel von der Summe aller Anoden - und Schirmgitterströme durchflossen wird, und ihr im Schaltbild unteres, von der Masse abgewandtes Ende daher auf einem negativen Potential bezüglich der Masseleitung liegt. So bietet es sich an, sie zur Bereitstellung negativer Gitterspannungen zu verwenden. Im folgenden Bild habe ich die verschiedenen Verbindungen in magenta markiert:

Vom masseabgewandten Ende der Drossel, an dem sich das höchste negative Potential aufbaut, wird die Gittervorspannung der UL41 abgeleitet (1)

Die Anzapfung wird für die Bereitstellung eines negativen Spannungssockels für die Regelspannungsleitung (2) und für die negative Gittervorspannung der NF - Vorverstärkerröhre (2. UAF41) verwendet (3).
 

2.3     Der Heizkreis

2.3.1    Die Unterheizung

All diejenigen Allstomgeräte die über einen weiten Netzspannungsbereich betrieben werden sollen,wie z.B. im vorliegenden Fall des AS50 zwischen 110 V und 230 V, haben 2 grundsätzliche Probleme:

(i) Die gesamte Schaltung muss über einem Netzspannunghub um einen Faktor 2 zuverlässig arbeiten! Das bedeutet z.B. dass der Oszillator auch bei der niedrigsten Netzspannung noch zuverlässig anschwingen muss und dass die Mischsteilheit sowie die gesamte Signal - Durchgangsverstärkung ausreichend hoch ist, um zufriedenstellenden Empfang zu garantieren. Eine detaillierte Beschreibung der hier auftretenden Probleme würde den Umfang dieses Beitrages sprengen.

(ii) Bei der Mehrzahl der Allstromgeräte sind alle Röhrenheizungen in Reihe geschaltet - so auch im Fall des AS50. Die Summenspannung aller Heizungen ergibt sich hier zu 115 V.

UCH41: 14 V, 2 x UAF41: 2x12,6 V, UL41: 45 V und UY41: 31 V. Summe: 115V.

Beim Betrieb an einer Netzspannung von 110 V werden die Röhren also schon geringfügig unterheizt.

Noch ungünstiger wird die Situation, wenn man nun auch noch Skalenlampen in Reihe schaltet. Verwendet man wie im Fall des AS50 zwei Lampen mit jeweils 4,5 V / 100 mA, so gelangt man zu einer Summenspannung des Heizkreises von 124 V! Die Röhren werden also bereits um ca. 10% unterheizt. Bekanntlich ist der unterheizte Betrieb schädlich für die Lebensdauer der Röhrenkathoden, oder genauer gesagt für die auf deren Oberfläche deponierte Oxidschicht. Unterheizung führt zu einer Reduktion der emittierenden Kathodenoberfläche (Inselemission). Erfolgt die Unterheizung über längere Zeiträume hinweg, so kann dies zu einem Emissionsabfall der Inseln, in Extremfällen sogar zur Zerstörung der betreffenden Oberflächenpartien kommen.

Hier ein Bild aus " Hinke, G.: Überlegungen beim Autreten von Röhrenausfällen; in Radio-Technischer Almanach , Schneider Verlag, 1947, pp. 35 - 38", in dem dieser Effekt schematisch dargestellt ist. 

Im Prinzip hätte man die Unterheizung zumindest bei Betrieb an höheren Netzspannungen (130 V, 150 V, 230V) durch Wahl entsprechend angepasseter Heizkreis - Vorwiderstände umgehen können. Das ist aber nicht der Fall. Wie man leicht nachrechnen kann, fallen bei 100 mA Heizstrom an den Vorwiderständen 200 Ω, 400 Ω, 1200  Ω genau die dem Unterschied der Netzspannungen entsprechenden Spannungen ab.

Nun waren sich die Entwickler bei RADIALVA dieser Schwachstelle sicher bewusst. Vermutlich waren es eher die Vertriebsabteilung und die Kalkulation von RADIALVA die darauf drängten, das Gerät mit einer den Kundenkreis ansprechenden Skalenbeleuchtung auszurüsten und andererseits die Standard-Röhrenbestückung einzusetzen um Entwicklungskosten einzusparen. Dabei wurde eben in Kauf genommen, dass die Röhren nicht ganz so lange hielten. Das war wahrscheinlich auch garnicht notwendig, da es sich ja um kein Gerät handelte, das man sich in den Salon stellte und an das hohe Erwartungen geknüpft waren. Ganz im Gegenteil!.  Wir haben es hier mit typischen Küchenradios des niedrigen Preissegments zu tun. Da musste man von Seiten der Klientele mit keinen größeren Protesten rechnen, wenn die Röhrenlebensdauer etwas zu wünschen übrig liess.


 

2.3.2    Die Skalenbeleuchtung

Ein weiteres Problem, das aus der Verwendung von Skalenlampen resultiert liegt an einer ganz anderen Stelle:

Im Einschaltmoment sind die Röhrenheizungen noch kalt, also niederohmiger als im Betrieb. Misst man den Summenwiderstand aller Röhrenheizungen inklusive der Skalenlampen des AS50 im ausgeschalteten Zustand, so erhält man nur 190 Ohm!

Darauf ergibt sich im Einschaltmoment ein Spitzenstrom von: 110 V / 190 Ohm = 580 mA!

Wir erinnern uns: Der Betriebsstrom der Röhren liegt bei 100 mA. Die Röhren werden also um einen Faktor 5 überheizt!

Bei Anschluss an höhere Netzspannungen als 110 V werden in den Heizkreis des AS50 Vorwiderstände eingeschleift:

 

130V : 200 Ω

150V: 400 Ω

230V: 1200 Ω

 

Daraus ergeben sich bei den anderen Netzspannungen folgende Einschalt - Spitzenströme: 

130 V: 130 V /  390 Ω ⇒ 330 mA

150 V: 150 V /   590 Ω ⇒ 250 mA

230 V: 230 V / 1390 Ω ⇒ 165 mA

Bei Betrieb an 230 V wird der Betriebsstrom nur noch um einen Faktor 1,6 überschritten. Natürlich tritt diese hohe Überlastung nur für einen sehr kurzen Moment auf. Trotzdem wundert mich immer wieder, wie die Röhrenentwickler es geschafft haben die Röhrenheizungen so auszulegen, dass sie diese enorme Überlastung aushielten.

Zurück zum Thema der Skalenlampen. Schaltet man in Reihe zu den Röhrenheizungen Skalenlampen mit einem Betriebsstrom entsprechend dem Heizstrom der UC..41 Serie  von 100 mA, so werden diese im Einschaltmoment sofort durchbrennen. Natürlich kann man Lampen mit höherem Betriebsstrom einsetzen. Will man aber wirklich auf der sicheren Seite sein, gelangt man letzten Endes zu Lampen die im Betrieb nur noch müde brennen und die Skala nicht wirklich so beleuchten, dass man die Stationsnamen gut erkennen kann. 

Wie rettet man sich aus diesem Dilemma?

Dafür gibt es verschiedene Lösungen. Z.B. kann man in den Heizkreis Stromregelröhren und / oder Heißleiter einfügen, die durch ihren hohen Kaltwiderstand den Einschaltstromstoss dämpfen..

Als 1. Beispiel habe ich hier die recht aufwendige Schaltung des 7-Röhren Supers Metz 305GW der Saison 1953 / 54 gewählt:

 

 Den in zwei Stränge aufgeteilten Heizkreis habe ich hier noch einmal vergrößert dargestellt:

Auf den ersten Blick erscheint das hier gewählte kombinierte Schutzkonzept für Skalenlampen und Röhrenheizungen mit Hilfe von NTK - Widerständen (Negative Temperatur Konstante)  als elegante Lösung - aber nur dann wenn man im Radiogehäuse ausreichend Platz für Konvektionskühlung hat. Die bei Betrieb am 240V Netz in Funktion tretenden Widerstände R72 R73 setzen nämlich 26 W in Wärme um. So sehen die Widerstände aus:

 

Das ist also keine praktikable Lösung für einen Kleinsuper wie den AS50.

 

Im 2.Beispiel sieht man die Einschleifung von zwei 18 V / 100 mA Lampen in den  Heizkreis (Quelle "L. Ratheiser: Röhren- und Transistoren-Handbuch, Technischer Verlag Ing. Walter Erb, Wien, 1964, p. 233"):

Die Röhrenbestückung ist dieselbe wie im AS50, nur die UCH41 und UAF41 sind durch die Folgetypen UCH42 und UAF42 ersetzt worden, wobei aber die Heizspannung der Röhren die gleiche ist. Wie beim obigen Beispiel werden auch hier 3 NTK - Widerstände verwendet. Der NTK 100.026/01 zur Begrenzung des Einschaltstroms, die beiden NTK 100.092 zur Aufrechterhaltung des Heizkreises bei Durchbrennen einer oder beider Glühlampen.

Bei diesem Beispiel muss man allerdings bedenken, dass hier von einer Netzspannung von 220 V~ ausgegangen wird. Will man das Gerät auch bei einer Netzspannung von 110 V betreiben, scheidet die Schaltung so wie sie hier dargestellt ist aus. Selbst wenn man den Heizkreis-Vorwiderstand Rv = 450 Ω / 5W sowie den ersten NTK 100.026/01 weglässt, liegen den Röhrenheizungen im Betrieb immer noch die beiden Skalenlampen á 18 V / 100 mA in Reihe, was einen Gesamt-Spannungsbedarf von 151 V ergäbe. Damit würden die Röhren nun wirklich zu stark unterheizt werden. 

Natürlich könnte man in einem letzten Schritt die 18 V durch 4 - 4,5 V Skalenlampen ersetzen. Um diese vor dem Einschaltstromstoss zu schützen bräuchte man nun wieder passende NTK - Widerstände, die es Ende der vierziger Jahre möglicherweise noch garnicht gab.


Es ist also offentsichtlich nicht so trivial hier eine geschickte (und preisgünstige) Lösung zu finden.

Hier erwiesen sich einige Entwickler - so auch die bei RADIALVA - als besonders einfallsreich. Sie legten die Glühlampen erst dann in den Heizkreis, wenn die Röhrenheizungen ihre Betriebstemperatur - und damit ihren Warmwiderstand -  erreicht haben. Dies gelang durch eine Drossel mit Schaltanker.  



 

Die grün umrahmte, bereits oben angesprochene Drossel verfügt über einen Anker mit einem Öffnungskontakt, der erst bei ausreichendem Stromfluß anzieht und damit die Überbrückung der Skalenlampen aufhebt.

Die elektrischen Daten der Drossel

 

R (A - C) = 120 Ω

R (A - B) = 100 Ω

L (A - C)  = 1.8 Hy bei angezogenem Anker

L (A - C)  = 1.2 Hy bei abgefallenem Anker

 

Beim Betrachten dieser Schutzschaltung argwöhnt man natürlich, dass die Drossel beim Betrieb  am 110 V Netz den Anker nicht mehr anzieht und damit die Skalenbeleuchtung dunkel bleibt. Immerhin fällt in diesem Fall der kombinierte Anoden-/Schirmgitterstrom des Hauptverbrauchers UL41 um 35% niedriger aus als bei Betrieb am 230 V Netz:

Ua= Ug2= 200V ⇒ Ia+g2 = 53 mA      /     Ua= Ug2= 100V ⇒ Ia+g2 = 35 mA

Tatsache ist, dass der Anker selbst bei Netzspannungen von nur 100V zuverlässig anzieht! Hier misst man:

Ua= Ug2= 90V ⇒ Ia+g2 = 25 mA

Die Schutzschaltung hat also sogar noch "etwas Luft" nach unten!


Übrigens wurde dieser Trick auch von deutschen Radioherstellern angewendet- z.B. beim TELEFUNKEN 154GWK. Hier die Schaltung mit der rot umrandeten Schaltdrossel:




 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wie man sieht, steckt auch in diesen Allstrom - Kleinsupern ein Menge Entwicklungsarbeit!


 

3     Der Aufbau des RADIALVA AS50

Aussehen und Aufbau des AS50 erinnern stark an das Vorgägermodell Radialva AS46, nur dass dieses noch mit Röhren der Roten Reihe bestückt war, der AS50 bereits mit Rimlock-Röhren.

 

Auffällig an der Beschriftung der Rückwand ist die Angabe einer Antennenlänge von 6 Metern. Offenbar hätte die Verwendung einer längeren Antenne, wie sie in der damaligen Zeit durchaus noch üblich war, zu einer zu starken Verstimmung des Eingangskreises geführt.


Nun einige Ansichten der Chassisoberseite aus verschiedenen Richtungen:

 

 

          

 

Hier eine Nahaufnahme der Siebdrossel mit dem Schaltanker. Der Schaltkontakt wurde mit einem roten Kreis markiert. In Ruhestellung kippt die Spiralfeder die linke Seite des Ankers nach oben und schließt den Überbrückungskontakt der Skalenlampen. Bei ausreichendem Stromfluss kippt der Anker links nach unten und öffnet den Kontakt.


Hier einige Bilder der Chassisunterseite mit der gedrängten Verdrahtung:

         
Großaufnahmen der HF - und NF - Sektion:


 

 

 


 

4     Der "invertierte" Lautsprecher


Eine Besonderheit des AS50, die dem Radiosammler nicht so oft begegnet, ist der "invertierte" Lautsprecher des Herstellers AUDAX mit innenliegendem Magneten. Durch diesen Konstruktionstrick spart dieser Lautsprecher mit 125 mm Durchmessser viel Platz auf dem Chassis.
   

   

 


AUDAX war ein bekannter französischer Hersteller von Lautsprechern, der auch in Deutschland Niederlassungen hatte.


 

5     Instandsetzung
 

Erstaunlicherweise wies das Gerät trotz seines abschreckenden Aussehens im Fundzustand kaum Fehler auf.

Der am schwersten zu reparierende Defekt bestand in einem lose im Gerät hängenden dünnen Stahl - Skalenseil. Der Führungsbolzen einer Skalenseil - Umlenkrolle hatte sich aus seiner Verankerung in der Bakelit - Frontplatte gelöst. Das war die kleine Rolle, die hier mit einem roten Pfeil gekennzeichnet ist:

 

 

  

Der Grund für die herausgefallene Skalenseilrolle lag darin, dass sich die Gummipuffer der Drehkoaufhängung über die Jahre so deformiert hatte, dass das Skalenseilrad in Konflikt mit der einen Umlenkrolle kam und diese aus der Führung hebelte. Hier geht alles sehr eng zu! Nach Erneuerung der Drehkohalterung konnte man die kleine Rolle wieder einsetzen und das Skalenseil auflegen.

 


Der zweite Fehler bestand in einem fehlenden Heizungs - Vorwiderstand im Netzteil. Es handelte sich um den 800 Ohm / 8W Widerstand, der nur bei Betrieb des Gerätes an 230V Netzspannung in Aktion tritt.

 

Im Moment habe ich hier einen Rosenthal 1 KOhm Widerstand eingesetzt, der sowohl von den Abmessungen als auch von der Belastbarkeit her sehr gut passt. Vielleicht finde ich ja noch einen passenden 800 Ohm Widerstand - die 20% ige Abweichung vom Sollwert ist aber eigentlich belanglos.

 

 

   
 




Die für die Skalenbeleuchtung ursprünglich eingesetzten Lämpchen waren eigentlich Bajonetttypen B9s mit 4,5 V / 100 mA. Trotz der ausgeklügelten Schutzschaltung brennen sie offenbar doch ab und zu durch.

Einer der Vorbesitzer hatte diese Lämpchen nicht mehr gefunden und dafür 7V / 100mA Typen mit E10 Gewinde eingesetzt. Damit diese nicht aus der Bajonett - Führungshülse fallen, hatte er sie mit Korkstückchen fixiert. Dies wurde so belassen.

 


 

 


Leider fehlt auch einer der sehr soliden, mit Spannzangen ausgebuchsten Knöpfe. Die verbliebenen sind auch schon ausgebrochen, aber reparabel. Hier wird noch nach einem passenden Knopf gesucht.
 



Eine ebenfalls noch ausstehende Arbeit ist die Neulackierung des Gehäuses. Die auf der Bakelit - Frontplatte noch vorhandenen Farbreste lassen darauf schließen, dass es sich bei der Originallackierung um die Farbkombination: Dunkelgrün (Lautsprechergrill)  / Wassergrün (Gehäuse) gehandelt haben muss..

Bisher habe ich nur die alte Farbe abgebeizt. Das Gehäuse präsentiert sich jetzt in der rotbraunen Bakelit - Grundfarbe und sieht schon nicht mehr so hässlich aus wie im Fundzustand. 

 

Nach Fertigstellung der Lackierung werde ich noch einmal Bilder zeigen.


Ich hoffe, mit diesem Beitrag bei denjenigen Mitgliedern die nicht so vertraut mit der Technik der Allstromgeräte sind, ein wenig  das Interesse an diesen schönen Radios und ihrer manchmal recht verzwickten Technik geweckt zu haben.

Mein Dank geht an die Kollegen Hans M. Knoll und Dietmar Rudolph für Ihre fachliche Unterstützung.  

Harald Giese

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.